One Last Stop
464 Seiten

August zieht zu ihrem Studium nach New York und ist deshalb froh, dass sie eine recht günstige Mietwohnung findet, mit deren Wohnenden sie sich schnell gut versteht. In der Subway fährt sie täglich mit der Linie Q, um zur Uni zu kommen – und begegnet dort zum ersten Mal der charmanten Jane. In Zukunft fährt August immer mit derselben Linie zur selben Zeit, um Jane zu begegnen. Doch nach einigen Tagen beginnt sie sich zu wundern: Jane trägt täglich die gleichen Klamotten, steigt nie aus der Subway aus und scheint sich mit modernen Dingen nicht auszukennen. Um herauszufinden, was es mit Jane auf sich hat, wird August ihre Ermittlungsfähigkeiten bis zur Grenze ausschöpfen müssen …

Dieser Roman ist humorvoll, romantisch, dramatisch und so ziemlich alles dazwischen. Die Beziehung zwischen August und Jane hat mir mindestens so gut gefallen wie die Beziehung der beiden mit den vielen sympathischen Nebencharakteren: Niko, Myla, Wes, Isaiah … sie alle sind mir so ans Herz gewachsen, dass ich sehr dankbar dafür war, dass sie alle gleichwertig von der Handlung behandelt wurden.

Was für mich besonders interessant war, waren die Untersuchungen, die August bezüglich Jane angestellt hat. Am Anfang fast jeden Kapitels gibt es einen Bericht oder eine Internetanfrage, die sich um Jane dreht, während August gleichzeitig daran arbeitet, Janes verlorene Erinnerung zurückzuholen. Dieser Teil der Handlung hat mir besonders gut gefallen! Aber ich mochte auch die ganzen Szenen, in denen das Band zwischen den Charakteren gefestigt wurde, ohne dass sie dadurch etwas Neues über Janes Situation erfuhren.

Ich glaube, die einzige Kritik, die ich habe, ist, dass die Handlung manchmal etwas langsam vorangekommen ist. Obwohl mir das Lesen durchaus Spaß gemacht hat, gab es ab und an ein paar Stellen, bei denen es mir schwerer als sonst fiel, weiterzumachen, weil dort nicht allzu viel passiert ist. Für mich eine durchaus ernsthafte Kritik, trotz der positiven Dinge; es ist leicht, das Buch wegzulegen, ohne den Drang zu verspüren, es sofort wieder in die Hand zu nehmen. Nichtsdestotrotz finde ich es sehr empfehlenswert, weil die Charaktere unabhängig von der Handlung stets großartig waren.

Insgesamt also nicht mein Lieblingsroman von Casey McQuiston, aber dennoch ein sehr guter!

I Kissed Shara Wheeler
400 Seiten

Am Tag des Abschlussballs verschwindet Shara Wheeler, das beliebteste Mädchen der ganzen Schule. Zuvor jedoch küsst sie drei Personen, unter denen sich auch ihre akademische Konkurrentin Chloe Green befindet. Zusammen mit Smith und Rory, die ebenfalls einen Kuss von Shara erhalten haben, folgt sie der Spur rosafarbener Briefe, die Shara für sie drei hinterlassen hat. Daraufhin beginnt eine Schnitzeljagd, in der die drei sich nicht nur ihren eigenen Gefühlen gegenüber bestimmten Personen stellen müssen, sondern auch herausfinden, wer Shara Wheeler außerhalb der perfekten Maske wirklich ist ...

Dieses humorvolle Jugendbuch schafft es, sowohl eine romantische Komödie als auch ein Mystery-Roman zu sein. Das Geheimnis um Shara Wheeler hat mich mindestens genau gefesselt wie die wachsenden Beziehung zwischen bestimmten Charakteren. Die Schnitzeljagd zu verfolgen – inklusive all der Schritte, die dafür nötig sind –, hat unglaublich viel Spaß gemacht, sodass ich immer gleich dem nächsten Schritt entgegenfieberte. Interessanterweise besteht der Roman allerdings nicht nur aus der Schnitzeljagd, sondern auch aus dem, was nach deren Ende passiert.

Die Charaktere beschäftigen sich zudem mit Identitätsfragen aller Art, in die ich mich überraschend gut hineinversetzen konnte. Dadurch, dass sie auf eine streng religiöse Schule gehen, führen besonders die queeren Charaktere kein leichtes Leben, schaffen es aber, sich gegenseitig zu unterstützen und sich gegen die queerfeindlichen Regeln zu wehren.

Von allen Figuren war Shara Wheeler natürlich die Interessanteste, weil sie trotz der Tatsache, dass sie erst spät physisch auftaucht, einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Kein Wunder, dass so viele fasziniert von ihr waren – mir ging es genauso!

Insgesamt also ein herrliches Lesevergnügen für alle, die eine gelungene, queere romantische Komödie lesen wollen!

Die Fremde in meinem Haus
384 Seiten

Vor fünfzehn Jahren hat Susie ihre Tochter Sky zur Adoption freigegeben und es seitdem bitter bereut. Umso erfreuter ist sie, als sie eine E-Mail von Anna Mulcahy erhält, die ihr offenbart, ihre leibliche Tochter zu sein. Zusammen mit ihrem Mann Gabe schafft sie es schließlich, Sky aus den Fängen ihrer Familie zu befreien. Bald darauf jedoch nimmt Skys Verhalten destruktive Züge an und droht, Susies und Gabes Leben für immer zu zerstören ...

Dieser Roman ist zwar als "Thriller" gekennzeichnet, doch finde ich, dass diese Bezeichnung nicht unbedingt zu ihm passt. Zwar hat er durchaus thrillerhafte Elemente, ist letztendlich aber ein emotionaler, dramatischer Roman über die psychische Probleme eines Mädchens, die dazu beitragen, dass es alles Gute in seinem Leben zerstören will. Zwar habe ich Skys Verhalten mitnichten immer verstanden und fand es letztendlich unentschuldbar, aber JP Delaney gelang es trotzdem ganz gut, sie nicht als Monster, sondern als Mensch, der Hilfe verdient, darzustellen.

Dementsprechend gibt es in diesem Roman auch einige emotionale Szenen, die manchmal verstörend, manchmal traurig und manchmal sogar zum Haare ausraufen sind. Susie und Gabe geben ihr Bestes, um sich um Sky zu kümmern, merken bald aber, dass ihre vorigen Eltern einen guten Grund hatten, sie so bereitwillig aufzugeben; gleichzeitig haben sie mit Problemen aus ihrer Vergangenheit zu kämpfen, die sie immer noch nicht losgelassen haben. Diese Reise zu verfolgen, war manchmal durchaus frustrierend, weil Sky es ihnen sehr schwer gemacht hat. Obwohl man ihre Beweggründe kennt, ist es schwer, über ihr Verhalten hinwegzusehen.

Insgesamt würde ich sagen, dass es sich bei diesem Buch um einen spannenden Roman und nicht um einen spannenden Thriller handelt, der am besten bei den Leser*innen aufgehoben ist, die bereit sind, sich den sehr ernsten Themen zu stellen. Alle anderen sollten lieber auf Alternativen zurückgreifen, weil das Leseerlebnis mich persönlich eher mitgenommen als angetrieben hat. Dennoch: Für diejenigen, die wissen, was sie erwartet, ist dieser Roman bestens geeignet!

Girls like girls – Sag mir nicht, wie ich mich fühle
320 Seiten

Nach dem Tod ihrer Mutter zieht die siebzehnjährige Coley nach Oregon, zu ihrem Vater Curtis. Dort begegnet sie einer Freund*innengruppe, zu der auch Sonya gehört: Ein Mädchen, von dem Coley sofort eingenommen ist und dem sie bald näher kommt. Doch Sonya zögert, zu ihren Gefühlen zu stehen, was zwischen den beiden für Zwiespalt sorgt. Wie können sie jemals zueinander finden, wenn sie sich nur gegenseitig zu verletzen scheinen?

Diese Geschichte basiert auf dem wirklich süßen Musikvideo „Girls Like Girls“ und baut die dort gezeigten Szenen weiter aus. Wir lernen Coley und Sonya kennen, die beide fehlerbehaftete Charaktere sind und eine recht schwierige Beziehung miteinander führen. Es ist klar, dass sie sich lieben, aber es ist auch klar, dass die äußerlichen Umstände möglicherweise zu schwierig sind, als dass sie tatsächlich zusammen kommen könnten. Aus diesem Grund fiel es mir schwer, aufrichtig mit ihnen mitzufiebern, weil ich das Gefühl hatte, dass speziell Sonya noch nicht bereit für ein Coming Out ist. Deshalb hätte ich mir gerne gewünscht, die Handlung noch mehr aus ihrer Perspektive zu lesen, weil wir zwar durch ihr Online-Tagebuch mitbekommen, wie sie sich fühlt, ich aber gerne noch mehr von ihren Gefühlen mitbekommen hätte.

Sehr faszinierend war ich von Coleys Beziehung zu ihrem Vater. Sie ist am Anfang sehr problematisch, aber im Lauf des Romans erwärmen sie sich füreinander, was sehr schön zu lesen war. Tatsächlich habe ich mit dieser Vater/Tochter-Beziehung fast schon mehr mitgefiebert als mit Coleys und Sonyas romantischer!

Was die restlichen Nebencharaktere angeht, waren diese recht eindimensional, haben ihren Zweck in der Handlung jedoch erfüllt. Ihre Handlungen waren oft mehr als kritisch, aber passend für die Charaktere an sich.

Insgesamt also eine Geschichte, die mich teilweise sehr runtergezogen hat, aber letztendlich trotzdem ein gutes Leseerlebnis war.

Die verlorene Tochter
384 Seiten

Lily ist Kellermeisterin und liebt es, an der Weinlese aktiv beteiligt zu sein. Zu diesem Zweck besucht sie auch die Familie Rossi in Italien, die das berühmteste Weingut besitzen. Doch auch ein anderer Grund führt sie her: Für ihre verstorbene Großmutter wurde ein unerwartetes Erbstück entdeckt, eine Schachtel, in der sich nur ein Opernprogramm und ein Rezept befinden. Fest entschlossen, herauszufinden, was es damit auf sich hat, folgt Lily den Spuren der Vergangenheit – und bis zur Liebesgeschichte zwischen der Balletttänzerin Estée und dem Bäckersohn Felix …

Diese Geschichte erinnert vom Grundprinzip stark an die Sieben-Schwestern-Reihe von Lucinda Riley, weil es auch hier um verlorene Frauen geht, die die Geschichte ihrer Vorfahren aufdecken wollen. Und obwohl ich „Die verlorene Tochter“ nicht ganz so stark wie „Die sieben Schwestern“ fand, finde ich immer noch, dass sich der Roman hervorragend für Riley-Fans eignet.

Zunächst haben wir natürlich die Gegenwartsgeschichte, die neben der Weinlese und der Suche nach Antworten auch eine Liebesgeschichte enthält – doch ist es die Geschichte von Estée und Felix, die mich am meisten gefesselt hat. Dabei war ich am Anfang erst mal skeptisch, weil die beiden sich buchstäblich bei ihrer ersten Begegnung als Jugendliche küssen, was mir definitiv zu schnell ging. Doch dann nimmt ihre Beziehung ein angenehmeres Tempo an und hat mich richtig mit den beiden mitfiebern lassen. Soraya Lane hat hier zwar nicht das Rad neu erfunden, aber dennoch eine zugleich herzerwärmende und herzzerbrechende Liebesgeschichte geschrieben, die mir sehr gefallen hat.

Im Vergleich fand ich die Gegenwartskapitel nicht ganz so dramatisch, weil die Liebesgeschichte hier zwar auch süß, aber nichts allzu Besonderes ist. Ein wenig gefehlt hat mir auch der Fokus auf die FAMILIENgeschichte. Zwar kommt Estées und Felix’ Familie in einer wichtigen Rolle vor, doch hat man die Verbindung der verschiedenen Familienmitglieder nicht richtig gespürt – was wohl vor allem daran liegt, dass das verbindende Familienmitglied, Lilys Großmutter, schon vor Beginn der Handlung verstorben ist und die ganzen Enthüllungen sich stark um sie drehen. Hier hätte es mir gefallen, wäre die Großmutter noch am Leben gewesen, um ebenfalls die Wahrheit hinter ihrer Herkunft erfahren zu können.

Soraya Lane ist nicht die neue Lucinda Riley, schreibt aber dennoch lesenswerte Geschichten, die für mich zwar nicht ganz ohne Schwächen, aber trotzdem schön zu lesen sind!

The 99 Boyfriends of Micah Summers – Ein Märchen in Chicago
368 Seiten

Auf seinem Instagram-Account zeichnet Micah Summers seine imaginären Boyfriends, die auf kurzweiligen Begegnungen mit anziehenden Jungs basieren. Neunundneunzig Boyfriends hat er schon gezeichnet und jetzt warten seine Fans ungeduldig darauf, dass er seinen hundertsten findet. Tatsächlich begegnet Micah kurz darauf einem Jungen in der Bahn, mit dem er sich sofort versteht – und durch einen unglücklichen Moment sofort wieder verliert. Zusammen mit seinen Freund*innen Hannah und Elliot macht er sich auf die Suche nach ihm, entschlossen, seinen Märchenprinzen zu finden. Doch nicht immer ist die Person, von man träumt, auch die Person, die einen am Ende glücklich machen wird …

„The 99 Boyfriends of Micah Summers“ hat einen irreführenden Titel, weil es überhaupt nicht um Micahs imaginäre Boyfriends geht, sondern sowohl um den hundertsten als auch um den richtigen. Relativ schnell ist klar, dass der Junge aus der Bahn zwar sympathisch ist, aber ein anderer Junge der Richtige für Micah sein wird – wobei es mir trotzdem Spaß machte, zu verfolgen, wie genau die beiden zueinander finden werden. Denn sobald Micah seinen hundertsten Boyfriend findet und mit ihm zusammenkommt, sind die beiden so glücklich miteinander, dass ich mich ernsthaft gefragt habe, wie genau Micah mit dem Richtigen zusammenkommen wird. Zu meiner Freude geschah das auf eine sehr schöne und märchenhafte Weise!

„Märchenhaft“ ist ohnehin das perfekte Wort, um dieses Jugendbuch zu beschreiben. Adam Sass benutzt und spielt mit den klassischen Märchenmotiven auf eine Art und Weise, die sehr herzerwärmend ist und mir mehr als einmal ein Lächeln entlockt hat. Deshalb ist dieser Roman gerade für die, die einen schönen, lockeren Roman mit Happy End lesen wollen, perfekt geeignet. Ich habe ihn auf jeden Fall genossen, auch wenn ich zwei kleinere Kritiken habe:

Erstens wäre da natürlich der Titel, der mich hat glauben lassen, dass die neunundneunzig halb-fiktiven Jungen das Zentrum des Romans sein würden, was nun mal nicht der Fall ist. Hier hätte man einen passenderen Titel finden können, der die Geschichte besser repräsentiert. Und zweitens wünschte ich, wir hätten noch mehr von Micahs Geschichte nach dem Happy End gesehen, damit wir auch tatsächlich sehen, dass es nicht nur ein kurz-, sondern ein langfristiges ist. Zwar hat er eine wirklich wunderbare Chemie mit seinem wahren Boyfriend, aber da er diese auch mit seinem hundertsten hatte, hätte ich mir hier am Ende gerne einen größeren Zeitsprung gewünscht.

Davon abgesehen jedoch haben wir hier eine wirklich süße, romantische Liebesgeschichte, die das Herz höher schlagen lässt!

So weit der Fluss uns trägt
368 Seiten

Victoria lebt mit ihrer Familie in der kleinen Stadt Iola, an den Ufern des Gunnison River. Ihr Geld verdienen sie sich mit der Pfirsichernte, was ihnen ein recht beschauliches Leben beschert. Doch dann kommt ein Fremder, Wilson Moon, in die Stadt, dem Victoria vollkommen verfällt. Leider findet ihr Liebesglück bald ein Ende und plötzlich muss sie sich allein mit ihrem ungeborenen Kind durchs Leben schlagen. Victoria gibt nicht auf, ist jedoch gezwungen, die wohl schwerste Entscheidung in ihrem Leben zu treffen …

Dieser Roman hatte für mich einen recht schweren Start, war davon abgesehen jedoch wunderschön. Dieser schwere Start war dabei nicht dem Schreibstil zuzuschreiben, der stets einnehmend war, sondern der Handlung, die mich zunächst nicht packen konnte. Das liegt daran, dass die Liebesgeschichte von Victoria und Wilson sehr schnell und unrealistisch ablief. Sie verlieben sich im Grunde auf den ersten Blick miteinander, wobei ihre Beziehung zudem rasant Fahrt aufnimmt. Auf mich wirkten sie einfach nicht wie ein realistisches Liebespaar, zumal an einer Stelle sogar erwähnt wird, dass sie nicht viel miteinander reden und sich im Grunde gar nicht kennen. Deshalb habe ich mit den beiden nie so richtig mitfiebern können und ihre Liebesgeschichte eher als Mittel zum Zweck empfunden.

Zum Glück war es dieser Zweck mehr als wert. Sobald Victoria allein auf sich gestellt ist, hat die Handlung für mich einiges an Fahrt aufgenommen, obwohl sie an sich eigentlich immer ruhig bleibt. Ich habe sehr mit Victoria und den Herausforderungen, denen sie sich stellt, mitgefiebert, sodass die letzten zwei Drittel der Handlung für mich ein wunderbares Leseerlebnis wurden. Die Geschichte um ihren Sohn möchte ich im Speziellen erwähnen, weil diese sehr emotional und ein absolutes Highlight war, aber auch die Art und Weise, wie Victoria sich nach und nach ein Leben aufbaut, hat mich sehr mitgerissen.

Der Schreibstil ist wie gesagt wunderschön und begleitet eine recht ruhige Handlung, aber gestört hat mich das nicht. Ich habe es im Gegenteil genossen, in der Atmosphäre des Romans zu versinken, so gefangen war ich von der Art und Weise, wie Shelley Read sie mit Worten lebendig werden lässt. Insofern war für mich nur das erste Drittel ein verhältnismäßig großer Kritikpunkt – ich wünschte, Victorias und Wilsons Liebesgeschichte wäre glaubhafter beschrieben worden, weil sie so oder so ähnlich zwar bestimmt jemandem passiert ist, man im Roman aber nicht das Gefühl bekommt, als wären sie ein aufrichtiges Liebespaar.

Wer sich an schnellen Liebesgeschichten nicht stört, wird damit natürlich keine Probleme haben, aber speziell diejenigen, die sich daran stören würden, kann ich nur empfehlen, trotzdem weiterzulesen – denn das, was danach kommt, ist es definitiv wert!

Die sieben Schwestern
576 Seiten

Maia ist die älteste von sechs adoptierten Schwestern und auch die erste, die vom Tod ihres Vaters Pa Salt erfährt. Dieser hat ihr und den anderen Schwestern nicht nur einen Abschiedsbrief, sondern auch eine Armillarsphäre mit den Koordinaten ihrer Geburtsorte hinterlassen. Maia zögert zunächst, ihr trautes Heim zu verlassen, doch schließlich macht sie sich doch auf die Reise nach Rio de Janeiro auf, wo sie in die Geschichte ihrer Urgroßmutter Izabela hineingezogen wird – und deren tragischer Liebesgeschichte …

Die Reihe um die sieben Schwestern gehört zu denjenigen, von denen ich so viel Positives gehört habe, dass ich schließlich selbst neugierig wurde und beschloss, den ersten Band der Schwestern zu lesen. Und nach der Lektüre muss ich sagen, dass es kein Wunder ist, dass sich diese Reihe so viel Beliebtheit erfreut! Die Geschichte von Maia ist hierbei noch nicht einmal der Fokus (obwohl auch in ihrem Leben dramatische Dinge passiert sind), sondern vielmehr ihre Vorfahrin Izabela, die sich zwischen Pflicht und Liebe nicht entscheiden will und versucht, beides gleichermaßen unter einen Hut zu bringen. Dabei lernen wir auch einige historische Ereignisse kennen (speziell den Bau der Christusstatue in Rio), sodass wir neben der schönen Geschichte sogar noch in die Vergangenheit von Ländern blicken können, die nicht oft in Romanen thematisiert werden.

Der Schreibstil las sich sehr angenehm, sodass ich selbst die ein, zwei etwas langatmigeren Stellen des Romans gut überwand und mich vom gesamten Rest einnehmen ließ. Das Einzige, was mich ein wenig verwunderte, war, dass Maias Geschichte so sehr im Hintergrund stand, dass sie im Grunde nicht wichtig war; selbst ihre leibliche Mutter und Großmutter spielen fast keine Rolle, weil der Roman sich so stark auf ihre Urgroßmutter Izabela konzentriert. Hier habe ich mich durchaus gefragt, wie relevant diese Geschichte überhaupt für Maia sein könnte, da die Ereignisse zwar durchaus für ihre Gegenwart relevant sind, aber jetzt auch nicht so stark, dass ich verstehen würde, warum ihr Vater ausgerechnet wollte, dass sie die Geschichte ihrer Urgroßmutter aufdeckt.

Nichtsdestotrotz habe ich die Lektüre trotz dieser kleinen Logikfrage sehr genossen und bin durchaus gewillt, mir nach und nach auch die anderen Schwestern-Bände zu Gemüte zu führen; wann genau das der Fall sein wird, kann ich zwar noch nicht sagen, aber ein Interesse dafür habe ich nach der Lektüre dieses schönen Romans durchaus!

Vergissmeinnicht - Was bisher verloren war
528 Seiten

Nach den Ereignissen des ersten Bandes sind Quinn und Matilda sich aus dem Weg gegangen. Quinn erforscht den Saum, während Matilda von Bax Informationen holt. Unerwartet treffen sie wieder aufeinander, als eine neue Mitschülerin sich als ihre gemeinsame Feindin Jeanne d'Arc entpuppt und sie zudem von einer Geheimgesellschaft erfahren, bei der Quinns leiblicher Vater Mitglied war ... doch wie sollen die beiden bei all dem Chaos ihre Beziehung kitten?

Ungeduldig habe ich auf den zweiten Band der Vergissmeinnicht-Trilogie gewartet und kann erfreut berichten, dass sich die vergleichsweise lange Wartezeit von anderthalb Jahren mehr als gelohnt hat! Genau wie im ersten Band stürzen sich Quinn und Matilda auch hier in ein Abenteuer, das noch gefährlicher als ihr voriges ist, ihnen aber auch einige wichtige Fragen beantwortet.

Hier fand ich es sehr schön, dass der Fantasy-Aspekt im zweiten Teil weiter ausgebaut wurde, wir gleichzeitig immer noch genug von der Liebesgeschichte bekommen haben und einige andere Handlungen zudem ebenfalls mein Interesse weckten. Es war einfach ein würdiger Nachfolger des ersten Teils, der mir sehr viel Spaß bereitet hat. Interessanterweise fand ich fast schon die Antagonisten am coolsten (speziell Jeanne d'Arc!), aber natürlich haben mir auch die Protagonisten und deren Freunde mir sehr gefallen. (Wobei Bax natürlich der Beste ist ;D)

Der Schreibstil liest sich weiterhin locker und witzig, nur am Anfang musste ich erst mal reinkommen, weil ich vieles aus dem ersten Teil bereits wieder vergessen hatte. Zum Glück ist es Kerstin Gier problemlos gelungen, meine Erinnerung wieder zu wecken!

Trotzdem kann es sicherlich nicht schaden, sich vor der Lektüre des zweiten Teils noch mal den ersten Teil zu Gemüte zu führen. So oder so bekommt man einen Jugendroman, der einem so einiges an Lesevergnügen bietet!

Welches Recht gilt bei Mord im Weltraum?
304 Seiten

Unsere Welt ist voller kurioser Gesetze, Urteile und skurriler Rechtssituationen. Doch welche davon sind eigentlich rechtsgültig? Und warum? Diese und viele andere Fragen beantwortet Christian Solmecke in seinem humorvollen Buch „Welches Recht gilt bei Mord im Weltraum?“

Es handelt sich hierbei um eine kurzweilige Lektüre, die zahlreiche reale und einige hypothetische Situationen auf witzige Weise zusammenfasst und erklärt. Wie der eine Mann, der plötzlich feststellen musste, dass er offiziell als tot gilt und nicht mehr für lebendig erklärt werden kann. Oder auch der berühmte Fall hinter dem „Red Bull verleiht Flügel“-Slogan. Natürlich ist auch die Polizei sowohl als Opfer als auch als Täter dabei. Und noch viel, viel mehr Anekdoten: Zum Beispiel der Mann, der siebzig Jahre ohne Führerschein gefahren ist, oder die Frau, die ihr Grundschulzeugnis gefälscht hat. Oder auch die KI, die einen Anwalt wollte. Am amüsantesten fand ich wohl die „Hans im Glück“-Geschichte, aber auch viele andere konnten mir ein Schmunzeln entlocken.

Ernste Fälle gibt es hierbei natürlich auch. Neben dem berühmten McDonalds-Fall, der hier zum Glück korrekt dargestellt wurde, geht es auch um tote oder verkaufte Haustiere und um unglückliche Situationen. Am schreckenerregendsten finde ich wohl die ganzen Ehe-Gesetze und -Pflichten, von denen ich bisher nicht wusste, dass sie tatsächlich existieren. Insofern bietet dieses Buch nicht nur eine humorvolle Lektüre für Zwischendurch, sondern bringt einem auch definitiv etwas bei.

Gemerkt habe ich mir von den vielen beschrieben Fällen natürlich nicht alle, nur ein paar besonders beeindruckende haben sich in mein Gedächtnis gebrannt. Aber das ist bei der puren Anzahl natürlich zu erwarten, weshalb ich die kurzen Kapitel auch nicht als Kritik ansehe, sondern im Gegenteil perfekt dafür geeignet, einfach mal für Zwischendurch etwas zu lesen. Allgemein liebe ich den Mix aus Humor und Wissenswertem und Christian Solmecke hat ihn wirklich wunderbar hinbekommen!

& She Gets the Girl
384 Seiten

Alex' Freundin hat mit ihr Schluss gemacht, weil diese meint, Alex wären die Gefühle anderer Menschen egal. Um ihr das Gegenteil zu beweisen, beschließt Alex, der schüchternen Molly zu helfen, mit ihrer Traumfrau zusammenzukommen. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten scheint das zunächst nur Chaos heraufzubeschwören, doch bald schon müssen sich die beiden fragen, mit wem sie wirklich zusammen sein wollen …

Diese süße Liebesgeschichte ist teilweise von der eigenen Liebesgeschichte der beiden Autorinnen inspiriert, aber natürlich ein wenig dramatischer. Die beiden Hauptcharaktere sind sehr unterschiedlich, ergänzen sich dadurch aber auch ganz großartig, sodass ihre Freundschaft und Liebe trotz ihrer gegensätzlichen Persönlichkeiten realistisch wirkte. Realistisch allerdings auch in dem Sinne, dass sie recht lange braucht, um in Fahrt zu kommen. In der ersten Hälfte des Romans wirkt ihre Beziehung rein freundschaftlich und nimmt erst danach romantische Züge an; wer also eine Mischung aus „slow burn“ und „friends to lovers“ lesen will, ist hier genau richtig, doch wer eine schnellere Entwicklung bevorzugt, wird sich am „slow burn“-Aspekt wohl stören. Sogar für mich, die gerne sich langsam entwickelnde Beziehungen liest, verlief Alex' und Mollys fast ein wenig zu langsam! Gefallen hat sie mir aber trotzdem, weil die beiden Charaktere eine wirklich großartige Chemie miteinander haben.

Die Beziehungen der beiden mit ihren Müttern fand ich ebenfalls faszinierend beschrieben, weil Molly sich sehr gut mit ihrer versteht, während Alex' Mutter ihr das Leben schwer macht. Andere Nebencharaktere bekommen dafür nicht besonders viel Charakterisierung; Cora, Mollys Schwarm, war ganz nett und Jim, der Besitzer des Foodtrucks, in dem Alex zu arbeiten beginnt, ebenfalls. Aber der Fokus des Romans sind definitiv Alex und Molly, weshalb die anderen Charaktere nicht besonders viel Tiefe bekommen.

Mich persönlich hat es nicht gestört, recht eindimensionale Nebencharaktere und eine sich sehr langsam entwickelnde Liebesbeziehung zu haben, doch wollte ich diese Punkte für diejenigen ansprechen, denen diese Aspekte wichtig sind. Mit diesem Roman wird dementsprechend auch nicht jede*r seinen Spaß haben, aber ich persönlich mochte ihn ganz gern!

SOL. Das Spiel der Zehn
448 Seiten

Alle zehn Jahre finden die Sonnenspiele statt, in denen zehn ausgewählte Halbgötter und -göttinnen in fünf Prüfungen gegeneinander antreten. Der Gewinner wird zur sonnentragenden Person gekürt, während dem Verlierer die größte Ehre zuteil wird: Diese Person wird nämlich Sol geopfert, um für weitere zehn Jahre den Frieden auf der Welt zu wahren. Die diesjährigen Spiele sind jedoch anders als die vorherigen, den unter den Teilnehmenden befindet sich Teo, der zu den Jades gehört, die im Gegensatz zu den Golds, zu denen u. a. seine beste Freundin Niya zählt, nicht für den Wettkampf ausgebildet werden. Auch Xio, ein andere Jade und damit Außenseiter, ist einer der Teilnehmenden, mit dem sich Teo und Niya verbünden. Und dann ist da noch Aurelio, mit dem Teo früher eine tiefe Freundschaft verband, die trotz des Wettbewerbs noch nicht ganz erloschen zu sein scheint … doch wie soll Teo erfolgreich alle Prüfungen bestehen, wenn das gleichzeitig bedeutet, dass er seine Freunde im Stich lassen muss?

In diesen Fantasyroman muss man sich definitiv reinlesen. Ich war am Anfang ganz schön überfordert von den vielen Charakteren, die vorgestellt werden, zumal der Anfang an sich relativ lang gezogen war. Erst, nachdem die Prüfungen losgehen (nach etwa einem Viertel des Buches) nimmt die Handlung Fahrt auf und ließ mich mit den Charakteren mitfiebern. Die Prüfungen selbst waren hervorragend umgesetzt und ich mochte Teos Beziehungen zu Aurelio, Niya und Xio ebenfalls sehr. (Vor allem Teos langsam aufblühende Romanze mit Aurelio war absolut fantastisch umgesetzt und zusammen mit den Prüfungen eins meiner persönlichen Highlights.)

Auch die Diversität war sehr willkommen; zwar musste ich mich zugegeben erst daran gewöhnen, dass einer der Wettbewerbsteilnehmer das sier/siem-Pronomen benutzt, aber letztendlich war es kein Problem, das (leider noch seltene) Pronomen im Text zu lesen.

Zuletzt gehörte auch das Ende zu meinen Highlights, weil es meine Erwartungen zugleich erfüllt und gebrochen hat. Da ist man schon gespannt auf den zweiten Teil!

Leider bestand der Fantasyroman allerdings nicht nur aus gut umgesetzten Ideen. Wie gesagt ist der Anfang mit der Namen-Lawine absolut überfordernd und ich habe mich sehr schwer damit getan, diesen Anfang zu überwinden. Menschen, die lieber möchten, dass es schnell losgeht, werden hier wahrscheinlich einen guten Grund finden, das Buch frühzeitig abzubrechen. Der Schreibstil an sich war stellenweise sehr merkwürdig, weil scheinbar ohne Grund englische Wörter eingebaut werden, wo es eine deutsche Entsprechung ebenso getan hätte. Das hat mich zwar nicht allzu sehr gestört, aber irritierend fand ich es trotzdem.

Zudem hat das Ranking-System Fragen in mir aufgeworfen. Nach jeder Prüfung werden die Teilnehmenden beurteilt, vom ersten bis zum letzten Platz. Im Buch selbst gibt es an diesen Stellen sogar extra eine Spalte an der Seite, die die Symbole der jeweiligen Götterfamilie zeigt und damit die Reihenfolge der Teilnehmenden. Aber am Ende blieb der Eindruck zurück, dass die ersten vier Prüfungen im Grunde irrelevant sind, weil nur die letztplatzierte Person der fünften Prüfung als Opfer ausgewählt wird, unabhängig davon, wie sie sich zuvor anstellte. Da es zwischen den Prüfungen möglich ist, sowohl hoch aufzusteigen als auch tief zu fallen, hätte ich es logischer gefunden, wenn der Durchschnitt aller Prüfungsergebnisse relevant gewesen wäre; das hätte nicht nur den ersten vier Prüfungen Bedeutung verliehen, sondern hätte dafür gesorgt, dass sowohl Gewinner als auch Verlierer gerecht ausgewählt werden. (Ohne zu viel zu verraten: Ich habe es tatsächlich ausgerechnet und sowohl Gewinner als auch Verlierer wären anders, als sie es im Buch sind, wenn man statt dem Ergebnis der letzten Prüfung den Durchschnitt aller Prüflinge bewertet hätte.)

Deshalb komme ich letztendlich zu dem Schluss, dass dieser Roman sowohl einige willkommene Stärken als auch einige störende Schwächen hat – und deshalb wohl nicht jedem gefallen wird. Ich fand ihn gut genug, um auch den zweiten Teil lesen zu wollen, kann aber nicht von der Hand weisen, dass es bestimmt nicht jedem so ergehen wird. Trotzdem hoffe ich, dass der Roman ein paar begeisterte Leser*innen findet!

Die Postkarte
544 Seiten

Als Anne Berests Mutter Lélia Anfang 2003 eine verstörende Postkarte bekommt, ist die Familie besorgt, denn darauf sind nur vier Namen verzeichnet: Ephraïm, Emma, Noémie und Jacques. Enge Verwandte, die damals in Auschwitz ermordet wurden. Keiner weiß, wer diese Postkarte mit welcher Intention verschickt haben könnte. Erst Jahre später, als Anne selbst ein Kind erwartet, fragt sie ihre Mutter, was es mit den Namen auf sich hat, wer diese Menschen gewesen sind. Anhand von Lélias Aufzeichnungen rekonstruiert sie die Geschichte ihrer Familie wieder her: Die Geschichte der Rabinovitch, die damals nach einigen Umzügen in Frankreich Fuß fassten und in den Konzentrationslagern umkamen. Doch erst, als Annes Tochter mit ihrer jüdischen Herkunft konfrontiert wird, macht sich Anne auf die Suche nach dem Absender der Postkarte – und deckt dabei auch die Geschichte ihrer Großmutter Myriam auf, die für die Résistance gearbeitet hat …

Dieser autofiktionale Roman erzählt die wahre Geschichte der Familie Rabinovitch, die Opfer des Holocaust wurde und deren Nachfahren in der Gegenwart sicherstellen möchten, dass ihr Erbe nicht vergessen wird. Es handelt sich, wie zu erwarten, um einen sehr emotionalen, rauen Roman, der nicht davor zurückschreckt, die damalige Situation akkurat aufzuzeigen. Die Schrecken mögen allgemein bekannt sein, doch Anne Berest schafft es, sie mithilfe ihrer Worte auf eine Weise zu beschreiben, die so aufwühlend und so nah ist, dass man sie beinahe am eigenen Leib fühlen kann.

Vor allem die Geschichte der vier oben genannten ermordeten Familienmitglieder hat mich sehr berührt und mein Interesse daran, woher genau die Postkarte mit ihren Namen kam, sehr geweckt. Nur der Teil mit Myriam gegen Ende konnte mich nicht ganz so wie die Ereignisse davor fesseln, hat sich manchmal sogar ein wenig lang gezogen. Allerdings empfinde ich wohl nur so, weil der erste Teil mit den Rabinovitch so erschütternd war, dass wohl nichts danach einen so bleibenden Eindruck hätte hinterlassen können wie der Tod der Familie.

Für diesen Roman braucht man definitiv ein standfestes Herz, doch bin ich froh, ihn gelesen zu haben. Empfehlen würde ich ihn jenen, die wissen, worauf sie sich einlassen – und bereit sind, es trotzdem zu tun.

Oracle
432 Seiten

Schon in seiner Kindheit hat Julian sie gesehen: Die Marker. Schatten, Nebel, Schlieren, schwarze Balken, die manche Körperteile bestimmter Menschen komplett verdeckt haben. Inzwischen nimmt er Medikamente und sieht die Marker nicht mehr, doch auf einem Klassentreffen wird er gezwungen, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen: Menschen, bei denen er früher Marker sah, wurden und werden an den entsprechenden Körperteilen verletzt. Julian, der fürchtet, dass ein Zusammenhang mit den Markern besteht, folgt einer Kommilitonin mit einem Marker in eine Bar, wo er sie davor bewahrt, mit K.O.-Tropfen ausgeschaltet zu werden. Doch nicht nur führt das dazu, dass er ungewollte Aufmerksamkeit bekommt, sondern stellt ihn auch vor das moralische Dilemma, wie er Menschen mit Markern vor ihrem Schicksal warnen soll, ohne genau zu wissen, was sie erwartet – und vor allem, ohne auf sie wie ein Wahnsinniger zu wirken …

Ich habe Ursula Poznanskis Jugendthriller schon immer sehr gemocht, aber hier hat sie sich meiner Meinung nach selbst übertroffen! Die Spannung, die es mit sich bringt, ein Orakel zu sein, hat sie wirklich fantastisch eingefangen. Den ganzen Roman hinweg habe ich mit Julian mitgefiebert, als er zunächst entdeckte, dass einige seiner früheren Visionen eingetroffen sind, dann nach Verbindungen zwischen Markern und Verletzungen suchte, den ersten Menschen mit einem Marker rettete und schließlich, zerrissen zwischen seinem Verlangen, noch mehr Menschen zu retten und seiner Angst, was das für Konsequenzen haben könnte, versucht hat, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Denn das war für mich der beste Part: Julians Zerrissenheit zu sehen, die Ursula Poznanski sehr eindringlich und nachvollziehbar beschrieben hat. Denn Julian muss selbst erst einmal herausfinden, was die verschiedenen Marker zu bedeuten haben und sich vor allem überlegen, ob und wie er die betroffenen Menschen warnen soll. Schließlich kann er ihnen keine Details nennen und muss damit rechnen, dass ihm niemand glaubt. Gerade bei den Menschen, die er kennt, war es packend zu sehen, wie verzweifelt Julian versucht, sie zu warnen und, nachdem er auf taube Ohren stößt, selbst entscheiden muss, wie weit er gehen will, um sie zu retten. Wann soll er die Wahrheit sagen, wann lügen? Was soll er tun, wenn ihm die Hände gebunden sind? Diese Zerrissenheit, etwas zu wissen, es aber nicht teilen zu können, hat Ursula Poznanski wirklich wunderbar eingefangen. Die Zwickmühlen, in die sie Julian geschickt hat, haben mich den ganzen Roman über in Atem gehalten!

Dazu kommt, dass der Roman richtig episch endet, sodass es mich am Ende noch nicht einmal störte, dass es ein oder zwei offene Fragen gab, die nicht geklärt wurden – womit wir beim sehr kleinen Kritikteil wären. Speziell, was den Antagonisten betrifft, hätte ich mir gegen Ende gerne ein deutlicheres Ergebnis gewünscht, auch wenn es natürlich realistisch ist, dass Julian nicht gegen jede Person vorgehen kann, die ihn behindert. Und im Anbetracht der Tatsache, wie sehr mich dieser Roman gepackt hat, finde ich das definitiv verschmerzbar; „Oracle“ ist problemlos zu meinem liebsten Poznanski-Jugendthriller geworden und ich hoffe sehr, dass andere Leser*innen ebenso begeistert von ihm sein werden wie ich!

Dear Dolly. Die besten Antworten auf die wichtigsten Fragen im Leben
256 Seiten

Dolly Alderton arbeitet bei der Sunday Times als Kolumnistin, in der sie Menschen Ratschläge erteilt und ihnen bei ihren Problemen hilft. Einige der denkwürdigsten Anfragen sind in diesem Buch zusammengetragen, zusammen natürlich mit Dollys Antworten.

Was mich hierbei positiv überrascht hat, war die Neutralität, die die Autorin hierbei bewahrt hat. Sie hat möglichst alle Sichtweisen bedacht und auch Wahrheiten ausgesprochen, die vielleicht nicht leicht, jedoch notwendig zu hören sind. Trotzdem war klar, dass sie den Personen, die ihr geschrieben haben, wirklich helfen wollte, auch wenn wir als Leser leider nicht erfahren, wie erfolgreich ihre Hilfe letztendlich war.

Dafür können wir uns die Antwort auf diese Frage leicht dadurch herleiten, indem wir Dollys Ratschläge analysieren: Denn obwohl ich mich mitnichten mit allen Anfragen identifizieren konnte, haben mir Dollys Antworten auf ihre eigene Weise geholfen. Eigentlich spricht sie oft nur das Offensichtliche aus (miteinander kommunizieren, sich nicht über die Meinung anderer definieren lassen, usw.), aber diese Worte in Zusammenhang mit der empathischen Sichtweise Dollys zu lesen, war so erfrischend und schön, dass nahezu jedes Kapitel eine Bereicherung war. Natürlich hilft es auch, dass Dollys Stil sehr locker zu lesen ist und sie stets eine Prise Humor hinzugibt.

Es gibt eigentlich nur eine Kritik, die ich für sie habe: Und zwar, dass sie an zwei, drei Stellen Personengruppen (in der Regel Männer) über einen Kamm schert. Zwar betont sie dabei auch, dass man keine allgemeingültigen Aussagen über sie oder andere Gruppen (Frauen, Singles usw.) treffen kann, aber ich habe in zwei, drei ihrer Antworten eben doch das Gefühl bekommen, dass sie genau das tut. Wobei ich jedoch auch betonen möchte, dass ihre verständnisvolle Art, die sie für buchstäblich jedes andere Thema hat, es schwer macht, ihr diese eine Schwäche übel zu nehmen.

Insgesamt also ein kurzweiliges, doch trotzdem bemerkenswertes Buch, weil es eine angenehme Lektüre bietet und gleichzeitig ein paar wichtige Ratschläge beinhaltet!