Trotze der Nacht
511 Seiten

In ganz Kandala wütet eine Krankheit, die nur durch die seltenen Mondflorblüten geheilt werden kann. Doch nicht jeder kann sich die Blüten leisten und jeder, der sie schmuggelt, hat schwere Strafen zu fürchten, die der grausame Vollstrecker des Königs, Prinz Corrick, gnadenlos durchsetzt. Trotzdem riskieren Tessa, eine Apothekerin, und Wes, ihr bester Freund, den Diebstahl von Mondflorblüten, um sie an die Bedürftigen zu verteilen. Doch dann wird Wes von der Nachtwache erwischt und Tessa, wild entschlossen, etwas zu unternehmen, begegnet zum ersten Mal Prinz Corrick – und lernt, wie sehr er selbst unter seiner Rolle leidet …

Dieses Buch habe ich bereits auf Englisch gelesen, konnte aber nicht widerstehen, mir auch die deutsche Fassung zu Gemüte zu führen, weil mir die Geschichte so gefallen hat. Die Übersetzung selbst liest sich sehr flüssig; die einzige Kleinigkeit, die mir aufgefallen ist, ist die inkonsistente Übersetzung des Sektors „Emberridge“, der manchmal als „Glutkamm“ und manchmal als „Glutrücken“ übersetzt wurde. Davon abgesehen jedoch las sich die Übersetzung genauso schön wie das Original!

Zudem hat die Tatsache, dass ich die Geschichte (und ihre Twists) bereits kannte, dafür gesorgt, dass mir das Lesen noch mehr Spaß gemacht hat – ich konnte die ganzen Hinweise und die Entwicklung der Charaktere noch mehr zu schätzen wissen und umso mehr mit der Romanze mitfiebern. Es war wirklich erstaunlich, wie der Zauber der Geschichte nach wie vor erhalten geblieben ist, weil ich halb fürchtete, mein Vorwissen könne ihn schmälern. Glücklicherweise war dem nicht der Fall und ich habe das Lesen sogar noch mehr genossen als beim ersten Mal :)

Die Charaktere und die Romanze sind nach wie vor das Highlight des Romans. Ich habe schon so einige Enemies-to-Lovers-Geschichten gelesen, aber diese hier gehört ungefragt zu den besten, weil man beide Charaktere sehr gut kennenlernt und die Beziehung zwischen ihnen sich sehr natürlich entwickelt. Insofern ist dieses Jugendbuch auch in seiner deutschen Fassung ein Highlight für mich geworden!

Herzklangstille
369 Seiten

Als June als kleines Kind ihre Mutter verloren hat, hat ihr Vater ihr im Garten eine Telefonzelle gebaut, in der sie sich mit ihr unterhalten kann. Bei einem ihrer „Anrufe“ bekommt June jedoch plötzlich eine Antwort von einem gewissen Lucas, mit dem sie bald täglich telefoniert. Er ermuntert sie, über sich hinauszuwachsen und einen geheimnisvollen Kapuzentypen, der June stets finster anstarrt, nach seinem Problem mit ihr zu fragen. Dadurch findet June heraus, dass der Kapuzentyp Lucas’ Bruder Cole ist – und das Lucas selbst vor Monaten bei einem Autounfall ums Leben kam, als er June rettete …

Diese Liebesgeschichte geht sehr gut mit dem Thema Abschied um und hatte drei hervorragende Hauptcharaktere, ist davon abgesehen aber leider nicht allzu Besonderes. Ich fand sie sehr vorhersehbar (nach dem ersten Kapitel wusste ich im Grunde, wie sie verlaufen wird), sodass es mir schwer fiel, mich völlig in die Handlung fallen zu lassen. Auch der moderne Schreibstil trug dazu bei, dass ich manche Szenen nicht so ernst nehmen konnte, wie ich es mir gewünscht hätte, weil die Ausdrücke der Charaktere mich leicht aus der Geschichte gerissen haben.

Deshalb gefiel mir Junes und Lucas’ Freundschaft wohl am besten; ihre Dialoge lasen sich sehr natürlich, ihre Freundschaft entwickelte sich auf realistische Weise und die Gedichte und Truth-or-Dares, die die beiden ausgetauscht haben, waren ebenfalls ein kleines Highlight. Ähnlich positiv finde ich die Umsetzung von Coles und Lucas’ Geschwisterbeziehung; sie war überraschend komplex gestaltet und zeigte beide Brüder als fehlerbehaftete Menschen, die sich dennoch lieben.

Anders war das bei der Romanze, die im Gegensatz zu den anderen Beziehungen sehr schnell verläuft, auch wenn es natürlich von Anfang an klar ist, dass June und Cole sich ineinander verlieben werden. Die Entwicklung ihrer Beziehung im Allgemeinen fand ich dabei durchaus gut (speziell, wie Coles Hass sich langsam in Sympathie verwandelte), aber die Romanze an sich konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen.

Das fand ich auch deshalb schade, weil der andere Hauptaspekt des Buches – Trauer und wie man mit ihr umgeht – wunderbar umgesetzt war, ich aufgrund der Schwächen des Romans aber eher zwiegespalten gegenüber dem Buch bin. Es ist mitnichten schlecht, aber aufgrund der starken Vorhersehbarkeit und der schnellen Romanze konnte ich die positiven Aspekte leider nicht so sehr genießen, wie ich es gerne getan hätte. Ein solides Buch mit Stärken und Schwächen, aber leider keines, das mich vollauf begeistern konnte.

Donuts und andere Zeichen wahrer Liebe
400 Seiten

Oscar hilft seinem Großvater immer in seinem Foodtruck aus und genießt die Arbeit sehr. Lou dagegen ist darauf konzentriert, möglichst viele Extrapunkte für ihr Lieblingscollege zu sammeln, weshalb sie sich an ein Projekt wagt, um die Essensabfälle der Schule zu reduzieren. Oscar wird die Aufgabe zugetragen, aus den buchstäblich tausend Äpfeln, die jede Woche in der Schule weggeworfen werden, leckeres Essen zuzubereiten. Zuerst hat er trotz seiner Leidenschaft fürs Kochen keine Lust für so eine gewaltige Mammutaufgabe, doch bald sind beide so sehr mit Herz und Seele dabei, dass sogar ihre ursprünglich negativen Gefühle zueinander sich langsam in Richtung Liebe ändern …

Dieser warmherzige Roman ist vielleicht nicht ganz subtil, was seine Message betrifft, erzählt aber trotzdem eine schöne Geschichte, die sich um viele Themen dreht. Ob es nun um Liebe, Essen, Nachhaltigkeit oder Familie geht: Dieser Roman hat das alles und noch ein bisschen mehr. Interessanterweise beschäftigt sich nur die erste Hälfte mit Lous Projekt, während die zweite Hälfte andere Themen in den Fokus rückt. Das fand ich insofern cool, weil ich schon halb befürchtete, Oscar müsse jetzt für den Rest des Schuljahrs alle Äpfel der Schule zu Essen verarbeiten, ohne Anerkennung dafür zu bekommen – was zum Glück nicht der Fall war. Die eigentliche Lösung für das Problem hat mir auf jeden Fall sehr gut gefallen!

Von den platonischen und romantischen Beziehungen, die es in dem Roman gibt, mochte ich vor allem die Beziehung zwischen Oscar und seinem Großvater, den er schwedisch Farfar nennt. Überhaupt ist sein Großvater wohl die faszinierendste Figur im ganzen Roman. Er hat, bevor Oliver zu ihm kam, seinen Partner und seinen Sohn kurz hintereinander verloren und es bereut, seine Frau so viele Jahre lang angelogen und danach allein gelassen zu haben. Die Szenen, in denen Oscars Großvater von seinem Leben erzählt, gehörten deshalb zu meinen Lieblingen, weil sie dem Roman ein zusätzliches Maß an Tiefe verliehen haben.

Die Liebesbeziehung ist jedoch auch gut gemacht. Obwohl ich zugeben muss, dass Oscars Gefühle gegenüber Lou sich ein wenig zu plötzlich veränderten, fühlte sich ihre aufbauende Liebesbeziehung trotzdem realistisch an. Es war einfach sehr warmherzig geschrieben und hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. :)

Insgesamt also ein schöner Jugendroman, der sowohl wichtige Themen bespricht als auch ein gutes Lesegefühl hinterlässt!

One Last Stop
464 Seiten

August zieht zu ihrem Studium nach New York und ist deshalb froh, dass sie eine recht günstige Mietwohnung findet, mit deren Wohnenden sie sich schnell gut versteht. In der Subway fährt sie täglich mit der Linie Q, um zur Uni zu kommen – und begegnet dort zum ersten Mal der charmanten Jane. In Zukunft fährt August immer mit derselben Linie zur selben Zeit, um Jane zu begegnen. Doch nach einigen Tagen beginnt sie sich zu wundern: Jane trägt täglich die gleichen Klamotten, steigt nie aus der Subway aus und scheint sich mit modernen Dingen nicht auszukennen. Um herauszufinden, was es mit Jane auf sich hat, wird August ihre Ermittlungsfähigkeiten bis zur Grenze ausschöpfen müssen …

Dieser Roman ist humorvoll, romantisch, dramatisch und so ziemlich alles dazwischen. Die Beziehung zwischen August und Jane hat mir mindestens so gut gefallen wie die Beziehung der beiden mit den vielen sympathischen Nebencharakteren: Niko, Myla, Wes, Isaiah … sie alle sind mir so ans Herz gewachsen, dass ich sehr dankbar dafür war, dass sie alle gleichwertig von der Handlung behandelt wurden.

Was für mich besonders interessant war, waren die Untersuchungen, die August bezüglich Jane angestellt hat. Am Anfang fast jeden Kapitels gibt es einen Bericht oder eine Internetanfrage, die sich um Jane dreht, während August gleichzeitig daran arbeitet, Janes verlorene Erinnerung zurückzuholen. Dieser Teil der Handlung hat mir besonders gut gefallen! Aber ich mochte auch die ganzen Szenen, in denen das Band zwischen den Charakteren gefestigt wurde, ohne dass sie dadurch etwas Neues über Janes Situation erfuhren.

Ich glaube, die einzige Kritik, die ich habe, ist, dass die Handlung manchmal etwas langsam vorangekommen ist. Obwohl mir das Lesen durchaus Spaß gemacht hat, gab es ab und an ein paar Stellen, bei denen es mir schwerer als sonst fiel, weiterzumachen, weil dort nicht allzu viel passiert ist. Für mich eine durchaus ernsthafte Kritik, trotz der positiven Dinge; es ist leicht, das Buch wegzulegen, ohne den Drang zu verspüren, es sofort wieder in die Hand zu nehmen. Nichtsdestotrotz finde ich es sehr empfehlenswert, weil die Charaktere unabhängig von der Handlung stets großartig waren.

Insgesamt also nicht mein Lieblingsroman von Casey McQuiston, aber dennoch ein sehr guter!

Die verlorene Tochter
384 Seiten

Lily ist Kellermeisterin und liebt es, an der Weinlese aktiv beteiligt zu sein. Zu diesem Zweck besucht sie auch die Familie Rossi in Italien, die das berühmteste Weingut besitzen. Doch auch ein anderer Grund führt sie her: Für ihre verstorbene Großmutter wurde ein unerwartetes Erbstück entdeckt, eine Schachtel, in der sich nur ein Opernprogramm und ein Rezept befinden. Fest entschlossen, herauszufinden, was es damit auf sich hat, folgt Lily den Spuren der Vergangenheit – und bis zur Liebesgeschichte zwischen der Balletttänzerin Estée und dem Bäckersohn Felix …

Diese Geschichte erinnert vom Grundprinzip stark an die Sieben-Schwestern-Reihe von Lucinda Riley, weil es auch hier um verlorene Frauen geht, die die Geschichte ihrer Vorfahren aufdecken wollen. Und obwohl ich „Die verlorene Tochter“ nicht ganz so stark wie „Die sieben Schwestern“ fand, finde ich immer noch, dass sich der Roman hervorragend für Riley-Fans eignet.

Zunächst haben wir natürlich die Gegenwartsgeschichte, die neben der Weinlese und der Suche nach Antworten auch eine Liebesgeschichte enthält – doch ist es die Geschichte von Estée und Felix, die mich am meisten gefesselt hat. Dabei war ich am Anfang erst mal skeptisch, weil die beiden sich buchstäblich bei ihrer ersten Begegnung als Jugendliche küssen, was mir definitiv zu schnell ging. Doch dann nimmt ihre Beziehung ein angenehmeres Tempo an und hat mich richtig mit den beiden mitfiebern lassen. Soraya Lane hat hier zwar nicht das Rad neu erfunden, aber dennoch eine zugleich herzerwärmende und herzzerbrechende Liebesgeschichte geschrieben, die mir sehr gefallen hat.

Im Vergleich fand ich die Gegenwartskapitel nicht ganz so dramatisch, weil die Liebesgeschichte hier zwar auch süß, aber nichts allzu Besonderes ist. Ein wenig gefehlt hat mir auch der Fokus auf die FAMILIENgeschichte. Zwar kommt Estées und Felix’ Familie in einer wichtigen Rolle vor, doch hat man die Verbindung der verschiedenen Familienmitglieder nicht richtig gespürt – was wohl vor allem daran liegt, dass das verbindende Familienmitglied, Lilys Großmutter, schon vor Beginn der Handlung verstorben ist und die ganzen Enthüllungen sich stark um sie drehen. Hier hätte es mir gefallen, wäre die Großmutter noch am Leben gewesen, um ebenfalls die Wahrheit hinter ihrer Herkunft erfahren zu können.

Soraya Lane ist nicht die neue Lucinda Riley, schreibt aber dennoch lesenswerte Geschichten, die für mich zwar nicht ganz ohne Schwächen, aber trotzdem schön zu lesen sind!

& She Gets the Girl
384 Seiten

Alex' Freundin hat mit ihr Schluss gemacht, weil diese meint, Alex wären die Gefühle anderer Menschen egal. Um ihr das Gegenteil zu beweisen, beschließt Alex, der schüchternen Molly zu helfen, mit ihrer Traumfrau zusammenzukommen. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten scheint das zunächst nur Chaos heraufzubeschwören, doch bald schon müssen sich die beiden fragen, mit wem sie wirklich zusammen sein wollen …

Diese süße Liebesgeschichte ist teilweise von der eigenen Liebesgeschichte der beiden Autorinnen inspiriert, aber natürlich ein wenig dramatischer. Die beiden Hauptcharaktere sind sehr unterschiedlich, ergänzen sich dadurch aber auch ganz großartig, sodass ihre Freundschaft und Liebe trotz ihrer gegensätzlichen Persönlichkeiten realistisch wirkte. Realistisch allerdings auch in dem Sinne, dass sie recht lange braucht, um in Fahrt zu kommen. In der ersten Hälfte des Romans wirkt ihre Beziehung rein freundschaftlich und nimmt erst danach romantische Züge an; wer also eine Mischung aus „slow burn“ und „friends to lovers“ lesen will, ist hier genau richtig, doch wer eine schnellere Entwicklung bevorzugt, wird sich am „slow burn“-Aspekt wohl stören. Sogar für mich, die gerne sich langsam entwickelnde Beziehungen liest, verlief Alex' und Mollys fast ein wenig zu langsam! Gefallen hat sie mir aber trotzdem, weil die beiden Charaktere eine wirklich großartige Chemie miteinander haben.

Die Beziehungen der beiden mit ihren Müttern fand ich ebenfalls faszinierend beschrieben, weil Molly sich sehr gut mit ihrer versteht, während Alex' Mutter ihr das Leben schwer macht. Andere Nebencharaktere bekommen dafür nicht besonders viel Charakterisierung; Cora, Mollys Schwarm, war ganz nett und Jim, der Besitzer des Foodtrucks, in dem Alex zu arbeiten beginnt, ebenfalls. Aber der Fokus des Romans sind definitiv Alex und Molly, weshalb die anderen Charaktere nicht besonders viel Tiefe bekommen.

Mich persönlich hat es nicht gestört, recht eindimensionale Nebencharaktere und eine sich sehr langsam entwickelnde Liebesbeziehung zu haben, doch wollte ich diese Punkte für diejenigen ansprechen, denen diese Aspekte wichtig sind. Mit diesem Roman wird dementsprechend auch nicht jede*r seinen Spaß haben, aber ich persönlich mochte ihn ganz gern!

SOL. Das Spiel der Zehn
448 Seiten

Alle zehn Jahre finden die Sonnenspiele statt, in denen zehn ausgewählte Halbgötter und -göttinnen in fünf Prüfungen gegeneinander antreten. Der Gewinner wird zur sonnentragenden Person gekürt, während dem Verlierer die größte Ehre zuteil wird: Diese Person wird nämlich Sol geopfert, um für weitere zehn Jahre den Frieden auf der Welt zu wahren. Die diesjährigen Spiele sind jedoch anders als die vorherigen, den unter den Teilnehmenden befindet sich Teo, der zu den Jades gehört, die im Gegensatz zu den Golds, zu denen u. a. seine beste Freundin Niya zählt, nicht für den Wettkampf ausgebildet werden. Auch Xio, ein andere Jade und damit Außenseiter, ist einer der Teilnehmenden, mit dem sich Teo und Niya verbünden. Und dann ist da noch Aurelio, mit dem Teo früher eine tiefe Freundschaft verband, die trotz des Wettbewerbs noch nicht ganz erloschen zu sein scheint … doch wie soll Teo erfolgreich alle Prüfungen bestehen, wenn das gleichzeitig bedeutet, dass er seine Freunde im Stich lassen muss?

In diesen Fantasyroman muss man sich definitiv reinlesen. Ich war am Anfang ganz schön überfordert von den vielen Charakteren, die vorgestellt werden, zumal der Anfang an sich relativ lang gezogen war. Erst, nachdem die Prüfungen losgehen (nach etwa einem Viertel des Buches) nimmt die Handlung Fahrt auf und ließ mich mit den Charakteren mitfiebern. Die Prüfungen selbst waren hervorragend umgesetzt und ich mochte Teos Beziehungen zu Aurelio, Niya und Xio ebenfalls sehr. (Vor allem Teos langsam aufblühende Romanze mit Aurelio war absolut fantastisch umgesetzt und zusammen mit den Prüfungen eins meiner persönlichen Highlights.)

Auch die Diversität war sehr willkommen; zwar musste ich mich zugegeben erst daran gewöhnen, dass einer der Wettbewerbsteilnehmer das sier/siem-Pronomen benutzt, aber letztendlich war es kein Problem, das (leider noch seltene) Pronomen im Text zu lesen.

Zuletzt gehörte auch das Ende zu meinen Highlights, weil es meine Erwartungen zugleich erfüllt und gebrochen hat. Da ist man schon gespannt auf den zweiten Teil!

Leider bestand der Fantasyroman allerdings nicht nur aus gut umgesetzten Ideen. Wie gesagt ist der Anfang mit der Namen-Lawine absolut überfordernd und ich habe mich sehr schwer damit getan, diesen Anfang zu überwinden. Menschen, die lieber möchten, dass es schnell losgeht, werden hier wahrscheinlich einen guten Grund finden, das Buch frühzeitig abzubrechen. Der Schreibstil an sich war stellenweise sehr merkwürdig, weil scheinbar ohne Grund englische Wörter eingebaut werden, wo es eine deutsche Entsprechung ebenso getan hätte. Das hat mich zwar nicht allzu sehr gestört, aber irritierend fand ich es trotzdem.

Zudem hat das Ranking-System Fragen in mir aufgeworfen. Nach jeder Prüfung werden die Teilnehmenden beurteilt, vom ersten bis zum letzten Platz. Im Buch selbst gibt es an diesen Stellen sogar extra eine Spalte an der Seite, die die Symbole der jeweiligen Götterfamilie zeigt und damit die Reihenfolge der Teilnehmenden. Aber am Ende blieb der Eindruck zurück, dass die ersten vier Prüfungen im Grunde irrelevant sind, weil nur die letztplatzierte Person der fünften Prüfung als Opfer ausgewählt wird, unabhängig davon, wie sie sich zuvor anstellte. Da es zwischen den Prüfungen möglich ist, sowohl hoch aufzusteigen als auch tief zu fallen, hätte ich es logischer gefunden, wenn der Durchschnitt aller Prüfungsergebnisse relevant gewesen wäre; das hätte nicht nur den ersten vier Prüfungen Bedeutung verliehen, sondern hätte dafür gesorgt, dass sowohl Gewinner als auch Verlierer gerecht ausgewählt werden. (Ohne zu viel zu verraten: Ich habe es tatsächlich ausgerechnet und sowohl Gewinner als auch Verlierer wären anders, als sie es im Buch sind, wenn man statt dem Ergebnis der letzten Prüfung den Durchschnitt aller Prüflinge bewertet hätte.)

Deshalb komme ich letztendlich zu dem Schluss, dass dieser Roman sowohl einige willkommene Stärken als auch einige störende Schwächen hat – und deshalb wohl nicht jedem gefallen wird. Ich fand ihn gut genug, um auch den zweiten Teil lesen zu wollen, kann aber nicht von der Hand weisen, dass es bestimmt nicht jedem so ergehen wird. Trotzdem hoffe ich, dass der Roman ein paar begeisterte Leser*innen findet!

Shadow Thieves - Die Zwillingsschwerter
400 Seiten

Callan, Meriel, Foxtail, Gareth und Lachlan ist es gelungen, das magische Auge zu stehlen, doch wurde Lachlan dabei tödlich verletzt. Um ihn zu retten, lässt Callan sich auf einen gefährlichen Zauber ein, durch den Lachlan zwar wieder lebendig, aber gleichzeitig der Träger einer mysteriösen Magie wird. Sehr bald schon wird sie ihn vollständig beherrschen und ihn schließlich töten. Um ihn wahrhaftig zu retten, muss Callan die sagenumwobenen Zwillingsschwerter finden – was nicht nur ein neues, gefährliches Abenteuer mit sich bringt, sondern ihn auch auf die Geheimnisse seiner Freunde aufmerksam macht ...

Auch der zweite Teil der Shadow Thieves konnte mich begeistern, weil Kevin Sands die Handlung genauso spannend gestaltet wie im ersten Teil. Was sehr zum Spannungsfaktor beiträgt, sind die Cliffhanger-Enden der einzelnen Kapitel und die Tatsache, dass diese meistens recht kurz sind. Diese Kombination war wirklich perfekt, um über den gesamten Roman hinweg eine packende Atmosphäre zu gestalten.

Sehr gefallen hat mir auch, dass wir die Freundegruppe ein klein wenig mehr kennenlernen. Das meiste wird hier im zweiten Teil zwar nur angedeutet, erlaubt es einem aber dafür, eigene Theorien zu den Charakteren aufzustellen. Ich bin jetzt schon gespannt, wie im dritten und abschließenden Band – der wohl leider erst nächstes Jahr erscheinen wird – die Geheimnisse gelüftet werden!

Das Einzige, was ich einer Kritik würdig fand, ist Callans gelegentliche Begriffsstutzigkeit; es gibt in dem Roman mehrere Stellen, wo er ein klein wenig zu lange braucht, um die Lösung für ein Problem zu entdecken. Im Anbetracht seines Berufs als Trickbetrüger hat mich das ganz schön verwundert, obwohl ich die Erklärung dafür (dass seine Gefühle für seine Freunde ihn blind machen) durchaus gemocht habe.

Dieser Roman ist zwar offiziell für Kinder, lässt sich aber auch von älteren Altersklassen problemlos lesen. Mir hat er auf jeden Fall sehr gefallen!

Die Postkarte
544 Seiten

Als Anne Berests Mutter Lélia Anfang 2003 eine verstörende Postkarte bekommt, ist die Familie besorgt, denn darauf sind nur vier Namen verzeichnet: Ephraïm, Emma, Noémie und Jacques. Enge Verwandte, die damals in Auschwitz ermordet wurden. Keiner weiß, wer diese Postkarte mit welcher Intention verschickt haben könnte. Erst Jahre später, als Anne selbst ein Kind erwartet, fragt sie ihre Mutter, was es mit den Namen auf sich hat, wer diese Menschen gewesen sind. Anhand von Lélias Aufzeichnungen rekonstruiert sie die Geschichte ihrer Familie wieder her: Die Geschichte der Rabinovitch, die damals nach einigen Umzügen in Frankreich Fuß fassten und in den Konzentrationslagern umkamen. Doch erst, als Annes Tochter mit ihrer jüdischen Herkunft konfrontiert wird, macht sich Anne auf die Suche nach dem Absender der Postkarte – und deckt dabei auch die Geschichte ihrer Großmutter Myriam auf, die für die Résistance gearbeitet hat …

Dieser autofiktionale Roman erzählt die wahre Geschichte der Familie Rabinovitch, die Opfer des Holocaust wurde und deren Nachfahren in der Gegenwart sicherstellen möchten, dass ihr Erbe nicht vergessen wird. Es handelt sich, wie zu erwarten, um einen sehr emotionalen, rauen Roman, der nicht davor zurückschreckt, die damalige Situation akkurat aufzuzeigen. Die Schrecken mögen allgemein bekannt sein, doch Anne Berest schafft es, sie mithilfe ihrer Worte auf eine Weise zu beschreiben, die so aufwühlend und so nah ist, dass man sie beinahe am eigenen Leib fühlen kann.

Vor allem die Geschichte der vier oben genannten ermordeten Familienmitglieder hat mich sehr berührt und mein Interesse daran, woher genau die Postkarte mit ihren Namen kam, sehr geweckt. Nur der Teil mit Myriam gegen Ende konnte mich nicht ganz so wie die Ereignisse davor fesseln, hat sich manchmal sogar ein wenig lang gezogen. Allerdings empfinde ich wohl nur so, weil der erste Teil mit den Rabinovitch so erschütternd war, dass wohl nichts danach einen so bleibenden Eindruck hätte hinterlassen können wie der Tod der Familie.

Für diesen Roman braucht man definitiv ein standfestes Herz, doch bin ich froh, ihn gelesen zu haben. Empfehlen würde ich ihn jenen, die wissen, worauf sie sich einlassen – und bereit sind, es trotzdem zu tun.

Oracle
432 Seiten

Schon in seiner Kindheit hat Julian sie gesehen: Die Marker. Schatten, Nebel, Schlieren, schwarze Balken, die manche Körperteile bestimmter Menschen komplett verdeckt haben. Inzwischen nimmt er Medikamente und sieht die Marker nicht mehr, doch auf einem Klassentreffen wird er gezwungen, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen: Menschen, bei denen er früher Marker sah, wurden und werden an den entsprechenden Körperteilen verletzt. Julian, der fürchtet, dass ein Zusammenhang mit den Markern besteht, folgt einer Kommilitonin mit einem Marker in eine Bar, wo er sie davor bewahrt, mit K.O.-Tropfen ausgeschaltet zu werden. Doch nicht nur führt das dazu, dass er ungewollte Aufmerksamkeit bekommt, sondern stellt ihn auch vor das moralische Dilemma, wie er Menschen mit Markern vor ihrem Schicksal warnen soll, ohne genau zu wissen, was sie erwartet – und vor allem, ohne auf sie wie ein Wahnsinniger zu wirken …

Ich habe Ursula Poznanskis Jugendthriller schon immer sehr gemocht, aber hier hat sie sich meiner Meinung nach selbst übertroffen! Die Spannung, die es mit sich bringt, ein Orakel zu sein, hat sie wirklich fantastisch eingefangen. Den ganzen Roman hinweg habe ich mit Julian mitgefiebert, als er zunächst entdeckte, dass einige seiner früheren Visionen eingetroffen sind, dann nach Verbindungen zwischen Markern und Verletzungen suchte, den ersten Menschen mit einem Marker rettete und schließlich, zerrissen zwischen seinem Verlangen, noch mehr Menschen zu retten und seiner Angst, was das für Konsequenzen haben könnte, versucht hat, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Denn das war für mich der beste Part: Julians Zerrissenheit zu sehen, die Ursula Poznanski sehr eindringlich und nachvollziehbar beschrieben hat. Denn Julian muss selbst erst einmal herausfinden, was die verschiedenen Marker zu bedeuten haben und sich vor allem überlegen, ob und wie er die betroffenen Menschen warnen soll. Schließlich kann er ihnen keine Details nennen und muss damit rechnen, dass ihm niemand glaubt. Gerade bei den Menschen, die er kennt, war es packend zu sehen, wie verzweifelt Julian versucht, sie zu warnen und, nachdem er auf taube Ohren stößt, selbst entscheiden muss, wie weit er gehen will, um sie zu retten. Wann soll er die Wahrheit sagen, wann lügen? Was soll er tun, wenn ihm die Hände gebunden sind? Diese Zerrissenheit, etwas zu wissen, es aber nicht teilen zu können, hat Ursula Poznanski wirklich wunderbar eingefangen. Die Zwickmühlen, in die sie Julian geschickt hat, haben mich den ganzen Roman über in Atem gehalten!

Dazu kommt, dass der Roman richtig episch endet, sodass es mich am Ende noch nicht einmal störte, dass es ein oder zwei offene Fragen gab, die nicht geklärt wurden – womit wir beim sehr kleinen Kritikteil wären. Speziell, was den Antagonisten betrifft, hätte ich mir gegen Ende gerne ein deutlicheres Ergebnis gewünscht, auch wenn es natürlich realistisch ist, dass Julian nicht gegen jede Person vorgehen kann, die ihn behindert. Und im Anbetracht der Tatsache, wie sehr mich dieser Roman gepackt hat, finde ich das definitiv verschmerzbar; „Oracle“ ist problemlos zu meinem liebsten Poznanski-Jugendthriller geworden und ich hoffe sehr, dass andere Leser*innen ebenso begeistert von ihm sein werden wie ich!

Dear Dolly. Die besten Antworten auf die wichtigsten Fragen im Leben
256 Seiten

Dolly Alderton arbeitet bei der Sunday Times als Kolumnistin, in der sie Menschen Ratschläge erteilt und ihnen bei ihren Problemen hilft. Einige der denkwürdigsten Anfragen sind in diesem Buch zusammengetragen, zusammen natürlich mit Dollys Antworten.

Was mich hierbei positiv überrascht hat, war die Neutralität, die die Autorin hierbei bewahrt hat. Sie hat möglichst alle Sichtweisen bedacht und auch Wahrheiten ausgesprochen, die vielleicht nicht leicht, jedoch notwendig zu hören sind. Trotzdem war klar, dass sie den Personen, die ihr geschrieben haben, wirklich helfen wollte, auch wenn wir als Leser leider nicht erfahren, wie erfolgreich ihre Hilfe letztendlich war.

Dafür können wir uns die Antwort auf diese Frage leicht dadurch herleiten, indem wir Dollys Ratschläge analysieren: Denn obwohl ich mich mitnichten mit allen Anfragen identifizieren konnte, haben mir Dollys Antworten auf ihre eigene Weise geholfen. Eigentlich spricht sie oft nur das Offensichtliche aus (miteinander kommunizieren, sich nicht über die Meinung anderer definieren lassen, usw.), aber diese Worte in Zusammenhang mit der empathischen Sichtweise Dollys zu lesen, war so erfrischend und schön, dass nahezu jedes Kapitel eine Bereicherung war. Natürlich hilft es auch, dass Dollys Stil sehr locker zu lesen ist und sie stets eine Prise Humor hinzugibt.

Es gibt eigentlich nur eine Kritik, die ich für sie habe: Und zwar, dass sie an zwei, drei Stellen Personengruppen (in der Regel Männer) über einen Kamm schert. Zwar betont sie dabei auch, dass man keine allgemeingültigen Aussagen über sie oder andere Gruppen (Frauen, Singles usw.) treffen kann, aber ich habe in zwei, drei ihrer Antworten eben doch das Gefühl bekommen, dass sie genau das tut. Wobei ich jedoch auch betonen möchte, dass ihre verständnisvolle Art, die sie für buchstäblich jedes andere Thema hat, es schwer macht, ihr diese eine Schwäche übel zu nehmen.

Insgesamt also ein kurzweiliges, doch trotzdem bemerkenswertes Buch, weil es eine angenehme Lektüre bietet und gleichzeitig ein paar wichtige Ratschläge beinhaltet!

Wie Wellen im Sturm
448 Seiten

Louise schreibt für ihr Leben gerne Fantasy-Geschichten, hätte aber niemals damit gerechnet, dass ihr ein Stipendium für das Internat Schloss Mare angeboten wird. Dort findet sie recht bald neue Freunde, nur mit ihrer Mitbewohnerin Mika tut sie sich am Anfang schwer. Sie ist Kapitänin des Fußballteams, in dem Lou als neue Torwärterin fungiert. Während Lou weiter an ihrer Fantasy-Geschichte schreibt, lernt sie ihre Freunde immer mehr kennen und entwickelt schon bald mehr als nur freundschaftliche Gefühle für Mika …

Diese süße Liebesgeschichte ist so herzerwärmend und packend erzählt, dass ich aus der Begeisterung gar nicht mehr herausgekommen bin. Lou und Mika haben unglaublich viel Chemie miteinander und es macht Spaß, ihnen dabei zuzuschauen, wie sie sich durch Gespräche und Gesten immer näher kommen. Ich habe richtig mit ihnen mitgefiebert und mich mit ihnen gefreut, froh darüber, wie natürlich ihre Beziehung sich im Verlauf der Handlung entwickelt hat.

Doch nicht nur die Liebesgeschichte ist hier großartig umgesetzt, sondern auch alle Themen, die darum herum besprochen wurden. Besonders packend fand ich zum Beispiel die Geschichte, die Louise schreibt, in der sich die Drachenreiterin Kimari und die Prinzessin Liana ineinander verlieben. Ich war sehr froh, dass wir genug von dieser Geschichte in einer Geschichte mitbekommen haben, um auch da mitfiebern zu können. Aber auch die in-universe realen Geschichten waren packend geschrieben: Vor allem freue ich mich, Tonis und Lukas' Romanze, die hier angerissen wurde, in „Wie Melodien in Wind“ zu lesen – und allgemein mehr von Charakteren wie Tari, Caro, Sam und vielleicht sogar Leonie!

Insgesamt hat mich dieser Roman einfach nur begeistert und ich freue mich jetzt schon darauf, die Charaktere im zweiten und dritten Band wiederzusehen!

Das Mädchen, das in den Wellen verschwand
384 Seiten

Jedes Jahr wird ein Mädchen als Braut des Meeresgottes ausgewählt, um die schrecklichen Stürme in Minas Heimat für ein Jahr zu stoppen. In diesem Jahr jedoch opfert sich Mina, damit ihr Bruder Joon mit der ursprünglich gewählten Braut des Meeresgottes, Shim Cheong, zusammen sein kann. Mina landet in der Geisterwelt und folgt einem roten Faden, der sie zum Meeresgott führt. Doch Shin, der Beschützer des Meeresgottes, schneidet ihren Faden durch und trennt so Minas Seele von ihrem Körper. Als Mina sie schließlich wieder zurückerlangt, wird dabei ein Schicksalsfaden zwischen ihr und Shin gesponnen – ein Faden, der ihrer beider Leben miteinander verbindet …

Dieser Fantasyroman basiert auf der koreanischen Mythologie und liest sich fast schon wie ein Märchen: Absolut wunderschön und sehr bildgewaltig. Nicht nur war die Romanze hier sehr süß umgesetzt, sondern vor allem auch die Geisterwelt: Mithilfe der starken Bilder, die Axie Oh in ihrer Sprache benutzt, baute sie sich buchstäblich vor mir auf. Allgemein konnte ich die Handlung so gut vor meinen Augen sehen, als würde ich einen Film schauen. Das fand ich sehr beeindruckend, von daher ein großes Lob an die Autorin!

Die Handlung selbst ist zugegeben nichts Weltbewegendes – es gibt zwar den ein oder anderen Twist, aber im Grunde nichts, was einen überrascht. Doch schlimm fand ich das nicht; es hat gut getan, einfach mal eine schöne Fantasyromanze zu lesen, die mir das Herz erwärmt hat. Dafür hat mich etwas anderes ein wenig gestört: Die Tatsache, dass Mina insgesamt sehr passiv ist. Sie hat zwar ein paar (wenige) heldenhafte Szenen, spielt ansonsten aber die Frau in Nöten, was ich ein wenig schade fand. Hier hätte ich mir gerne eine aktivere Rolle für sie gewünscht.

Davon abgesehen haben wir hier eine hervorragende Fantasyromanze, die durch ihr Setting, ihren Schreibstil und ihr umgesetzte Mythologie begeistert!

Chronik eines angekündigten Todes
128 Seiten

Ángela Vicario soll mit Bayardo San Román verheiratet werden. Doch der Bräutigam bringt die Braut entsetzt zum Elternhaus zurück; sie sei keine Jungfrau mehr und eine Ehe deshalb nicht möglich. Als ihre Brüder Pablo und Pedro sie fragen, wer dafür verantwortlich ist, nennt sie einen Namen: Santiago Nasar. Woraufhin die Brüder ankündigen, ihn zu töten …

Am faszinierendsten an diesem kurzen Roman war für mich definitiv die Art und Weise, wie es den Brüdern trotz ihrer lauten Ankündigung gelungen ist, Santiago Nasar zu töten. Der Ich-Erzähler befragt verschiedene Personen, die in das Ereignis involviert waren, um nachvollziehen zu können, wie genau der Mord zustande kommen konnte. Und genau das fand ich unglaublich interessant, weil früher oder später alle wissen, was die Brüder vorhaben, doch jeder seinen eigenen Grund hat, sich nicht einzumischen.

Der Schreibstil war leider nicht immer flüssig zu lesen; manchmal war er so anstrengend, dass ich die Sätze zweimal lesen musste, um sie zu verstehen und manchmal war er leicht genug, dass ich die Ereignisse problemlos verfolgen konnte. Insofern brilliert dieser Roman definitiv nicht durch seinen Schreibstil, sondern durch die Art und Weise, in der er seine Geschichte erzählt.

Insgesamt ein intensives Leseerlebnis, das gut aufzeigt, wie leicht es ist, nicht hinschauen zu wollen – vor allem, wenn man es sollte.

Das Gästezimmer
448 Seiten

Seit fünf Jahren ist sie in seinem Schuppen eingesperrt: Rachel, wie sie von ihrem Entführer Aidan Thomas genannt wird, hat gelernt, in diesem Zustand zu leben. Als Aidan ihr ankündigt, dass er zusammen mit seiner Tochter Cecilia umziehen muss, fürchtet sie, dass er sie umbringen wird. Sie überzeugt ihn, sie mitzunehmen, woraufhin sie in seinem Gästezimmer untergebracht wird: Eingesperrt außer zu den Zeiten, wo sie zusammen mit ihm und Cecilia zu Abendessen isst. In dieser neuen Situation sucht sie nach einer Gelegenheit, ihm ein für alle Mal zu entkommen. Doch nicht nur macht das ihre beginnende Freundschaft zu Cecilia schwer, sondern auch die Existenz von Emily, die Aidan als sein neues Opfer erkoren hat …

Dieser spannende Thriller erzählt die Geschichte von drei Frauen – Rachel, Emily und Cecilia – und ihrer Beziehung zu Aidan Thomas, der für die Außenwelt wie ein normaler, sogar bewundernswerter Mann wirkt, in Wirklichkeit aber ein gruseliger Psychopath ist, der nicht als solcher erkannt wird. Tatsächlich fand ich es unglaublich faszinierend, zu sehen, wie Aidan auf alle anderen wirkt, während wir sehen, wie er wirklich ist; dieser Kontrast war sehr gruselig und gut gemacht!

Der Fokus liegt hier auf Rachel und ihren Erlebnissen in Aidans Haus, die sehr spannend beschrieben wurden. Man fiebert richtig mit ihr mit, hat Angst um sie und möchte unbedingt, dass sie ihrer schrecklichen Situation entkommt. Clémence Michallon gelingt es hervorragend, uns über die ganze Handlung hinweg am Ball zu halten und uns den Schrecken, die Rachel erlebt, nahezubringen.

Interessant hierbei ist, dass es keine Twists gibt. Die Handlung stützt sich auf die Spannung, die dadurch entsteht, dass Rachel konstant in Gefahr ist und Aidan die Menschen um sich herum manipuliert. Natürlich braucht man nicht in jedem Thriller einen schockierenden Twist, aber dadurch, dass die Handlung bewusst einige Fragen aufwirft, bei denen man eine schockierende Antwort erwartet, war ich überrascht, dass es letztere letztendlich nicht gab. Eine Kritik ist das jetzt nicht, könnte es für andere Leser/innen aber eventuell sein.

Mir hat dieser Thriller auf jeden Fall Spaß gemacht und ich würde ihn allen empfehlen, die vor allem spannende Lektüre bevorzugen!