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NSA - Nationales Sicherheits-Amt
796 Seiten

In einem Nazi-Deutschland, das früh Mittel zur Überwachung entwickelt hat, inklusive Komputer und ausschließlich bargeldlose Zahlung, ist Helene eine Programmiererin im Nationalen Sicherheits-Amt. Hier entwickelt sie neue Programme, um das Sammeln und Interpretieren von Daten zu erleichtern. Doch sie hat ein Geheimnis: Sie ist in den Deserteur Arthur verliebt, dessen Aufenthaltsort mithilfe ihrer Programme ans Licht kommen könnte. Notgedrungen tut sie alles, um ihn zu beschützen und die Daten zu manipulieren. Zugleich folgen wir Eugen Lettke, der sich auf die Suche nach mehreren Frauen macht und dabei Helenes Hilfe in Anspruch nimmt, weil seine Taten genauso wenig ans Licht gelangen dürfen wie ihre …

Dieser Roman hat es in sich, denn das deprimierende Horrorszenario, das er darstellt, ist erschreckend realistisch. Es macht einem auf unangenehme Weise bewusst, wie leicht es ist, anhand nur weniger Daten alles über eine Person herauszufinden – und wie unmöglich es in der Nazizeit gewesen wäre, sich unter diesen Umständen gegen den Staat aufzulehnen. Die Art und Weise, wie die verschiedenen Methoden zur Überwachung dargestellt wurden, hat mir sehr gut gefallen, weil hier wirklich an alle möglichen Verbindungen gedacht wird.

Der Roman besteht aus zwei Handlungssträngen, die sich schließlich treffen: Zum einen ist da Helenes Leben zusammen mit den vielen Veränderungen und Herausforderungen, denen sie sich stellen muss: Der Verlust einer jüdischen Freundin und eines Familienmitglieds, das Erlernen des Programmierens und ihre Nutzung in der NSA, die Beziehung zu ihrer großen Liebe Arthur und ihre Bemühungen, seine Existenz zu verschleiern, die notgedrungene Zusammenarbeit mit Lettke und das Offenbaren feindlicher Pläne, gefolgt von noch mehr Problemen, die sie niederzuringen drohen. In diesen Handlungsstrang war ich sehr investiert, weil es leicht war, sich in Helene hineinzuversetzen und zu verfolgen, wie sie versucht, die verschiedenen Probleme in ihrem Leben zu lösen. Die Tatsache, dass es hier auch eine große Varietät an Problemen gab, hat die Handlung stets frisch gehalten und ihre Kapitel und Szenen flogen geradezu an mir vorbei. Nur das Ende entsprach nicht meinem Geschmack, weil ich es vergleichsweise unrealistisch fand und deshalb ein realistischeres Ende bevorzugt hätte.

Zum anderen haben wir Lettke, der nach einem Abend als Jugendlicher, in dem er gedemütigt wird, es sich zum Lebensziel macht, die Mädchen von damals zu finden und sich an ihnen zu rächen, sprich: Sie zu vergewaltigen. Tatsächlich besteht fast drei Viertel seines Handlungsstrangs daraus, dass er nach Frauen sucht, die er vergewaltigen kann, unabhängig von ihrer Beziehung zu ihm, sondern einfach, weil es ihn erregt. Und ich muss sagen, dass mir seine Kapitel und Szenen überhaupt nicht gefallen haben und ich es tatsächlich besser gefunden hätte, sie komplett wegzulassen; aber nicht unbedingt deshalb, weil Lettke aufgrund seiner Taten so abstoßend und ekelerregend war, sondern vor allem, weil seine Taten erst nach drei Viertel der Handlung überhaupt plotrelevant waren. Alles, was in dieser Zeitspanne passierte, las sich wie unnötiger, sich immer wiederholender Filler, der um der Grausamkeit wegen grausam und sonst nicht von Belang war. Ja, auch hier lernen wir Möglichkeiten der Überwachung kennen, aber da diese eher das Framing für Lettkes Handlungen sind und nicht im Fokus stehen, hätte ich sie lieber in Helenes Geschichte gelesen. Zudem wäre das Pacing der Geschichte und der ganze Kontext hinter Lettkes Charakter meiner Meinung nach besser gewesen, wenn wir für den Großteil der Handlung nicht gewusst hätten, was er tut. Eine Ausnahme bildet das letzte Viertel, das Lettke endlich etwas Anderes zu tun gibt und sich sehr spannend las, mit dem Bonus eines passenden, aber nicht vorhersehbaren Schlusses.

Zusammengefasst liebte ich Helenes Geschichte also sehr, während mir Lettkes Geschichte überhaupt nicht zusagte. Glücklicherweise steht Helene eher im Fokus, sodass ich den Roman insgesamt betrachtet (und vor allem auf die Schrecken der Überwachung bezogen) sehr empfehlenswert fand. Wobei ich trotzdem eine Kritik habe beziehungsweise etwas, das mir fehlte: Programmierfehler. Computer (oder, in diesem Fall, Komputer) mögen nicht so fehleranfällig wie Menschen sein, aber Fehler machen sie trotzdem. Die Tatsache, dass alle Maßnahmen, die der Staat in die Wege leitete, reibungslos funktionierten und es niemals irgendwelche Programmierfehler gab, kam mir unrealistisch vor. Es ist durchaus realistisch, dass die vorgestellten Komputer so gut funktionieren, dass sie eine nahezu perfekte Überwachung ermöglichen, aber dass niemals auch nur ein unvorhergesehener Fehler unterläuft, kam mir wie fehlendes Plotpotenzial vor. Hier hätte ich es interessanter gefunden, diese einzubauen, um die Handlung noch realistischer und gleichzeitig spannender zu gestalten.

Trotz der erwähnten Kritik hat mir dieser Roman sehr gut gefallen. Tatsächlich ist der einzige Grund, aus dem mir die kritischen Punkte so deutlich ins Auge fielen, die Tatsache, dass Helenes Handlungsstrang so positiv hervorgestochen ist. Das ist sogar noch zu schwach ausgedrückt – er ist wirklich positiv hervorgestochen, hat mich durch den ganzen Roman getragen und stets Lust auf mehr gemacht. Aus diesem Grund ist der Roman für alle Fans spekulativer Geschichte, die realistisch geschrieben ist, eine klare Empfehlung – selbst, wenn man wie ich Lettkes Handlungsstrang nicht viel abgewinnen kann.

Die Analphabetin, die rechnen konnte
448 Seiten

Nombeko wächst im Südafrika der 60er Jahre auf, was nicht gerade eine gute Ausgangsbedingung für ein gesundes und glückliches Leben ist. Zudem ist sie gezwungen, nach einem Autounfall, bei dem sie selbst überfahren wird, danach für den Autofahrer zu arbeiten: Engelbrecht van der Westhuizen, der als Ingenieur mit Atomwaffen zu tun hat. Nombeko, die ein wahres Rechengenie ist, versucht, ihn so lange wie möglich hinzuhalten, was auch ganz gut funktioniert … bis sie und eine Atombombe, die nicht hätte existieren sollen, in Schweden landen, wo Nombeko nach einem Weg sucht, den König auf sie aufmerksam zu machen – was sich natürlich als nicht ganz so leicht erweist …

Dieser humorvolle Roman schafft es nicht nur, ausgesprochen unterhaltsam zu sein, sondern gleichzeitig auf wichtige Themen einzugehen. Dazu nutzt er einen fantastischen schwarzen Humor, den man natürlich mögen muss, den aber zumindest ich sehr genossen habe. Es hat einfach Spaß gemacht, den Roman zu lesen, eben weil er nicht nur lustig war, sondern auf elegante Weise Kritik an Politik und Gesellschaft übte. Elegant deshalb, weil der Roman nicht mit erhobenen Zeigefinger seine Themen anspricht, sondern mit seinem Humor.

Nombeko ist dabei eine äußerst sympathische Protagonistin, die übrigens gegensätzlich zum Titel keine Analphabetin ist (aber tatsächlich fantastisch rechnen kann). Am meisten hat mich hier überrascht, dass ihre außergewöhnlichen Rechenkünste noch nicht einmal so oft zum Einsatz kommen, sondern nur wenige Male innerhalb der Geschichte relevant sind. Sehr viel wichtiger ist Nombekos allgemeine Intelligenz und ihre Entschlossenheit, etwas gegen die Atombombe zu tun. Ich habe sehr mit ihr mitgefühlt, vor allem, als immer mehr und mehr Hindernisse ihren Weg zum Ziel erschwert haben. Es war auf genau die richtige Weise frustrierend, weil man unbedingt will, dass Nombeko ihr Ziel erreicht und zusammen mit ihr darauf fiebert, dass nichts schief geht.

Faszinierend waren zudem die vielen Nebengeschichten, die in die Hauptgeschichte eingewoben waren. Viele Nebencharaktere, die eigentlich nicht für die Handlung relevant sind, bekommen ihre eigene Geschichte, was ich sehr einnehmend fand. Die eigentliche Handlung war mir nämlich manchmal zu ausschweifend, aber ausgerechnet die Hintergrundgeschichten mochte ich dafür sehr. Obwohl die wichtigeren Charaktere eher eindimensional sind, war es faszinierend, ihrer Hintergrundgeschichte zu lauschen. Besonders möchte ich Holger 2 betonen, Nombekos Love Interest, der, wie man seinem Namen schon entnehmen kann, eine sehr ungewöhnliche Geschichte hat.

Zusammengefasst ein sehr unterhaltsamer Roman, der mich mit seinem einzigartigen Humor und seinen Themen sehr begeistern konnte!

A Spark of Time - Ein Date mit Mr Darcy
464 Seiten

Lilly kann nicht fassen, als sie erfährt, dass Ray – der Junge, in den sie sich auf der Titanic verliebt hat – in Wirklichkeit ebenfalls ein Zeitreisender ist: Damien Belmont, der den Auftrag hatte, ihr Zeitreise-Zahnrad zu stehlen. Lilly fühlt sich betrogen, doch bevor sie Zeit hat, über Damiens Verrat hinwegzukommen, gibt sein Vater ihnen beiden einen Auftrag: Sie sollen in die Regency-Zeit reisen, um dort das letzte Zahnrad zu stehlen. Dabei stehen ihnen nicht nur ihre Gefühle im Weg, sondern auch die Tatsache, dass es nirgendwo auffindbar zu sein scheint …

Im letzten Teil der Dilogie haben Lilly und Damien noch so einige Probleme zu bewältigen, bevor ihre Geschichte schließlich ein Ende findet. Insgesamt hat es mir sehr gefallen, ihre gemeinsame Reise zu verfolgen, die Entwicklung ihrer Romanze zu sehen und dabei die historischen Charaktere zu beobachten. Zwar gab es dabei auch zwei, drei Dinge, die ich verbesserungswürdig fand, aber insgesamt hat mir die Geschichte sehr gefallen.

Es fängt damit an, dass sowohl Lilly als auch Damien großartige Charaktere sind. Mir fiel es tatsächlich schwer, zu entscheiden, wen ich lieber mochte, weil ich Lillys zwiegespaltene Gefühle sehr gut verstanden und gleichzeitig Damien angefeuert habe. Zwar fand ich, dass sich ihre Romanze am Anfang zu langsam und gegen Ende zu schnell entwickelt hat, aber die Tatsache, dass die beiden selbst so sympathisch sind, hat das wieder wettgemacht.

Die Zeit, die die beiden bei Jane Austen verbracht haben, war mir tatsächlich ZU langsam, während ich gerne noch mehr von der Zeitreise, die danach stattfindet, gesehen hätte, weil sie so unglaublich spannend war. Dafür mochte ich es sehr, dass während der Jane-Austen-Zeit nicht nur verschiedene historische Charaktere vorgestellt, sondern jegliche Klischees gleichzeitig vermieden wurden. Hier müssen Lilly und Damien nämlich ein Geschwisterpaar spielen, weshalb ich fürchtete, dass es mindestens ein vermeidbares Missverständnis geben würde, aber zu meiner Freude geschah nichts dergleichen. Das war sehr erfrischend, weil wir ein paar süße Szenen zwischen den beiden erleben durften, ohne dass peinliche „Erwischt!“-Szenen darauf folgten.

Die Nebencharaktere kommen leider ein wenig zu kurz, sodass ein Twist nicht so gut funktionierte, wie ich es mir gerne gewünscht hätte. Damiens Vater hinterließ dafür einen bleibenden Eindruck, weil er ein so guter Antagonist war; tatsächlich mochte ich ihn seiner Rolle so sehr, dass ich nichts dagegen gehabt hätte, noch mehr von ihm zu sehen.

Insgesamt also ein guter Abschluss für Lillys und Damiens Geschichte, der zwar durchaus ein paar Schwächen hat, aber mich letztendlich sehr zufriedenstellte!

Die Goldene Schreibmaschine
304 Seiten

Emily liebt es, ihre Zeit in der Bibliothek zu verbringen, wo auch ihre Großmutter arbeitet. Auch vor ihrem erbarmungslosen Lehrer Herr Dr. Dresskau ist sie dort in der Regel sicher. Bis er auf einmal in der Bibliothek auftaucht und dringend nach etwas zu suchen scheint. Emily, neugierig geworden, findet tatsächlich einen Füllfederhalter, dessen Spitze sich zu einem Schlüssel drehen kann. Damit öffnet Emily den Eingang zu einer magischen Bibliothek mit einer goldenen Schreibmaschine, die es erlaubt, Bücher umzuschreiben. Sofort stürzt sie sich darauf, um ihre Lieblingsbücher zu verändern – und noch sehr viel mehr. Doch führt das nicht nur zu unerwarteten Veränderungen, sondern auch dazu, dass Dresskau auf die magische Bibliothek aufmerksam wird …

Ich muss zugeben, dass ich ein wenig hin- und hergerissen bin, was dieses Kinderbuch betrifft. Einerseits ist es eine wunderschöne Geschichte, die die Macht von Geschichten wunderbar illustriert, doch andererseits fand ich, dass ihre Botschaft definitiv stärker hätte diskutiert werden können.

Es fängt damit an, dass Dresskau ein sehr klischeehafter und übertriebener Bösewicht ist, der bereits ganz am Anfang zeigt, dass er niemals die Lizenz zum Lehrer hätte erhalten sollen. Das Überraschende dabei ist, dass ein frühes Kapitel seine Gründe und Motivationen etablierte, was mich zuerst hat glauben lassen, dass er sich zu einem dreidimensionalen Charakter entwickeln könnte … nur, um ihn noch klischeehafter und böser zu machen, und das bis zu einem Level, das so übertrieben war, dass es keinen Raum für Charaktertiefe ließ. Die Tatsache, dass das ein Kinderbuch und Dresskau Lehrer ist, ist dabei eine ungünstige Kombination. Meiner Meinung nach wäre es sehr viel hilfreicher für sowohl Lehrer als auch Kinder gewesen, das frühe Kapitel über seine Kindheit weiter auszubauen, um ihn dann zu einem stark fehlerbehafteten, aber nicht komplett bösen Charakter zu machen.

Dazu kommt, dass Emily ebenfalls kritische Veränderungen vornimmt, bis zur Manipulation ihrer Freunde und Klassenkameraden. Sie werden definitiv als negativ dargestellt und Emily begreift am Ende natürlich, dass sie die Schreibmaschine niemals auf diese Weise hätte benutzen sollen. Das war großartig, weil Carsten Henn nicht nur behauptet, dass Veränderungen schlecht sind, sondern tatsächlich umsetzt. Aber ich hätte mir sehr gerne gewünscht, dass Emily die Moral ihrer Handlungen sehr viel früher hinterfragt und sich bei ihren Freunden dafür entschuldigt hätte, ihre Lieblingsbücher benutzt zu haben, um ihre Leben zu verändern. Das ist leider nie geschehen und hat deshalb einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen.

Aber zum Glück gab es auch so einige Dinge mit süßem Geschmack: Obwohl mir wie gesagt eine Entschuldigung vonseiten Emilys (und etwas mehr Screentime für ihre Freunde) gefehlt hat, war die Freundschaft selbst immer noch großartig und ich mochte sowohl Charly als auch Frederick sehr. Emilys Großeltern Rose und Martin waren ebenfalls großartig und ich freute mich, dass sie über das ganze Buch hinweg Relevanz hatten. Sogar eher unwichtige Charaktere wie Lasse und Zoe haben einen guten Eindruck hinterlassen (und natürlich auch Wolke!).

Dann ist da natürlich die Rolle, die Bücher einnehmen. Zuerst dachte ich, dass manche der großen Veränderungen, die das Umschreiben durch die goldene Schreibmaschine bewirkt, zu unrealistisch sind, aber je mehr sie beschrieben wurden und je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Sinn ergaben sie. Natürlich würde sich die Gesellschaft verändern, wenn ein paar der wichtigsten Werke sich verändern würden. Hier gefiel mir auch, wie die Veränderung der Welt dargestellt wurde, weil man auf diese Weise hervorragend einen Eindruck davon bekam, wie wichtig der Inhalt der Bücher ist.

Das Ende war ein bisschen plötzlich, konnte aber den Hauptkonflikt auf elegante Weise lösen.

Zusammengefasst bin ich wie gesagt hin- und hergerissen, weil das Buch einerseits ein paar sehr schöne Dinge hatte, mich aber die Darstellung von Dresskau und Emilys Handlungen sehr stark störte. Hier muss ich natürlich betonen, dass ich das Buch aus der Sichtweise einer Erwachsenen beurteile und es für die eigentliche Zielgruppe ein wahres Lesevergnügen sein könnte; nur für mich war es leider nur ein halber Erfolg.

Der schlauste Mann der Welt
222 Seiten

Jens Leunich hat noch zehn Tage zu leben, weshalb er die Gelegenheit nutzt, aus seinem Nichtstun auszubrechen und seine Geschichte aufzuschreiben – speziell, wie er es schaffte, an ein Millionenvermögen zu kommen und wie er es danach nutzte, für den Großteil seines Lebens um die Welt zu reisen und nur in Luxushotels zu leben. Doch vor allem: Wieso entschied er sich irgendwann dazu, Nichts zu tun? Und geht das überhaupt?

Dieser kurze Roman war sehr unterhaltsam und regte gleichzeitig zum Nachdenken an. Aufgrund der Länge war ich neugierig, wie ausführlich Jens’ Erlebnisse beschrieben werden würden und war insgesamt zufrieden mit der Darstellung seiner Reisen. Es gibt einen starken Fokus auf den Anfang und wie er an sein Vermögen kam sowie auf die Zeit, die dazu beitrug, dass seine Tage irgendwann gezählt waren. Besonders der Weg zu seinem Geld hat mir sehr gut gefallen, doch auch all die angedeuteten Erlebnisse, die er zwischendurch und vor allem am Ende teilte, weckten meine Aufmerksamkeit. Gerade die angerissenen Abenteuer gegen Ende könnten sicher ein ganzes Buch mit mehreren hundert Seiten füllen, doch so sehr ich gerne von ihnen gelesen hätte, war ich letztendlich doch froh, dass der Fokus auf den wichtigsten Momenten seines Lebens lag. Denn gerade die Tatsache, dass die anderen Momente eben nicht ausführlich beschrieben und stattdessen nur angedeutet wurden, machte sie so besonders.

Was die Botschaft des Romans angeht, kann man sich definitiv darüber streiten, denn so richtig wird sie nicht umgesetzt. Das mag auch an der Länge liegen, die es nicht erlaubt, jedes Thema ausführlich zu besprechen, aber definitiv nicht nur; der Roman selbst widerspricht sich, was seine Botschaft betrifft, nämlich auch. Am Ende war ich mir nicht einmal sicher, ob es überhaupt eine Botschaft gibt, aber zugegeben stört mich das auch nicht – allerdings wünschte ich, dass es dann auch keine angerissen hätte.

Insgesamt hat mir die kurzweilige Lektüre aber immer noch sehr gefallen, sodass ich mich schon darauf freue, noch mehr von Andreas Eschbach zu lesen!

Hinter dem Zeitenspiegel
300 Seiten

Yuki ist unglücklich. Seit ihr Vater gestorben und sie mit ihrer Mutter und deren neuem Freund nach Santa Dolores umgezogen ist, scheint alles den Bach runterzugehen. Ihr bester Freund Julio schreibt ihr kaum noch und in der Schule läuft auch alles schlecht. Als sie wegen eines Aufsatzes ins Rising Sun Emporium gerät, zeigt ihr die Besitzerin einen besonderen Spiegel, der der Schriftstellerin Sei Shōnagon gehört haben soll. Alle hundert Jahre soll er einen Weg ins alte Japan öffnen. Als dies tatsächlich geschieht, kann Yuki nicht widerstehen und verschwindet im Spiegel. Dort trifft sie nicht nur Sei Shōnagon, sondern muss sich auch in einem Gedichtwettbewerb behaupten …

Dieses Buch erzählt ein unterhaltsames Abenteuer, das sich gut für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren eignet. Am besten gefielen mir dabei definitiv die Gedichtwettbewerbe; sie waren nicht nur ausgesprochen spannend beschrieben, sondern enthielten tatsächlich sehr schöne Gedichte. Zusätzlich gab es auch ein paar Rätsel und Witze, die mir überraschend gut gefallen haben und sich gut in die Handlung einfügten.

Die japanische Kultur wird recht akkurat porträtiert, auch wenn es aufgrund der Tatsache, dass es sich nicht um die Vergangenheit, sondern eine andere Welt handelt, ein paar Freiheiten bezüglich der auftretenden Personen gibt. Besonders möchte ich allerdings die Personen, die hier auftauchen, loben; Izumi und Nobu, die schnell zu Yukis Freunden werden, waren dabei meine persönlichen Lieblinge.

Dafür hätte ich mir gerne mehr Screentime für die Charaktere der Gegenwart gewünscht, weil sie zwar lange genug auftauchen, um einen Eindruck zu hinterlassen, aber bei weitem nicht so lange wie die Charaktere der Vergangenheit. Als Protagonistin denkt Yuki leider nicht so oft wie gewünscht an die Menschen, die sie verlassen hat, unter der Annahme, dass sie sie nicht vermissen würden. Yuki selbst wuchs mir im Lauf der Handlung zwar ans Herz, aber ich fand es trotzdem traurig, dass sie ihre Welt so bereitwillig verlassen hat.

Was eher für ein Kinder- als für ein Jugendbuch spricht, ist die Tatsache, dass der Weltübergang überhaupt nicht infrage gestellt wird. Yuki akzeptiert bereitwillig die Magie dahinter und ihre neue Rolle im antiken Japan, ohne dass ihr Weltbild dabei erschüttert wird. Das hat mich persönlich zwar nicht gestört, aber wie gesagt spricht diese Tatsache eher für ein jüngeres Publikum.

Beim Ende bin ich ein wenig zwiegespalten: Einerseits fand ich das Ende für die Gegenwart wunderbar und sehr zufriedenstellend, andererseits hat mir dafür in der Vergangenheit ein finaler Abschluss gefehlt. Dadurch, dass Yuki am Ende wieder in der Gegenwart ist, bekommen wir nicht mit, was genau nach ihrer Abreise geschah, was ich sehr schade fand. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Yuki noch länger in der Vergangenheit geblieben wäre, um sie zu einem guten Ende zu führen, bevor sie wieder zurückgekehrt wäre.

Insgesamt also ein unterhaltsamer Abenteuerroman für Fantasy- und Japan-Fans, das zwar seine Schwächen hat – aber definitiv auch seine Stärken.

Fakten sind auch nur Meinungen
272 Seiten

Nachdem mir bereits Jens Foells „Foellig nerdiges Wissen“ sehr gut gefallen hatte, war ich neugierig, was für neues Wissen „Fakten sind auch nur Meinungen“ enthalten würde – und war trotz vieler Beispiele, die ich bereits kannte, positiv überrascht davon, wie kompakt und übersichtlich die verschiedenen Probleme (und mögliche Lösungen) präsentiert wurden.

Natürlich habe ich mich oft dabei erwischt, selbst auf gewisse Probleme hereinzufallen. Gleich beim ersten Teil, dem „Hinschauen“, und dem ersten Kapitel, „Wir übersehen Dinge“, bin ich nicht darauf gekommen, dass es wahrnehmbare Hinweise gibt, die man schlicht ignoriert, um seinen Punkt festzumachen; stattdessen habe ich das Gedankenspiel mit den zwei Embyros als solches akzeptiert. Das ist bei mir definitiv eine Schwäche: Bei Gedankenspielen bin ich eher bereit dazu, mögliche Fehler in der Logik zu ignorieren, was sich auch auf das wahre Leben auswirkt.

Andere Probleme sind mir bewusster (so das zweite, „Wir beobachten und erinnern schlecht“ und das dritte, „Wir können nur messen, was wir haben“), was natürlich nicht heißt, dass ich nicht ebenfalls in sie tappe, aber zumindest weiß, dass ich es tue.

Das vierte Problem, „Wir hinterfragen unsere Methoden nicht“, war eines meiner Lieblingskapitel, weil das Phantom-Beispiel mir einerseits unbekannt war und es andererseits hervorragend illustrierte, wie stur wir sein können, wenn es um scheinbar objektive Daten geht.

Mein allgemeiner Lieblingsteil war „Hypothesen testen“, weil er viele gute Beispiele, wichtige Probleme und praktische Lösungsansätze enthielt. Speziell die Anwendung der Fermi-Schätzung war beeindruckend, aber auch das Suchen nach Erklärungen für scheinbar unerklärliche Vorkommnisse und die Wichtigkeit des Falsifizierens waren beide hilfreich.

Danach zeigte der „Interpretieren“-Teil hervorragend, wie schwierig es ist, die richtige(n) Erklärung(en) zu finden. Das Marshmallow-Beispiel gehört dabei wohl zu den bekanntesten, weshalb mir die Beispiele im „Wir wissen nicht, welche Erklärung stimmt“ umso besser gefielen. Ob es nun ein Stein vom Mars oder rechnende Bienen sind: Ich war sehr fasziniert davon, die möglichen Erklärungen dazu zu lesen, wobei das ECREE-Prinzip zu den Dingen gehört, die ich als Hilfsmittel besonders praktisch fand. Die übrigen zwei Kapitel in diesem Teil waren mir wieder bekannter, aber deshalb nicht unwichtiger.

Zuletzt gab es den Teil des „Weitererzählens“, der sich mit dem Lesen und Bewerten von Studien befasst. Schon in den vorigen Kapiteln habe ich gemäß meiner Interessen Recherchen zu gewissen Beispielen betrieben, doch das war der Teil, bei dem ich noch motivierter war, das zu tun. Tatsächlich kann ich kaum fassen, dass die beschriebenen Studien an einem Peer Review vorbeigekommen sind, wobei es, wie Jens Foell beschreibt, leider auch Verlage gibt, die Studien ohne Peer Review veröffentlichen.

Zusammengefasst hat dieses Sachbuch mich an alte Erkenntnisse erinnert und mir neue beschert, oder auch: Mir bewusst gemacht, dass selbst die Wissenschaft nicht komplett ohne Meinung auskommt, weil selbst bei existierenden Fakten die Schwäche der Menschen zum Vorschein kommt: Unsere eigene Subjektivität.

A Song to Drown Rivers
400 Seiten

Xishi ist die schönste Frau Chinas und damit die einzige, die ihr Land retten kann. Denn Fanli, der Berater des Königs, sieht in ihrer Schönheit eine Möglichkeit, den Herrscher des Nachbarlandes, Fuchai, zu verführen, während sie insgeheim als Spionin arbeitet. Während den zehn Wochen der Vorbereitung kommen sich Xishi und Fanli näher, doch bevor sich ihre Beziehung richtig entwickeln kann, findet sich Xishi bereits auf Fuchais Königshof wieder. Von nun an muss sie sich gut überlegen, wie sie Fuchais Aufmerksamkeit gewinnen kann, ohne ihre wahren Beweggründe zu verraten …

Dieser Roman, der auf einer chinesischen Legende basiert, ist wunderschön zu lesen und erzählt dabei eine packende Geschichte. Was mich besonders beeindruckt hat, war die Art und Weise, wie verschiedene Tropen, die ich normalerweise nicht mag, hier erfolgreich umgesetzt wurden. Das gilt vor allem für das Liebesdreieck; normalerweise mag ich sie überhaupt nicht, aber dieser Roman hat es tatsächlich geschafft, seines auf eine überraschend angenehme Weise zu präsentieren. Zwar fand ich die Umsetzung nicht perfekt, aber um sehr, sehr viel besser als gefühlt 95% aller Liebesdreiecke.

Das liegt an so einigen Faktoren: Das Hauptpaar stand von Anfang an fest (was in diesem Fall etwas Gutes war), alle drei Charaktere waren sowohl sympathisch als auch tiefgründig und die thematisierte Tragik des Liebesdreiecks hat es zusätzlich über andere gestellt. Zwar finde ich, dass Fanli mehr Screentime hätte vertragen können, um seine starke Bindung zu Xishi noch weiter zu festigen, aber auch so mochte ich ihn und ihre gemeinsame Romanze sehr.

Fuchai war ein besonders faszinierender Charakter. Er hatte sowohl gute als auch schlechte Charakterqualitäten und ich war zeitweise tatsächlich hin- und hergerissen, ob ich ihn denn nun mag oder nicht. Letztlich kann ich diese Frage schlicht mit „ich mochte ihn als Charakter, aber nicht als Person“ beantworten, während ich die anderen Charaktere als beides mochte.

Hervorheben möchte ich außerdem Zhengdan, Xishis beste Freundin. Obwohl sie natürlich nicht so viel Screentime hat wie das Liebesdreieck, stach sie durch ihr eigenes Ziel, ihren Vater zu rächen, positiv hervor. Ich wünschte, es gäbe mehr beste Freundinnen in Geschichten, die nicht nur diese Funktion erfüllen, sondern auch eigene Ambitionen haben!

Zuletzt möchte ich sagen, dass mir das Ende außergewöhnlich gut gefallen hat. Es war auf seltsame Weise sowohl das Ende, das ich erwartet habe als auch ein Ende, mit dem ich nicht gerechnet hätte.

Empfehlenswert ist der Roman für alle, die dramatische Liebesgeschichten mögen!

Monas Augen – Eine Reise zu den schönsten Kunstwerken unserer Zeit
496 Seiten

Als die zehnjährige Mona für eine Stunde ihr Augenlicht verliert, machen sich ihre Eltern Sorgen, dass sie bald für immer erblinden könnte. Ihr Großvater Henry soll sie wöchentlich zu einem Kinderpsychiater bringen, doch dieser möchte Mona stattdessen die Schönheit der Welt zeigen. Jeden Mittwoch geht er mit ihr ins Museum und schaut mit ihr genau ein Kunstwerk an. So lernt sie nicht nur die Geschichte der Kunst kennen, sondern mit jedem Kunstwerk auch etwas über das Leben …

Dieser wunderschöne Roman wird als „Sofies Welt für die Kunst“ beschrieben und das ist tatsächlich sehr akkurat: Von der Renaissance bis zu unserer Zeit lernen wir 52 verschiedene Kunstwerke kennen, die praktischerweise im Vor- und Nachsatz des Buches abgedruckt sind. Zwar zeigen sie aufgrund des kleinen Formats nicht immer alle Details, weshalb ich sie ab und an online recherchierte, aber immer noch genug, um einen sehr guten Eindruck von ihnen zu bekommen.

Hier hat es mich sehr beeindruckt, wie die Zusatzinformationen zu den Kunstwerken und den Erschaffern meinen eigenen Eindruck veränderten. So ist zum Beispiel das allererste Kunstwerk – Botticellis „Venus und die drei Grazien übergeben einem jungen Mädchen Geschenke“ – nicht unbedingt eins, das ich ausführlich betrachtet hätte, doch sobald ich las, wie viel Hintergrund in diesem Fresko steckt, war ich unglaublich fasziniert davon. So ging es mir auch mit anderen Kunstwerken, wie de Champaignes „Ex voto“, de Goyas „Stillleben mit Schafskopf und Rippenstücken“, Duchamps „Flaschentrockner“ und Pollocks „Silber über Schwarz, Weiß, Gelb und Rot“. Sie gehörten zu denen, die mich beim puren Anschauen nicht beeindruckten, aber durch die näheren Informationen, die Henry gab, sogar zu meinen Lieblingsstücken wurden.

Davon abgesehen gibt es natürlich Kunstwerke, die mich sowohl ästhetisch als auch von der Bedeutung her ansprachen: So zum Beispiel Hals’ „Junge Frau“, Gérards „Die interessante Schülerin“, Camerons „Mrs Herbert Duckworth“, Hammershøis „Ruhepause“, Magrittes „Das rote Modell“ und noch viele mehr. Vor allem die Kunstwerke aus den ersten zwei Museen, die die Kunstarten von der Renaissance bis zu den ersten Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts abdeckten, konnten mich begeistern, weil mein persönlicher Geschmack den Kunstarten entsprach. Mit anderen Worten: Jeder wird hier wohl Kunstwerke finden, die ihn ansprechen, teils aufgrund ihres Aussehens, aber definitiv auch wegen ihrer Bedeutung.

Eine kleine Kritik, die ich für die Geschichte habe, ist, dass jedes Kapitel sehr ähnlich gestaltet ist. Zunächst bekommen wir einen Einblick in Monas Leben, danach schaut sie sich mit Henry ein Bild an und danach reden sie darüber, wobei Henry ihr sowohl vom Künstler als auch von der Bedeutung des Werks erzählt. Zwar mochte ich sämtliche Ereignisse und Henrys Ausführungen, hätte mir aber trotzdem ein wenig mehr Varietät in der Reihenfolge der Ereignisse gewünscht.

Dieser Roman ist nicht nur für Kunstbegeisterte geeignet, sondern auch für alle, die eine schöne Geschichte lesen und etwas aus ihr mitnehmen wollen. Aber natürlich schadet es mitnichten, ein gewisses Interesse an Kunst zu haben!

Liga Lexis – Nachtschwarze Worte
400 Seiten

Annie kann nicht fassen, als sie erfährt, dass sie eine Migra ist – halb Mensch, halb Buchfigur. Von nun an soll sie auf Bookford Manor ihre Fähigkeiten ausbauen, denn als Migra braucht sie Bücher buchstäblich zum Überleben. In Bookford Manor findet sie in Fitz und Mac Freunde, doch auch einen Feind: Caspian, der auf sie aufpassen soll, weil ihre Magie anders als die der anderen ist. Trotzdem fühlt Annie sich zu ihm hingezogen und kommt ihm langsam näher. Als sie gemeinsam in ihr Lieblingsbuch „Silberkorn“ reisen, entspannt sich schnell ein Abenteuer, das viel mehr als nur eine Geschichte umfasst …

Dieses Jugendbuch ist hervorragend für Fans der Tintenwelt-Reihe geeignet und allgemein für alle, die gerne lesen. Das Worldbuilding, das Mo Enders aufbaut, ist – im doppeldeutigen Sinne – fantastisch. Sowohl die Welt der Migra, die sich mit tätowierten Zitaten Kraftspeicher geben als auch die Welt der Buchfiguren, die auf ganz eigene Weise funktioniert, haben mich unglaublich fasziniert. Das war für mich definitiv der beste Teil des Buches und jede Szene, die in der Buchwelt spielt, gehörte zu meinen Lieblingen – speziell die Szenen in „Silberkorn“, aber auch die Besuche in anderen Buchwelten.

Wobei man sagen muss, dass die Kurzbeschreibung in diesem Sinne spoilert, denn erst ab der Hälfte des Buches geht es überhaupt in die Buchwelten. Davor fokussiert sich der Roman auf Bookford Manor, auf Annies Ausbildung, ihre Freundschaften und ihre Beziehung zu Caspian. Was allesamt sehr gewünschte Themen waren, die ebenso im Fokus stehen wie die Reise durch die Buchwelten, aber eben wirklich genauso wichtig sind. Wer also erwartet, sofort in die Buchwelten zu reisen, wird enttäuscht werden – aber zum Glück gibt es so oder so zahlreiche Referenzen an verschiedene Werke, die sehr charmant zu lesen waren.

Was die Hauptcharaktere angeht, war Annie eine sehr sympathische Hauptfigur und Caspian letztendlich ein sehr faszinierender Charakter, doch muss ich zugeben, dass ich die Romanze zwischen ihnen nicht gefühlt und sogar als Schwäche des Buches empfunden habe. Sie haben durchaus ein paar schöne Szenen miteinander, aber insgesamt läuft die Romanze zu rasch ab, Caspian verwandelt sich zu schnell vom Mistkerl zum Traummann und allgemein macht Annie viele Annahmen über ihn und die Beziehung, ohne sie auf den Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

Deshalb hätte ich gerne noch mehr von ihren platonischen Freunden gesehen; Mac und Flix haben zwar genug Szenen, um ihren jeweiligen Charakter zu zeigen, aber noch nicht genug, um als dreidimensionaler Charakter wahrgenommen zu werden. Ich hoffe, im nächsten Band können beide etwas mehr scheinen.

Letztendlich ist dieses Jugendbuch immer noch eine wunderbare Lektüre für alle, die gerne lesen. Die Liebe zu Büchern spürt man auf jeder Seite und die Referenzen an viele Werke der Weltliteratur haben mir außerordentlich gut gefallen!

Die dunklen Fälle des Harry Dresden - Feenzorn
512 Seiten

Harry Dresden weiß genau, dass man sich besser nie mit Feen einlassen sollte. Deshalb schlägt er die Bitte von Mab, Königin des Winters, einen Mordfall an einem Künstler aufzuklären, erst mal ab – bis plötzlich seine Existenz als Magier davon abhängt, dass er sich als solcher beweist. Notgedrungen widmet sich Harry nun doch der Auflösung des Mordfalls, ohne zu ahnen, wie viel mehr wirklich hinter ihm steckt …

Spannend und humorvoll geht es mit Harry Dresden weiter, wobei ich einen sehr großen Spaß daran hatte, die schwierigen Kämpfe und Harrys Humor zu verfolgen. Beides ergänzt sich hervorragend miteinander und machte den Roman sehr unterhaltsam. Zum Schluss haben wir ein episches Finale, das den Roman zufriedenstellend abschließt.

Mein Lieblingskampf war aber tatsächlich nicht das Finale, sondern Harrys Kampf mit Murphy gegen den Chlorofeind, der ca. in der Mitte des Romans stattfindet und sowohl Murphys Qualitäten als auch ihre und Harrys Kreativität zeigt. Das war schlicht ein genialer Kampf und ich wünschte, Murphy hätte noch öfter Gelegenheit gehabt, ihre Kampfkünste zu zeigen.

Was mir auch sehr gefallen hat, war die Art und Weise, wie die verschiedenen Handlungsstränge zusammengeflochten waren. Am Anfang ist natürlich noch nicht klar, wie sie zusammenhängen, aber schließlich wird alles sehr gut aufgelöst. Dass eine Person aus Harrys Vergangenheit ebenfalls mitspielt – und es allgemein ein paar Überraschungen gibt –, hat es noch besser gemacht.

Meine einzige Kritik ist, dass der Mordfall recht plötzlich aufgeklärt wurde und ich mir gerne gewünscht hätte, dass die Szene sich gewichtiger angefühlt hätte. An sich war es gut gemacht – Harry, wie er Schritt für Schritt realisiert, wer dahintersteckt –, aber letztendlich war die Wirkung nicht so stark, wie ich es erwartet hätte. Einen größeren Twist hätte ich hier begrüßt.

Insgesamt also ein hervorragender Roman für alle, die gerne spannende, humorvolle und fantastische Geschichten lesen!

Nachtfahrt
400 Seiten

Als Katha hört, dass ihr Vater, ein talentierter Fahrlehrer, von der Straße abgekommen sein soll, will sie es nicht richtig glauben. Von ihrer Familie ist jetzt nur noch ihre Nichte Ronja übrig – doch möglicherweise nicht für lange. Denn jemand hat Ronja entführt, und verlangt, dass Katha innerhalb von 48 Stunden "die Wahrheit" finden soll. Während sie zusammen mit dem Fahrlehrer Delf panisch nach einem Grund sucht, warum es jemand auf ihre Familie abgesehen haben könnte, läuft nicht nur ihre Zeit, sondern auch die der Entführten immer weiter ab ...

Dieser Thriller ist spannend und durch seine kurzen Kapitel sehr flüssig zu lesen, vor allem, weil er uns Leser:innen ordentlich auf Trab hält. Neben Kathas Geschichte, die durch das Zeitlimit bereits spannend genug ist, folgen wir auch Corinna, einer weiteren Entführten, die sich mehreren "Prüfungen" stellen soll. Die Abwechslung war hier sehr gut, weil sie mich zusätzlich hat fragen lassen, wie genau die beiden Geschichten zusammenhängen – wobei ich allerdings Kathas Geschichte deutlich mehr mochte.

Denn zwar sind beide Geschichten gleichermaßen spannend und beide Protagonistinnen sympathisch, doch Corinnas Geschichte enthielt leider auch eine große Schwäche: Nämlich, dass ihr Entführer lächerlich böse war. Ich konnte ihn während des gesamten Romans nicht ernst nehmen, weil er so klischeehaft und kindlich war; selbst, wenn solche Menschen tatsächlich existieren, lesen sie sich in der Fiktion eher bedauernswert als bedrohlich. Zwar hatte auch dieser Handlungsstrang Szenen, die ich sehr mochte, aber die ganze Zeit habe ich mir einen ernstzunehmenderen Antagonisten gewünscht.

Dafür war ich umso begeisterter von Kathas Geschichte. Zwar habe ich den Twist relativ früh vorhergesehen, was ich schade fand, aber dennoch gab es ein paar gute falsche Fährten, in die ich vorher tappte. Und vor allem: Die ganze Zeit fieberte ich mit ihr mit und war neugierig, was als nächstes passieren und was sie als nächstes planen würde. Schön war auch, dass ihre persönliche Geschichte beleuchtet wird, sodass wir sie noch näher kennenlernen.

Beide Handlungsstränge münden in ein fantastisches, atemloses Finale, das ich trotz der oben genannten Schwächen als Highlight empfand. Der Thriller selbst war ja schon spannend geschrieben, doch das Finale setzt noch mal eine ordentliche Schippe obendrauf. Zusammen mit dem zufriedenstellenden Ende ging ich letztendlich positiv aus dem Buch hervor.

Wer also nichts gegen Klischee-Bösewichte hat und einen kurzweiligen, packenden Thriller sucht, ist hier an der richtigen Adresse!

A Restless Truth
528 Seiten

Etwas, mit dem Maud auf ihrer Schifffahrt zurück nach Hause nicht gerechnet hat, ist, dass ihre Reisebegleiterin Mrs. Navenby, die noch dazu ein Stück des Letzten Vertrags besitzt, ermordet wird. Jetzt liegt es an Maud, den Mordfall aufzuklären, den verborgenen Gegenstand zu finden und dabei die richtigen Verbündeten zu finden. Unter ihnen ist die Schauspielerin Violet, die entschlossen zu sein scheint, in einen Skandal verwickelt zu werden. Maud, die sich zu ihr hingezogen fühlt, weiß genau, wie gefährlich es sein könnte, sich auf Violet einzulassen – und doch fällt es ihr immer schwerer, ihrem Charme zu widerstehen …

Nach „A Marvellous Light“ war ich erfreut, in „A Restless Truth“ eine gelungene Fortsetzung zu finden, die sich auf Robins Schwester Maud und deren Romanze fokussiert. Aber nicht nur: Obwohl die Romanze natürlich eine wichtige Rolle spielt, bekommen wir auch genug von dem magisch angehauchten Kriminalfall und den anderen Mysterien mit, mit denen Maud und Violet sich beschäftigen. Was vor allem deshalb so spaßig zu lesen war, weil die beiden wunderbare Hauptcharaktere sind.

Maud ist oft zögerlich, schüchtern und naiv, aber auch fest entschlossen, den Mord aufzuklären und gegen ihre Charakterschwächen zu arbeiten. Violet ist nach außen hin offen und flirtet gern, vertraut sich aber nicht gerne anderen an. Zusammen waren sie nicht nur als individuelle Charaktere sehr einnehmend, sondern auch als Paar – ich fand die Chemie zwischen ihnen großartig und die Entwicklung ihrer Romanze überraschend realistisch.

Von den Nebencharakteren stachen vor allem Hawthorn und Ross hervor, die im Abschlussband das Hauptpaar sein werden und bereits hier eine interessante Chemie zeigen. Andere Nebencharaktere kommen nicht ganz so stark hervor, wodurch es mir nicht immer leicht fiel, den Verdächtigen zu folgen.

Der Kriminalfall selbst hat mir nämlich gut gefallen, weshalb ich es schade fand, dass die Verdächtigen für mich keinen bleibenden Eindruck hinterließen. Auch die Tatsache, dass der Mörder bereits nach ca. der Hälfte der Geschichte enthüllt wird (auch, wenn es natürlich noch andere Geheimnisse zu lüften gibt), entsprach nicht meinem Geschmack.

In der zweiten Hälfte verlangsamt sich die Geschichte etwas, findet letztendlich aber zu einem großartigen Finale und einem sehr guten Ende, das Lust auf mehr macht.

Zuletzt fand ich den Magieaspekt wie schon im ersten Band sehr gut umgesetzt. Sie fließt problemlos in die Handlung ein und ich freute mich jedes Mal, wenn wir sie zu sehen bekamen (und vor allem, wenn es eine neue Art der Magie war). Die Art und Weise, die Freya Marske ihr Worldbuilding subtil einbaut, ist einfach sehr gelungen!

Wem „A Marvellous Light“ aufgrund seiner queeren Romanze und seinem Fantasyanteil gefallen hat, wird auch hier auf seine Kosten kommen!

Die Abschaffung des Todes
655 Seiten

James Windover ist Chefredakteur der teuersten Tageszeitung der Welt, weil sein Team sich darum bemüht, das Weltgeschehen möglichst objektiv darzustellen. Sein Interesse ist geweckt, als er hört, dass drei berühmte Unternehmer die Firma Youvatar gegründet haben, deren Zweck unter strenger Geheimhaltung steht. Bei der Einführungsveranstaltung kommt dieser Zweck schließlich heraus: Die Gründer von Youvatar möchten den Tod abschaffen. Die Pläne dazu hören sich beeindruckend realistisch an und James soll untersuchen, ob sie es auch wirklich sind. Es dauert nicht lange, ehe er auf einen Schriftsteller stößt, dem einer der Youvatar-Gründer über eine Million für das Löschen einer Kurzgeschichte gezahlt hat, die sich mich genau diesem Thema beschäftigt. Was versucht das Unternehmen, zu verbergen? James ist entschlossen, es herauszufinden, selbst, wenn es ihn selbst in Gefahr bringt …

Dieser Roman war mein erster Thriller von Andreas Eschbach, wird aber mitnichten mein letzter sein, weil er mich sehr begeistert hat! Dabei fiel es mir am Anfang tatsächlich schwer, reinzukommen, weil wir sehr viele Informationen zu den Charakteren und anderen Handlungsdetails bekommen, die sich nicht immer interessant lasen. Doch sobald man den Anfang überwunden hat, kommt die Geschichte ordentlich ins Rollen und war eine wahre Achterbahnfahrt. Besonders gut fand ich, wie ausgeglichen hier die Mischung aus Spannung und Informationen war – während ich die Verfolgungsjagd, der James sich stellte, angespannt verfolgte, nahm ich gleichzeitig die Informationen über die Gehirnforschung neugierig auf. Zugegeben habe ich mitnichten alles verstanden, aber die Gedankenexperimente machten es einfach, zumindest die Grundzüge zu begreifen.

Die spannendsten Szenen waren für mich diejenigen, in denen die Kurzgeschichte erzählt wurde, weil das über einen längeren Zeitraum mit vielen Unterbrechungen erfolgte, die mich (auf positive Weise) wahnsinnig gemacht haben. Andreas Eschbach gab ihr ein hervorragendes Build-Up, das sich ordentlich auszahlte und mich zum Nachdenken brachte. Zusammen mit den vielen anderen spannenden Szenen hatte ich ein sehr einnehmendes und gleichzeitig bereicherndes Leseerlebnis.

Was ich ebenfalls sehr mochte, waren die persönlichen Probleme, die James plagten – sowohl die Beziehung zu seiner Partnerin als auch die Beziehung zu seinem Vater. Für die Haupthandlung spielen diese, wenn überhaupt, zwar nur eine geringe Rolle, brachten mir dafür aber James als Hauptcharakter umso näher. Hier hilft es auch, dass ich den Fokus auf die Probleme genau richtig gesetzt fand – nicht so viel, dass es von der Haupthandlung ablenkt, aber genug, um in sie investiert zu werden.

Das Ende war ein wenig plötzlich und wirkte so, als würde etwas fehlen, ohne, dass ich genau sagen konnte, was es war. Letztendlich fand ich es zwar trotzdem gut, weil es noch einen letzten interessanten Twist gab, aber eben keinen, den ich erwartet hatte.

Speziell Lesende von spannenden Politikthrillern werden hier sowohl viele Informationen als auch viele packende Momente finden, während Lesende von eher „klassischen“ Thrillern damit rechnen müssen, dass die Spannung ein wenig später losgeht – aber dann umso fesselnder ist!

Die Leoniden - Spektrum
496 Seiten

Emilie gehört zu den Außenseitern der Schule, doch zusammen mit den Brüdern Alban und Linus kommt sie ganz gut zurecht. Bis sie eines Nachts einen furchtbaren Traum hat, woraufhin sie einen Jungen mit blaugrünen Augen und einem Prisma-Anhänger zeichnet. Zu ihrer Überraschung taucht dieser Junge, Noah, am nächsten Tag als neuer Schüler auf, zusammen mit seiner Zwillingsschwester Pi. Der neue Lehrer Janus motiviert sie, zusammen mit der Musterschülerin Adriana den Astrophysiker Karl aufzusuchen. Das tun die sechs dann auch – doch das, was in Karls Haus geschieht, sorgt dafür, dass ihr Leben sich für immer verändert …

Dieser Jugendroman schafft es hervorragend, ein Mysterium zu erzählen, das mich selbst nach der Lektüre beschäftigt hält. Auch, wenn ich finde, dass einige Punkte, die die Charaktere noch nicht schlussfolgerten, relativ klar sind (denn mal ehrlich, ein Lehrer namens Janus kann nichts Gutes bedeuten), gab es viele weitere Fragen, die ich und die Charaktere bisher noch nicht beantworten konnten. Insofern bin ich jetzt schon gespannt, welche Antworten der zweite Teil bieten wird!

Bis das eigentliche Mysterium startet, dauert es eine Weile, denn der Anfang fokussiert sich erst mal auf die Vorstellung der Charaktere. Alban war definitiv mein Liebling, während Adriana mir im Verlauf des Romans ans Herz wuchs und Noah für meinen Geschmack mehr Charakterentwicklung gebraucht hätte. Die anderen (Emilie, Linus und Pi) waren sympathisch, hinterließen aber keinen so starken Eindruck wie die anderen drei.

Die Richtung, in die sich die Handlung entwickelt und wie die Charaktere damit umgehen, hat mir sehr gefallen, nur an zwei Stellen war ich irritiert: Einmal, als Emilie sich dafür entschied, eine ihrer Theorien auf eine ganz bestimmte Weise zu testen, anstatt erst mal eine harmlosere Variante auszuprobieren (was sie erst danach tat), und ein andermal, als eins der größeren Geheimnisse durch ein recht lächerliches Video aufgelöst wird, was es schwer machte, die Szene ernst zu nehmen. Die anderen Szenen, die sich mit den Konsequenzen des Besuchs in Karls Haus beschäftigen, gefielen mir dafür sehr gut.

Zusammengefasst ist dieser Jugendroman wunderbar für diejenigen geeignet, die nichts gegen einen langsamen Anfang haben und Mystery lieben!