Magic of Moon and Sea. Die Diebin der vielen Gesichter
288 Seiten

In Shelwich bestimmen die Gezeiten, wie stark die Magie der einzelnen Bewohner gerade ist. Ista hat dabei eine ganz besondere Gabe: Sie kann sich in andere Menschen verwandeln. Das nutzt sie auch, um für ihren Auftraggeber Gegenstände zu stehlen. Gleichzeitig möchte sie das Geheimnis der verschwundenen Menschen lüften, die von Grilks entführt werden. Könnte auch ihr Vater dabei sein? Zusammen mit Nat, einem Jungen ohne Gabe, ist sie entschlossen, das Geheimnis der Grilks zu lüften und die verschwundenen Menschen zu finden ...

Dieses Kinderbuch hat wohl die beste und verzwickteste Handlung, die ich bisher (auch außerhalb des Genres) gelesen habe, denn hier spielen so viele Puzzleteile, falsche Fährten und unerwartete Twists mit rein, dass es selbst für mich als Erwachsene nicht zu durchschauen war. Immer, wenn ich dachte, jetzt die Lösung gefunden zu haben, kam etwas ans Licht, mit dem ich nicht gerechnet hatte, das sich aber trotzdem nahtlos in die Handlung einfügte. Ich bin immer noch beeindruckt davon, wie die einzelnen Handlungspunkte miteinander verwoben wurden, sodass ein komplexes und dennoch stimmiges Gesamtbild entstand!

Die Charaktere spielen dabei fast schon eine untergeordnete Rolle: Denn obwohl ich Ista, Nat, Ruby und ein paar andere sehr sympathisch fand (und es mir speziell bei Nat sehr gefiel, wie seine Intelligenz und Beobachtungsgabe tatsächlich gezeigt wurden), sind sie nicht so vielschichtig wie die Handlung, in der sie sich befinden. Das ist aber ein vergleichsweise kleiner Kritikpunkt, weil die Charaktere ihren Zweck immer noch erfüllen und es in dieser Hinsicht durchaus ein paar Überraschungen gibt.

Auch das Magiesystem, das die Fähigkeiten der Menschen mit den Gezeiten verbindet, war super umgesetzt und dazu noch sehr kreativ. Die Fähigkeiten an sich sind in der Regel zwar bekannte (Fliegen, Stärke etc.), aber speziell bei den kleineren Fähigkeiten gibt es auch ein paar ungewöhnlichere.

Die Karte von Shelwich war großartig! In der Regel mag ich Karten in Fantasyromanen nicht besonders, weil sie fast nie nützlich sind, aber hier konnte ich sie mehrmals nutzen, um zu schauen, wo die Charaktere gerade sind.

Aufgrund der Komplexität der Handlung eignet sich das Buch nicht nur für Kinder der Altersgruppe (10-12 Jahre), sondern auch für ältere Kinder und Erwachsene. Speziell diejenigen, die es mögen, wenn die gesamte Handlung sich wie ein Puzzle vor ihnen ausbreitet, werden hier begeistert sein!

Our Infinite Fates
400 Seiten

Über Jahrhunderte hinweg werden Evelyn und Arden in anderen Körpern und in anderen Ländern wiedergeboren. Ihr Schicksal ist immer gleich: Sie verlieben sich und sterben vor ihrem achtzehnten Geburtstag durch die Hand des Anderen. Evelyn, die den Grund dafür nicht kennt, hofft, dass es diesmal anders läuft, denn ihr jetziges Leben gefällt ihr mehr als jedes Andere. Vor allem möchte sie für ihre krebskranke Schwester unbedingt eine lebensrettende Knochenmarktransplantation durchführen, bevor Arden sie findet und umbringt. Außerdem hofft sie, endlich Antworten auf ihre Fragen zu bekommen: Warum tötet Arden sie in jedem Leben, obwohl er sie über alles liebt – und sie ihn auch? Warum immer vor ihrem achtzehnten Geburtstag? Und wie können sie diesen Fluch ein für alle Mal brechen?

Ich brauchte wirklich lange, um in dieses wunderschöne Buch zu finden, weil die Struktur es mir nicht leicht gemacht hat. Während wir ca. zwei Drittel der Geschichte in Evelyns gegenwärtigem Leben verbringen, in dem während des ganzen Romans nur etwa zwei Wochen vergehen, erleben wir gleichzeitig in einzelnen Kapiteln ein paar ihrer früheren Leben, die rückwärts erzählt werden. Dadurch, dass jedes der früheren Leben nur ein Kapitel einnimmt, fühlte ich mich oft, als würde etwas fehlen – gerne hätte ich die einzelnen Leben noch ausführlicher erlebt, statt nur Schnipsel von ihnen zu bekommen.

Erst, als ich mich in die Geschichte eingelesen hatte (nach ca. 150 Seiten), gewöhnte ich mich an die Struktur und lernte die Lebensschnipsel sogar zu schätzen. Denn bis dahin war ich ganz in Evelyns und Ardens Liebesgeschichte investiert und mochte es, einen Einblick in ihre früheren Leben zu werfen. Ab dann fühlte sich jedes Vergangenheitskapitel bereichernd an und gerade lang genug, um die Komplexität ihrer Liebe und Verluste zu begreifen. Besonders gefiel mir, dass Evelyn und Arden in verschiedenen Körpern und Ländern wiedergeboren wurden – so erleben wir nicht nur die Liebesgeschichte zwischen einem Jungen und einem Mädchen, sondern auch zwischen zwei Jungen und zwei Mädchen, immer in verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten.

Evelyn und Arden sind zudem beide sehr sympathische Charaktere. Früh wird etabliert, dass es ihnen nicht gefällt, sich gegenseitig zu töten und sie sich am liebsten ohne Einschränkungen lieben würden. Das fand ich sehr erleichternd, weil die Charaktere dadurch sympathisch blieben. Zufrieden war ich auch mit der Erklärung für die ewigen Wiedergeburten, weil ich sie nicht kommen sah und sie sich dennoch perfekt in die Handlung einfügte.

Und damit noch nicht genug: Als Evelyn meinte, dass sie unbedingt in ihrem gegenwärtigen Leben bleiben will trotz des Leids, das ihre Familie stellenweise erfuhr, war ich gespannt, ob wir eine richtige Erklärung dafür bekommen würden – und tatsächlich gab es sie auch. Denn von den Annehmlichkeiten der Gegenwart abgesehen, sind Evelyns Mutter und Schwester unglaublich liebevolle Charaktere und Evelyns Bindung zu ihnen ist so stark, dass ich problemlos nachvollziehen konnte, warum sie sich nicht von ihnen trennen wollte. Dass es Laura Stevens gelungen ist, Evelyns gegenwärtiges Leben so tragisch und gleichzeitig so schön darzustellen, ist hier ein großes Lob: Gerade das Leid hat die drei Familienmitglieder so zusammengeschweißt. Zusätzlich hat die gegenwärtige Handlung viele vertrackte Situationen, wodurch der Druck, der auf Evelyn lastet, noch deutlicher zu spüren ist.

Doch bringt er einen Kritikpunkt mit sich, der sich auch auf die Vergangenheit bezieht: Wir erfahren nie, wie viele spannenden Szenen weitergegangen sind. Nicht in jedem Vergangenheitskapitel war es notwendig, weil manche zufriedenstellend enden, doch gibt es auch so einige, bei denen ich gerne erfahren hätte, wie es danach weitergegangen ist bzw. wie Evelyns Familie auf ihren plötzlichen Tod reagierte. Durch die Zufälligkeit des Ortes, an dem Evelyn als nächstes geboren wird, ist das natürlich nicht immer möglich, speziell in vielen der früheren Zeiten, doch gerade in späteren Zeiten wäre es leicht(er) gewesen, sich über das Schicksal ihrer Liebsten zu informieren.

Ein- bis zweimal gibt es tatsächlich eine stärkere Verbindung zwischen den Leben selbst (zum Beispiel, als Evelyn in einem Krieg zwischen zwei Ländern auf verschiedenen Seiten geboren wird), aber insgesamt wirken die Leben wie das, was sie sind: Zufällig und ohne jegliche Verbindung zueinander. Hier hätte es mir gefallen, hätte es neben Arden noch einen roten Faden gegeben, der die Leben aneinander bindet.

Diejenigen, die eine engere Verbindung zwischen den Zeiten wünschen und langsame Anfänge nicht mögen, werden wahrscheinlich nicht in die Geschichte reinfinden. Doch diejenigen, die das Grundkonzept der Handlung interessiert und die bereit sind, sich auf die damit einhergehende Struktur einzulassen, werden mit einer wunderschönen Liebesgeschichte belohnt!

1000 gute Gründe
288 Seiten

Milou hat eine enge Beziehung zu ihrer Oma Anni, die ihr täglich einen Glückskeks backt. Immer scheint sie die richtigen Worte zu finden, wenn es Milou gerade nicht gut geht, ob es nun mit der Schule oder persönlichen Problemen zusammenhängt. Doch dann stirbt Oma Anni an einem Herzinfarkt. Milou, die mit ihrem Tod nicht zurechtkommt, kapselt sich vor allen ab und will am liebsten nie wieder in die Schule gehen. Doch dann findet sie einen Glückskeks – mit einer Botschaft, die in der Handschrift ihrer Oma verfasst ist und sie anleitet, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einen bestimmten Ort zu gehen. Milou kann es nicht fassen, folgt allerdings der Spur – und findet mit jedem Glückskeks immer mehr Gründe, ihr Leben wieder zu genießen …

Dieses schöne Kinderbuch ist mitnichten nur für Kinder geeignet, sondern war auch für mich als Erwachsene ein wunderbares und emotionales Leseerlebnis. Obwohl Oma Anni natürlich nur kurz auftaucht, spürt man ihre Präsenz über den gesamten Roman hinweg, während Milou gleichzeitig ihre Bindungen zu ihren Eltern und Freunden verstärkt. Es hat mir sehr gefallen, wie wir nicht nur Milous Trauer und ihre Liebe zu Oma Anni erlebten, sondern auch, wie alle anderen sie dabei unterstützten. Speziell ihre Eltern, ihr Schulfreund Levi und die Trainerin Sunny waren mir unglaublich sympathisch und ein großartiges Beispiel dafür, wie man einen Charakter in so einer Situation unterstützt.

Milou selbst konnte ich dafür nicht immer verstehen, weil ihre Wut für mich nicht immer gerechtfertigt war. Manchmal natürlich schon, aber insgesamt war sie doch überrascht oft wütend auf ihre Situation und bestimmte Charaktere, ohne dass ich immer nachvollziehen konnte, warum. Vor allem, weil sie manche Charaktere beschuldigte, ohne zu wissen, ob sie tatsächlich schuldig waren. Allerdings mochte ich ihren Charakter insgesamt trotzdem sehr und war am Ende zu Tränen gerührt, als sie ihren letzten Abschied vollzog.

Dadurch, dass Milou die Schule für eine lange Zeit nicht besucht, konnten wir leider die Charaktere dort nicht so ausführlich kennenlernen, wie ich es mir gerne gewünscht hätte. Gerade die Projektwoche hätte meiner Meinung nach ruhig weiter ausgebaut werden können, weil sie eine großartige Gelegenheit für Milou war, ihren Charakter weiterzuentwickeln; doch leider werden die Ereignisse dort nur berichtet statt gezeigt, was ich schade fand. Hier hätte ich die Schule relevanter gemacht, um Milous Wachstum zu zeigen.

Insgesamt hat mich diese Geschichte sehr berührt und ich hoffe, dass sie noch mehr Leser:innen findet, die von ihr verzaubert werden!

Jenseits des Ozeans
496 Seiten

Arthur und Linus sind miteinander glücklich und freuen sich, ihren sechs Kindern bald ein siebtes vorzustellen, das vielleicht ebenfalls ein permanentes Mitglied ihrer Familie wird. Doch das BBMM hat andere Pläne. Während einer Anhörung verwandelt Arthur sich in einen Phönix und löst bei der nichtmagischen Bevölkerung Angst aus. Jetzt soll eine Inspekteurin ihr Zuhause untersuchen, um zu überprüfen, ob die Kinder in Sicherheit sind. Doch hat diese nicht mit Lucy, Talia, Chauncey, Phee, Sal, Theodore und David gerechnet, die zusammen mit Arthur und Linus entschlossen sind, sich ihr Glück nicht nehmen zu lassen …

Ich war zugegeben zögerlich, als ich von dieser Fortsetzung zu „Mr. Parnassus’ Heim für magisch Begabte“ hörte, weil solche Fortsetzungen für Romane, die als Einzelband gedacht waren, nur selten gut und fast immer unnötig sind. Umso erleichternder war ich, dass „Jenseits des Ozeans“ es schaffte, ein würdiger Nachfolger des ersten Teils zu werden!

Es war so wunderschön, in diese Welt zurückzukehren, dem Wachstum der Kinder zuzusehen und das Ende von Arthurs und Linus’ Geschichte zu erleben. Das langsame Pacing der Geschichte, die schönen Szenen und wichtigen Charaktermomenten genug Zeit lässt, zu atmen, war dabei sehr passend. Zwar könnten es andere Leser:innen eventuell als ZU langsam empfinden, aber für mich war es genau richtig, weil ich die beschriebenen Momente so genoss.

Ob es nun die Anhörung, Davids Einführung, die Inspektion, das großartige Ende oder die vielen Momente dazwischen sind: Arthur zeigt seine großartigen Qualitäten als Vater und Protagonist, während die Geschichte selbst Akzeptanz und Toleranz in den Fokus rückt. Die Art und Weise, wie sowohl Arthur als auch die Kinder sich weiterentwickeln, war einfach großartig. Von den Kindern gefiel mir Sals Entwicklung am meisten, weil er sich für seine eigenen Überzeugungen einsetzte, statt auf die anderer zu hören. Aber auch die anderen Kinder (speziell Lucy und David) konnten ihre Qualitäten zeigen, was mir sehr gefiel. Zu meiner Überraschung rückte dafür Linus, der Protagonist des ersten Bandes, leicht in den Hintergrund; natürlich hatte er immer noch wichtige Szenen, aber der Fokus liegt definitiv auf Arthur und den Kindern.

Zusammengefasst haben wir hier eine cozy Fantasy, bei der man sich einfach wohl fühlt und die eine wunderschöne Fortsetzung zum ersten Teil bildet. Die Charaktere entwickeln sich weiter und bleiben gleichzeitig sympathisch. Eine Empfehlung für alle, die bereits den ersten Teil liebten!

Wer, wenn nicht wir
400 Seiten

Schon seit längerer Zeit ist Lena nicht mehr glücklich in ihrer Beziehung. Seit sieben Jahren ist sie mit Leo, dem wohl besten Partner, den man sich wünschen kann, zusammen – und trotzdem fühlt sie sich, als würde sie in einer Sackgasse stecken, aus der es kein Entkommen gibt. Bis Kate, ihre beste Freundin, unerwartet zurückkehrt. Damals, vor fünf Jahren, hat sie das Dorf verlassen und ist inzwischen ein berühmtes Model geworden. Lena, die Fotografin ist, soll für Kates nächstes Shooting die Fotos schießen. Das weckt in beiden alte Gefühle, die sie für lange Zeit verschlossen hielten – vor allem Lena, die mit Kate das Leben entdeckt, das sie schon immer führen wollte. Doch was wird dann aus Leo, der sie aufrichtig liebt?

Alicia Zett gehört zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen und dieser Roman zeigt hervorragend, warum: Auf sensible Weise, mit der ich mich wunderbar identifizieren konnte, erzählt sie eine Coming-Out-Geschichte, die all die Gefühle, die damit verbunden sind, perfekt einfängt. Das ganz Besondere dabei ist, dass sie dabei nicht nur klischeehafte Handlungsstränge und Charaktere vermeidet, sondern alle drei Hauptcharaktere unglaublich sympathisch beschreibt. Hier gibt es keine Bösewichte und keine verteufelten Partner, sondern valide Zweifel und zerbrechliche Hoffnungen. Das war so erfrischend und wunderschön zu lesen, weil speziell im Fall einer unglücklichen Anfangsbeziehung die Erklärung fast immer Missbrauch ist. Dass das hier nicht so war, sondern Leo im Gegenteil ein unglaublich liebevoller Charakter, war wundervoll. Ich hoffe, dass er auch im zweiten Band sympathisch bleibt!

Lena und Kate sind die eigentlichen Hauptcharaktere. Ihre Freundschaft und Slow-Burn-Romanze war natürlich das eigentliche Highlight des Romans. Vor allem Lenas Gefühle gingen mir sehr nah, weil sie die Unsicherheiten und Zweifel eines Coming Outs so perfekt einfingen. Lena und Kate verbringen viel Zeit miteinander, schießen Fotos, teilen Berührungen und eine neue Art der Freiheit, die für Lena genau das ist, was sie braucht. Sehr gut war hier, dass der romantische Aspekt sich noch zurückhielt – ich war unglaublich stolz auf Lena, als sie am Ende eine Entscheidung traf, die ihr eigenes Wohlergehen in den Vordergrund rückte, statt andere glücklich zu machen.

Sehr einnehmend fand ich die Szenen in der Vergangenheit. Bereits in der Gegenwart gab es ein paar Hinweise auf das, was passiert ist, ohne dass wir die genauen Details erfahren. Das war bereits ein hervorragender Aufhänger, der in den Rückblicken eine teils vorhersehbare, teils überraschende und insgesamt sehr zufriedenstellende Antwort erhalten hat.

Was Alicia Zett ebenfalls sehr gut gelungen ist, ist es, Lena ihre wahren Wünsche klar zu machen. Als sie zuerst feststellte, wie glücklich der Road Trip sie macht, fürchtete ich zunächst, dass das allein am Reiz des Neuen liegen könnte und nicht daran, dass sie ihren Traumberuf gefunden hat; aber so, wie Alicia Zett den Road Trip beschrieb, wurde recht bald klar, dass das hier tatsächlich Lenas Traum ist, ihr Weg in die Zukunft. Ich hoffe, dass sie ihn im zweiten Band endgültig finden wird.

Neben all dem Lob habe ich zwei kleine Kritiken: Zunächst einmal fand ich die Nebencharaktere sehr blass. Selma und Kates Mutter stachen ein wenig hervor, aber nicht unbedingt stark; denn so sehr ich die drei Hauptcharaktere auch liebte, hätte ich gerne mehr von den Nebencharakteren gesehen.

Zweitens gab es ein wenig zu viele Sichtweisen-Wechsel. Größtenteils kam ich mit ihnen überraschend gut zurecht und kam nur sehr selten durcheinander, aber manchmal geschah es eben doch, weil die einzelnen Szenen so kurz sind. Längere Szenen wären hier willkommen gewesen, damit sie ein wenig mehr Zeit zum Atmen bekommen.

Im Vergleich zu den positiven Punkten sind diese beiden Kritiken allerdings leicht zu verkraften. Ich habe die Geschichte, die Charaktere, die Romanze und die erfrischenden Handlungsstränge sehr geliebt und freue mich sehr auf den zweiten Teil!

Past, Present, Future
368 Seiten

Wie geht es nach dem Happy End weiter? Diese Frage müssen sich Rowan und Neil stellen, als sie auf verschiedene Colleges gehen. Denn trotz ihrer Liebe, die sie füreinander empfinden, fürchten sie, die Entfernung könne sie auseinanderreißen. Davon abgesehen haben sie auch mit persönlichen Problemen zu kämpfen: Rowan schafft es nicht mehr, etwas zu schreiben, was ihr gefällt und Neil ist nicht sicher, ob er wirklich den richtigen Studiengang gewählt hat. Zudem haben sie auch mit Problemen mit Freunden und Familie zu kämpfen, was es noch schwieriger macht, ihre Beziehung aufrechtzuerhalten. Wie können sie es schaffen, ihre Liebe füreinander trotz der Entfernung zu erhalten?

Ich war gespannt, wie Rowans und Neils Beziehung im zweiten Band weitergehen würde, weil es meiner Meinung nach schwierig ist, die Zeit nach dem glücklichen Ende ansprechend darzustellen. Zu meiner Erleichterung ist es Rachel Lynn Solomon sehr gut gelungen, sowohl ihre Beziehung als auch ihre persönlichen Probleme wunderbar darzustellen. Ob es nun die Romanze ist oder die Selbstzweifel der Charaktere: Ich konnte mich in beides gut hineinversetzen, vor allem in Rowans Schreibblockade, die mir sogar aus meiner eigenen geholfen hat. Es war so faszinierend, zu lesen, wie Probleme und Schwierigkeiten angesprochen werden, die man ansonsten selten in Jugendbüchern sieht. Gefesselt war ich auch von Neils Familienproblemen und von den zerbrechlichen Freundschaften, die Rowan und Neil bilden.

Sehr erfrischend war es, dass die Kommunikation zwischen den beiden sehr gut war. Obwohl es natürlich eine Stelle gibt, in der ein Kommunikationsproblem aufkommt, vermeiden sie klischeehafte Missverständnisse. Das war sehr erfrischend zu lesen, vor allem, weil die Autorin andere Klischees ebenfalls vermeidet. So war ich an einer Stelle besorgt, dass eventuelle neue Liebesdramen eingeführt werden könnten, aber das geschah glücklicherweise nicht. Ein großes Lob hier, dass die Nebencharaktere hier keine unnötigen Dramen für unsere Hauptcharaktere einbauten.

Apropos: Bei den Nebencharakteren stachen vor allem Skyler in Neils Handlung und Miranda in Rowans Handlung hervor. Ich liebte es, wie unterstützend die beiden für Neil und Rowan waren und betonten, wie wichtig es ist, jemanden zu haben, mit dem man sich über seine Probleme unterhalten kann.

Neben dem Lob gibt es allerdings auch eine Kritik: Das Pacing der Geschichte. Sie ist wirklich sehr langsam, es gibt längere Phasen ohne allzu spannende Momente und größtenteils lebt sie von den Charakteren und nicht von der Handlung. So inspirierend sie für mich letztendlich auch war, hätte ich mir gewünscht, dass sie ein wenig zügiger vorangekommen wäre. Eine gute Methode wäre meiner Meinung nach gewesen, den Aspekt der Schnitzeljagd aus dem ersten Teil weiter auszubauen. Es gibt tatsächlich eine Schnitzeljagd, aber diese dauert nur ein Kapitel und ist nicht allzu wichtig. Hier hätte ich es faszinierend gefunden, die Schnitzeljagd über den Großteil der Handlung auszubauen und damit gleichzeitig zu zeigen, wie viel sich seit dem ersten Teil verändert hat.

Zusammengefasst eine emotionale Geschichte, die viele nicht oft besprochene Themen in den Fokus rückte und sehr inspirierend zu lesen war. Wer speziell von Charakteren angetriebene Handlung liest, kann dieses Buch auch ohne die Lektüre des ersten Teils problemlos lesen!

Das kleine Café der zweiten Chancen
240 Seiten

Nach einem Unfall kann Hima Misaki nicht mehr professionell Klavier mehr spielen, aber darüber ist sie eigentlich ganz froh. Doch hat sie Angst, als Neue in der Mittelschule gemobbt zu werden. Auf dem Schulweg begegnet sie einer Frau mittleren Alters namens Sugiura, die sie dazu inspiriert, in die Schule zu gehen und bei Gelegenheit das Café Tacet zu besuchen. Dort gibt es einen ganz speziellen Service: Für 4 Minuten und 33 Sekunden kann die Besitzerin einen ganz besonderen Kaffee machen, der es erlaubt, während dieser Zeitspanne zu einem speziellen Moment der Vergangenheit zu reisen, um eine tief bereute Entscheidung rückgängig zu machen. Als Sugiura und ihr Haus über Nacht spurlos verschwindet, ohne dass sich jemand an sie erinnern kann, sucht Misaki das Café auf – und erlebt, wie verschiedene Menschen dort versuchen, ihr Leben zum Positiven zu verändern. Allerdings können diejenigen, die sich an die alte Realität erinnern, nicht selbst zurück in ihr Leben reisen, um etwas zu ändern. Für Misaki heißt das, dass sie mit ihren Fehlern und Verlusten leben muss – außer, sie ist bereit, den Preis dafür zu zahlen …

Dieses Buch war um einiges dramatischer, als ich es erwartet habe! Natürlich deutet die Kurzbeschreibung bereits auf dramatische Vergangenheiten hin, doch aus irgendeinem Grund hatte ich nicht damit gerechnet, wie dramatisch es tatsächlich werden würde – und dass auch die Gegenwart so einiges an Tragödien bereithält. Deshalb fällt es mir tatsächlich schwer, dieses Buch für diejenigen zu empfehlen, die eine Wohlfühlgeschichte haben wollen – denn obwohl es einige wirklich süße zweite Chancen und glückliche Zukunftsversionen gibt, wird speziell im letzten Kapitel betont, dass man manchmal ein großes Opfer dafür bringen muss.

Doch wenn man weiß, worauf man sich einlässt, bekommt man eine großartige, teils herzzerbrechende, aber letztendlich wunderschöne Geschichte über zweite Chancen und einmalige Gelegenheiten, über Freundschaft, Liebe und Familie. Die Geschichten der einzelnen Personen, die das Café besuchen, war sehr berührend, vor allem, als sie die Gelegenheit bekamen, ihren vergangenen Fehler wiedergutzumachen. Was mir hier positiv aufgefallen ist, ist, dass eine Zeitreise als etwas Gutes dargestellt wird. Diese Menschen müssen nichts opfern, sondern dürfen ein glücklicheres Leben führen, was einfach schön zu lesen war. Speziell, wenn man bedenkt, wie tragisch deren Vergangenheit zum Teil ist, war es umso zufriedenstellender, dass sie eine gute Zukunft haben durften.

Wie gesagt war es hauptsächlich das letzte Kapitel, das mich ein wenig schockierte, obwohl es gleichzeitig wunderschön war. Das Ende ist positiv, hinterlässt aber auch einige offene Fragen, die nicht beantwortet werden. Ich glaube, das war auch das Einzige, was mich ein wenig störte: Dass das Ende ein wenig ZU offen war und ich gerne erfahren hätte, was danach passiert. Zwar bleibt das Gefühl, dass am Ende alles gut wird, aber es ist eben nur ein Gefühl. Hier hätte mir ein Ende gefallen, das denen der vorigen Kapitel ähnlich ist, anstatt in einer Art Cliffhanger zu enden.

Etwas, das ich dafür positiv erwähnen will, ist der Fokus auf Misakis Leben. Die Menschen des Cafés spielen zwar auch eine wichtige Rolle, aber die eigentliche Handlung besteht aus Misakis Erlebnissen. In vielen anderen Geschichten, die die Schicksale mehrerer Charaktere zeigen, gibt es keinen richtigen Hauptcharakter, aber diese Geschichte hat gezeigt, wie effektiv es sein kann, eine zentrale Figur einzubauen, die mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hat.

Zusammengefasst ist das eine wunderschöne, emotionale Geschichte, die mir sehr gefallen hat, bei der man aber auch beachten muss, dass sie nicht immer etwas zum Wohlfühlen ist!

Murdle: The School of Mystery
240 Seiten

Als Erstsemester fängt Logico frisch am Deduction College an, doch bereits in seinem ersten Jahr ereignen sich mehrere Mordfälle, die es zu lösen gilt. Wer steckt dahinter und warum? Und was hat es mit dem mysteriösen Jungen auf sich, der regelmäßig auftaucht? In jedem Jahr gibt es neue Mysterien zu lösen, die Logico klar machen, dass er niemandem trauen kann – vor allem nicht den Menschen, denen er vertraut …

Ich hatte um ehrlich zu sein nicht erwartet, dass „Murdle – The School of Mystery“ mehr als ein nettes Prequel sein würde, doch zu meiner Überraschung war dieses Rätselbuch nicht nur absolut grandios, sondern wurde sogar zu meinem bisher liebsten Murdle-Teil!

Das liegt hauptsächlich daran, dass sowohl der Rätsel-Faktor als auch die Story wunderbar umgesetzt war. Die Deduktionsgitter ist von der Schwierigkeit diesmal passender gestaltet: Jahr 1 und Jahr 2 haben jeweils drei Verdächtige (mit vier im letzten Fall), Jahr 3 hat vier Verdächtige, Jahr 4 hat drei Verdächtige (mit vier im letzten Fall), unter denen man zusätzlich den Lügner bestimmen muss und in der Zeit nach dem College gibt es vier Verdächtige, von denen einer ein Lügner ist. In vorigen Murdles fiel mir die Suche nach dem Lügner definitiv am schwersten, weshalb ich es passend fand, dass diese Art des Rätsels diesmal ans Ende gesetzt wurde.

Doch das ist noch nicht alles: Zusätzlich gibt es eine Karte des Colleges, eine Karte der Tunnel darunter, Muster in einem Glasfenster, Sternbilder am Himmel, verschiedene Arten, mysteriöse Zeichen zu entschlüsseln und noch einiges mehr. Diese Varietät an Rätseln hat mir sehr viel Spaß gemacht, wobei meine Lieblingsrätsel das Ersetzen von Symbolen durch Buchstaben und das Finden von Bildern im Glasfenster/am Himmel waren. Selbst etwas zu machen, statt z. B. etwas abzulesen, hat hier den Reiz ausgemacht.

Dann ist da noch die packende Handlung, deren einzelne Handlungsstränge mich gleichermaßen fesselten: Die ersten Morde am Deduction College; die Einladung von Dame Obsidian; das Schachbox-Turnier; das Enttarnen der geheimen Gesellschaft; und Logicos persönliches Ansinnen am Ende. Hier hat G. T. Karber mehrere Methoden verwendet, um die Handlung spannend zu gestalten: Die Fälle der einzelnen Handlungsstränge durch Hinweise miteinander verbunden; Fälle eingebaut, die verlangten, zu früheren Fällen zurückzugehen; mehrere Plot-Twists, darunter mindestens einen, der absolut genial war; und, am allerwichtigsten: eine wichtige Charakterentwicklung für Logico und ein stärkerer Fokus auf seine Beziehung zu Irratino. Die letzten beiden Punkte waren es, die den ersten Murdle-Band so besonders gemacht haben und die in den zwei Bänden danach schwächer thematisiert wurden; aus diesem Grund war ich sehr glücklich darüber, hier im Prequel wieder mehr Szenen zwischen den beiden zu lesen.

Aus all diesen Gründen ist dieser Murdle-Band mein liebster geworden und ich kann ihn allen empfehlen, die nicht nur wunderbare Rätsel lösen, sondern gleichzeitig einer spannenden Handlung folgen wollen!

Point of no Return
448 Seiten

Als Quinn im Krankenhaus aufwacht, hat sie die letzten sieben Monate vergessen. Jemand hat sie angefahren und dadurch eine anterograde Amnesie ausgelöst. Umso schockierter ist sie, als sie erfährt, dass ihre beste Freundin Emilia verschwunden ist und sie währenddessen bereits Untersuchungen mit Nate, Emilias Exfreund, anstellte. Natürlich ist Quinn trotz ihres Gedächtnisverlusts entschlossen, die Untersuchungen wieder aufzunehmen, auch wenn sie Nate nicht ganz traut – und weiß, dass derjenige, der für ihren Unfall verantwortlich war, entschlossen ist, sie zu beseitigen …

Dieser Roman hat eine gute Romanze und eine hervorragende Mystery-Handlung, auch wenn es durchaus ein paar Dinge gab, die ich verbesserungswürdig fand. So gibt es in der Romanze zwischen Quinn und Nate ein paar süße Momente, die mir sehr gefallen haben, aber auch ein paar, denen ich kritischer gegenüber stand. So hat Nate bei mir beizeiten den Eindruck erweckt, als würde er ein Nein nicht akzeptieren, weil er bei einigen vergleichsweise kleinen Szenen, in denen er Quinn zu etwas überredete, seine Sturheit spielen ließ und Quinn es jedes Mal akzeptierte. Dazu gab es die klassischen Sprüche wie „ohne dich kann ich mir ein Leben nicht vorstellen“ und ewige Liebesschwüre nach wenigen Tagen des Kennenlernens. Zwar habe ich nicht den Eindruck bekommen, dass Quinns und Nates Beziehung schädlich ist, kann mir aber auch nicht vorstellen, dass sie tatsächlich ewig zusammenbleiben.

Dabei waren sie als Charaktere allgemein, unabhängig von ihrer Romanze, durchaus einnehmend. Vor allem Quinn mochte ich sehr, und die Art und Weise, wie ihr Trauma in der Geschichte umgesetzt wurde. Gewitter und Blitze wurden so zu einem Bild mit tieferer Bedeutung, weil sie zunächst Quinns Trauma und dann ihre Stärke repräsentierten. Das war eine wundervolle Art, ihrer Geschichte ein Symbol zu verleihen, das sie in der Zukunft begleiten wird. Wobei ich zugegeben Quinns finaler Lektion nichts abgewinnen konnte – sie kommt nämlich zu dem Schluss, dass sie jeden Tag leben sollte, als wäre es ihr letzter, was realistisch gesehen keine besonders rosige Zukunft garantieren dürfte. Natürlich ist mir bewusst, wie das Statement eigentlich gemeint ist, aber eine Formulierung, wie Chancen nicht verstreichen zu lassen, wäre dabei immer noch passender gewesen.

Eine sehr große Stärke des Romans war der Fall um Emilia, das Rätsel um ihr Verschwinden und die Person, die Quinn nachstellt. Dieser ganze Handlungsaspekt war unglaublich spannend zu lesen und hat mich ordentlich rätseln lassen, wer dahinter stecken könnte. Der Twist am Ende war im Nachhinein durchaus vorherzusehen, doch seine Umsetzung dafür großartig. Dass auch andere Nebencharaktere wie Emilias Geschwister Geheimnisse haben, hat die Spannung zusätzlich erhöht, wobei es aber tatsächlich Nates beste Freunde waren, die ich am liebsten mochte.

Letztendlich ein Roman, der mich zwar nicht mit seiner Romanze, aber dafür mit seiner restlichen Handlung überzeugen konnte!

How To Catch A Magical Light
368 Seiten

Arlyn ist ein Irrlicht, was sie zu einer hervorragenden Diebin macht, weil sie sich so unsichtbar machen kann. Doch als bei einem Einbruch ein Drachenwandler die Kontrolle über seine Magie verliert, kann sie nur knapp Agent Marlon Heaton entkommen, der seit Jahren hinter ihr her ist. Noch dazu bekommt sie gleich darauf einen Drohbrief von jemanden, der ihre wahre Identität herausgefunden hat und verlangt, dass sie die Lichtchronik stiehlt, wenn sie nicht will, dass ihre Identität veröffentlicht wird. Zu diesem Zweck muss sie mit Agent Heaton zusammenarbeiten, der den Drachenfall untersucht und auf keinen Fall herausfinden darf, was ihr wahres Ziel ist …

Dieser Urban-Fantasy-Roman ist sehr spaßig zu lesen und bietet eine teils humorvolle, teils spannende und teils romantische Handlung. Arlyn und Heaton waren beide großartige Protagonisten, deren Slow-Burn-Romanze schön zu lesen war. Andere Charaktere waren mir zwar auch sympathisch (z.B. Bo und Ryo), aber Arlyn und Heaton waren definitiv die Highlights. Dadurch, dass Arlyn ihr Geheimnis vor Heaton bewahren muss und die beiden in mehrere spannende Situationen geraten, hat mich ihre Geschichte sehr mitgerissen. Das wird noch dadurch verstärkt, dass viele Dinge, die sie planen, schief gehen und sie stets nach anderen Strategien suchen müssen. Nie ist die Lösung einfach oder offensichtlich, stets müssen die beiden ihre Kreativität spielen lassen.

Während der Handlung gibt es viele falsche Fährten und obwohl ich den wahren Handlanger relativ früh als solchen durchschaut habe, gab es andere Fragen, auf die die Antwort nicht so offensichtlich war. Doch das Ende war mir zu plötzlich; die bisher gefährlichste Situation wird sehr schnell abgewickelt, was im Kontrast zu den anderen gefährlichen Situationen besonders auffallend war.

Dennoch hat mir diese Urban Romantasy sehr gut gefallen und ist für alle geeignet, die eine locker geschriebene und gleichzeitig spannende Geschichte lesen wollen. Schon jetzt freue ich mich auf den zweiten Teil, nachdem der erste in einem Cliffhanger endete!

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
796 Seiten

In einem Nazi-Deutschland, das früh Mittel zur Überwachung entwickelt hat, inklusive Komputer und ausschließlich bargeldlose Zahlung, ist Helene eine Programmiererin im Nationalen Sicherheits-Amt. Hier entwickelt sie neue Programme, um das Sammeln und Interpretieren von Daten zu erleichtern. Doch sie hat ein Geheimnis: Sie ist in den Deserteur Arthur verliebt, dessen Aufenthaltsort mithilfe ihrer Programme ans Licht kommen könnte. Notgedrungen tut sie alles, um ihn zu beschützen und die Daten zu manipulieren. Zugleich folgen wir Eugen Lettke, der sich auf die Suche nach mehreren Frauen macht und dabei Helenes Hilfe in Anspruch nimmt, weil seine Taten genauso wenig ans Licht gelangen dürfen wie ihre …

Dieser Roman hat es in sich, denn das deprimierende Horrorszenario, das er darstellt, ist erschreckend realistisch. Es macht einem auf unangenehme Weise bewusst, wie leicht es ist, anhand nur weniger Daten alles über eine Person herauszufinden – und wie unmöglich es in der Nazizeit gewesen wäre, sich unter diesen Umständen gegen den Staat aufzulehnen. Die Art und Weise, wie die verschiedenen Methoden zur Überwachung dargestellt wurden, hat mir sehr gut gefallen, weil hier wirklich an alle möglichen Verbindungen gedacht wird.

Der Roman besteht aus zwei Handlungssträngen, die sich schließlich treffen: Zum einen ist da Helenes Leben zusammen mit den vielen Veränderungen und Herausforderungen, denen sie sich stellen muss: Der Verlust einer jüdischen Freundin und eines Familienmitglieds, das Erlernen des Programmierens und ihre Nutzung in der NSA, die Beziehung zu ihrer großen Liebe Arthur und ihre Bemühungen, seine Existenz zu verschleiern, die notgedrungene Zusammenarbeit mit Lettke und das Offenbaren feindlicher Pläne, gefolgt von noch mehr Problemen, die sie niederzuringen drohen. In diesen Handlungsstrang war ich sehr investiert, weil es leicht war, sich in Helene hineinzuversetzen und zu verfolgen, wie sie versucht, die verschiedenen Probleme in ihrem Leben zu lösen. Die Tatsache, dass es hier auch eine große Varietät an Problemen gab, hat die Handlung stets frisch gehalten und ihre Kapitel und Szenen flogen geradezu an mir vorbei. Nur das Ende entsprach nicht meinem Geschmack, weil ich es vergleichsweise unrealistisch fand und deshalb ein realistischeres Ende bevorzugt hätte.

Zum anderen haben wir Lettke, der nach einem Abend als Jugendlicher, in dem er gedemütigt wird, es sich zum Lebensziel macht, die Mädchen von damals zu finden und sich an ihnen zu rächen, sprich: Sie zu vergewaltigen. Tatsächlich besteht fast drei Viertel seines Handlungsstrangs daraus, dass er nach Frauen sucht, die er vergewaltigen kann, unabhängig von ihrer Beziehung zu ihm, sondern einfach, weil es ihn erregt. Und ich muss sagen, dass mir seine Kapitel und Szenen überhaupt nicht gefallen haben und ich es tatsächlich besser gefunden hätte, sie komplett wegzulassen; aber nicht unbedingt deshalb, weil Lettke aufgrund seiner Taten so abstoßend und ekelerregend war, sondern vor allem, weil seine Taten erst nach drei Viertel der Handlung überhaupt plotrelevant waren. Alles, was in dieser Zeitspanne passierte, las sich wie unnötiger, sich immer wiederholender Filler, der um der Grausamkeit wegen grausam und sonst nicht von Belang war. Ja, auch hier lernen wir Möglichkeiten der Überwachung kennen, aber da diese eher das Framing für Lettkes Handlungen sind und nicht im Fokus stehen, hätte ich sie lieber in Helenes Geschichte gelesen. Zudem wäre das Pacing der Geschichte und der ganze Kontext hinter Lettkes Charakter meiner Meinung nach besser gewesen, wenn wir für den Großteil der Handlung nicht gewusst hätten, was er tut. Eine Ausnahme bildet das letzte Viertel, das Lettke endlich etwas Anderes zu tun gibt und sich sehr spannend las, mit dem Bonus eines passenden, aber nicht vorhersehbaren Schlusses.

Zusammengefasst liebte ich Helenes Geschichte also sehr, während mir Lettkes Geschichte überhaupt nicht zusagte. Glücklicherweise steht Helene eher im Fokus, sodass ich den Roman insgesamt betrachtet (und vor allem auf die Schrecken der Überwachung bezogen) sehr empfehlenswert fand. Wobei ich trotzdem eine Kritik habe beziehungsweise etwas, das mir fehlte: Programmierfehler. Computer (oder, in diesem Fall, Komputer) mögen nicht so fehleranfällig wie Menschen sein, aber Fehler machen sie trotzdem. Die Tatsache, dass alle Maßnahmen, die der Staat in die Wege leitete, reibungslos funktionierten und es niemals irgendwelche Programmierfehler gab, kam mir unrealistisch vor. Es ist durchaus realistisch, dass die vorgestellten Komputer so gut funktionieren, dass sie eine nahezu perfekte Überwachung ermöglichen, aber dass niemals auch nur ein unvorhergesehener Fehler unterläuft, kam mir wie fehlendes Plotpotenzial vor. Hier hätte ich es interessanter gefunden, diese einzubauen, um die Handlung noch realistischer und gleichzeitig spannender zu gestalten.

Trotz der erwähnten Kritik hat mir dieser Roman sehr gut gefallen. Tatsächlich ist der einzige Grund, aus dem mir die kritischen Punkte so deutlich ins Auge fielen, die Tatsache, dass Helenes Handlungsstrang so positiv hervorgestochen ist. Das ist sogar noch zu schwach ausgedrückt – er ist wirklich positiv hervorgestochen, hat mich durch den ganzen Roman getragen und stets Lust auf mehr gemacht. Aus diesem Grund ist der Roman für alle Fans spekulativer Geschichte, die realistisch geschrieben ist, eine klare Empfehlung – selbst, wenn man wie ich Lettkes Handlungsstrang nicht viel abgewinnen kann.

A Spark of Time - Ein Date mit Mr Darcy
464 Seiten

Lilly kann nicht fassen, als sie erfährt, dass Ray – der Junge, in den sie sich auf der Titanic verliebt hat – in Wirklichkeit ebenfalls ein Zeitreisender ist: Damien Belmont, der den Auftrag hatte, ihr Zeitreise-Zahnrad zu stehlen. Lilly fühlt sich betrogen, doch bevor sie Zeit hat, über Damiens Verrat hinwegzukommen, gibt sein Vater ihnen beiden einen Auftrag: Sie sollen in die Regency-Zeit reisen, um dort das letzte Zahnrad zu stehlen. Dabei stehen ihnen nicht nur ihre Gefühle im Weg, sondern auch die Tatsache, dass es nirgendwo auffindbar zu sein scheint …

Im letzten Teil der Dilogie haben Lilly und Damien noch so einige Probleme zu bewältigen, bevor ihre Geschichte schließlich ein Ende findet. Insgesamt hat es mir sehr gefallen, ihre gemeinsame Reise zu verfolgen, die Entwicklung ihrer Romanze zu sehen und dabei die historischen Charaktere zu beobachten. Zwar gab es dabei auch zwei, drei Dinge, die ich verbesserungswürdig fand, aber insgesamt hat mir die Geschichte sehr gefallen.

Es fängt damit an, dass sowohl Lilly als auch Damien großartige Charaktere sind. Mir fiel es tatsächlich schwer, zu entscheiden, wen ich lieber mochte, weil ich Lillys zwiegespaltene Gefühle sehr gut verstanden und gleichzeitig Damien angefeuert habe. Zwar fand ich, dass sich ihre Romanze am Anfang zu langsam und gegen Ende zu schnell entwickelt hat, aber die Tatsache, dass die beiden selbst so sympathisch sind, hat das wieder wettgemacht.

Die Zeit, die die beiden bei Jane Austen verbracht haben, war mir tatsächlich ZU langsam, während ich gerne noch mehr von der Zeitreise, die danach stattfindet, gesehen hätte, weil sie so unglaublich spannend war. Dafür mochte ich es sehr, dass während der Jane-Austen-Zeit nicht nur verschiedene historische Charaktere vorgestellt, sondern jegliche Klischees gleichzeitig vermieden wurden. Hier müssen Lilly und Damien nämlich ein Geschwisterpaar spielen, weshalb ich fürchtete, dass es mindestens ein vermeidbares Missverständnis geben würde, aber zu meiner Freude geschah nichts dergleichen. Das war sehr erfrischend, weil wir ein paar süße Szenen zwischen den beiden erleben durften, ohne dass peinliche „Erwischt!“-Szenen darauf folgten.

Die Nebencharaktere kommen leider ein wenig zu kurz, sodass ein Twist nicht so gut funktionierte, wie ich es mir gerne gewünscht hätte. Damiens Vater hinterließ dafür einen bleibenden Eindruck, weil er ein so guter Antagonist war; tatsächlich mochte ich ihn seiner Rolle so sehr, dass ich nichts dagegen gehabt hätte, noch mehr von ihm zu sehen.

Insgesamt also ein guter Abschluss für Lillys und Damiens Geschichte, der zwar durchaus ein paar Schwächen hat, aber mich letztendlich sehr zufriedenstellte!

A Song to Drown Rivers
400 Seiten

Xishi ist die schönste Frau Chinas und damit die einzige, die ihr Land retten kann. Denn Fanli, der Berater des Königs, sieht in ihrer Schönheit eine Möglichkeit, den Herrscher des Nachbarlandes, Fuchai, zu verführen, während sie insgeheim als Spionin arbeitet. Während den zehn Wochen der Vorbereitung kommen sich Xishi und Fanli näher, doch bevor sich ihre Beziehung richtig entwickeln kann, findet sich Xishi bereits auf Fuchais Königshof wieder. Von nun an muss sie sich gut überlegen, wie sie Fuchais Aufmerksamkeit gewinnen kann, ohne ihre wahren Beweggründe zu verraten …

Dieser Roman, der auf einer chinesischen Legende basiert, ist wunderschön zu lesen und erzählt dabei eine packende Geschichte. Was mich besonders beeindruckt hat, war die Art und Weise, wie verschiedene Tropen, die ich normalerweise nicht mag, hier erfolgreich umgesetzt wurden. Das gilt vor allem für das Liebesdreieck; normalerweise mag ich sie überhaupt nicht, aber dieser Roman hat es tatsächlich geschafft, seines auf eine überraschend angenehme Weise zu präsentieren. Zwar fand ich die Umsetzung nicht perfekt, aber um sehr, sehr viel besser als gefühlt 95% aller Liebesdreiecke.

Das liegt an so einigen Faktoren: Das Hauptpaar stand von Anfang an fest (was in diesem Fall etwas Gutes war), alle drei Charaktere waren sowohl sympathisch als auch tiefgründig und die thematisierte Tragik des Liebesdreiecks hat es zusätzlich über andere gestellt. Zwar finde ich, dass Fanli mehr Screentime hätte vertragen können, um seine starke Bindung zu Xishi noch weiter zu festigen, aber auch so mochte ich ihn und ihre gemeinsame Romanze sehr.

Fuchai war ein besonders faszinierender Charakter. Er hatte sowohl gute als auch schlechte Charakterqualitäten und ich war zeitweise tatsächlich hin- und hergerissen, ob ich ihn denn nun mag oder nicht. Letztlich kann ich diese Frage schlicht mit „ich mochte ihn als Charakter, aber nicht als Person“ beantworten, während ich die anderen Charaktere als beides mochte.

Hervorheben möchte ich außerdem Zhengdan, Xishis beste Freundin. Obwohl sie natürlich nicht so viel Screentime hat wie das Liebesdreieck, stach sie durch ihr eigenes Ziel, ihren Vater zu rächen, positiv hervor. Ich wünschte, es gäbe mehr beste Freundinnen in Geschichten, die nicht nur diese Funktion erfüllen, sondern auch eigene Ambitionen haben!

Zuletzt möchte ich sagen, dass mir das Ende außergewöhnlich gut gefallen hat. Es war auf seltsame Weise sowohl das Ende, das ich erwartet habe als auch ein Ende, mit dem ich nicht gerechnet hätte.

Empfehlenswert ist der Roman für alle, die dramatische Liebesgeschichten mögen!

A Restless Truth
528 Seiten

Etwas, mit dem Maud auf ihrer Schifffahrt zurück nach Hause nicht gerechnet hat, ist, dass ihre Reisebegleiterin Mrs. Navenby, die noch dazu ein Stück des Letzten Vertrags besitzt, ermordet wird. Jetzt liegt es an Maud, den Mordfall aufzuklären, den verborgenen Gegenstand zu finden und dabei die richtigen Verbündeten zu finden. Unter ihnen ist die Schauspielerin Violet, die entschlossen zu sein scheint, in einen Skandal verwickelt zu werden. Maud, die sich zu ihr hingezogen fühlt, weiß genau, wie gefährlich es sein könnte, sich auf Violet einzulassen – und doch fällt es ihr immer schwerer, ihrem Charme zu widerstehen …

Nach „A Marvellous Light“ war ich erfreut, in „A Restless Truth“ eine gelungene Fortsetzung zu finden, die sich auf Robins Schwester Maud und deren Romanze fokussiert. Aber nicht nur: Obwohl die Romanze natürlich eine wichtige Rolle spielt, bekommen wir auch genug von dem magisch angehauchten Kriminalfall und den anderen Mysterien mit, mit denen Maud und Violet sich beschäftigen. Was vor allem deshalb so spaßig zu lesen war, weil die beiden wunderbare Hauptcharaktere sind.

Maud ist oft zögerlich, schüchtern und naiv, aber auch fest entschlossen, den Mord aufzuklären und gegen ihre Charakterschwächen zu arbeiten. Violet ist nach außen hin offen und flirtet gern, vertraut sich aber nicht gerne anderen an. Zusammen waren sie nicht nur als individuelle Charaktere sehr einnehmend, sondern auch als Paar – ich fand die Chemie zwischen ihnen großartig und die Entwicklung ihrer Romanze überraschend realistisch.

Von den Nebencharakteren stachen vor allem Hawthorn und Ross hervor, die im Abschlussband das Hauptpaar sein werden und bereits hier eine interessante Chemie zeigen. Andere Nebencharaktere kommen nicht ganz so stark hervor, wodurch es mir nicht immer leicht fiel, den Verdächtigen zu folgen.

Der Kriminalfall selbst hat mir nämlich gut gefallen, weshalb ich es schade fand, dass die Verdächtigen für mich keinen bleibenden Eindruck hinterließen. Auch die Tatsache, dass der Mörder bereits nach ca. der Hälfte der Geschichte enthüllt wird (auch, wenn es natürlich noch andere Geheimnisse zu lüften gibt), entsprach nicht meinem Geschmack.

In der zweiten Hälfte verlangsamt sich die Geschichte etwas, findet letztendlich aber zu einem großartigen Finale und einem sehr guten Ende, das Lust auf mehr macht.

Zuletzt fand ich den Magieaspekt wie schon im ersten Band sehr gut umgesetzt. Sie fließt problemlos in die Handlung ein und ich freute mich jedes Mal, wenn wir sie zu sehen bekamen (und vor allem, wenn es eine neue Art der Magie war). Die Art und Weise, die Freya Marske ihr Worldbuilding subtil einbaut, ist einfach sehr gelungen!

Wem „A Marvellous Light“ aufgrund seiner queeren Romanze und seinem Fantasyanteil gefallen hat, wird auch hier auf seine Kosten kommen!

Die Leoniden - Spektrum
496 Seiten

Emilie gehört zu den Außenseitern der Schule, doch zusammen mit den Brüdern Alban und Linus kommt sie ganz gut zurecht. Bis sie eines Nachts einen furchtbaren Traum hat, woraufhin sie einen Jungen mit blaugrünen Augen und einem Prisma-Anhänger zeichnet. Zu ihrer Überraschung taucht dieser Junge, Noah, am nächsten Tag als neuer Schüler auf, zusammen mit seiner Zwillingsschwester Pi. Der neue Lehrer Janus motiviert sie, zusammen mit der Musterschülerin Adriana den Astrophysiker Karl aufzusuchen. Das tun die sechs dann auch – doch das, was in Karls Haus geschieht, sorgt dafür, dass ihr Leben sich für immer verändert …

Dieser Jugendroman schafft es hervorragend, ein Mysterium zu erzählen, das mich selbst nach der Lektüre beschäftigt hält. Auch, wenn ich finde, dass einige Punkte, die die Charaktere noch nicht schlussfolgerten, relativ klar sind (denn mal ehrlich, ein Lehrer namens Janus kann nichts Gutes bedeuten), gab es viele weitere Fragen, die ich und die Charaktere bisher noch nicht beantworten konnten. Insofern bin ich jetzt schon gespannt, welche Antworten der zweite Teil bieten wird!

Bis das eigentliche Mysterium startet, dauert es eine Weile, denn der Anfang fokussiert sich erst mal auf die Vorstellung der Charaktere. Alban war definitiv mein Liebling, während Adriana mir im Verlauf des Romans ans Herz wuchs und Noah für meinen Geschmack mehr Charakterentwicklung gebraucht hätte. Die anderen (Emilie, Linus und Pi) waren sympathisch, hinterließen aber keinen so starken Eindruck wie die anderen drei.

Die Richtung, in die sich die Handlung entwickelt und wie die Charaktere damit umgehen, hat mir sehr gefallen, nur an zwei Stellen war ich irritiert: Einmal, als Emilie sich dafür entschied, eine ihrer Theorien auf eine ganz bestimmte Weise zu testen, anstatt erst mal eine harmlosere Variante auszuprobieren (was sie erst danach tat), und ein andermal, als eins der größeren Geheimnisse durch ein recht lächerliches Video aufgelöst wird, was es schwer machte, die Szene ernst zu nehmen. Die anderen Szenen, die sich mit den Konsequenzen des Besuchs in Karls Haus beschäftigen, gefielen mir dafür sehr gut.

Zusammengefasst ist dieser Jugendroman wunderbar für diejenigen geeignet, die nichts gegen einen langsamen Anfang haben und Mystery lieben!