Bücherregal lädt …
Four Ruined Realms
464 Seiten

Nachdem ein Verrat unter der Gruppe sie erschüttert hat, müssen Euyn, Mikail, Aeri, Royo und Sora trotzdem zusammenarbeiten, um der Königin von Khitan den Goldring des Drachenherrschers zu stehlen. In Wirklichkeit haben sie vor, sie gegen den König von Yusan aufzubringen, doch aufgrund eines kürzlichen Attentats darf sich ihr niemand nähern. Also müssen sie zuerst herausfinden, unter welchen Umständen man sich ihr doch nähern darf und dann, wie sie diese erfüllen sollen. Doch dafür müssen sie zusammenarbeiten – was so gut wie unmöglich ist, weil sie alle immer noch ihre Geheimnisse haben und sich nicht vertrauen können …

Den ersten Band der Trilogie fand ich sehr spaßig zu lesen und der unterhaltsame Faktor setzt sich auch hier im zweiten Band fort. Die größte Stärke sind dabei definitiv die Charaktere und ihre Dynamiken: Sie fühlen sich alle wie fehlerbehaftete Menschen an, denen man ein gutes Ende wünscht. Mein Lieblingscharakter war dabei Sora – nicht nur war sie die wohl sympathischste von allen, sondern zeigte immer noch ihren moralischen Zwiespalt und machte sogar eine kleine Charakterentwicklung durch. Das ist sogar noch beeindruckender, wenn man bedenkt, dass sie nicht durch eine starke Charakterdynamik profitieren konnte, da ihr Liebster Tiyung den Band über eingekerkert ist und deshalb leider nicht viel zu tun hat.

Die anderen glänzen dafür mehr mit der Dynamik, die sie mit ihren Geliebten haben, wobei hier Aeri und Royo die stärksten Anwärter sind. Ihrer Beziehung wird in diesem Band viel Raum gewidmet und es war leicht, in sie investiert zu werden. Dafür hätte ich mir gerne mehr zu Euyn und Mikail gewünscht, die zwar immer noch eine interessante Dynamik haben, aber deren Beziehung dafür in den Hintergrund rückt. Vor allem bei Euyn hätte es sicher ein paar Sympathiepunkte eingebracht, denn er war mir von allen am unsympathischsten und wäre ohne Mikail als notwendigen Gegenpol wohl unerträglich gewesen.

Interessanterweise ist es auch in diesem Band so, dass die Charaktere nicht unbedingt eine eigene Stimme haben, ich aber trotzdem nie durcheinander geriet, was den derzeitigen Charakter anging. Ich glaube, das lag größtenteils daran, dass die Dinge, über die die jeweiligen Charaktere nachdenken, sehr auf sie zugeschnitten sind; aber Tatsache ist, dass ich mich trotz der kurzen Kapitel und der verwobenen Handlung sehr gut zurechtfand. Nur den Schreibstil an sich fand ich verbesserungswürdig, weil er viele kurze Sätze enthält, die sich teils abgehackt lasen, wodurch er nicht immer erfolgreich damit war, die Emotionen der Charaktere an uns Leser:innen zu bringen. (Das gilt besonders für Charaktertode, die mich leider nicht allzu viel fühlen ließen.)

Was die Handlung betrifft, dauert es zwar ein bisschen, bevor die eigentliche Handlung losgeht und sich schließlich verzweigt, doch Mai Corland macht das wett, indem sie die Charaktere konstant in spannende Situationen bringt. Die Menge an Nahtoderfahrungen war mir persönlich zwar zu hoch, doch ich habe trotzdem mitgefiebert, weil die Charaktere in der Regel aus eigener Kraft gefährlichen Situationen entkommen und nur selten durch einen Deus ex Machina. Hier hat es Spaß gemacht, dabei zuzuschauen, wie sie wohl ein bestimmtes Problem bewältigen – und von denen gibt es in diesem Band so einige!

Insgesamt hat mir der erste Band ein wenig besser gefallen, aber ich freue mich dennoch sehr auf den dritten, abschließenden Band der Reihe – und darauf, wohin er die Charaktere führen wird …

Five Broken Blades
496 Seiten

Als Gottkönig gilt der Herrscher Joon als unsterblich, doch um ihre jeweiligen Ziele zu erreichen, tun sich sechs Menschen zusammen, um ein Attentat auf ihn zu planen. Sie alle gelten von nun an als Verräter: Euyn, der verstoßene Bruder des Königs; Mikail, dessen Liebhaber und Spion für den König; Sora, eine ausgebildete Giftmörderin; Tiyung, der sie als Prinz unterstützen mochte; Aeri, eine begnadete Diebin; und Royo, ihr unfreiwilliger Leibwächter. Doch ihnen ist klar, dass sie sich gegenseitig nicht vertrauen dürfen, denn beim Erreichen ihrer persönlichen Ziele werden sie gezwungen sein, sich gegenseitig zu verraten …

Dieser Fantasyroman überzeugt vor allem durch seine Charaktere und Charakterdynamiken, die für mich definitiv das Highlight waren. Euyn und Mikail, Sora und Tiyung, Royo und Aeri: es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht, ihre Interaktionen zu verfolgen, weil die Duos eine so hervorragende Chemie miteinander hatten. Besonders ist hierbei auch, dass ich tatsächlich alle drei Duos gleichermaßen ansprechend fand. Normalerweise entwickle ich schnell eine Präferenz für ein oder zwei Paare und nehme die anderen Charaktere eher als Nebenfiguren wahr, doch hier mochte ich tatsächlich alle drei Duos und alle sechs Charaktere.

Am besten an den Charakteren selbst waren ihre Hintergrundgeschichten, die sehr einnehmend beschrieben waren und genau die richtige Balance zwischen Informationen und Geheimnissen hatten. Ich glaube, das einzig Negative daran war, dass es diese Informationshäppchen relativ leicht machten, den Verräter der Gruppe zu erraten – aber allzu gestört hat mich das nicht, weil es dafür andere, kleinere Twists gibt.

Natürlich kommt der große Fokus auf die Charaktere und einzelnen Duos mit Opfern einher: Die Dynamiken außerhalb der Duos kommen definitiv zu kurz, wir bekommen nur wenig von der Welt mit und eine Charakterentwicklung habe ich nur bei Royo bemerkt. Das sind Punkte, von denen ich hoffe, dass sie im zweiten Band besser balanciert werden – speziell bei Euyn, der in einem misogynen Staat aufgewachsen ist, hätte es sich angeboten, seine Ansichten gegenüber Frauen zum Positiven zu verändern.

Insgesamt ist dieser Fantasyroman gut für Fans charakterbasierter Handlung geeignet, die schon Bücher wie „Das Lied der Krähen“ mochten. Allerdings möchte ich betonen, dass der Schreibstil im Gegensatz zu der Krähen-Dilogie um einiges moderner ist; schlicht, direkt und spannend, was mir durchaus gefiel, aber nicht so klassisch, wie ich es gerne gehabt hätte. Nicht unbedingt eine Kritik, sondern eher eine Anmerkung für diejenigen, die Interesse an der Geschichte haben und sich nicht sicher sind, ob ihnen der Schreibstil gefällt.

Mir jedoch hat die Lektüre sehr viel Spaß gemacht und ich freue mich schon darauf, den zweiten Band zu lesen!