Bücherregal lädt …
The Knight and the Moth
496 Seiten

Zusammen mit fünf anderen jungen Frauen gehört Sybil, genannt Sechs, zu den Weissagerinnen der Aisling-Kathedrale. Als sie für den jungen König Benji die Zukunft weissagt, sieht sie ihm fünf schlechte Omen voraus, was den fröhlichen König nicht allzu beunruhigt, zumal sein treuer Ritter Rodrick „Rory“ Myndacious nicht an Sybils Vorhersagen glaubt. Nach einer verlorenen Herausforderung sagt Sybil auch ihm die Zukunft voraus – und sieht das sechste Omen, die Motte, das sie nicht zu deuten vermag. Kurz danach verschwinden ihre Mitschwestern eine nach der anderen, und Sybil verbündet sich mit Benji, Rory, der Ritterin Maude und einem Gargoyle, um ihre Schwestern zu finden – und dabei das Geheimnis der Omen herauszufinden …

Ich mochte bereits die Shepherd-King-Dilogie der Autorin und war deshalb gespannt, wie „The Knight and the Moth“ im Vergleich sein würde, weshalb ich froh bin, zu berichten, dass es mir sogar noch besser gefallen hat! Tatsächlich ist es schwierig, alles Wichtige zu erwähnen, weil es so viel gibt, das mir positiv aufgefallen ist:

Zunächst einmal haben wir den schönen, angenehm zu lesenden Schreibstil, der die Atmosphäre dieser Welt wundervoll einfängt. Der Anfang der Geschichte ist zugegeben langsam, weil es eine ganze Weile dauert, bis die „eigentliche“ Handlung losgeht, aber der Schreibstil trug mich gut durch den Anfang und noch besser durch die folgende Quest. Der Teil der Handlung, in der die Charaktere von Ort zu Ort reisten und Aufgaben erledigten, machte schlichtweg Spaß, war sehr spannend und gab den Charakteren genug Zeit, zu scheinen.

Womit wir bei einer der größten Stärke des Romans wären: Die Charaktere waren fantastisch. Am Anfang kam nur Sybil stark hervor, weil sie innerhalb ihrer Gruppe von Weissagerinnen eine wichtige Rolle einnahm und mir schnell sympathisch wurde. Aber im Verlauf des Romans schienen auch die anderen Charaktere immer mehr – Rory, Benji, Maude und vor allem der Gargoyle, der mein persönlicher Lieblingscharakter war. Durch ihn kam auch ordentlicher Humor in die Geschichte, weil seine Eigenheiten (Sprichwörter durcheinander zu bringen und jeden Bartholomew zu nennen) sehr charmant waren, er aber auch Tiefe hatte, die ihn zu einem noch interessanteren Charakter machte. Auch die anderen Charaktere zeigten ihre Eigenschaften gut, vor allem Benji, aber der Gargoyle stach besonders positiv hervor.

Die Romanze zwischen Sybil und Rory war zugegeben nicht allzu besonders, denn obwohl sie so einige witzige Szenen miteinander hatten, die mir ausgesprochen gut gefielen, war eher ihre Beziehung im Allgemeinen interessant und nicht unbedingt die Romanze an sich. Das Beste an ihnen waren für mich die Szenen, in denen sie wichtige Phrasen aus einem früheren Teil der Handlung noch mal in einer anderen Situation wiederholten – es gibt recht viele von ihnen, nicht nur die Romanze betreffend, und jede einzelne davon war unglaublich zufriedenstellend und brachte mich zum Lächeln. Aus diesem Grund war zumindest die Freundschaft und angehende Verliebtheit zwischen Sybil und Rory sehr gut umgesetzt – ich hätte mir nur gerne noch mehr gewünscht.

Zusammenhängend mit den Situationen, die später ein wichtiges Echo bekommen, war auch das Foreshadowing bezüglich der Twists hervorragend. Teilweise kann man einige der Twists dadurch vorher schon erahnen, aber erstens hat das die Twists eher bereichert statt ihnen geschadet und zweitens gab es auch unerwartete Wendungen, die mich teils sehr schockierten. Die ganzen Mysterien haben mich ebenfalls durch den Roman getragen – ich wollte wissen, was sich hinter Sybils Schleier verbirgt, was es mit den Omen auf sich hat und wie die Charaktere mit ihnen umgehen werden. Die Geschichte ist nicht auf „klassische“ Weise spannend (wie durch Cliffhanger), aber die Mysterien waren ein hervorragender Aufhänger, die stark durch den ganzen Roman pulsierten und so wunderbar aufgelöst wurden, dass ich am Ende gar nicht mehr aus meiner Begeisterung herauskam!

Das Ende war wirklich sehr gemein – bevor ich die letzten zehn Seiten las, überlegte ich, ob der Roman ein Einzelband ist und der zweite Teil eine andere Geschichte mit einem anderen Charakter erzählt, denn die Geschichte dieses Bandes wirkte nahtlos abgeschlossen. Aber der Cliffhanger am Ende bestätigte, dass Sybils Geschichte im zweiten Band weitergeht – und ich kann es kaum erwarten, bis es so weit ist!

Hervorragende Charaktere, eine spannende Quest, guter Humor und eine mysteriöse Atmosphäre sorgen für einen wunderbaren Fantasyroman, den ich nur weiterempfehlen kann – vor allem, wenn man die Romanze selbst nicht im Fokus haben will, sondern alles andere, was eine Geschichte besonders macht!

Where the Library Hides. Geheimnisse des Nil, Band 2 (Knisternde historische Romantasy | Limitierte Auflage mit Farbschnitt)
544 Seiten

Um zu verhindern, dass Inez nach dem Mord an ihrer Cousine zurück nach Argentinien geschickt wird, heiratet sie in aller Eile Whit, der sein eigenes Ultimatum gestellt bekommen hat, das eine schnelle Eheschließung erfordert. Inez möchte unbedingt ihre Mutter finden und dafür sorgen, dass sie ihrer gerechten Strafe zugeführt wird – doch als Whit ihr Vertrauen missbraucht und ihre Zukunftspläne auseinanderfallen, befürchtet sie, dass sie ihre sehnlichsten Ziele niemals erreichen wird ...

Der erste Band der Dilogie hat mir gut gefallen, aber leider fand ich den zweiten Band merklich schwächer. Der Schreibstil ist immer noch angenehm zu lesen und das historische Setting wurde hervorragend in die Handlung integriert, aber die Handlung selbst und die Charaktere konnten mich nicht überzeugen.

Inez selbst ist immer noch eine gute, wenn auch zuweilen naive Protagonistin, aber Whit und die Romanze zwischen ihnen kamen nicht so gut hervor, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich habe zwischen ihnen kein Vertrauen und keine Chemie gespürt, und am Ende den Eindruck gewonnen, dass ihre Beziehung realistisch gesehen nicht lange halten würde. Gerade bei Whit habe ich nie ausgeschlossen, dass er Inez bei der nächsten notwendigen Gelegenheit wieder reuelos ausnutzen wird, weil er sehr deutlich machte, dass seine Schwester ihm wichtiger ist. Dass Inez selbst nie infrage stellte, ob er bei einer ähnlichen Situation wieder so reagieren würde, wie er es zuvor tat, fand ich sehr naiv von ihr; an ihrer Stelle hätte ich ihm nicht so schnell verziehen, wenn überhaupt!

Die eigentliche Handlung hatte ein paar Längen, zwischen denen spannende Szenen und unerwartete Twists glänzen, die mir an sich sehr gut gefielen; nur bei dem Handlungsstrang um Isadora hätte ich mir mehr Twists und mehr Tiefe gewünscht, weil sehr schnell deutlich war, in welche Richtung sich ihre Handlung entwickeln muss, damit Whit wieder gut dasteht. Dass es hier keine Überraschungen oder zumindest komplexere Motive gab, fand ich sehr schade.

Zusammen mit der langwierigen Suche nach Inez' Mutter bot der zweite Teil leider nur ein paar Juwelen, von denen ich aufrichtig begeistert war (die unerwarteten Twists waren wirklich ein Highlight), doch hoffe ich, dass andere Leser:innen einen positiveren Leseeindruck haben werden.

Daughter of No Worlds (War of Lost Hearts 1)
640 Seiten

Tisaanah hat es endlich geschafft: Nach acht Jahren als Sklavin hat sie tausend Goldmünzen verdient, um sich ihre Freiheit zu erkaufen. Allerdings läuft das Gespräch mit ihrem Meister anders als erwartet, und sie muss ihre Heimat Threll überstürzt verlassen. Entschlossen, zurückzukehren und ihre Freunde zu befreien, sucht sie die zwei Orden der Insel Ara auf, um dort Magie zu lernen. Ihr Lehrer wird der distanzierte Max, der sich zunächst weigert, ihr etwas beizubringen – bis sie sich nach und nach näher kennenlernen …

Ich habe bereits die „Crowns of Nyaxia“-Bücher der Autorin gelesen und freute mich deshalb auf den Start einer neuen Reihe – und glücklicherweise zurecht! Tisaanah und Max hatten beide eine einnehmende Hintergrundgeschichte, sympathische Persönlichkeiten und vor allem eine fantastisch ausgebaute Romanze. Die Art und Weise, wie sie sich kennenlernten, sich langsam füreinander erwärmten, eine Freundschaft erschufen und schließlich romantische Gefühle füreinander entwickelten, war sehr realistisch aufgebaut. Es war eine langsame, sich natürlich entwickelnde Beziehung, die den Großteil der Geschichte einnahm und mich sehr fesselte. Hier ein großes Lob an die Autorin, sowohl den Charaktere als auch deren Romanze genug Zeit geschenkt zu haben, um wahrhaftig zu erblühen.

Eine weitere hervorragende Entwicklung, die mich überraschend packte, war Tisaanahs Erlernen von Aranisch. Am Anfang beherrscht sie hauptsächlich ihre Muttersprache Thereni und spricht Aranisch nur rudimentär, doch im Verlauf der ersten Hälfte wird ihre Kenntnis der Sprache immer besser. Carrisa Broadbent baut sehr viele realistische Situationen ein, die ich bisher so gut wie nie in Fantasyromanen las: Tisaanah, die am Anfang falsche Grammatik einsetzt, Wörter weglässt und Synonyme für Wörter finden muss, die sie nicht kennt, auch ein wenig später über manche Wörter stolpert, aber immer mehr und mehr lernt, bis sie schließlich flüssig in Aranisch ist. Ich glaube, dass ich noch nie eine Fantasygeschichte gelesen habe, die das Erlernen einer anderen Sprache so glaubwürdig darstellt wie diese. Es ist ein verhältnismäßig kleiner Punkt, doch seine Umsetzung hat mich sehr beeindruckt.

Apropos: Etwas, was ich ebenfalls so gut wie nie lese, ist eine ausführliche Verhandlung zwischen den Protagonisten und Antagonisten. Normalerweise glauben die Protagonistinnen viel zu oft dem Wort der Antagonistinnen, helfen ihnen und stellen dann schockiert fest, dass sie angelogen wurden – doch Tisaanah lässt das nicht zu. In meiner absoluten Lieblingsszene verhandelt sie die Bedingungen für ihre Zusammenarbeit ausführlich, merzt potentielle Schlupflöcher aus, lässt einen bindenden Vertrag aufsetzen, verlangt dabei zunächst die Hilfe der Antagonisten, bevor sie ihre eigene anbietet und war dabei die ganze Zeit so souverän, entschlossen und insgesamt episch, dass ich regelrecht gejubelt habe. Endlich mal eine Protagonistin, die sich nicht leichtfertig auf etwas einlässt, sondern genau weiß, was sie will und wie sie es bekommt, ohne sich hereinlegen zu lassen!

Doch neben all dem starken Lob habe ich durchaus ein wenig Kritik. Die wohl größte betrifft die Handlung; in der ersten Hälfte passiert nicht allzu viel, weil der Fokus auf Tisaanahs und Max‘ wachsender Beziehung liegt, sodass die Geschichte erst ab der zweiten Hälfte in Schwung kommt. Dadurch, dass ich so investiert in ihre Beziehung war, machte mir das nicht allzu viel aus, doch es fiel mir trotzdem auf, weshalb ich es für diejenigen erwähnen wollte, die eher eine spannende Handlung als spannende Charakterbeziehungen bevorzugen.

Andere Charaktere kommen leider nicht ganz so stark hervor; der interessanteste Charakter war mit Abstand Nura, weil sie die einzige war, die sich nicht deutlich auf die eine oder andere Seite stellte, sondern zwischen ihnen stand, was sie zu einer komplexen, fesselnden Figur machte. Hier wünschte ich, anderen Charakteren wäre eine ähnliche Aufmerksamkeit geschenkt worden; speziell hätte ich mir gewünscht, dass Tisaanahs bester Freund Serel, der hauptsächlich am Anfang eine Rolle spielt, viel, viel mehr Screentime bekommen hätte, weil er so viel Potential hatte, das nicht genutzt wurde. Es war schwierig, mit Tisaanahs Verlangen, ihm zu helfen, mitzufiebern, weil wir selbst ihn nur in den ersten paar Kapiteln kennenlernten. Da fand ich Max‘ besten Freund Sammerin schon besser umgesetzt; er kam regelmäßig vor und zeigte zugegeben nicht viel Charaktertiefe, aber dafür eine umso sympathischere Seite.

Insgesamt also keine perfekte, aber immer noch gut zu lesende Geschichte mit fantastischen Hauptcharakteren, die mich schon neugierig auf den nächsten Band macht!

Water Moon
416 Seiten

Hana und ihr Vater leiten ein Pfandhaus, in dem sie die bereuten Entscheidungen ihrer Besucher gegen Seelenfrieden eintauschen. Doch an dem Tag, an dem Hana das Pfandhaus übernehmen soll, verschwindet ihr Vater und eine der Entscheidungen – und bald schon findet sie heraus, dass er nach ihrer scheinbar verstorbenen Mutter sucht. Zusammen mit Keishin, einem jungen Doktor der Physik, beginnen sie eine magische Reise, um ihren verschwundenen Vater zu finden – wobei alles, was Keishin bisher über die Welt zu wissen glaubte, auf den Kopf gestellt wird …

Entscheidungen, die man eintauschen kann, Zeit, die sich falten lässt, Erinnerungen, die als Perlen aus der Haut geschnitten werden, ein Dorf, das die Sterne für die Nacht vorbereitet: Dieser Roman lebt aus seinen Ideen. Es gibt so unglaublich viele kreative davon, die ich bisher noch nie in einem Roman las, dass ich geradezu Ehrfurcht vor der Kreativität der Autorin verspürte. Über den ganzen Roman hinweg besuchen Hana und Keishin verschiedene Orte, die alle auf ihre eigene Weise funktionieren und die Magie eines Ghibli-Films haben. Sie waren mit Abstand die größte Stärke des Romans, der leider auch nicht ganz so gut umgesetzte Aspekte hatte.

Zum einen ist da der Schreibstil, der sich recht langsam liest und der Geschichte einen ruhigen Erzählstil gibt, selbst an spannenden Stellen. Zum anderen sind es die Hauptcharaktere selbst: Sie waren ganz in Ordnung, aber nicht herausragend. Gegen Ende gibt es ein paar Twists, die die Charaktere in einem komplett anderen Licht darstellen. Die Twists allgemein waren absolut genial und eine weitere Stärke des Romans, aber während sie Keishin tatsächlich bei seiner Charakterisierung halfen, schadeten sie Hana, die durch sie um einiges unsympathischer wurde. Ihre Romanze selbst fand ich auch nicht allzu glaubwürdig; ich spürte zwischen ihnen keine Chemie, kein Knistern, kein Vertrauen, und könnte mir gut vorstellen, dass sie sich nach dem Ende sehr bald wieder voneinander trennen.

Das Ende selbst war bittersüß und das Finale ein wenig zu lange gestreckt, sodass ich am Ende nicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis war. Die Gefahr, der Hana und Keishin sich stellten, schien viel zu groß, um sie realistisch zu besiegen, und die Botschaft am Ende war mir zu uneindeutig.

Die Geschichte habe ich vor allem wegen ihrer Ideen genossen, von denen ich es zudem mochte, dass sie nicht weiter ausgebaut wurden, sondern ein kleiner Teil des Romans blieben. Vermutlich könnte man fast aus jeder dieser Ideen einen eigenen Roman schreiben, aber mir gefiel es, sie als Teil einer großen, magischen Welt zu sehen. Die anderen Aspekte überzeugten mich nicht ganz so sehr, aber allein wegen der Ideen (und der Twists) lohnt sich eine Leseempfehlung für alle, die über die Schwächen hinwegsehen können.

Katabasis
655 Seiten

Alice Law hat versehentlich ihren Mentor Jacob Grimes getötet, weshalb sie beschließt, in die Hölle zu reisen, um ihn wieder von dort zurückzuholen. Peter Murdoch, ebenfalls Studierender unter Grimes, folgt ihr. Zusammen müssen sie die acht Kreise der Hölle nach ihrem Professor durchsuchen, gewappnet mit ihrem Wissen und – wie sie zunächst annehmen – ihrer Magie. Doch schnell stellt sich heraus, dass Magie in der Hölle nicht funktioniert und es sehr viel mehr Gefahren in der Hölle gibt, als sie bisher vermuteten. Während sie schwierige Entscheidungen treffen und allgemein miteinander auskommen müssen, denken beide jedoch an ihre wahren Beweggründe, in die Hölle zu reisen …

Ich habe bereits „Babel“ und „Yellowface“ von Kuang gelesen und freute mich, einen neuen Roman zu bekommen, der näher an „Babel“ ist. Und was für ein Roman das war! Zwar gibt es durchaus ein paar Schwächen, aber insgesamt finde ich, dass die Stärken überwiegen.

So sind Alice und Peter unglaublich faszinierende, komplexe Charaktere und ihre Dynamik sehr einnehmend, und noch faszinierender ist ihre jeweilige Vergangenheit: Ihre komplizierte Beziehung zu Professor Grimes sowie ihre persönlichen Probleme nehmen einen wichtigen Teil der Handlung ein, den ich sehr bald sogar noch mehr mochte als die Haupthandlung selbst! Die beiden war schlicht ergreifend großartig, und bei beiden konnte ich verstehen, warum sie so abhängig von Professor Grimes wurden.

Neben diesen drei zentralen Charakteren gibt es nur wenige andere, die sich hervorheben (ich mochte Elspeth und Gradus gern), aber darum geht es auch gar nicht. Denn neben den Charakteren ist ein anderer wichtiger Aspekt die Welt selbst: Die Welt der Hölle, und die außerhalb. Das Worldbuilding basiert auf tatsächlich existierenden Berichten über die Hölle, und die Magie auf bekannten Paradoxen. Kuangs fundiertes Sachwissen macht diesen Roman fast schon zu wissenschaftlicher Fantasy, denn auch, wenn man selbst keinen Universitätsabschluss braucht, um die Geschichte zu verstehen, gibt es durchaus Szenen, in denen die Unterhaltungen zwischen Alice und Peter ein wenig zu komplex sind, um sie zu verstehen – was wohl auch Absicht ist, denn ihre Intelligenz wird dadurch hervorragend demonstriert.

Die Art und Weise, wie in dieser Welt Magie ausgeübt wird, mochte ich sehr. Das Magiesystem aus Kreide, Pentagrammen und Paradoxen war wunderbar umgesetzt, und speziell Letzteres hat mir ausgesprochen gut gefallen. So ziemlich jedes bekannte Paradox wird entweder erwähnt oder angewendet und es hat Spaß gemacht, als jemand, der Paradoxe liebt, diese in einem Fantasyroman so aktiv zu erleben.

Was jedoch die Handlung angeht, war ich hin- und hergerissen. Man kann sie im Grunde in zwei ungleiche Teile aufteilen, von dem mir vor allem der erste gefiel, aber auch der zweite ein paar unvergessliche Szenen bot. Doch fand ich, dass die Kreise der Hölle teilweise besser hätten beschrieben hätten können. Die ersten beiden Kreise (Stolz und Wollust) sowie der Achte Hof werden ausführlich beschrieben und als Leserin habe ich gut verstanden, was genau die Seelen hier tun müssen, um wiedergeboren zu werden. Tatsächlich hatte ich mir hier selbst überlegt, wie ich wohl bei diesen Höfen vorgegangen wäre! Doch bei den anderen Höfen hatte ich das Gefühl, fast gar keinen Eindruck von ihnen zu bekommen. Natürlich gibt es dort etwas zu entdecken, aber ich habe nicht verstanden, was die Seelen hier eigentlich tun sollen.

Der letzte Teil der Handlung war ein Mix aus guten und nicht ganz so guten Szenen. Ich mochte den Achten Hof, liebte das großartige Finale, die Verwendung der Paradoxe und das SEHR zufriedenstellende Ende, doch es gab auch Szenen, die sich recht schleppend lasen, weil der Handlung hier teils an einer Richtung fehlte und es auch eine ungewöhnlich grausame Szene gab, die eingebettet in die Handlung zwar Sinn ergab, mich aber ganz schön aus ihr riss. Dieser letzte Teil hatte also sowohl sehr große Stärken als auch erwähnenswerte Schwächen, wobei letztendlich die Stärken überwiegen (das Finale und Ende waren schlicht phänomenal).

Die Handlung selbst hätte man definitiv ein wenig kürzen können; ich mochte die Twists, aber dadurch, dass der Roman sehr von seinen Hauptcharakteren lebt, überzeugt die Handlung nicht unbedingt durch ihre Spannung, sondern durch ihre Charaktere und das Worldbuilding. Letztendlich jedoch fand ich die Fehler verzeihlich, weil der Roman so viele andere Stärken hatte, und hoffe, dass er auch anderen gefallen wird!

Warrior Princess Assassin
512 Seiten

Erst vor wenigen Tagen habe ich das englische Original verschlungen, konnte aber nicht widerstehen, auch die deutsche Übersetzung zu lesen. Vermutlich hätte ich mehr Zeit vergehen lassen sollen, bevor ich mich so schnell wieder der Geschichte widmete, aber so oder so hatte ich wieder viel Spaß damit.

Mit der Übersetzung bin ich sehr zufrieden – im englischen Original gab es durchaus ein paar Stellen, bei denen ich mich wunderte, wie sie wohl im Deutschen übersetzt würden, und ich fand, dass die Formulierungen den Charakteren gut angepasst wurden. Natürlich mochte ich es auch, die Geschichte und einzelne Szenen jetzt ein wenig besser zu verstehen, weil ich tatsächlich ein paar kleinere Szenen im Original entweder überlas oder nicht vollkommen verstand. Hier half es wohl auch, dass ich mir diesmal ein wenig mehr Zeit beim Lesen ließ.

Aber am wichtigsten ist wohl, dass meine Meinung zu den Charakteren sich ein wenig veränderte: Diesmal kam mir die Chemie zwischen Jory, Ky und Asher sogar noch besser und gleichwertiger vor als zuvor, während ich dafür fand, dass die Nebencharaktere nicht genug Zeit bekamen, um zu scheinen. Dadurch, dass der Fokus sehr auf den drei Hauptcharakteren liegt (und sie auf diese Weise zu absolut großartigen Charakteren macht, sowie ihre Beziehung zum besten Aspekt der Geschichte), bekommen andere Charaktere nicht ganz so viele Gelegenheiten, ihre Stärken zu zeigen. Dadurch, dass es so leicht war, mit Jory, Ky und Asher mitzufiebern, machte mir das nicht allzu viel aus, ich empfand es aber als erwähnenswerten Aspekt.

Wer eine sehr einnehmende Romantasy mit Fokus auf den Charakteren lesen will, ist hier goldrichtig!

Honor & Claws - Untamed Hearts
480 Seiten

Schon mehrere Male ist Reina an der Jägerprüfung des Abschlussjahrgangs gescheitert. An Intelligenz mangelt es ihr nicht, sehr wohl aber an körperlicher Stärke, die sie immer wieder davon abhält, die Bestien zu besiegen und sich zu beweisen. Noch schlimmer wird es, als sie während der Bestienjagd Gefangene von dem Celesten Gavin und seinen Freunden wird. Von diesem Zeitpunkt an verändert sich ihr ganzes Leben – und gibt ihr vielleicht endlich die Möglichkeit, allen anderen zu zeigen, was in ihr steckt …

Es schmerzt mich, dieses Buch kritisieren zu müssen, denn es hatte eine der besten Stärken, die ich jemals gelesen habe: Reina ist eine der besten Protagonistinnen, die mir je untergekommen sind. Sie ist entschlossen, aufopferungsvoll und loyal, klug, mutig und ungeschickt, macht Fehler und steht zu ihnen, gibt niemals auf, stellt Fragen und akzeptiert früher oder später die Antworten (auch wenn sie natürlich von ihrer Erziehung geprägt ist) und ist allgemein unglaublich sympathisch. All diese Qualitäten werden tatsächlich gezeigt und es fiel mir deshalb leicht, mich in sie hineinzuversetzen, mit ihr mitzufühlen und mit ihr mitzufiebern. Sie war – und blieb – über den ganzen Roman hinweg eine phänomenale Protagonistin mit gut balancierten Stärken und Schwächen. Bereits am Anfang mochte ich sie aufgrund ihrer Qualitäten und sie wuchs mir im Lauf des Romans nur noch mehr ans Herz. Ernsthaft: Reina war mit Abstand das beste am ganzen Roman und der Hauptgrund, warum ich es trotz seiner Schwächen zu Ende gelesen habe.

Diese Schwächen sind nämlich leider sehr groß; der Schreibstil las sich recht sperrig, die Handlung war sehr langatmig und die Romanze nicht besonders einnehmend. Ich mochte Gavin nicht besonders, weil er seine Fähigkeiten auf eine Art nutzte, die mir nicht gefiel und ich (bis auf sein Aussehen) nicht verstand, was Reina an ihm fand. Neben ihrer Romanze hatte die Handlung leider nicht viel zu bieten; sie bestand größtenteils aus mehr oder weniger ziellosen Reisen, die auf Zufällen und Annahmen basierten, die nicht weiter hinterfragt werden, nicht einmal von der sonst so aufgeweckten Reina. Und ich weiß nicht, was genau mich am Schreibstil störte, aber er ließ mich das Buch verhältnismäßig langsam lesen. Wahrscheinlich entsprach er einfach nicht meinem Geschmack.

Zugegeben war nicht alles an der Handlung ausbaufähig: Ich mochte die große Wahrheit, mit der Reina konfrontiert wurde, das Volk der Celeste sowie das sehr gemeine, überwältigende Ende. Allerdings sind diese Aspekte selbst mit Reina als eine meiner absoluten Lieblingsprotagonistinnen nicht gut genug, um die Schwächen auszugleichen; ich kann den Roman nicht komplett empfehlen, aber auch nicht komplett davon abraten. Von daher finde ich, dass jeder und jede selbst entscheiden sollte, wie wichtig die erwähnten Aspekte für das eigene Lesevergnügen sind!

Warrior Princess Assassin
400 Seiten

Prinzessin Marjoriana, genannt Jory, fürchtet sich davor, eine arrangierte Ehe mit dem gefürchteten König Maddox „Ky“ Kyronan einzugehen und würde am liebsten mit ihrem Kindheitsfreund Asher weglaufen. Doch weiß sie, dass ihr Land ohne die Hilfe des Königs überrannt werden würde, weshalb sie bereit ist, ihr Schicksal zu akzeptieren – und tatsächlich positiv überrascht über Kys Freundlichkeit ist. Doch dann kommt Asher zu ihr. Als Mitglied der Jägergilde und Assassine hat er zwei neue Aufträge bekommen: Sie und den König zu töten. Jory, die nicht zulassen will, dass Ky stirbt, überredet ihn dazu, zusammen mit ihm zu fliehen – doch letztendlich läuft nichts so, wie es sich Ky, Jory und Asher vorgestellt haben. Vor allem nicht, was ihre eigenen Gefühle füreinander angeht …

Als sehr großer Fan von Brigid Kemmerers Fantasyromanen habe ich mich schon sehr auf „Warrior Princess Assassin“ gefreut und bin sogar noch begeisterter, als ich es erwartet habe! Dies ist eine Rezension zur englischen Originalausgabe, aber ich werde das Buch noch mal auf Deutsch lesen, weil es mir so großen Spaß gemacht hat!

Wobei „Spaß“ fast schon untertrieben ist, so süchtig war ich nach der Handlung und den Charakteren. Normalerweise mache ich zwischen meinen Lesestunden regelmäßig Pause, aber diesmal war ich so eingenommen von der Geschichte, dass ich mich gar nicht davon losreißen konnte.

Das liegt vor allem an den drei Hauptcharakteren und deren Chemie miteinander. Jory, Ky und Asher waren allesamt großartige Figuren, die nicht nur ihre Stärken und Schwächen hervorragend zeigten, sondern auch die Trauma, die sie zu bewältigen haben. Sehr erfrischend war es dabei, dass die Beziehungen zwischen allen dreien möglichst gleichwertig behandelt wurden – gerade bei Ky war ich mir unsicher, ob er als Neuankömmling nicht im Nachteil sein würde, aber tatsächlich war es am Ende sogar er, der am meisten Screentime mit Jory und Asher bekam, während Jory und Asher selbst eine Weile brauchten, bevor sie ihre gemeinsame Vergangenheit schultern konnten. Hier hoffe ich, dass sie im zweiten Band noch offener miteinander umgehen können.

Besonders erstaunlich war, dass Jory und Asher Ky nur wenige Tage kennen und die beiden Männer sich am Anfang nicht ausstehen konnten, ihre gemeinsame Beziehung aber so fesselnd beschrieben wurde, dass sie trotzdem realistisch wirkte. Hier ein großes Lob an Brigid Kemmerer dafür, wie sie ihre Charaktere und deren Beziehungen zueinander schreibt!

Die Handlung selbst lebt vor allem von den Charakteren, ist aber auch an sich stets spannend, weil immer etwas passiert und sie sich teils in Richtungen entwickelt, die ich nicht erwartet habe. Wobei ich es zumindest einfach fand, den Verräter zu erraten, weil es eine übersichtliche Anzahl wichtiger Nebencharaktere gibt. Insofern gibt es hier keine großen Twists. Letztendlich hat das der Handlung jedoch nicht geschadet – gerade, weil es nur wenige Nebencharaktere gibt, schaffte es Brigid Kemmerer, auch ihnen ein wenig Charaktertiefe zu geben.

Was ihr natürlich auch immer gelingt, ist es, die Motivationen sämtlicher Charaktere so vielschichtig und verständlich zu gestalten, dass es sehr schwer ist, sich auf eine Seite zu stellen. Das gilt nicht nur für Jory, Ky und Asher, sondern sogar für Statisten, die berechtigte Kritiken an der Herrschaft beider Länder haben, bei denen die Charaktere selbst feststellen, dass die Dinge nicht so einfach sind, wie sie es sich wünschen würden.

Insgesamt also eine geradezu süchtig machende Lektüre, die nur schwer aus der Hand zu legen ist!

Gwin und das Herz des Drachen (Band 1)
352 Seiten

Gwin hat die Nase voll davon, dass jeder sie zu Hause kontrollieren will und sie nichts selbst entscheiden darf. Kurzerhand reißt sie aus und landet dank einer unhöflichen sprechenden Katze in Madame Manous geheimen Zauberladen. Hier bekommt sie eine Anstellung und serviert magischen Wesen ihr Essen. Bis sie im Keller auf eine Bilderrolle mit einem gezeichneten Drachen trifft. Obwohl ihr Flammenfreund Ignatius sie warnt, befreit sie den Drachen, der sich als Jun vorstellt und unbedingt das zurückbekommen möchte, was ihm gestohlen wurde: Sein Herz …

Dieses schöne Kinderbuch hat mich (auf positive Weise) sehr an Ghibli-Filme erinnert, speziell an „Chihiros Reise ins Zauberland“ und „Das Wandelnde Schloss“. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese auch als Inspiration gedient haben, allerdings meine ich das sehr positiv – ich liebte die Atmosphäre, die Welt und die Handlungsstränge, die Verena Maier in ihrem Roman zum Leben erweckt hat! Die Geschichte war die perfekte Mischung aus Cozy Fantasy und Spannung, weil wir gleichzeitig in der Welt versinken und wissen wollen, wohin es die Charaktere als nächstes verschlägt.

Mein Liebling war definitiv Ignatius, der mit seinem Humor die Handlung aufgelockert hat und dessen Gezanke mit Jun außerordentlich amüsant zu lesen war. Für manche Leser:innen lässt sich eventuell schon vorher ahnen, wohin sich die Handlung entwickeln wird, aber tatsächlich machte gerade das Foreshadowing sie umso spannender zu lesen.

Die Art, wie Gwin ihre eigene Welt erschuf und auf verschiedene Wesen traf, hat mir gut gefallen, doch muss ich zugegeben, dass ich den Anfang zu langsam fand – erst nach hundert Seiten fängt die „eigentliche“ Handlung an und davor serviert Gwin im Zauberladen die Gäste. Hier finde ich, dass die Handlung an dieser Stelle hätte gekürzt werden können, um andere Aspekte dafür ausführlicher zu beschreiben.

Das Finale bzw. Ende war dafür umso großartiger – spannend, ungewöhnlich dramatisch, sehr zufriedenstellend und mit der Aussicht auf mehr Abenteuer im Zauberladen. Ich persönlich freue mich sehr darauf und kann dieses Kinderbuch sowohl allen Ghibli-Fans als auch allen Fans von Cozy Fantasy sehr empfehlen!

Immortal Consequences – Die Blackwood Academy Trials
544 Seiten

Bereits Ende letzten Jahres durfte ich das Leseexemplar zu „Immortal Consequences“ lesen, doch jetzt nach Erscheinen entschloss ich mich, meine Erinnerung noch mal aufzufrischen – diesmal quasi parallel auf Englisch und auf Deutsch.

Erst einmal muss ich die Übersetzerin Doris Attwood loben – sie hat einen wirklich großartigen Job geleistet, I. V. Maries Geschichte ins Deutsche zu übertragen. Natürlich habe ich das englische Original ebenfalls genossen und finde durchaus, dass es dort Formulierungen gibt, die sich nicht perfekt in Deutsche übertragen lassen, aber insgesamt war ich sehr beeindruckt davon, wie natürlich sich die deutsche Übersetzung las.

Was die Geschichte selbst angeht, kann man meine Gedanken dazu in meiner vorherigen Rezension nachlesen, denn insgesamt haben sie sich nicht allzu sehr verändert. Ich bin immer noch begeistert von der Geschichte, den Charakteren und den Romanzen, den Trials und den Dialogen – sie waren alle nicht nur unterhaltsam geschrieben, sondern auch so, dass es sehr leicht war, in sie investiert zu werden. I. V. Marie benutzt gekonnt bekannte Klischees, um eine Geschichte zu erschaffen, die sich trotzdem frisch anfühlt.

Was Kritik angeht, finde ich, dass speziell das Worldbuilding und die Antagonisten im zweiten Band weiter ausgebaut werden sollten, weil beide verhältnismäßig schlicht gestaltet sind. Zugegeben liegt der Fokus auch nicht auf ihnen, aber trotzdem wünsche ich mir, dass beide im zweiten Band etwas vertieft werden.

Ansonsten ist die Geschichte sowohl in Englisch als auch in Deutsch nach wie vor ein Highlight für mich!

Immortal Consequences
501 Seiten

Bereits Ende letzten Jahres durfte ich das Leseexemplar zu „Immortal Consequences“ lesen, doch jetzt nach Erscheinen entschloss ich mich, meine Erinnerung noch mal aufzufrischen – diesmal quasi parallel auf Englisch und auf Deutsch.

Erst einmal muss ich die Übersetzerin Doris Attwood loben – sie hat einen wirklich großartigen Job geleistet, I. V. Maries Geschichte ins Deutsche zu übertragen. Natürlich habe ich das englische Original ebenfalls genossen und finde durchaus, dass es dort Formulierungen gibt, die sich nicht perfekt in Deutsche übertragen lassen, aber insgesamt war ich sehr beeindruckt davon, wie natürlich sich die deutsche Übersetzung las.

Was die Geschichte selbst angeht, kann man meine Gedanken dazu in meiner vorherigen Rezension nachlesen, denn insgesamt haben sie sich nicht allzu sehr verändert. Ich bin immer noch begeistert von der Geschichte, den Charakteren und den Romanzen, den Trials und den Dialogen – sie waren alle nicht nur unterhaltsam geschrieben, sondern auch so, dass es sehr leicht war, in sie investiert zu werden. I. V. Marie benutzt gekonnt bekannte Klischees, um eine Geschichte zu erschaffen, die sich trotzdem frisch anfühlt.

Was Kritik angeht, finde ich, dass speziell das Worldbuilding und die Antagonisten im zweiten Band weiter ausgebaut werden sollten, weil beide verhältnismäßig schlicht gestaltet sind. Zugegeben liegt der Fokus auch nicht auf ihnen, aber trotzdem wünsche ich mir, dass beide im zweiten Band etwas vertieft werden.

Ansonsten ist die Geschichte sowohl in Englisch als auch in Deutsch nach wie vor ein Highlight für mich!

Silvercloak - Unter Feinden
624 Seiten

Saffron ist kurz davor, ihren Abschluss in der Silvercloak-Akademie zu machen, nur noch eine letzte Prüfung trennt sie davor. Doch ausgerechnet bei dieser letzten Prüfung kommt ihr größtes Geheimnis heraus – sie ist immun gegen Magie. Zunächst fürchtet sie, von der Akademie geworfen zu werden, doch stattdessen wird sie für eine Undercover-Mission ausgewählt, bei der sie sich bei den gefürchteten Bloodmoons einschleichen soll, um die Gruppe ein für alle Mal auszumerzen. Doch nicht nur entwickelt sich diese Undercover-Mission sehr viel gefährlicher, als Saff erwartet hat, sie wird noch dazu mit dem Sohn des Kingpins, Levan Celadon, zusammengeworfen – von dem sie in einer Vision gesehen hat, dass sie ihn küssen und danach töten wird …

Wow, was für ein Fantasyroman! Er war düster, stellenweise grausam, SEHR spannend und für alle Fans von Dark Fantasy perfekt geeignet. Ich war so gefesselt von der Geschichte, dass ich sie am liebsten gar nicht aus der Hand legen wollte, so fasziniert war ich von der Handlung, den Charakteren und der Welt.

Das, was die Handlung so unglaublich spannend macht, sind die hohen Einsätze. Für Saff steht sehr viel auf dem Spiel – und obwohl ihre Intelligenz und ihr schnelles Lösungsfinden hervorragend illustriert werden und oft genug zum Einsatz kommen, gibt es auch viele Situationen, aus denen sie keinen Ausweg findet – und dafür bezahlen muss. In diesem Roman sind Charaktere vor dem Tod und schweren Verletzungen nicht gefeit. Manchmal schafft Saffron es, Schadensbegrenzung zu betreiben, aber manchmal eben nicht – und der Preis dafür ist immer hoch. Ich war teils sehr schockiert davon, welche Dinge sie zu tun gezwungen war, entweder aus eigenem Antrieb oder als Befehl. Meine Lieblingsszenen waren hier die mit Lyrian, Levans Vater, weil seine Macht und Grausamkeit so hoch waren, dass ich nie garantieren konnte, dass Saffron sich aus ihnen herauswinden kann.

Womit wir bei den Charakteren wären. Saff war großartig und ihre Entwicklung über den Roman hinweg packte mich mindestens so sehr wie die Handlung. Bei Levan wusste ich lange Zeit nicht, was ich von ihm denken soll, weil er sowohl grausame als auch einfühlsame Seiten zeigte (wobei ich froh war, dass beide Seiten von Saffron zur Kenntnis genommen werden). Selbst am Ende bin ich mir nicht komplett sicher, ob ich ihn nun mag oder nicht, weil er mir insgesamt zu grausam war, ich ihn aber trotzdem verstehen konnte. Was Nebencharaktere angeht, haben sich vor allem Nissa, Tiernan und Auria hervorgehoben – sogar so sehr, dass ich am liebsten einen ganzen Roman über die Anfangsgruppe gelesen hätte, von dem sie und Saff ein Teil sind. Sie haben leider verhältnismäßig wenig Screentime, aber genug, um einen positiven Eindruck zu hinterlassen.

Die Romanze von Saffron und Levan konnte mich dagegen nicht ganz überzeugen. Sie haben durchaus eine gewisse Chemie, die allerdings sehr viel komplexer als eine Romanze ist – ihre Gefühle zueinander waren sehr faszinierend, doch wünschte ich, dass ihre Romanze sich in diesem Band noch nicht entwickelt hätte, weil keiner von beiden sich in einer Lebenssituation befand, in der sie offen für eine (neue) Romanze schienen. Ihre Beziehung war immer noch einnehmend, aber nicht auf eine Weise, bei der ich mir wünschte, sie würden zusammenkommen. Gerade das grandiose Ende lässt mich jedoch wundern, wie sich ihre Beziehung im nächsten Teil wohl entwickeln wird.

Zuletzt möchte ich unbedingt das Worldbuilding ansprechen, weil es einfach fantastisch war. Das Magiesystem, bei dem die Charaktere durch Lust oder durch Schmerz Magie wirken können, war großartig umgesetzt und die Welt selbst hat sich lebendig angefühlt: Nicht nur gibt es Details wie eigene Monate und Wochentage, sondern auch größere Dinge wie fiktive Geschichten und reale Sagen innerhalb der Welt, die sie sehr viel reicher gemacht haben, als sie ohnehin schon war. Die ganze Welt wirkt verbunden und durchdacht und ich kann es nicht erwarten, im nächsten Teil noch mehr von ihr zu sehen.

Insgesamt also eine sehr spannende und empfehlenswerte Fantasygeschichte – ich will nur noch einmal betonen, dass sie stellenweise echt heftig ist und deshalb nicht für alle Fantasyleser:innen geeignet, sondern speziell für Fans von Dark Fantasy. Mir selbst hat sie ausgesprochen gut gefallen und ich freue mich schon auf den zweiten Teil!

Das Mädchen aus der Schwebenden Welt (Floating World-Dilogie, Band 1)
448 Seiten

Ren und ihre Familie führen kleine Kunststücke auf, um sich ihr Geld zu verdienen. Dabei muss Ren ihre Lichtmagie verbergen, wenn sie nicht das Ziel von Kopfgeldjägern werden will. Doch als ihre Familie von einem Dämon angegriffen und ihr Onkel Samchon schwer verwundet wird, bricht ihre Magie aus ihr heraus – und weckt damit die Aufmerksamkeit der Menschen der Unterwelt, die entschlossen sind, sie zu finden. Darunter ist auch der Söldner Sunho, der im Gegenzug Informationen zu seinem verschwundenen Bruder bekommen will. Während Ren nach einem Heilmittel für ihren Onkel sucht, trifft sie auf Sunho – der nicht weiß, wer sie wirklich ist …

Das letzte Buch von Axie Oh („Das Mädchen, das in den Wellen verschwand“) hat mir sehr gut gefallen, doch muss ich zugeben, dass ich „Das Mädchen aus der Schwebenden Welt“ im Vergleich dazu „nur“ gut fand.

Der Anfang ist recht klassisch: Die Handlung wird in Bewegung gesetzt, weil Ren jemanden retten will, den wir als Leser:innen nur kurz kennenlernen. Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, warum so viele Geschichten diesen oder einen ähnlichen Anfang haben, weil es schwierig ist, mit dem Schicksal eines Charakters mitzufiebern, der kein wichtiger Teil der Handlung ist. Indem Samchon Ren einfach begleitet hätte und dabei immer kränker geworden wäre, wäre ich sehr viel investierter in Rens Reise gewesen. Dasselbe gilt für Sunhos Bruder – dadurch, dass wir ihn nicht kennenlernen, war ich nicht allzu interessiert an Sunhos Suche, sondern eher an seiner persönlichen Vergangenheit.

Dafür waren Ren, Sunho und ihre Romanze überraschend gut umgesetzt. Von Anfang an ist klar, dass beide ihre Geheimnisse haben, die sie vor jedem anderen verstecken, weshalb ich neugierig darauf war, wie sie sich entwickeln würden. Hier gibt es auch ein paar interessante Twists, die ich nicht kommen gesehen habe und die mir deshalb sehr gefallen haben. Bei ihrer Romanze gab es weniger Drama, als ich erwartet habe, aber dafür mochte ich die Akzeptanz, die sie füreinander hatten. Nur eine Kritik habe ich bezüglich den beiden: Ich fand es unrealistisch, dass Sunho niemals misstrauisch gegenüber Ren war, obwohl sie am Anfang stets eine Maske trug. Wenn ich ein Söldner wäre und nach einem Mädchen in Rens Alter suchen würde, würde ich bei einem maskierten Mädchen sofort vermuten, dass sie die Gesuchte sein könnte – doch Sunho hat das nie getan, was ich dann doch merkwürdig fand.

Neben den beiden lernt man nur wenige Charakter näher kennen und die Handlung entwickelt sich leider auch in eine Richtung, die mir nicht immer gefiel. Die Art und Weise, wie die koreanische Sage umgesetzt wurde, war sehr gut, aber die Herkunft der Dämonen hat mich ein wenig enttäuscht; hier hätte ich mehr erwartet, zum Beispiel eine Verbindung zu der Sage.

Insgesamt also eine recht gute Fantasyromanze – keine herausragende, aber auch keine schlechte.

Tinte, Staub und Schatten: Das Herz des Labyrinths. Das große Finale der Bücherlabyrinth-Dilogie. Fantasy-Abenteuergeschichte
384 Seiten

Minna ist am Boden zerstört, nachdem ihre Mutter sie verraten hat. Zusammen mit Gulliver, Jasper und Parzival muss sie nun einen Weg finden, ihre Mutter aufzuhalten, bevor diese ihre Pläne umsetzen kann. Im Herz des Bücherlabyrinths liegt die Antwort, da ist Minna sich sicher – doch dazu müssen sie Tinte und Schatten aufsuchen, die beiden anderen Patrone des Labyrinths. Eine Aufgabe, die inmitten all der Fallen, die in ihm lauern, alles andere als leicht ist …

Der zweite Band der „Tinte, Staub und Schatten“-Dilogie lässt zwar noch Raum für mehr offen, gibt der Geschichte allerdings immer noch einen guten Abschluss. Besonders positiv stach die Spannung hervor – denn es gibt in diesem Band so viele Rätsel, Gefahren, dramatische Szenen und spannende Situationen, dass ich von Anfang bis Ende mitgefiebert habe. Gerade dadurch, dass die Lösungen nicht immer einfach waren und Opfer von den Charakteren erforderten, machte es umso spannender, ihre Abenteuer zu verfolgen. Hier ein großes Lob an die Autorin, dass sie die Charaktere mit tatsächlich schwierigen und emotional aufgeladenen Situationen konfrontierte!

Apropos Emotionen: Auch die Charakterbeziehungen spielen in diesem Band eine wichtige Rolle, wobei sie teilweise sehr gut und teilweise ausbaufähig beschrieben waren. Besonders möchte ich die romantischen und elterlichen Beziehungen hervorheben, denen besonders viel Zeit gewidmet wird. Eine, die ich zu meiner eigenen Überraschung verbesserungswürdig fand, war die zwischen Jasper und Parzival – zumindest von Jaspers Seite aus. Denn während bei Parzival kein Missverständnis darüber besteht, wie er für Jasper empfindet, verstand ich Jaspers konstante Antipathie ihm gegenüber nicht unbedingt als Zeichen großer Gefühle – im Gegenteil war ich davon ausgegangen, dass er keine hatte und wollte, dass Parzival das akzeptiert.

Natürlich GAB es Stellen, in denen angedeutet wurde, dass er Parzival nicht ganz so sehr hasst, doch waren diese Szenen sowohl von ihrer Anzahl als auch von ihrer Länge her so stark limitiert, dass ich mir gerne mehr gewünscht hätte, die Jaspers wachsende Gefühle zeigen. So ungefähr wie bei Minna und Gulliver, die weniger Szenen miteinander hatten, sich aber gegenseitig mit Blicken, Worten und Gesten mühelos demonstrierten, dass sie ineinander verliebt sind. Bei ihnen war es sehr viel glaubhafter und verständlicher, dass sie ein Paar wurden, weil die Andeutungen offensichtlich genug waren, während es bei Jasper und Parzival etwas zu plötzlich geschah. (Wie gesagt besteht über Parzivals Gefühle kein Zweifel, aber bei Jasper wäre ich allein aufgrund seines Verhaltens niemals darauf gekommen.)

Insgesamt waren die Beziehungen an sich – und vor allem die Freundschaft der vier Hauptcharaktere – jedoch großartig und herzerwärmend. Die vielen Gefahren haben hier sehr dabei geholfen, (noch) tiefere Beziehungen zu bauen und gleichzeitig die Qualitäten der Charaktere zu zeigen, die alle Szenen haben, in denen sie mit ihren Stärken und Schwächen konfrontiert werden. Auch das Worldbuilding wird hier großartig gezeigt, weil die Wesen, auf die die Charaktere im Labyrinth treffen, auch tatsächlich gut zu der Welt des Labyrinths (und seiner Hintergrundgeschichte) passen.

Die Elternfiguren (Minnas Vater und Gullivers Vater) fand ich ganz schön diabolisch, bis zu dem Punkt, an denen ich ihnen nicht für ihre Taten verzeihen konnte und fast gewünscht hätte, Minna und Gulliver hätten es auch nicht getan. Natürlich habe ich verstanden, warum sie es letztendlich doch taten und sie sehr dafür respektiert, aber ich hätte diese Stärke vermutlich nicht gehabt.

Insgesamt ein guter Abschluss der Dilogie, doch tatsächlich hätte ich nichts dagegen, noch mehr von den Charakteren zu lesen, weil sie mir alle so gefallen haben!

The Invisible Life of Addie Larue - Illustrated Edition
545 Seiten

Addie LaRue wünscht sich nichts mehr, als frei zu sein. Doch als sie am Tag ihrer Hochzeit wegrennt und einen Handel mit dem Teufel eingeht, gewährt dieser ihr eine Freiheit, die sie niemals wollte: Jede Person, die ihr begegnet, vergisst sie wieder, sobald sie sie aus den Augen verliert, und Addie selbst ist es nicht mehr möglich, Spuren zu hinterlassen. Bis sie, dreihundert Jahre nach ihrem Fluch, auf den Buchhändler Henry trifft – den einzigen Menschen, der sich an sie erinnert …

Vor wenigen Monaten habe ich Addie LaRue bereits auf Deutsch gelesen, konnte aber nicht widerstehen, bereits jetzt in das englische Original zu tauchen, so fasziniert war ich von der Geschichte. Tatsächlich ist der Rhythmus der Sätze im Englischen sogar noch deutlicher zu spüren, hat mich aber auch die deutsche Übersetzung mehr wertschätzen lassen. V. E. Schwabs Schreibstil ist einfach wunderschön und es ist bestimmt nicht leicht, ihre Melodie in andere Sprachen zu übertragen.

Da ich dieses Mal das Vorwissen zu dem, was passieren wird, hatte, war es viel leichter, all das Foreshadowing zu entdecken, das mir bisher entgangen war. Ich war sehr überrascht, als ich feststellte, wie viel davon es tatsächlich gibt! Henrys Geschichte hat dadurch einen zusätzlichen Anreiz bekommen, weil sie so erfolgreich angedeutet wird, diese Andeutungen aber erst später an Bedeutung gewinnen.

Was Addies Geschichte angeht, war ich nach wie vor gefesselt von ihren Frankreich-Kapiteln, in denen sie noch dabei ist, die Grenzen ihres Fluchs zu erkunden und auf erinnerungswürdige Charaktere wie Remy trifft. Allgemein ist es beeindruckend, wie Charaktere mit wenig Screentime (darunter auch Estele) durch Addies Erzählungen über sie lebendig gemacht werden!

Beim Wiederlesen war es auch leichter, die Schwächen des Romans etwas deutlicher zu sehen (speziell das Potential einen unendlichen Lebens, das nicht voll genutzt wurde), aber letztendlich haben diese Schwächen mich die vielen Stärken des Romans noch deutlicher sehen lassen. Ich liebe einfach Addies und Henrys Geschichte und werde sie hoffentlich noch viele Male lesen!