Bücherregal lädt …
Das andere Tal
464 Seiten

Odile Ozanne lebt in einem ganz besonderen Tal: Umgeben von Bergen ist das Städtchen, in dem sie lebt, eigentlich ganz normal – doch wandert man nach Westen oder Osten, landet man in demselben Städtchen, nur um zwanzig Jahre in die Vergangenheit bzw. Zukunft versetzt. Anonyme Besuche sind nur bei bestimmten Trauerfällen gestattet, wobei Odile zu den Menschen gehören will, die über sie entscheiden – die sogenannten Conseillers, die ein strenges Auswahlverfahren haben, das Odile unbedingt bestehen will. Kompliziert wird die Situation dadurch, dass Odile zuvor die aus der Zukunft kommenden Eltern ihres besten Freundes Edme erkannte und dadurch weiß, dass er bald sterben wird – während sie sich gleichzeitig in ihn verliebt …

Dieses Gedankenspiel war äußerst interessant zu lesen und hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Allein das Konzept, physisch die Vergangenheit und Zukunft besuchen zu können, ist großartig, wurde aber noch dazu sehr gut umgesetzt. Am liebsten gefiel mir hier die erste Hälfte der Handlung, wo Odile zusammen mit ihren Klassenkameraden bei mehreren Fällen entscheiden musste, ob sie einen Besuch bewilligt hätten oder nicht. Das war so faszinierend, weil ich natürlich selbst überlegte, wie ich in den verschiedenen Fällen entschieden hätte und dadurch realisierte, wie schwierig diese Entscheidung tatsächlich ist.

Die zweite Hälfte war deutlich ruhiger, hatte aber trotzdem ein paar interessante Szenen und Überlegungen in Verbindung mit der Art und Weise, wie die Täler funktionieren. Trotzdem muss ich zugegeben, dass mir die erste Hälfte besser gefiel und ich mir gerne mehr Fälle zum Analysieren gewünscht hätte.

Was die Charaktere angeht, sind nur Odiles Freunde Edme, Jo und Alain hervorgestochen; die anderen Charaktere fand ich nicht allzu besonders und hätte mir gerne noch mehr Szenen zwischen den Freunden gewünscht, weil diese so schön waren.

Apropos schön: Das Ende fand ich sehr gelungen! Es ist die perfekte Mischung zwischen einem zufriedenstellenden und einem offenen Ende, was ich bisher nicht so oft las. Umso froher bin ich, dass diese perfekte Mischung hier existiert!

The Atlas Paradox
555 Seiten

Normalerweise müssten Libby, Nico, Tristan, Callum, Reina und Parisa in ihrem zweiten Jahr ein Forschungsthema bearbeiten. Doch gibt es einige andere Dinge, die ihre Aufmerksamkeit verlangen: Libby wurde von Ezra entführt und sucht nach einem Weg, ihm zu entkommen. Parisa untersucht die Motive von Atlas und Dalton, weil sie ahnt, dass mehr hinter ihnen steckt. Reina möchte mithilfe von Callum Zugang zum Archiv zu erlangen, weil sie eine Vermutung bezüglich ihrer Existenz hat. Und Tristan findet heraus, dass er seine spezielle Magie nur einsetzen kann, wenn er in Lebensgefahr schwebt, weshalb er Nico darum bittet, ihn umzubringen …

In diesem zweiten Band der Atlas-Trilogie haben die Hauptcharaktere leider nicht ganz so viele Interaktionen miteinander wie im ersten Band, aber durchaus interessante Handlungsstränge. Am meisten war ich in Libby, Tristan und Nico investiert, doch auch Callum, Reina und Parisa hatten ein paar interessante Szenen, die mehr über Atlas und die Alexandrinische Gesellschaft verraten haben. Doch ich wünschte mir definitiv, wir hätten noch mehr Charakterinteraktionen zwischen ihnen erlebt, weil mir diese im ersten Band am besten gefallen haben.

Die verschiedenen Themen, die angesprochen wurden – Schicksal, Göttlichkeit, Multiversen – fand ich fast schon interessanter als die Handlungen der Charaktere. Zwar gab es stets etwas, das mich zum Weiterlesen antrieb – die Handlung, die Charaktere, die Themen oder einzelne Szenen –, aber ebenso viel, was mich wieder davon abbrachte. Deshalb las ich das Buch hauptsächlich deshalb schnell durch, weil ich die Zeit dazu hatte und nicht unbedingt, weil das Buch selbst mich dazu gebracht hätte.

Dabei finde ich die einzelnen Charaktere immer noch sehr faszinierend – allerdings nicht faszinierend genug, um allein wegen ihnen den Abschlussband der Atlas-Trilogie lesen zu wollen. Trotzdem hoffe ich, dass andere Leserinnen und Leser hier etwas finden, was mir persönlich gefehlt hat.

Die Vorhersage
480 Seiten

Über Nacht tauchen sie überall auf: Kleine Boxen, in denen sich die Lebensfäden der Menschen befinden. Jede Person, die ihre Box öffnet, weiß ganz genau, wie lange sie noch zu leben hat. Während die Welt die Menschen sehr bald in "Langfaden" und "Kurzfaden" unterteilt, versuchen verschiedene Charaktere, mit ihrem Schicksal fertig zu werden: Nina und ihre Lebensgefährtin Maura, die trotz Mauras kurzem Faden für ihre Liebe kämpfen wollen; Ben, der seine Trauer über seinen recht kurzen Faden anonym in einem Brief teilt; Amie, die sich weigert, ihre Box jemals zu öffnen und Ben anonym auf seine Briefe antwortet; Hank, der trotz seines sehr kurzen Fadens lieber an der Selbsthilfegruppe für leicht längere Fäden teilnimmt; Anthony, der als Politiker mit langem Faden Präsident werden und die Möglichkeiten der Kurzfaden einschränken will; und Jack und Javier, beides Absolventen der Militärakademie, die beschließen, ihre Fäden zu tauschen, damit Javier trotz seines kurzen Fadens sein Traum als Soldat verwirklichen kann.

Die Anzahl der Charaktere mag zunächst erschreckend klingen (vor allem, wenn man bedenkt, dass sie alle Sichtcharaktere sind), aber aufgrund der verschiedenen Beziehungen untereinander und der Tatsache, dass sie erst nach und nach eingeführt werden, kam ich sehr gut mit ihnen zurecht. Letztendlich ist es ein sehr überschaubarer Cast, der (bis auf Anthony natürlich) sehr sympathisch war und dem ich gerne gefolgt bin. Am faszinierendsten war zu beobachten, wie alle Geschichten letztendlich miteinander verbunden sind, wie sie sich gegenseitig beeinflussen und wie sie mit ihrem jeweiligen Schicksal umgehen. Kein Charakter war langweilig, sie alle hatten interessante Sichtweisen zu bieten. Hilfreich war auch, dass die Kapitel kurz, aber trotzdem gehaltvoll waren – so kam ich schnell durch die Geschichte und nahm trotzdem mit jedem Kapitel etwas Wertvolles mit.

Insgesamt war das eine sehr emotionale, zum Nachdenken anregende Geschichte, die mich sehr berührt hat; das Konzept der Lebensfäden wurde wunderbar und erstaunlich realistisch umgesetzt, sodass der Roman es mühelos schaffte, sich einen Platz unter meinen Highlights zu ergattern. Jeder, der auch nur ansatzweise Interesse an der Grundidee hat, wird begeistert über die Geschichte sein, die die Autorin aus ihr gemacht hat!

Kleine Wunder um Mitternacht
413 Seiten

Namiya Gemischtwaren: An diesem Ort teilen Menschen ihre Probleme in einem Brief mit, um am nächsten Tag einen Ratschlag zu erhalten, den sie dann entweder befolgen können oder nicht. Als die drei Kleinverbrecher Atsuya, Shota und Kohei Unterschlupf im Laden suchen, sind sie jedoch überrascht, als dort nach und nach Briefe eintreffen - und zwar Briefe aus der Vergangenheit ...

Fünf miteinander verwobene Geschichten erzählt Keigo Higashino uns in "Kleine Wunder um Mitternacht": Eine Olympia-Sportlerin, deren kranker Ehemann gerne möchte, dass sie ihren Traum weiterlebt, statt sich um ihn zu kümmern; ein verhinderter Musiker, der lieber seine Musik machen statt den Fischladen seines Vaters übernehmen möchte; der Sohn von Namiya, der sich Sorgen um seinen Vater macht; ein musikliebender Junge, der nach dem Bankrott seiner Eltern nicht mit ihnen fliehen möchte; und eine junge Sekretärin, die lieber als Hostess arbeiten möchte, statt anspruchslose, schlecht bezahlte Arbeit in ihrer Firma zu erledigen.

Manche Hilfesuchenden bekommen von Namiya ihren Rat, doch der Großteil bekommt seine Antwort von Atsuya, Shota und Kohei, wobei vor allem Atsuya kein Blatt vor den Mund nimmt und schonungslos ehrlich antwortet. Das hat der Geschichte trotz mancher ernster Themen einen humorvollen Faktor gegeben, weil es sehr amüsant war, zu sehen, was die drei für einen Ratschlag zusammenschustern und wie ihre Hilfesuchenden darauf reagieren.

Am besten hat mir jedoch gefallen, wie alle Charaktere und Geschichten miteinander verbunden waren. Natürlich sind diese Verbindungen streng genommen zu zufällig, um glaubwürdig zu sein, doch dem Autor ist es hervorragend gelungen, sie als das darzustellen, was sie sein sollen: Schicksal. Mit einer Spur Ironie, als man erfährt, wie genau denn unsere drei Kleinverbrecher ins Bild passen. ;)

Insgesamt ein wunderschönes Lesevergnügen mit einem fantastischen Touch und einer Prise Humor, das ich voll und ganz empfehlen kann!

Warum Mathematik (fast) alles ist
352 Seiten

Für viele Menschen, mich eingeschlossen, ist Schulmathematik ein Graus und litt am meisten unter der Frage "Brauche ich das alles wirklich?"

Diese Art der Mathematik kommt in diesem Buch zum Glück nicht vor. Stattdessen beschäftigt sich Kit Yates mit der Mathematik im Alltag, die er auf hervorragende Weise mit zahlreichen persönlichen Fällen verbindet und dadurch einen starken Leseanreiz schafft. Selbst, wenn ein Kapitel mal eine Art Mathematik behandelte, die mich nicht sonderlich interessierte, schaffte es der Autor, sie mir durch das Verbinden mit verschiedenen Einzelschicksalen schmackhaft zu machen.

Natürlich lernen wir dabei trotzdem etwas über Mathematik, aber nicht auf die trockene Weise, wie sie oftmals im Unterricht durchgenommen wird, sondern im praktischen Zusammenhang, der es deutlich machte, wie wichtig Mathematik für unseren Alltag ist.

Insbesondere gefielen mir die Kapitel zu Mathematik vor Gericht, Statistiken, Zahlensystemen und Algorithmen. Tatsächlich war Kit Young so erfolgreich mit seinen menschennahen Beispielen, dass ich nicht nur aus purem Interesse mehr Informationen zu bestimmten Personen googlete, sondern sogar das Binärsystem erlernte, dessen undurchsichtige Einsen und Nullen mich davor nicht genug interessiert hatten, um herauszufinden, wie sie zustande kommen.

Trotz dem Fokus, den der Autor auf verschiedene Einzelschickale setzt, schadet ein Grundinteresse an Mathematik mitnichten - aber tatsächlich würde ich behaupten, dass es nicht zwingend notwendig ist, solange man allgemein daran interessiert ist, sich weiterzubilden.

Insofern gibt es von mir eine klare Kaufempfehlung!