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Kristina und Jan Vianello verbringen die Weihnachtsferien bei ihrer Urgroßmutter in Venedig, wo schon bald merkwürdige Dinge geschehen. Ein geisterhafter Junge stiehlt ihnen ihre Besitztümer, ihre Tante Sara fühlt sich immer stärker vom Meer angezogen und eine mysteriöse Gondel weckt zusätzlich ihre Aufmerksamkeit. Zusammen mit Luca und Pippa Pezzi, die eigentlich mit Kristinas und Jans Familie verfeindet sind, erforschen sie die magischen Wege Venedigs und stellen Nachforschungen zu ihrer Vorfahrin Violetta Aquana an, um das Geheimnis ihrer Familie zu lüften …
Dieses Kinderbuch habe ich bereits 2012 bei seinem Erscheinen gelesen, war jedoch sehr erfreut, so viele Jahre später eine Neuauflage davon zu bekommen. Nina Blazon hat hier ein halb gruseliges, halb fantastisches Abenteuer geschrieben, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. Die Mysterien sind auf eine Art und Weise aufbereitet, die es leicht macht, mit den Charakteren mitzufiebern, wobei das Foreshadowing positiv hervorsticht. Für ältere Leser könnte es wohl etwas zu deutlich sein, doch ich fand es schön, beim Lesen über die Hinweise auf bestimmte Offenbarungen zu stolpern.
Neben der Handlung fand ich auch die Charaktere großartig, vor allem Luca, Sara und Fedele, die ich allesamt sehr sympathisch fand. Hier muss ich auch unbedingt die langsam eingebaute und süß umgesetzte Romanze zwischen Sara und Fedele erwähnen, die mein persönliches Highlight war. Am Anfang ahnt man noch nichts von einer möglichen Beziehung, aber im Verlauf des Romans wird sie immer deutlicher, bis sie einen zufriedenstellenden Abschluss findet. Diese langsame Herangehensweise hat mir außerordentlich gut gefallen!
Andere Beziehungen kommen ebenfalls nicht zu kurz, wobei speziell Kristinas und Jans Geschwisterbeziehung und ihre Freundschaft mit Luca positiv hervorzuheben ist. Ich fand es sehr schön, dass Nina Blazon jeder wichtigen Beziehung genug Platz einräumte!
Was mögliche Kritik angeht, fand ich, dass sowohl der Anfang als auch das Ende des Romans etwas zu schnell verlief bzw. etwas zu schnell aufgelöst wurde. Speziell die Art und Weise, wie ein gewisses Problem am Ende angegangen wurde, kam mir äußerst unwahrscheinlich und etwas zu deus-ex-machina-mäßig vor.
Doch natürlich hat das meinem Vergnügen letztendlich keinen Abbruch getan, weshalb ich dieses Kinderbuch nicht nur Kindern, sondern auch älteren Leserinnen und Lesern vollauf empfehlen kann!
Orsola Rosso gehört einer Familie von Glasmachern an, die nach dem Tod des Familienvaters das Erbe selbständig weiterführen müssen. Auch Orsola möchte in das Familienunternehmen einsteigen und beginnt trotz dem Widerwillen der anderen Familienmitglieder heimlich damit, das Herstellen von Perlen zu lernen, um mit ihrem Verkauf der Familie zu helfen. Über die Jahrhunderte hinweg stellt sich die Familie mehreren Herausforderungen, die sie entweder zusammenschweißen – oder voneinander trennen …
Dieser Roman liest sich unglaublich flüssig und beschreibt die Ereignisse um die Rosso-Familie überraschend fesselnd. Als jemand, die sich für Glasbläserei nicht interessiert, war ich fasziniert von den Beschreibungen der Perlenmacherei und den damit zusammenhängenden Problemen, mit denen Orsola und die anderen Familienmitglieder sich konfrontiert sahen. Tracy Chevalier schaffte es hervorragend, das Thema so interessant zu gestalten, dass ich neugierig ihre Beschreibungen verfolgte.
Das liegt teils daran, dass wir alle zentralen Charaktere über fünfhundert Jahre verfolgen – ja, dieselben Charaktere über fünfhundert Jahre hinweg. Die Erklärung ist technisch gesehen magisch (die Geschichte etabliert, dass die Zeit für Orsola und diejenigen, die ihr am Herzen liegen, sehr viel langsamer vergeht), aber sie las sich überraschend natürlich und ich mochte es, sowohl die Familie als auch die Veränderungen in Venedig zu verfolgen. Es war im Grunde die Antwort auf die Frage, wie dieselben Mitglieder einer Glasbläser-Familie während verschiedener Zeiten leben würden, während die Welt sich immer weiterentwickelt. Die Leser, für die das zu übernatürlich klingt, müssen sich jedoch keine Sorgen machen; die Autorin hat diesen Aspekt der Handlung so natürlich eingebaut, dass ich ihn gar nicht infrage gestellt, sondern einfach als gegeben akzeptiert habe. Tatsächlich war ich sehr beeindruckt davon, wie normal die Zeitsprünge in die Handlung eingebaut wurden!
Jedem gezeigten Jahr wird dabei sehr viel Zeit gewidmet, was ich an sich gut fand, in der praktischen Umsetzung jedoch verbesserungswürdig. Einerseits war es natürlich hervorragend, in jedem Jahr tief versinken zu können, doch andererseits hätte ich mir wirklich gewünscht, dass sie in mehrere Kapitel unterteilt gewesen wären. Jede wichtige Zeitspanne bekommt nämlich ein eigenes Kapitel, was im Durchschnitt etwa sechzig Seiten pro Kapitel waren. Eine abschreckende Länge, die hätte aufgelockert werden können, wenn man einige der Absätze, denen eine Leerzeile folgte, zu einem Kapitelende gemacht hätte. Zwar las sich die Geschichte trotzdem flüssig, doch selbst ich als fleißige Leserin fand die Länge der Kapitel viel zu lang.
Von den Charakteren gab es zwar nur wenige, die hervorstachen, doch die, die es taten, taten es dafür umso besser. Speziell Orsola, Antonio, Klingenberg, Domenego und Stella mochte ich sehr und freute mich, sie über all die Jahre zu verfolgen, obwohl manche von ihnen nicht einmal zentral für die eigentliche Handlung waren, aber dennoch einen bleibenden Eindruck hinterließen. Andere Charaktere blieben blasser, aber die Veränderungen, die sie erlebten, waren stets interessant.
Ein wenig verwirrend war das Italienisch, das im Text verwendet wurde. Dadurch, dass die Charaktere ja eigentlich italienisch reden und wir ihre Geschichte übersetzt zu lesen bekommen, machte es für mich keinen Sinn, wenn ihr Text dann doch in Italienisch wiedergegeben wurde. Allerdings ist das nur eine Kleinigkeit, die mich zwar verwirrt, aber nicht gestört hat.
Insgesamt eine flüssig zu lesende Geschichte, die nicht nur für historisch interessierte Leser:innen geeignet ist, sondern auch für alle, die einfach einen guten Roman lesen wollen!