Bücherregal lädt …
Eine Billion Dollar
893 Seiten

John Fontanelli hat gerade seinen Job verloren, als die Familie Vacchi ihm verkündet, dass er der Erbe eines gigantischen Vermögens ist. Vor fünfhundert Jahren hat sein Vorfahre es gestiftet, damit sein Nachfahre den Menschen ihre verlorene Zukunft wiedergeben kann. Dieses Vermögen ist im Jahr 1995 auf inzwischen eine Billion Dollar angewachsen, die ganz allein John gehören. John, völlig überfordert, gewöhnt sich zwar recht schnell an den Reichtum, weiß aber nicht, wie er damit die Zukunft der Menschheit verbessern soll. Bis ein mysteriöser Mann ihn anruft, der einen Plan zu haben scheint. John traut ihm zunächst nicht, aber nachdem der Mann ihm aus der Patsche hilft, trifft er sich mit ihm. Malcolm McCaine hat tatsächlich einen Plan – und John, der entschlossen ist, sein Erbe auf die bestmögliche Weise zu nutzen, gründet mit ihm seine eigene Firma, die das Weltgeschehen kontrollieren soll …

Dieser fast neunhundert Seiten starke Wirtschaftsthriller illustriert die Macht des Geldes wirklich hervorragend – und das, obwohl er vor über zwanzig Jahren geschrieben wurde und die Handlung in den späten Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts spielt. Es hat mich tatsächlich sehr beeindruckt, wie leicht es Andreas Eschbach gelungen ist, eine packende Handlung mit wichtigen Themen zu verbinden, die immer noch aktuell sind. Denn neben dem Geld, das natürlich stets ein Thema bleibt, geht er auch auf Dinge wie den Klimawandel und den Naturschutz ein, und warum es so schwierig ist, die richtigen Maßnahmen zu finden, um die Situation zu verbessern. Ein Teil der Geschichte, der mich dabei besonders beeindruckt hat, war Johns Besuch auf den Philippinen, weil er ihm mehr als alles Andere verdeutlichte, wie die Dinge miteinander verwoben sind – und dass selbst diejenigen, die er für skrupellos hielt, nur das tun, was sie können, um sich selbst und ihre Familie zu ernähren.

Besonders spaßig war die Geschichte aber tatsächlich am Anfang, als John in die Welt der Reichen eingeführt wurde, ohne zu wissen, was er mit dem Geld anfangen soll. Hier konnte ich mich sehr gut in ihn hineinversetzen, weil ich mindestens genau überfordert gewesen wäre wie er. Auch der Aufbau seines Imperiums war interessant, weil er so hervorragend illustriert, wie viel Geld er tatsächlich besitzt. Danach muss ich zugeben, dass die Geschichte mir etwas zu langsam verlief. Es werden viele Informationen geteilt und obwohl es natürlich ein paar interessante Szenen gibt, wurde es erst gegen Ende wieder etwas spannender.

Was mich nämlich ab dem Aufbau von Fontanelli Enterprises gestört hat, war Johns massive Naivität. So gibt es zum Beispiel eine frühe Stelle, als sein Mitgründer McCaine ihn im Grunde hereinlegt, aber auch ausführlich beschreibt, wie genau er John dazu brachte, zu tun, was er will – und trotzdem lernt John nichts daraus, sondern bleibt für den Großteil des Romans (trotz manch neuer Erkenntnisse) naiv genug, um auf einige offensichtliche Manöver hereinzufallen. Dass John sich in dieser Hinsicht so gar nicht entwickelte, fand ich persönlich sehr traurig. Hier hätte es mir besser gefallen, wenn er mehr für sich eingestanden und aus seinen Fehlern gelernt hätte.

Zum Ende hin gibt es noch mal einige überraschende Entwicklungen und das Ende selbst hat mir ebenfalls gut gefallen. Die Geschichte ist besonders gut für diejenigen geeignet, die einen spannenden Wirtschaftsthriller lesen wollen!

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
796 Seiten

In einem Nazi-Deutschland, das früh Mittel zur Überwachung entwickelt hat, inklusive Komputer und ausschließlich bargeldlose Zahlung, ist Helene eine Programmiererin im Nationalen Sicherheits-Amt. Hier entwickelt sie neue Programme, um das Sammeln und Interpretieren von Daten zu erleichtern. Doch sie hat ein Geheimnis: Sie ist in den Deserteur Arthur verliebt, dessen Aufenthaltsort mithilfe ihrer Programme ans Licht kommen könnte. Notgedrungen tut sie alles, um ihn zu beschützen und die Daten zu manipulieren. Zugleich folgen wir Eugen Lettke, der sich auf die Suche nach mehreren Frauen macht und dabei Helenes Hilfe in Anspruch nimmt, weil seine Taten genauso wenig ans Licht gelangen dürfen wie ihre …

Dieser Roman hat es in sich, denn das deprimierende Horrorszenario, das er darstellt, ist erschreckend realistisch. Es macht einem auf unangenehme Weise bewusst, wie leicht es ist, anhand nur weniger Daten alles über eine Person herauszufinden – und wie unmöglich es in der Nazizeit gewesen wäre, sich unter diesen Umständen gegen den Staat aufzulehnen. Die Art und Weise, wie die verschiedenen Methoden zur Überwachung dargestellt wurden, hat mir sehr gut gefallen, weil hier wirklich an alle möglichen Verbindungen gedacht wird.

Der Roman besteht aus zwei Handlungssträngen, die sich schließlich treffen: Zum einen ist da Helenes Leben zusammen mit den vielen Veränderungen und Herausforderungen, denen sie sich stellen muss: Der Verlust einer jüdischen Freundin und eines Familienmitglieds, das Erlernen des Programmierens und ihre Nutzung in der NSA, die Beziehung zu ihrer großen Liebe Arthur und ihre Bemühungen, seine Existenz zu verschleiern, die notgedrungene Zusammenarbeit mit Lettke und das Offenbaren feindlicher Pläne, gefolgt von noch mehr Problemen, die sie niederzuringen drohen. In diesen Handlungsstrang war ich sehr investiert, weil es leicht war, sich in Helene hineinzuversetzen und zu verfolgen, wie sie versucht, die verschiedenen Probleme in ihrem Leben zu lösen. Die Tatsache, dass es hier auch eine große Varietät an Problemen gab, hat die Handlung stets frisch gehalten und ihre Kapitel und Szenen flogen geradezu an mir vorbei. Nur das Ende entsprach nicht meinem Geschmack, weil ich es vergleichsweise unrealistisch fand und deshalb ein realistischeres Ende bevorzugt hätte.

Zum anderen haben wir Lettke, der nach einem Abend als Jugendlicher, in dem er gedemütigt wird, es sich zum Lebensziel macht, die Mädchen von damals zu finden und sich an ihnen zu rächen, sprich: Sie zu vergewaltigen. Tatsächlich besteht fast drei Viertel seines Handlungsstrangs daraus, dass er nach Frauen sucht, die er vergewaltigen kann, unabhängig von ihrer Beziehung zu ihm, sondern einfach, weil es ihn erregt. Und ich muss sagen, dass mir seine Kapitel und Szenen überhaupt nicht gefallen haben und ich es tatsächlich besser gefunden hätte, sie komplett wegzulassen; aber nicht unbedingt deshalb, weil Lettke aufgrund seiner Taten so abstoßend und ekelerregend war, sondern vor allem, weil seine Taten erst nach drei Viertel der Handlung überhaupt plotrelevant waren. Alles, was in dieser Zeitspanne passierte, las sich wie unnötiger, sich immer wiederholender Filler, der um der Grausamkeit wegen grausam und sonst nicht von Belang war. Ja, auch hier lernen wir Möglichkeiten der Überwachung kennen, aber da diese eher das Framing für Lettkes Handlungen sind und nicht im Fokus stehen, hätte ich sie lieber in Helenes Geschichte gelesen. Zudem wäre das Pacing der Geschichte und der ganze Kontext hinter Lettkes Charakter meiner Meinung nach besser gewesen, wenn wir für den Großteil der Handlung nicht gewusst hätten, was er tut. Eine Ausnahme bildet das letzte Viertel, das Lettke endlich etwas Anderes zu tun gibt und sich sehr spannend las, mit dem Bonus eines passenden, aber nicht vorhersehbaren Schlusses.

Zusammengefasst liebte ich Helenes Geschichte also sehr, während mir Lettkes Geschichte überhaupt nicht zusagte. Glücklicherweise steht Helene eher im Fokus, sodass ich den Roman insgesamt betrachtet (und vor allem auf die Schrecken der Überwachung bezogen) sehr empfehlenswert fand. Wobei ich trotzdem eine Kritik habe beziehungsweise etwas, das mir fehlte: Programmierfehler. Computer (oder, in diesem Fall, Komputer) mögen nicht so fehleranfällig wie Menschen sein, aber Fehler machen sie trotzdem. Die Tatsache, dass alle Maßnahmen, die der Staat in die Wege leitete, reibungslos funktionierten und es niemals irgendwelche Programmierfehler gab, kam mir unrealistisch vor. Es ist durchaus realistisch, dass die vorgestellten Komputer so gut funktionieren, dass sie eine nahezu perfekte Überwachung ermöglichen, aber dass niemals auch nur ein unvorhergesehener Fehler unterläuft, kam mir wie fehlendes Plotpotenzial vor. Hier hätte ich es interessanter gefunden, diese einzubauen, um die Handlung noch realistischer und gleichzeitig spannender zu gestalten.

Trotz der erwähnten Kritik hat mir dieser Roman sehr gut gefallen. Tatsächlich ist der einzige Grund, aus dem mir die kritischen Punkte so deutlich ins Auge fielen, die Tatsache, dass Helenes Handlungsstrang so positiv hervorgestochen ist. Das ist sogar noch zu schwach ausgedrückt – er ist wirklich positiv hervorgestochen, hat mich durch den ganzen Roman getragen und stets Lust auf mehr gemacht. Aus diesem Grund ist der Roman für alle Fans spekulativer Geschichte, die realistisch geschrieben ist, eine klare Empfehlung – selbst, wenn man wie ich Lettkes Handlungsstrang nicht viel abgewinnen kann.

Der schlauste Mann der Welt
222 Seiten

Jens Leunich hat noch zehn Tage zu leben, weshalb er die Gelegenheit nutzt, aus seinem Nichtstun auszubrechen und seine Geschichte aufzuschreiben – speziell, wie er es schaffte, an ein Millionenvermögen zu kommen und wie er es danach nutzte, für den Großteil seines Lebens um die Welt zu reisen und nur in Luxushotels zu leben. Doch vor allem: Wieso entschied er sich irgendwann dazu, Nichts zu tun? Und geht das überhaupt?

Dieser kurze Roman war sehr unterhaltsam und regte gleichzeitig zum Nachdenken an. Aufgrund der Länge war ich neugierig, wie ausführlich Jens’ Erlebnisse beschrieben werden würden und war insgesamt zufrieden mit der Darstellung seiner Reisen. Es gibt einen starken Fokus auf den Anfang und wie er an sein Vermögen kam sowie auf die Zeit, die dazu beitrug, dass seine Tage irgendwann gezählt waren. Besonders der Weg zu seinem Geld hat mir sehr gut gefallen, doch auch all die angedeuteten Erlebnisse, die er zwischendurch und vor allem am Ende teilte, weckten meine Aufmerksamkeit. Gerade die angerissenen Abenteuer gegen Ende könnten sicher ein ganzes Buch mit mehreren hundert Seiten füllen, doch so sehr ich gerne von ihnen gelesen hätte, war ich letztendlich doch froh, dass der Fokus auf den wichtigsten Momenten seines Lebens lag. Denn gerade die Tatsache, dass die anderen Momente eben nicht ausführlich beschrieben und stattdessen nur angedeutet wurden, machte sie so besonders.

Was die Botschaft des Romans angeht, kann man sich definitiv darüber streiten, denn so richtig wird sie nicht umgesetzt. Das mag auch an der Länge liegen, die es nicht erlaubt, jedes Thema ausführlich zu besprechen, aber definitiv nicht nur; der Roman selbst widerspricht sich, was seine Botschaft betrifft, nämlich auch. Am Ende war ich mir nicht einmal sicher, ob es überhaupt eine Botschaft gibt, aber zugegeben stört mich das auch nicht – allerdings wünschte ich, dass es dann auch keine angerissen hätte.

Insgesamt hat mir die kurzweilige Lektüre aber immer noch sehr gefallen, sodass ich mich schon darauf freue, noch mehr von Andreas Eschbach zu lesen!

Die Halbwertszeit von Glück
432 Seiten

Johanna, Holly und Mylène: Drei Frauen zu drei unterschiedlichen Zeiten, die sich verschiedenen Problemen stellen müssen. Johanna findet an der Grenze der DDR ein siebzehnjähriges Mädchen, das sich vor den Grenztruppen versteckt und zudem schwanger ist. Holly möchte Wiedergutmachung für die Familie ihrer Kollegin leisten, die bei einem Unglück gestorben ist, bei dem Holly hätte umkommen sollen. Und Mylène findet heraus, dass sie adoptiert ist, weshalb sie sich auf eine Schnitzeljagd aufmacht, um ihre wahren Wurzeln zu finden. Die Geschichten der drei Frauen hängen eng miteinander zusammen, und sie alle fragen sich: Was ist eigentlich Glück?

In diesem wunderschönen Roman verwebt Louise Pelt drei packende Geschichten auf wirklich wundervolle Weise, die ich so noch nie gesehen habe. Zum einen schaffte sie es, tatsächlich alle drei Geschichten gleich interessant zu gestalten. Am Anfang mochte ich Hollys Geschichte am meisten, doch sehr bald wuchsen mir auch Johannas und Mylènes sehr ans Herz, sodass ich am Ende alle drei Geschichten mochte.

Zum anderen ist es wohl das erste Mal, dass die erzählten Geschichten auch tatsächlich sehr eng miteinander zusammenhängen. Viele andere Romane dieser Art, die ich gelesen habe, hatten letztendlich eine relativ grobe Verbindung, doch hier hängt alles so stark zusammen, dass es eine wahre Freude war, zu sehen, wie sich das Puzzle schließlich zusammenfügte.

Bei Johanna war ihre Beziehung zu dem Mädchen ein eindeutiges Highlight. Am Anfang ist Johanna eher frostig zu ihr und möchte auf keinen Fall, dass sie ihr ans Herz wächst – aber natürlich geschieht das trotzdem und es war sehr charmant zu lesen, wie Johanna es zunächst nicht wahrhaben will. Die beiden hatten einfach eine wunderbare Freundschaft, die mir ausgesprochen gut gefallen hat. Ich glaube, ich hätte nur den Spannungsfaktor ein wenig verstärkt; denn obwohl theoretisch ständig die Gefahr besteht, entdeckt zu werden, fühlte ich die Gefahr nur am Ende und sonst eher nicht.

Bei Holly war es der Konflikt, dem sie sich stellen muss, der mich am meisten packte – die Tatsache, dass sie sich die Schuld für den Tod ihrer Kollegin gibt und gleichzeitig deren Familie näher kommt, die nichts von ihrer Beteiligung daran weiß, war einfach eine sehr spannende Ausgangssituation. Doch hätte ich mir hier gewünscht, dass speziell ihre Beziehung zu Matt, dem Partner ihrer Kollegin, stärker ausgebaut worden wäre. Die Beziehung zu dessen Sohn Lukas war sehr gut umgesetzt, doch dadurch, dass Holly sich so oft von Matt fernhält, konnte ich mit ihrer Beziehung zu ihm nicht ganz so stark mitfiebern, wie ich es gerne getan hätte.

Mit Mylène hatte ich wohl meine größten Probleme – weil ihre Geschichte meinen absoluten Lieblingscharakter enthielt: Etienne, ihren Exfreund. Er war unglaublich sympathisch, humorvoll und mein persönliches Highlight von Mylènes Geschichte, weshalb ich richtig enttäuscht war, dass er in den letzten zwei Kapiteln überhaupt nicht vorkam. Zwar gab es am Ende einen netten Twist, was Mylènes Verlobten anging, aber dadurch, dass wir den Großteil ihrer Geschichte mit Etienne verbrachten, war ich sehr enttäuscht davon, dass er am Ende im Grunde vergessen wurde.

Auch hätte ich mir gerne eine ausführliche Aussprache mit ihren Adoptiveltern gewünscht, in denen sie ihnen versichert, dass sie immer noch ihre Eltern sind, weil ich es sehr schade fand, dass sie letztendlich von Mylène ignoriert wurden.

Zusammengefasst haben wir hier aber immer noch eine wunderschöne Geschichte, die ich unglaublich genossen habe und die ich trotz ihrer Schwächen vollauf empfehlen kann!