- Monas Augen
- Thomas Schlesser
- Piper
- Belletristik
- Kunst
- Kunstgeschichte
- Schönheit
- Familie
- Geheimnis
- Trauma
- Highlight
Als die zehnjährige Mona für eine Stunde ihr Augenlicht verliert, machen sich ihre Eltern Sorgen, dass sie bald für immer erblinden könnte. Ihr Großvater Henry soll sie wöchentlich zu einem Kinderpsychiater bringen, doch dieser möchte Mona stattdessen die Schönheit der Welt zeigen. Jeden Mittwoch geht er mit ihr ins Museum und schaut mit ihr genau ein Kunstwerk an. So lernt sie nicht nur die Geschichte der Kunst kennen, sondern mit jedem Kunstwerk auch etwas über das Leben …
Dieser wunderschöne Roman wird als „Sofies Welt für die Kunst“ beschrieben und das ist tatsächlich sehr akkurat: Von der Renaissance bis zu unserer Zeit lernen wir 52 verschiedene Kunstwerke kennen, die praktischerweise im Vor- und Nachsatz des Buches abgedruckt sind. Zwar zeigen sie aufgrund des kleinen Formats nicht immer alle Details, weshalb ich sie ab und an online recherchierte, aber immer noch genug, um einen sehr guten Eindruck von ihnen zu bekommen.
Hier hat es mich sehr beeindruckt, wie die Zusatzinformationen zu den Kunstwerken und den Erschaffern meinen eigenen Eindruck veränderten. So ist zum Beispiel das allererste Kunstwerk – Botticellis „Venus und die drei Grazien übergeben einem jungen Mädchen Geschenke“ – nicht unbedingt eins, das ich ausführlich betrachtet hätte, doch sobald ich las, wie viel Hintergrund in diesem Fresko steckt, war ich unglaublich fasziniert davon. So ging es mir auch mit anderen Kunstwerken, wie de Champaignes „Ex voto“, de Goyas „Stillleben mit Schafskopf und Rippenstücken“, Duchamps „Flaschentrockner“ und Pollocks „Silber über Schwarz, Weiß, Gelb und Rot“. Sie gehörten zu denen, die mich beim puren Anschauen nicht beeindruckten, aber durch die näheren Informationen, die Henry gab, sogar zu meinen Lieblingsstücken wurden.
Davon abgesehen gibt es natürlich Kunstwerke, die mich sowohl ästhetisch als auch von der Bedeutung her ansprachen: So zum Beispiel Hals’ „Junge Frau“, Gérards „Die interessante Schülerin“, Camerons „Mrs Herbert Duckworth“, Hammershøis „Ruhepause“, Magrittes „Das rote Modell“ und noch viele mehr. Vor allem die Kunstwerke aus den ersten zwei Museen, die die Kunstarten von der Renaissance bis zu den ersten Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts abdeckten, konnten mich begeistern, weil mein persönlicher Geschmack den Kunstarten entsprach. Mit anderen Worten: Jeder wird hier wohl Kunstwerke finden, die ihn ansprechen, teils aufgrund ihres Aussehens, aber definitiv auch wegen ihrer Bedeutung.
Eine kleine Kritik, die ich für die Geschichte habe, ist, dass jedes Kapitel sehr ähnlich gestaltet ist. Zunächst bekommen wir einen Einblick in Monas Leben, danach schaut sie sich mit Henry ein Bild an und danach reden sie darüber, wobei Henry ihr sowohl vom Künstler als auch von der Bedeutung des Werks erzählt. Zwar mochte ich sämtliche Ereignisse und Henrys Ausführungen, hätte mir aber trotzdem ein wenig mehr Varietät in der Reihenfolge der Ereignisse gewünscht.
Dieser Roman ist nicht nur für Kunstbegeisterte geeignet, sondern auch für alle, die eine schöne Geschichte lesen und etwas aus ihr mitnehmen wollen. Aber natürlich schadet es mitnichten, ein gewisses Interesse an Kunst zu haben!
- Das Geheimnis
- der Glasmacherin
- Tracy Chevalier
- Belletristik
- Geschichte
- Venedig
- Murano
- Glasmacherei
- Perlen
- Zeitsprünge
- Familie
Orsola Rosso gehört einer Familie von Glasmachern an, die nach dem Tod des Familienvaters das Erbe selbständig weiterführen müssen. Auch Orsola möchte in das Familienunternehmen einsteigen und beginnt trotz dem Widerwillen der anderen Familienmitglieder heimlich damit, das Herstellen von Perlen zu lernen, um mit ihrem Verkauf der Familie zu helfen. Über die Jahrhunderte hinweg stellt sich die Familie mehreren Herausforderungen, die sie entweder zusammenschweißen – oder voneinander trennen …
Dieser Roman liest sich unglaublich flüssig und beschreibt die Ereignisse um die Rosso-Familie überraschend fesselnd. Als jemand, die sich für Glasbläserei nicht interessiert, war ich fasziniert von den Beschreibungen der Perlenmacherei und den damit zusammenhängenden Problemen, mit denen Orsola und die anderen Familienmitglieder sich konfrontiert sahen. Tracy Chevalier schaffte es hervorragend, das Thema so interessant zu gestalten, dass ich neugierig ihre Beschreibungen verfolgte.
Das liegt teils daran, dass wir alle zentralen Charaktere über fünfhundert Jahre verfolgen – ja, dieselben Charaktere über fünfhundert Jahre hinweg. Die Erklärung ist technisch gesehen magisch (die Geschichte etabliert, dass die Zeit für Orsola und diejenigen, die ihr am Herzen liegen, sehr viel langsamer vergeht), aber sie las sich überraschend natürlich und ich mochte es, sowohl die Familie als auch die Veränderungen in Venedig zu verfolgen. Es war im Grunde die Antwort auf die Frage, wie dieselben Mitglieder einer Glasbläser-Familie während verschiedener Zeiten leben würden, während die Welt sich immer weiterentwickelt. Die Leser, für die das zu übernatürlich klingt, müssen sich jedoch keine Sorgen machen; die Autorin hat diesen Aspekt der Handlung so natürlich eingebaut, dass ich ihn gar nicht infrage gestellt, sondern einfach als gegeben akzeptiert habe. Tatsächlich war ich sehr beeindruckt davon, wie normal die Zeitsprünge in die Handlung eingebaut wurden!
Jedem gezeigten Jahr wird dabei sehr viel Zeit gewidmet, was ich an sich gut fand, in der praktischen Umsetzung jedoch verbesserungswürdig. Einerseits war es natürlich hervorragend, in jedem Jahr tief versinken zu können, doch andererseits hätte ich mir wirklich gewünscht, dass sie in mehrere Kapitel unterteilt gewesen wären. Jede wichtige Zeitspanne bekommt nämlich ein eigenes Kapitel, was im Durchschnitt etwa sechzig Seiten pro Kapitel waren. Eine abschreckende Länge, die hätte aufgelockert werden können, wenn man einige der Absätze, denen eine Leerzeile folgte, zu einem Kapitelende gemacht hätte. Zwar las sich die Geschichte trotzdem flüssig, doch selbst ich als fleißige Leserin fand die Länge der Kapitel viel zu lang.
Von den Charakteren gab es zwar nur wenige, die hervorstachen, doch die, die es taten, taten es dafür umso besser. Speziell Orsola, Antonio, Klingenberg, Domenego und Stella mochte ich sehr und freute mich, sie über all die Jahre zu verfolgen, obwohl manche von ihnen nicht einmal zentral für die eigentliche Handlung waren, aber dennoch einen bleibenden Eindruck hinterließen. Andere Charaktere blieben blasser, aber die Veränderungen, die sie erlebten, waren stets interessant.
Ein wenig verwirrend war das Italienisch, das im Text verwendet wurde. Dadurch, dass die Charaktere ja eigentlich italienisch reden und wir ihre Geschichte übersetzt zu lesen bekommen, machte es für mich keinen Sinn, wenn ihr Text dann doch in Italienisch wiedergegeben wurde. Allerdings ist das nur eine Kleinigkeit, die mich zwar verwirrt, aber nicht gestört hat.
Insgesamt eine flüssig zu lesende Geschichte, die nicht nur für historisch interessierte Leser:innen geeignet ist, sondern auch für alle, die einfach einen guten Roman lesen wollen!
- Akikos stilles Glück
- Jan-Philipp Sendker
- Blessing
- Belletristik
- Japan
- Leben
- Gesellschaft
- Geschichten
- Haikus
- Hikikomori
- Philosophie
Als Akiko hört, dass ihre beste Freundin eine Solo-Hochzeit feiert, ist sie überrascht. Davor war ihr das Prinzip gänzlich unvertraut und nun überlegt sie, ob so etwas auch für sie in Frage kommen könnte. Doch als sie auf ihren ehemaligen Klassenkameraden Kento trifft, bekommt sie Zweifel, denn er stellt ihr zwei zentrale Fragen: Kennt sie sich? Mag sie sich? Diese Fragen sollten vor einer Solo-Hochzeit doch geklärt werden, meint Kento. Er selbst ist inzwischen ein Hikikomori geworden und lebt als solcher abseits der Gesellschaft, hat keinen Kontakt zu Menschen und geht nur nachts raus. Nur Akiko findet Zugang zu ihm und zwischen ihnen startet eine zögerliche Freundschaft. Diese hilft Akiko nicht nur, über den Tod ihrer Mutter hinwegzukommen und das Mysterium ihres Vaters zu lösen, sondern auch, sich selbst immer besser kennenzulernen: Kennt sie sich? Mag sie sich? Und was will sie mit ihrem Leben anfangen?
Dieser ruhige Roman hat viele inspirierende und emotionale Szenen, die sowohl Akikos als auch Kentos Leben und die Schwierigkeiten, denen sie sich stellen müssen, sehr gut beschreiben. Am liebsten gefielen mir die Erzählungen aus ihrer jeweiligen Vergangenheit, weil diese so gut erklärten, warum sie zu den Personen wurden, die sie in der Gegenwart waren. Zusätzlich liebte ich Akikos Geschichtsideen und Kentos vorgelesene Haikus, weil beides so inspirierend war. Allgemein lernt man die beiden Charaktere überraschend gut kennen, obwohl speziell Kento sehr verschlossen ist. Eine Charakterentwicklung findet zwar eher bei Akiko als bei Kento statt, aber auch so mochte ich beide.
Doch neben den schönen Szenen, philosophischen Gedankengängen und sympathischen Hauptcharakteren hat der Roman trotzdem eine Schwäche: Das Pacing. An sich genieße ich es durchaus, ab und an langsamere Geschichten zu lesen, doch in diesem Fall war sie mir ein wenig ZU langsam. Ich habe mich zwar nicht unbedingt gelangweilt, mich aber doch gefragt, wann es wieder richtig weitergeht. Vor allem, weil es Handlungsstränge gibt, die letztendlich offen gelassen werden – darunter die Solo-Hochzeit, die Akiko irgendwann wieder verwarf, ohne dass ich es als Leserin bewusst mitbekommen hätte. Im Nachhinein waren die verworfenen Handlungsstränge wahrscheinlich Akikos Ideen für ihre Zukunft, bevor sie schließlich die fand, die sie glücklich machte, aber zumindest während des Lesens ist es verwirrend, wenn wichtige Plotpunkte später nicht mehr erwähnt werden.
Von daher empfehle ich den Roman denjenigen, die ruhige Geschichten mit offenen Fragen mögen, während andere den Roman als zu langsam empfinden könnten.
- The Rest Is History
- Tom Holland
- Dominic Sandbrook
- Ullstein
- Sachbuch
- Geschichte
- Humor
- Fakten
- Fun Facts
- Irrtümer
- Top 10
Die Geschichte ist voller Ereignisse und Personen, die im Lauf der Zeit (fast) vergessen wurden, aber auch voller bekannter Irrtümer, die teils bis heute Bestand haben. Tom Holland und Dominic Sandbrook gehen in ihrem humorvollen Sachbuch auf alle möglichen historischen Fakten ein, von denen ich größtenteils noch nie gehört hatte. Das machte das Lesen besonders interessant, weil man selbst bei den bekannteren Fakten Neues erfährt.
Der Stil, in dem die Kapitel erzählt sind, ist locker gehalten und gleichzeitig sehr kreativ: Es gibt Top-Ten-Listen, Episoden, Interviews, Briefe, mehrere Weltmeisterschaften und noch viel mehr. Natürlich sind die Interviews und Briefe dabei komplett fiktiv – aber erzählen auf humorvolle Weise von realen Ereignissen. Allerdings muss ich zugeben, dass der Stil nicht immer passend war, weil er die beschriebenen Ereignisse manchmal verkomplizierte. In so manchen Kapiteln wäre es besser gewesen, direkt über das Thema zu reden, statt es kreativ zu verarbeiten.
Neben den Top-Ten-Listen, die mir am besten gefielen, muss ich gestehen, dass mich vor allem die mir bekannten Themen interessierten: das Monster von Loch Ness, König Artus, Robin Hood, die Weiße Rose, Rasputin, Kaiser Nero und Julius Caesar. Natürlich gab es andere Kapitel über mir unbekannte Fakten, die mich reizten, aber letztendlich waren es die mir bekannten, die mich am meisten packen konnten. Übrigens mochte ich die Weltmeisterschaften zwischen verschiedenen Personengruppen nicht besonders; hier wurden anscheinend auf X Wahlen abgehalten, um den besten Premierminister, die beste Königin und die besten Götter zu bestimmen, aber dadurch, dass ich nicht selbst teilnahm und sie nichts mit den restlichen Fakten zu tun haben, fand ich sie überflüssig.
Insgesamt also ein humorvolles Geschichtssachbuch für alle, die Sachbücher über kuriose Fragen und Antworten mögen, allerdings mit der Einschränkung, dass nicht alle Themen gleichermaßen interessant für alle Leser:innen sein werden.
Nach seinen fünf Romanen und zehn Kurzgeschichten schreibt Benedict Wells erstmalig ein Sachbuch, das sowohl seine eigene als auch die Entstehungsgeschichte seiner Romane in den Fokus rückt. Doch auch hier benutzt er seinen unvergleichlichen Schreibstil, wodurch auch dieses Buch zu einer wunderschönen Lektüre wird.
Die ersten hundert Seiten widmen sich dabei seiner Vergangenheit: Was ihn bewegte und was ihn inspirierte, was er erlitt und was er schrieb. Es war auf seltsame Weise erleichternd zu hören, wie schwer ihm das Schreiben fiel, wie viele Fehler er machte und wie er trotzdem nicht aufgab. Als Hobby-Autorin, aber auch als Fan seiner Bücher ist es bizarr, sich vorzustellen, wie holprig Wells' Start war - aber auch motivierend, weil er zeigt, dass Disziplin und Ausdauer der Schlüssel zu einem guten Buch ist.
Die schriftstellerischen Werkzeuge werden im Rest des Buches vorgestellt und speziell anhand von "Hard Land" und "Vom Ende der Einsamkeit" gezeigt. Hier war es sehr interessant, Wells' Vollendung seiner Werke zu verfolgen – obwohl man theoretisch die meisten Strategien natürlich schon kennt, war es noch mal etwas Anderes, sie tatsächlich präsentiert zu bekommen. Ich habe schon Schreibratgeber gelesen, fand Wells' Perspektive aber trotzdem erfrischend.
Am Ende bearbeitet er schließlich selbst zwei verworfene Textstellen seiner Bücher, um all das, was er uns zuvor beschrieb und zeigte, anhand von Beispielen zu veranschaulichen. Hier war es sehr beeindruckend, wie stark kleine Veränderungen sein können – und wie viele Informationen eine Geschichte nicht braucht.
Aus diesem Grund ist das Buch nicht nur für Nachwuchsautor:innen und/oder Wells-Fans interessant, sondern auch für Leser:innen im Allgemeinen – diese werden so nicht nur einen neuen Zugriff auf Lektüren bekommen, sondern auch eine ganz neue Wertschätzung für Romane. Insofern also eine Empfehlung an alle, die gerne schreiben und/oder gerne lesen!
Miss Maelys Mitchelmore wurde verflucht. Auf einem Ball löst sich ihr Kleid in Luft auf und nur knapp schafft sie es, einem Skandal zu entkommen. Unerwartete Hilfe findet sie in Lady Georgina, die als der „Duke of Annadale“ bekannt ist, seit unter mysteriösen Umständen ihr Vater und ihre drei Brüder starben. Maelys' Freunde, Miss Bickle und Mr. Caesar, vermuten sofort, dass Lady Georgina hinter dem Fluch steckt – ein Verdacht, der sich immer weiter erhärtet, als Georgina zufällig immer dann auftaucht, wenn Maelys in Gefahr schwebt, um sie daraufhin zu retten. Steckt dahinter ein ausgegorener Plan – oder verheimlichte Gefühle?
In Alexis Halls neuester queerer Geschichte erzählt er mit viel Humor und viel Magie eine Romanze zwischen zwei jungen Frauen am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Diese hebt sich vor allem durch das Framing hervor: Denn erzählt wird die Geschichte nicht direkt aus Maelys’ Sicht, sondern aus der Sicht des Hobgoblins Robin, Oberons Hofnaar. Dieser beschreibt aus einer Außenperspektive die Handlung auf eine Art und Weise, die sehr amüsant und unterhaltsam zu lesen war. Es ist definitiv eine ungewöhnliche Erzählweise, weil sie sich mehr auf das Äußerliche statt auf das Innerliche konzentriert, doch Alexis Hall ist es trotzdem gut gelungen, den Schreibstil erfolgreich einzusetzen.
Die Romanze zwischen Maelys und Georgina war dabei nicht einmal das Highlight, weil eher die Charaktere an sich faszinierend waren und nicht unbedingt ihre Romanze. Die Romanze selbst war immer noch einnehmend, doch letztendlich waren es sowohl die Haupt- als auch die Nebencharaktere, die mich am meisten interessierten. Besondere Erwähnung verdient Miss Bickle, Maelys’ abenteuerliche und teils naive Freundin, weil ihr Charakter einfach wunderbar unterhaltsam war und die Handlung mit jeder Szene, in der sie vorkam, bereicherte.
Was potentielle Kritikpunkte angeht, fand ich den Drahtzieher hinter Maelys’ Fluch relativ offensichtlich und die zweite Hälfte des Romans, in der sich der Fokus der Handlung verschiebt, manchmal ein wenig zu lang. Das Ende kommt zudem etwas plötzlich, auch wenn es trotzdem sehr zufriedenstellend war.
Insgesamt eine humorvolle Lektüre, die einfach Spaß macht!
- Die Reisenden
- der Nacht
- Armando Lucas Correa
- Lübbe
- Belletristik
- Familiengeschichte
- Nazizeit
- Deutschland
- Kuba
- Revolution
- Adoption
- Rassismus
- Starke Frauen
Ally ist eine aufstrebende Schriftstellerin in der Nazizeit, die alles in ihrer Macht Stehende tut, um ihre kleine Tochter Lilith zu schützen. Für die Nazis ist diese nur ein Mischlingskind, das gegen die Rassenideologie verstößt. Schließlich bleibt Ally keine Wahl und sie ist gezwungen, Lilith wegzugeben. Diese wächst wohlbehalten in Kuba auf, verliebt sich und bekommt eine Tochter, Nadine. Doch während der kubanischen Revolution sieht sie sich ebenfalls gezwungen, ihre Tochter wegzugeben, woraufhin diese in New York aufwächst und später in Deutschland versucht, ihre Adoptivmutter vor dem Gefängnis zu retten. Erst Nadines Tochter Luna ermöglicht es der Familie, die offenen Fäden der Familiengeschichte wieder zusammenzuführen …
Dieser Roman erzählt die Geschichte vierer Frauen, die während schwerer Zeiten Entscheidungen fällen müssen, die noch Jahre und Jahrzehnte danach in ihrer Familie widerhallen. Besonderer Fokus wird dabei auf die ersten drei Generationen gelegt, die jeweils ungefähr ein Drittel der Handlung gewidmet bekommen. Hier haben mir speziell Allys und Liliths Geschichten sehr gefallen, weil deren Leben besonders ausführlich beschrieben wurden. Wir folgen Ally über zehn Jahre hinweg, in denen auch Lilith eine zentrale Rolle spielt, und Lilith über zwanzig Jahre. Im Vergleich zu den vierzig Jahren, in denen Nadine und Luna die Hauptfiguren sind, hatte ich das Gefühl, Ally und Lilith besser kennenzulernen als deren Kindeskinder, weil weniger Zeit in mehr Seiten gesteckt wird, wodurch die Ereignisse einen härter treffen, als sie es bei großen Zeitsprüngen tun.
Das ist nicht zwingend etwas Schlechtes, weil jeder der drei Teile etwas Wichtiges zu bieten hat, aber es ist trotzdem erwähnenswert, dass ich mit Ally und Lilith mehr mitfiebern konnte als mit Nadine und Luna, weil deren Geschichte kompakter erzählt war. Das trifft auch auf die Handlung an sich zu; die Ereignisse in den ersten zwei Dritteln fesselten mich etwas mehr, weil ihnen mehr Zeit gegeben wurde, sich zu entfalten. Erwähnenswert ist hier natürlich auch, dass all diese Ereignisse auf realen beruhen, aber mithilfe fiktiver Charaktere erzählt wurden.
Der dritte Teil der Handlung sticht vor allem durch seine Plot Twists hervor, die die verschiedenen Teile der Geschichte sehr schön zusammenführen und den Kontext früherer Szenen auf positive Weise verändern. Ich hatte mir bis dahin nämlich ernsthafte Sorgen darüber gemacht, wie die gegenwärtigen Charaktere es schaffen würden, ihre Vergangenheit aufzudecken und war sehr erleichtert, als das auf eine zufriedenstellende Weise geschah.
Wer Familiengeschichten gerne mag, wird hier eine finden, die sowohl herzzerreißend als auch herzerwärmend ist!
- Die verheimlichte
- Tochter
- Soraya Lane
- Droemer Knaur
- Verlorene Töchter
- Belletristik
- Familiengeschichte
- Geheimnisse
- Twists
- Drama
- Romanze
- Liebe
- Griechenland
- London
- Wohlfühlroman
Ella ist erfolgreiche Kunsthändlerin, träumt jedoch davon, ihre eigene Kunst zu erschaffen. Die Gelegenheit bekommt sie, als ihr von einer Anwaltskanzlei eine kleine Schachtel überreicht wird, in der sich ein Notenblatt und ein Foto von einer Mutter und Tochter befinden, das auf einer griechischen Insel geschossen wurde. Mithilfe des Pianisten Gabriel, in den sie früher verliebt war – und insgeheim immer noch ist –, untersucht sie ihre Familiengeschichte, die sie nicht nur nach Griechenland, sondern in die Zukunft ihrer Träume führt ...
Zunächst möchte ich einen kleinen Fehler in der Kurzbeschreibung ansprechen, der mich beim Lesen der eigentlichen Geschichte ganz schön verwirrte: Und zwar, dass Gabriel dort irrtümlicherweise "Mathew" genannt wird. Deshalb dachte ich für eine ganze Weile, dass neben Gabriel noch ein anderer Pianist namens Mathew auftauchen würde, doch ist das nie passiert, weil hier schlicht ein falscher Name genannt wurde. Diejenigen, die die "Mathew"-Version haben, sollten vorab über diesen Fehler Bescheid wissen, um Verwirrung zu vermeiden.
Zum Glück ist die eigentliche Geschichte genau wie die vorigen Teile wunderschön zu lesen. Stellenweise war ich sogar zu Tränen gerührt, weil die neuen Twists, die Soraya Lane in ihre Handlung einbaute, mich so bewegten. Das ist übrigens ein großer positiver Punkt: Auch, wenn alle Geschichten ähnlich beginnen, gibt es in jedem Töchter-Roman neue Entwicklungen, die ihn von den anderen Romanen abheben. Besonders hier gefiel mir der Twist sehr gut und hat für ein emotionales, zufriedenstellendes Ende gesorgt.
Zudem ist die Romanze in beiden Zeitlinien sehr süß umgesetzt. Sowohl Ella und Gabriel als auch Alexandra und Bernard geben ein wunderbares Pärchen ab, was besonders bei Alexandra und Bernard beeindruckend ist, weil ihre Screentime im Vergleich zu Ella und Gabriel deutlich kleiner war. Nichtsdestotrotz spürte man ihre Liebe zueinander deutlich und ich war sehr froh, das Ende ihrer Geschichte zu erfahren.
Was mögliche Kritik angeht, habe ich diesmal ein Weilchen gebraucht, um mich in die Handlung einzufinden; Ella kommt erst nach circa einem Drittel der Handlung überhaupt nach Griechenland, während Alexandra es früh verlässt, um erst gezwungenermaßen und dann freiwillig in London zu leben. Deshalb gab es speziell in der ersten Hälfte nicht genug Griechenland für mich, dafür aber zum Glück umso mehr in der zweiten Hälfte.
Eine weitere Beobachtung meinerseits, die ich nicht unbedingt als Kritik, sondern als persönliche Meinung zählen würde: Die gegenwärtige Handlung fand ich um einiges interessanter als die vergangene. Mit Alexandras Handlungsstrang bin ich erst recht spät warm geworden, während ich keine Probleme hatte, mich in Ellas Erkundungen zu verlieren. Anderen Leser:innen mag es jedoch anders gehen, weshalb ich diesen Punkt wie gesagt nicht als Kritik betrachte.
Zum dritten Mal ist es Soraya Lane gelungen, eine entspannte, emotionale Wohlfühlgeschichte zu schreiben, die ich sehr genossen habe!
- Schattenschwester
- Sieben Schwestern
- Lucinda Riley
- Goldmann
- Belletristik
- Vergangenheit
- Liebe
- London
- Starke Frauen
- Geschichte
- Drama
- Tagebücher
- Selbstfindung
- Familiengeschichte
Star hat immer im Schatten ihrer Schwester CeCe gelebt, doch nach dem Tod ihres Vaters ist die Zeit für sie gekommen, sich selbst zu finden. Einem Hinweis ihres Vaters folgend, besucht sie eine Londoner Buchhandlung, wo sie auf den exzentrischen Orlando und seinen distanzierten Bruder Maus trifft. Es ist offensichtlich, dass ihre Familiengeschichten irgendwie zusammenhängen, doch wie genau, ist nicht ganz klar. Bis sie die Tagebücher von Flora MacNichol finden, die während ihres Lebens viele Entscheidungen traf, deren Konsequenzen bis in die Gegenwart reichen …
Der erste Band war gut, der zweite Band noch besser und der dritte mein bisheriges Highlight: „Die Schattenschwester“ hat die besten Aspekte der vorigen Bände in sich vereint und gleichzeitig die wenigen Kritikpunkte, die diese hatten, vermieden. Das fängt mit Star an, mit der ich mich wunderbar identifizieren konnte. Alle Schwestern waren bisher großartig und ich konnte mich leicht in sie hineinversetzen, doch Star war als die Schwester, die sich selbst und ihr Selbstbewusstsein erst finden musste, besonders liebevoll.
Und nicht nur sie war es, die mich begeisterte: Auch die Brüder Orlando und Maus waren absolut großartig und ich habe es sehr genossen, Orlandos exzentrischen Charakter und Maus’ Charakterentwicklung zu verfolgen. (Natürlich war auch Rory, ihr kleiner Neffe, super süß.) Hier mochte ich es auch, dass meine Erwartungen bezüglich der Charaktere positiv untergraben wurden, was zusätzlich zu ihrem realistischen Bild beitrug.
Doch der wohl wichtigste Charakter der Geschichte ist Flora, deren Vergangenheit wir ausführlich kennenlernen. Sie trifft viele wichtige Entscheidungen, die ihr Leben und das anderer formen, statt wie vorige Protagonistinnen eine Geisel der Entscheidungen anderer zu sein. Zwar gibt es natürlich Ereignisse, die sie nicht kontrollieren kann, aber insgesamt lässt Flora Dinge geschehen, anstatt sie nur geschehen zu lassen. Sie hat tatsächlichen Einfluss auf ihr Leben und ihre Entscheidungen treffen auf realistische Konsequenzen und Reaktionen. Ich hoffe, auch in den anderen Bänden so großartige, starke Frauenfiguren zu sehen!
Zum Schluss ist das Mysterium um Stars Vergangenheit sehr gelungen und hatte mehrere Twists, die ich nicht kommen gesehen habe. Sowohl ihre als auch Floras Geschichte hat mich stets angetrieben, sodass ich stets gewillt war, zu erfahren, was als nächstes passiert (bzw. passierte).
Wenn ich eine Kritik nennen müsste, würde ich Floras Entscheidung bezüglich ihrer Schwester und dem Mann, den sie beide lieben, hervorheben; es war für mich von Anfang an klar, dass das zu nichts Gutem führen würde. Die Reaktion darauf ist glücklicherweise realistisch, doch trotzdem hätte das ganze Drama relativ leicht vermieden werden können. Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll, ist das wirklich nur eine kleine Kritik, die mich letztendlich nicht allzu sehr störte, sondern schlicht etwas war, das mir aufgefallen ist.
Insgesamt habe ich diesen Sieben-Schwestern-Band sehr genossen und freue mich, die Reise bald mit dem vierten Band fortzusetzen!
- Sing wilder Vogel
- Jacqueline O'Mahony
- Diogenes
- Belletristik
- Geschichte
- Hungersnot
- Sklaverei
- Prostitution
- Reise
- Feminismus
- Freiheit
- Freundschaft
- Spannung
- Starke Hauptfigur
Honora wächst in Doolough auf, einem kleinen Dorf an der irischen Westküste. Als die Hungersnot 1849 das Land überschwemmt, sieht sich Honora zusammen mit ihrem Mann und dem Rest der Dorfbewohner gezwungen, zu fliehen und bei ihrem Grundherrn Hilfe zu suchen. Als dieser sie abweist, müssen sie den Marsch zurück über die Berge antreten, den nur Honora nach großen Verlusten überlebt. Sie nimmt ein Schiff nach Amerika, um dort nach ihrer Freiheit zu suchen – doch erwarten sie noch einige Strapazen, ehe sie sie endlich findet …
Dieser Roman erzählt eine fiktive Geschichte vor dem Rahmen eines wahren Ereignisses, der irischen Hungersnot Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Und meine Güte, was für eine Geschichte das war! Bereits von Anfang an war ich sehr vom bildlichen Schreibstil eingenommen, der es mir leicht gemacht hat, mir die Handlung wie einen Film vorzustellen. Ich war allgemein sehr investiert in die Handlung und die Dinge, die Honora durchmacht. Sie ist einfach eine großartige Protagonistin, mit der man leicht mitfühlen kann. Obwohl sie so viele schwere Zeiten erträgt, bleibt ihr Kampfeswillen ungebrochen, sodass man selbst nie verzweifelt, sondern stets ihre Entschlossenheit mit sich trägt.
Die Geschichte ist grob in drei Teile aufgeteilt: Honoras Zeit in Irland, ihre Zeit auf dem Schiff und ihre Gefangenschaft in Amerika, und die Zeit nach ihrer Flucht. Vor allem die ersten zwei Teile der Geschichte haben mir ausgesprochen gut gefallen, weil sie so dramatisch waren, aber auch der letzte Teil hatte ein paar spannende Szenen, die mir sehr gefielen.
Was die Nebencharaktere angeht, gefiel mir vor allem Mary sehr, die ab dem zweiten Teil der Geschichte zu Honoras bester Freundin wird. Die anderen Charaktere stachen nicht ganz so sehr hervor, erfüllten jedoch ihren Zweck.
Insgesamt also ein gelungener, spannender Roman, der für Fans von Geschichten über starke Frauenfiguren hervorragend geeignet ist!
- Alma und die
- Landkarte der Zeit
- Akram El-Bahay
- Baumhaus
- Kinderbuch
- Zeitreise
- Abenteuer
- Charaktere
- Geschichte
Als Alma in den Zug Tempus steigt, will sie eigentlich nur zu ihrer Oma fahren, doch die Dinge laufen nicht so wie geplant. Eine alte Frau namens Mrs Newton steigt in den Zug und sagt ihr, dass sie eine Zeitläuferin ist und auf die Landkarte der Zeit aufpassen muss, damit diese nicht gestohlen wird. Alma glaubt ihr natürlich nicht – bis Mrs Newton entführt wird und der Zug sie und Eddie, einen anderen Zeitläufer, ins Jahr 1969 bringt. Dort suchen sie die junge Olivia Newton auf, um herauszufinden, wie sie wieder in ihre Zeit zurückkehren können …
Da ich Zeitreise-Geschichten liebe, war ich neugierig, wie diese hier den Zeitreise-Aspekt – und natürlich die anderen Aspekte einer Geschichte – umsetzen würde, muss aber sagen, dass ich letztendlich ein wenig zwiegespalten bin. So fand ich es zum Beispiel großartig, dass Alma und Eddie Ereignisse besucht haben, die nicht allzu oft thematisiert wurden, weil das für ein erfrischendes Leseerlebnis sorgte; doch als im letzten Kapitel eine Zusammenfassung darüber gegeben wurde, welche Zeiten die Charaktere noch besuchten, habe ich mir gewünscht, stattdessen über diese Ereignisse zu lesen.
Das lag vor allem daran, dass die zusammengefassten Erlebnisse im Gegensatz zu denen, die wir ausführlich zu lesen bekamen, sehr gefährlich und spannend waren. Zwar fand ich es wie gesagt gut, dass wir ein paar weniger bekannte Ereignisse kennenlernten, doch hatte ich während ihnen nie das Gefühl, dass die Charaktere tatsächlich in Gefahr schwebten. Es wurde sehr oft betont, wie gefährlich es ist, die Zeitlinie zu verändern, aber nichts, was die Hauptcharaktere je taten, hatte jemals einen negativen Effekt, weshalb es umso schwerer war, sich tatsächlich darum zu sorgen. (Als Running Gag war es aber durchaus effektiv ;))
Doch dann passiert natürlich das Finale – und dieses wiederum war sehr gut umgesetzt. Alma, die bis dahin leider nicht viel zu tun hatte, konnte hier endlich scheinen und die Geschichte zu einem zufriedenstellenden Abschluss führen. Und auch die anderen Hauptcharaktere, die allesamt sehr sympathisch waren, hatten alle ihre besonderen Momente; ich mochte speziell die Entwicklung ihrer Beziehungen sehr. Bei den Antagonisten bekommt leider nur einer von ihnen Tiefe, aber dafür auf eine Art und Weise, die umso fesselnder war. Insgesamt waren die Charaktere mein persönliches Highlight!
Dabei fiel es mir nicht immer leicht, mit den Gefühlen der Hauptcharaktere mitzufiebern. Der Schreibstil hat mir Alma nicht immer so nahe gebracht, wie ich es gerne gewollt hätte, aber trotzdem fand ich sie und die anderen Charaktere sehr sympathisch.
Insgesamt also eine Geschichte, die den Zeitreise-Aspekt um mehr Informationen und spannende Ereignisse hätte erweitern können, aber dafür ein paar sehr gute Charaktere und Szenen hatte!
- Der Pakt der Frauen
- Julia Kröhn
- Heyne
- Belletristik
- Geschichte
- Familiengeschichte
- Kochbücher
- Zwangsarbeiterinnen
- Zweiter Weltkrieg
Katharina ist die einzige dozierende Frau der Universität Wien. Als solche muss sie sich täglich mit dem misogynen Verhalten der Männer herumschlagen, weshalb sie umso entschlossener ist, ihren Wert zu beweisen. Als Thema für ihre Lehrveranstaltung sucht sie sich von Frauen geschriebene Kochbücher aus, was zunächst ein schwieriges Unterfangen zu sein scheint – bis ihr ein Antiquariat unzählige Kochbücher schickt, unter denen sich ein sehr ungewöhnliches befindet: Nämlich eines, das nach dem Zweiten Weltkrieg veröffentlicht wurde und polnische, tschechische, ungarische, russische und ukrainische Rezepte in deutscher Sprache enthält. Und als Autorin ist der Mädchenname von Katharinas Mutter angegeben …
„Der Pakt der Frauen“ erzählt einerseits die Geschichte von Katharina, die ihrer direkten Familiengeschichte nachgeht, und die ihrer Mutter Jule, die mit der harten Realität von Zwangsarbeiterinnen konfrontiert wird und ihnen helfen möchte. Hierbei fand ich speziell Jules Geschichte besonders interessant, weil sie sowohl das grausame Leben von damals als auch ein bisschen Hoffnung zeigt. Tatsächlich fieberte ich ihren Kapiteln so sehr entgegen, dass ich dafür die Ereignisse in Katharinas Kapiteln nicht immer zu schätzen wusste, obwohl diese durchaus auch interessant waren – wenn auch meiner Meinung nach trotzdem nicht so packend wie Jules Erlebnisse. Das werte ich durchaus als Kritik, weil ich mir gerne gewünscht hätte, dass beide Perspektiven mich gleichermaßen gepackt hätten.
Besonders faszinierend an der Geschichte finde ich, dass sie auf wahren Ereignissen basiert, speziell der Familiengeschichte der Autorin. Natürlich hat sie die Vergangenheit ihrer Familie nicht 1:1 auf den Roman übertragen, doch zusammengenommen mit ihrer Recherche erschuf sie eine Geschichte, die den Übergang zwischen Realem und Erfundenem auf positive Weise fließend macht.
Der Schreibstil war zugegeben nicht ganz so meins, weshalb das Buch für mich auch nicht immer flüssig zu lesen war, doch ich kann mir gut vorstellen, dass ältere Altersgruppen mehr mit ihm anfangen können.
Für mich war der Roman zwar kein absolutes Highlight, aber eine interessante, wissenswerte Lektüre – und für andere Leserinnen und Leser hoffentlich auch!
- Laqua
- Nina Blazon
- cbj
- Kinderbuch
- Abenteuer
- Fantasy
- Grusel
- Geschichte
- Magie
- Geschwister
- Freundschaft
- Liebe
- Venedig
Kristina und Jan Vianello verbringen die Weihnachtsferien bei ihrer Urgroßmutter in Venedig, wo schon bald merkwürdige Dinge geschehen. Ein geisterhafter Junge stiehlt ihnen ihre Besitztümer, ihre Tante Sara fühlt sich immer stärker vom Meer angezogen und eine mysteriöse Gondel weckt zusätzlich ihre Aufmerksamkeit. Zusammen mit Luca und Pippa Pezzi, die eigentlich mit Kristinas und Jans Familie verfeindet sind, erforschen sie die magischen Wege Venedigs und stellen Nachforschungen zu ihrer Vorfahrin Violetta Aquana an, um das Geheimnis ihrer Familie zu lüften …
Dieses Kinderbuch habe ich bereits 2012 bei seinem Erscheinen gelesen, war jedoch sehr erfreut, so viele Jahre später eine Neuauflage davon zu bekommen. Nina Blazon hat hier ein halb gruseliges, halb fantastisches Abenteuer geschrieben, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. Die Mysterien sind auf eine Art und Weise aufbereitet, die es leicht macht, mit den Charakteren mitzufiebern, wobei das Foreshadowing positiv hervorsticht. Für ältere Leser könnte es wohl etwas zu deutlich sein, doch ich fand es schön, beim Lesen über die Hinweise auf bestimmte Offenbarungen zu stolpern.
Neben der Handlung fand ich auch die Charaktere großartig, vor allem Luca, Sara und Fedele, die ich allesamt sehr sympathisch fand. Hier muss ich auch unbedingt die langsam eingebaute und süß umgesetzte Romanze zwischen Sara und Fedele erwähnen, die mein persönliches Highlight war. Am Anfang ahnt man noch nichts von einer möglichen Beziehung, aber im Verlauf des Romans wird sie immer deutlicher, bis sie einen zufriedenstellenden Abschluss findet. Diese langsame Herangehensweise hat mir außerordentlich gut gefallen!
Andere Beziehungen kommen ebenfalls nicht zu kurz, wobei speziell Kristinas und Jans Geschwisterbeziehung und ihre Freundschaft mit Luca positiv hervorzuheben ist. Ich fand es sehr schön, dass Nina Blazon jeder wichtigen Beziehung genug Platz einräumte!
Was mögliche Kritik angeht, fand ich, dass sowohl der Anfang als auch das Ende des Romans etwas zu schnell verlief bzw. etwas zu schnell aufgelöst wurde. Speziell die Art und Weise, wie ein gewisses Problem am Ende angegangen wurde, kam mir äußerst unwahrscheinlich und etwas zu deus-ex-machina-mäßig vor.
Doch natürlich hat das meinem Vergnügen letztendlich keinen Abbruch getan, weshalb ich dieses Kinderbuch nicht nur Kindern, sondern auch älteren Leserinnen und Lesern vollauf empfehlen kann!
Nichole "Nic" Blake gehört zusammen mit ihrem Vater zu den Ungewöhnlichen, Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Seit Jahren flüchten sie von Ort zu Ort, wenn Gefahr läuft, dass ihr Geheimnis auffliegt. Bis Nic durch eine unglückliche Verkettung von Ereignissen erfährt, was der wahre Grund für ihre regelmäßige Flucht ist: Als Kleinkind hat ihr Vater sie entführt und so vor ihrer Mutter und ihrem Zwillingsbruder ferngehalten. Jetzt wird er angeklagt, ein sagenumwobenes Artefakt, das Msaidizi, gestohlen zu haben. Zusammen mit ihrem besten Freund JP und ihrem Bruder Alex muss Nic das Msaidizi finden, um die Unschuld ihres Vaters zu beweisen ...
In diesem wunderbaren Kinderbuch bekommen wir eine schöne Mischung aus altbekannten Handlungssträngen und neuen Ideen, die dem Buch vor allem durch den kulturellen Aspekt einen frischen Anstrich gaben. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, Nics, JPs und Alex' Abenteuer zu verfolgen, weil ihre Geschichte eine angenehme Geschwindigkeit (nicht zu schnell, nicht zu langsam) und die Charaktere selbst äußerst sympathisch waren.
Angie Thomas schafft es gut, die Spannung zu halten und neben spannenden Ereignissen auch wichtige Charaktermomente zu schreiben. Vor allem Nic ist eine wunderbare Protagonistin, wobei man Lieblingscharakter allerdings ihr bester Freund JP war.
Was die Twists angeht, habe ich den Haupttwist schon relativ früh vorhergesehen, doch alle anderen Twists, die wir am Anfang und in der Mitte des Romans bekommen, waren dafür umso überraschender.
Sehr schön fand ich auch, wie die Magie mit der Kultur der Charaktere verbunden wurde. Es wird sowohl auf die Sklaverei der Schwarzen Bevölkerung als auch auf verschiedene ihrer Geschichten Bezug genommen. Ich fand ihre Implementierung großartig umgesetzt, weil sie dem Roman auf diese Weise eine Tiefe verliehen, die vielen anderen Kinderbüchern fehlt.
Insgesamt ein hervorragendes Abenteuer, das sich nicht nur für Kinder, sondern auch wunderbar für fantasybegeisterte Erwachsene eignet!
In einem Nazi-Deutschland, das früh Mittel zur Überwachung entwickelt hat, inklusive Komputer und ausschließlich bargeldlose Zahlung, ist Helene eine Programmiererin im Nationalen Sicherheits-Amt. Hier entwickelt sie neue Programme, um das Sammeln und Interpretieren von Daten zu erleichtern. Doch sie hat ein Geheimnis: Sie ist in den Deserteur Arthur verliebt, dessen Aufenthaltsort mithilfe ihrer Programme ans Licht kommen könnte. Notgedrungen tut sie alles, um ihn zu beschützen und die Daten zu manipulieren. Zugleich folgen wir Eugen Lettke, der sich auf die Suche nach mehreren Frauen macht und dabei Helenes Hilfe in Anspruch nimmt, weil seine Taten genauso wenig ans Licht gelangen dürfen wie ihre …
Dieser Roman hat es in sich, denn das deprimierende Horrorszenario, das er darstellt, ist erschreckend realistisch. Es macht einem auf unangenehme Weise bewusst, wie leicht es ist, anhand nur weniger Daten alles über eine Person herauszufinden – und wie unmöglich es in der Nazizeit gewesen wäre, sich unter diesen Umständen gegen den Staat aufzulehnen. Die Art und Weise, wie die verschiedenen Methoden zur Überwachung dargestellt wurden, hat mir sehr gut gefallen, weil hier wirklich an alle möglichen Verbindungen gedacht wird.
Der Roman besteht aus zwei Handlungssträngen, die sich schließlich treffen: Zum einen ist da Helenes Leben zusammen mit den vielen Veränderungen und Herausforderungen, denen sie sich stellen muss: Der Verlust einer jüdischen Freundin und eines Familienmitglieds, das Erlernen des Programmierens und ihre Nutzung in der NSA, die Beziehung zu ihrer großen Liebe Arthur und ihre Bemühungen, seine Existenz zu verschleiern, die notgedrungene Zusammenarbeit mit Lettke und das Offenbaren feindlicher Pläne, gefolgt von noch mehr Problemen, die sie niederzuringen drohen. In diesen Handlungsstrang war ich sehr investiert, weil es leicht war, sich in Helene hineinzuversetzen und zu verfolgen, wie sie versucht, die verschiedenen Probleme in ihrem Leben zu lösen. Die Tatsache, dass es hier auch eine große Varietät an Problemen gab, hat die Handlung stets frisch gehalten und ihre Kapitel und Szenen flogen geradezu an mir vorbei. Nur das Ende entsprach nicht meinem Geschmack, weil ich es vergleichsweise unrealistisch fand und deshalb ein realistischeres Ende bevorzugt hätte.
Zum anderen haben wir Lettke, der nach einem Abend als Jugendlicher, in dem er gedemütigt wird, es sich zum Lebensziel macht, die Mädchen von damals zu finden und sich an ihnen zu rächen, sprich: Sie zu vergewaltigen. Tatsächlich besteht fast drei Viertel seines Handlungsstrangs daraus, dass er nach Frauen sucht, die er vergewaltigen kann, unabhängig von ihrer Beziehung zu ihm, sondern einfach, weil es ihn erregt. Und ich muss sagen, dass mir seine Kapitel und Szenen überhaupt nicht gefallen haben und ich es tatsächlich besser gefunden hätte, sie komplett wegzulassen; aber nicht unbedingt deshalb, weil Lettke aufgrund seiner Taten so abstoßend und ekelerregend war, sondern vor allem, weil seine Taten erst nach drei Viertel der Handlung überhaupt plotrelevant waren. Alles, was in dieser Zeitspanne passierte, las sich wie unnötiger, sich immer wiederholender Filler, der um der Grausamkeit wegen grausam und sonst nicht von Belang war. Ja, auch hier lernen wir Möglichkeiten der Überwachung kennen, aber da diese eher das Framing für Lettkes Handlungen sind und nicht im Fokus stehen, hätte ich sie lieber in Helenes Geschichte gelesen. Zudem wäre das Pacing der Geschichte und der ganze Kontext hinter Lettkes Charakter meiner Meinung nach besser gewesen, wenn wir für den Großteil der Handlung nicht gewusst hätten, was er tut. Eine Ausnahme bildet das letzte Viertel, das Lettke endlich etwas Anderes zu tun gibt und sich sehr spannend las, mit dem Bonus eines passenden, aber nicht vorhersehbaren Schlusses.
Zusammengefasst liebte ich Helenes Geschichte also sehr, während mir Lettkes Geschichte überhaupt nicht zusagte. Glücklicherweise steht Helene eher im Fokus, sodass ich den Roman insgesamt betrachtet (und vor allem auf die Schrecken der Überwachung bezogen) sehr empfehlenswert fand. Wobei ich trotzdem eine Kritik habe beziehungsweise etwas, das mir fehlte: Programmierfehler. Computer (oder, in diesem Fall, Komputer) mögen nicht so fehleranfällig wie Menschen sein, aber Fehler machen sie trotzdem. Die Tatsache, dass alle Maßnahmen, die der Staat in die Wege leitete, reibungslos funktionierten und es niemals irgendwelche Programmierfehler gab, kam mir unrealistisch vor. Es ist durchaus realistisch, dass die vorgestellten Komputer so gut funktionieren, dass sie eine nahezu perfekte Überwachung ermöglichen, aber dass niemals auch nur ein unvorhergesehener Fehler unterläuft, kam mir wie fehlendes Plotpotenzial vor. Hier hätte ich es interessanter gefunden, diese einzubauen, um die Handlung noch realistischer und gleichzeitig spannender zu gestalten.
Trotz der erwähnten Kritik hat mir dieser Roman sehr gut gefallen. Tatsächlich ist der einzige Grund, aus dem mir die kritischen Punkte so deutlich ins Auge fielen, die Tatsache, dass Helenes Handlungsstrang so positiv hervorgestochen ist. Das ist sogar noch zu schwach ausgedrückt – er ist wirklich positiv hervorgestochen, hat mich durch den ganzen Roman getragen und stets Lust auf mehr gemacht. Aus diesem Grund ist der Roman für alle Fans spekulativer Geschichte, die realistisch geschrieben ist, eine klare Empfehlung – selbst, wenn man wie ich Lettkes Handlungsstrang nicht viel abgewinnen kann.