- Matcha Tee am Montag
- Michiko Aoyama
- Rowohlt
- Belletristik
- Japan
- Kurzgeschichten
- Besinnliches
- Leben
- Weisheiten
Normalerweise hat das Café Marble montags geschlossen, doch ab und an findet ein Matcha-Event statt, das zufälligen Besuchern die Gelegenheit gibt, sich auszuruhen und ihre Sorgen für eine Weile hinter sich zu lassen. Nicht alle Menschen finden in das Café, doch sie alle sind mit ihm – und miteinander – verbunden. Und sie alle brauchen eine Lebensweisheit, die ihnen bei ihren Problemen weiterhilft …
Die vorigen zwei Romane von Michiko Aoyama, von denen eins das Café Marble bereits thematisierte, haben mir sehr gut gefallen, doch muss ich zugeben, dass der Zauber mit dem dritten Buch ein wenig verflogen ist. Vielleicht habe ich es auch einfach in der falschen Stimmung gelesen, aber letzten Endes mochte ich es nicht so sehr wie seine Vorgänger.
Das lag vor allem daran, dass die zwölf Sichtweisen kaum Gelegenheit bekommen, einen Eindruck zu hinterlassen. Zwar hatte schon der erste Café-Marble-Band viele Charaktere, aber diese kamen mir trotz ihrer kurzen Screentime ausgereifter vor als die Hauptcharaktere in diesem Band. Nur sehr wenige sind mir in Erinnerung geblieben, tatsächlich merkte ich mir eher die Verbindungen zwischen den Charakteren als die Charaktere selbst.
Diese waren nämlich nach wie vor großartig und schufen aus den kleinen Geschichten ein großes, zusammenhängendes Ganzes. Ich mochte die Momente, in denen ich realisierte, wie der derzeitige Sichtcharakter in Kontext zu den anderen steht – nur den Sichtcharakter selbst konnte ich selten lieb gewinnen, weil einfach nicht genug Zeit dafür blieb.
Aber das, was mich am meisten störte, war die Tatsache, dass alle Kapitel auf eine ähnliche Botschaft hinauslaufen, ohne eine große Überraschung und ohne großen Mehrwert. Entweder realisieren die Charaktere, dass ihre derzeitige Situation doch nicht so schlimm ist wie befürchtet oder sie kommen zu einer wirklich sehr offensichtlichen Erkenntnis, wie sie sie verbessern können, was in beiden Fällen ein wenig frustrierend war. Gerade bei ersterem, bei dem die Charaktere ihre Situation schlicht anders framen, kam es mir sehr gezwungen vor, weil man das schließlich bei absolut jeder Situation machen kann und der Confirmation Bias sein Übriges tut.
Obwohl es also ein paar herausstechende Szenen gab, war ich letztendlich ein wenig enttäuscht von der Lektüre, weil ich mir mehr Tiefe erhofft hatte. Für einen Read für zwischendurch eignet sich das Buch immer noch großartig, aber für mehr leider nicht.
Hannah braucht dringend eine Auszeit und nimmt sich deshalb ein paar Tage frei, die sie in einer einsamen Hütte mitten im Schnee verbringt. Ihr Alltag wird durch das Auftauchen der kleinen Sophie durcheinandergewirbelt: Das Mädchen bringt Hannah dazu, ihr bisheriges Leben infrage zu stellen – und herauszufinden, welches sie wirklich führen will …
Dieser kurze Roman ist wunderschön und gut zu lesen, inspirierend und zum Nachdenken anregend. Während der drei Tage, in denen wir Hannah folgen, kommen ihr viele Erkenntnisse, teils von selbst und teils mit Sophies Hilfe, und sie alle waren auch für mich als Leserin unglaublich bereichernd.
Ich war tatsächlich sehr überrascht darüber, wie viele neue Ideen und Fragestellungen eingebaut wurden und wie erfrischend die bereits bekannten wirkten. Besonders mochte ich die Metapher des Einweckglases, das mit Steinen, Kieseln und Sand gefüllt wird und während des gesamten Romans eine wichtige Rolle spielt, sowie Hannahs Erkenntnis darüber, dass die meisten Produkte dazu da sind, etwas an sich selbst zu verändern. Selbst bei den offensichtlicheren Erkenntnissen (z.B. dass man das, was man gerade tut, genießen sollte, oder dass man seine irrationalen Ängste durch eine direkte Konfrontation überwinden sollte) gefiel es mir, wie Hannahs eigene Gedanken und Gefühle ihnen etwas Einzigartiges verliehen. Es werden sehr viele Themen angesprochen, wie das Staunen, das Wundern und das Genießen, sodass jeder etwas finden wird, das ihn oder sie persönlich betrifft. Ich selbst hatte sehr oft das Verlangen, mir bestimmte Sätze zu markieren, weil ich sie so schön fand! Es ist mühelos die größte Stärke des Romans: Dass man sich so gut in Hannah hineinversetzen kann.
Zu meiner Überraschung kam Sophie vergleichsweise selten vor. Zwar hilft sie Hannah natürlich dabei, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen und hinterfragt viele Dinge, die Hannah für selbstverständlich hält, aber letztendlich macht Hannah viele Erkenntnisse selbst und wir erfahren gar nicht so viel über Sophie. Ich hatte ihr bezüglich so einige Theorien, weil ihr Auftauchen so surreal erschien, aber tatsächlich bleibt ihre Herkunft offen, sodass man seine eigenen Theorien entwickeln kann.
Auch das Ende selbst wird offen gelassen, was ich sehr passend fand – schließlich kommt es nicht darauf an, ob Hannah ihre neuen Erkenntnisse umsetzen kann, sondern darauf, dass sie es versucht. Insofern hat mich der Roman sehr zufriedengestellt und mich gleichzeitig wunderbar inspiriert, sodass ich ihn mit sehr viel Freude weiterempfehlen kann!