Die unendliche Reise der Aubry Tourvel
464 Seiten

Seit sie neun Jahre alt ist, leidet Aubry Tourvel an einer Krankheit, die es ihr unmöglich macht, mehr als vier Tage an ein und demselben Ort zu bleiben. Zunächst mit ihrer Mutter, dann allein und ab und zu mit anderen Gefährten macht sie sich auf eine lebenslange Reise, um einen Weg zu finden, ihre Krankheit zu heilen. Während den Jahren und Jahrzehnten, in denen sie die Erde bereist, sieht und erlebt sie einzigartige Dinge, knüpft fragile Verbindungen und lernt, wie magisch die Welt wirklich ist …

„Die unendliche Reise der Aubry Tourvel“ ist ein Abenteuerroman mit einer Prise Magie, der mich ein wenig an „Die unendliche Geschichte“ erinnert hat. In mehreren Abschnitten erleben wir Aubrys Reiseleben mit einem Fokus auf die Menschen, die sie trifft und die Abenteuer, die sie erlebt. Besonders erwähnenswert sind Lionel Kyengi (den sie in der Transsibirischen Eisenbahn trifft), Uzair Ibn-Kadder (ihre erste Liebe, der sie vergeblich zu heilen versucht), Prinz Surasiva (dem sie von ihrer Zeit im tibetischen Hochland erzählt) und Marta Arbaroa (die Aubrys Reise jahrelang verfolgte, ehe sie auf sie traf). Speziell diese und noch ein paar mehr Menschen formen Aubrys Leben und jeder von ihnen bekommt einen Teil davon zu Gesicht.

Hier muss ich gleich zugeben, dass mich nicht alle Teile gleichermaßen interessierten. Speziell der letzte Teil mit Marta, der Fokus auf eine magische Bibliothek legt, die Aubry während verschiedener Lebensabschnitt findet, zog sich meiner Meinung nach viel zu sehr in die Länge und litt zudem darunter, dass ich der Handlung nur schwer folgen konnte. Auch hatte bis dahin der Aufhänger der Geschichte seinen Reiz verloren und die neuen Orte interessierten mich nicht mehr so sehr wie die, die davor beschrieben wurden. Es war immer noch interessant, wie in der magischen Bibliothek die verschiedenen Handlungsstränge vereint wurden, aber insgesamt mochte ich die anderen Teile der Geschichte deutlich mehr.

Die Atmosphäre und die Ereignisse waren dort nämlich besonders ansprechend und es hat mir sehr gefallen, all die Menschen und Orte kennenzulernen, auf die Aubry während ihrer Reise trifft. Mein Favorit war definitiv Lionel, der zudem ein schönes Beispiel dafür war, wie erinnerungswürdig kurze Begegnungen sein können. Allgemein enthält der Roman viele Momente, die einfach magisch sind und Aubrys Reise hervorragend visualisieren, bis eben auf den letzten Teil, durch den man sich ein wenig durchbeißen muss.

Wer gerne über magische Reisen, die Vergänglichkeit des Lebens und stille Momente liest, wird diesen Roman sicher sehr genießen, doch sollte man speziell langsames Pacing gerne mögen, weil der letzte Teil der Geschichte sonst zu langatmig sein könnte.

Die Reisenden der Nacht
415 Seiten

Ally ist eine aufstrebende Schriftstellerin in der Nazizeit, die alles in ihrer Macht Stehende tut, um ihre kleine Tochter Lilith zu schützen. Für die Nazis ist diese nur ein Mischlingskind, das gegen die Rassenideologie verstößt. Schließlich bleibt Ally keine Wahl und sie ist gezwungen, Lilith wegzugeben. Diese wächst wohlbehalten in Kuba auf, verliebt sich und bekommt eine Tochter, Nadine. Doch während der kubanischen Revolution sieht sie sich ebenfalls gezwungen, ihre Tochter wegzugeben, woraufhin diese in New York aufwächst und später in Deutschland versucht, ihre Adoptivmutter vor dem Gefängnis zu retten. Erst Nadines Tochter Luna ermöglicht es der Familie, die offenen Fäden der Familiengeschichte wieder zusammenzuführen …

Dieser Roman erzählt die Geschichte vierer Frauen, die während schwerer Zeiten Entscheidungen fällen müssen, die noch Jahre und Jahrzehnte danach in ihrer Familie widerhallen. Besonderer Fokus wird dabei auf die ersten drei Generationen gelegt, die jeweils ungefähr ein Drittel der Handlung gewidmet bekommen. Hier haben mir speziell Allys und Liliths Geschichten sehr gefallen, weil deren Leben besonders ausführlich beschrieben wurden. Wir folgen Ally über zehn Jahre hinweg, in denen auch Lilith eine zentrale Rolle spielt, und Lilith über zwanzig Jahre. Im Vergleich zu den vierzig Jahren, in denen Nadine und Luna die Hauptfiguren sind, hatte ich das Gefühl, Ally und Lilith besser kennenzulernen als deren Kindeskinder, weil weniger Zeit in mehr Seiten gesteckt wird, wodurch die Ereignisse einen härter treffen, als sie es bei großen Zeitsprüngen tun.

Das ist nicht zwingend etwas Schlechtes, weil jeder der drei Teile etwas Wichtiges zu bieten hat, aber es ist trotzdem erwähnenswert, dass ich mit Ally und Lilith mehr mitfiebern konnte als mit Nadine und Luna, weil deren Geschichte kompakter erzählt war. Das trifft auch auf die Handlung an sich zu; die Ereignisse in den ersten zwei Dritteln fesselten mich etwas mehr, weil ihnen mehr Zeit gegeben wurde, sich zu entfalten. Erwähnenswert ist hier natürlich auch, dass all diese Ereignisse auf realen beruhen, aber mithilfe fiktiver Charaktere erzählt wurden.

Der dritte Teil der Handlung sticht vor allem durch seine Plot Twists hervor, die die verschiedenen Teile der Geschichte sehr schön zusammenführen und den Kontext früherer Szenen auf positive Weise verändern. Ich hatte mir bis dahin nämlich ernsthafte Sorgen darüber gemacht, wie die gegenwärtigen Charaktere es schaffen würden, ihre Vergangenheit aufzudecken und war sehr erleichtert, als das auf eine zufriedenstellende Weise geschah.

Wer Familiengeschichten gerne mag, wird hier eine finden, die sowohl herzzerreißend als auch herzerwärmend ist!

The Parents – Dein Kind ist weg. Dein schlimmster Albtraum beginnt.
512 Seiten

Ein ungutes Gefühl lässt Andy mitten in der Nacht aufwachen. Voller Panik schaut er nach, ob sein Sohn Connor schon heimgekommen ist. Erleichtert legt er sich wieder schlafen, als er ihn in seinem Bett liegen sieht. Doch er irrt sich. In Wirklichkeit hat Connors Cousin Zac dessen Platz eingenommen und als Connor endlich wieder auftaucht, weigern sich die beiden, zu sagen, wo sie gewesen sind. Doch es dauert nicht lange, bis Andy herausfindet, dass Connor zusammen mit vier anderen Schülern für mehrere Stunden im Wald verschwunden ist – und eine Schülerin namens Emily nicht daraus zurückgekehrt ist …

Dieser spannende Thriller ist leicht zu lesen, zieht einen hervorragend mit der Handlung mit und findet zu einem äußerst zufriedenstellenden Ende, das mich positiv überrascht hat. Ich bin mir zwar trotzdem nicht sicher, ob das Buch auch für Eltern geeignet ist, weil die Angst vor dem Verschwinden bzw. Tod der Kinder stark thematisiert wird, aber andererseits schafft T. M. Logan es hervorragend, diese Angst nicht bis ins Extreme zu ziehen.

So hat speziell Andy so einige Paranoia, was Connors Verhalten betrifft, doch ist es für uns Leserinnen und Leser recht schnell klar, dass dahinter kein mörderischer, sondern ein anderer Grund steckt. Dieses Geheimnis aufzuklären hat zusammen mit der verzweifelten Suche nach Emily für einen Thriller gesorgt, den man sehr schnell wegliest.

Von allen Charakteren war mir Andys zwölfjährige Tochter Harriet am sympathischsten, weil sie der ruhige, rationale Kontrast zu den panischen Erwachsenen war und ihre eigenen Ermittlungen angestellt hat, um hinter Connors Geheimnis zu kommen.

Was mögliche Kritik angeht, fand ich es schade, dass es keine überraschenden Twists gab und auch der Antagonist relativ leicht vorherzusehen war. Der Thriller lebt vor allem durch seinen leicht zu lesenden Schreibstil und seine konstante Spannung, und eher weniger von schockierenden Twists.

Zudem fand ich den deutschen Untertitel und die Kurzbeschreibung sehr irreführend, weil beides impliziert, dass Connor das verschwundene Kind sein wird – aber dem ist gar nicht der Fall. Er taucht recht früh wieder auf und die Handlung konzentriert sich ab da auf die verschwundene Emily und seine potenzielle Beteiligung daran.

Letztendlich hat der Thriller mir aber immer noch sehr gut gefallen, weshalb ich ihn allen Leserinnen und Lesern, denen die Thematik nichts ausmacht, empfehlen kann!

Suddenly a Murder - Mord auf Ashwood Manor
384 Seiten

Als Izzy von ihrer Freundin Kassidy auf eine einsame Insel eingeladen wird, um dort zusammen mit fünf anderen Schülerinnen und Schülern ihren Schulabschluss zu feiern, bringt sie ein Messer mit. Denn auch Blaine, Kassidys fester Freund, gehört zu den Geladenen und mit ihm haben alle noch eine Rechnung offen: Marlowe gibt ihm die Schuld am Tod seines Bruders. Chloe ist wütend, weil sie nur seine Geliebte und nicht seine feste Freundin ist. Ellison bekam seinetwegen Ärger mit der Polizei, was sein Stipendium gefährdet. Kassidy ahnt, dass Blaine sie betrügt und will ihn zur Rede stellen. Fergus ist als ehemals bester Freund von Blaine verärgert, dass er jetzt von ihm schikaniert wird. Und Izzy hat so ihre eigenen Gründe, Blaine zu hassen – und fürchtet am allermeisten, dass jemand von den anderen diese Gründe herausfindet …

Ich habe ja schon viele Krimis und Thriller für Jugendliche und Erwachsene gelesen, aber „Suddenly a Murder“ gehört denen, die mich wieder einmal sehr beeindruckt haben! Und das liegt hauptsächlich an den fantastischen Charakteren. Lauren Muñoz hat es erfolgreich geschafft, alle Charaktere so liebenswert, fehlerbehaftet und dreidimensional zu beschreiben, dass ich sie alle lieb gewann.

Damit sind nicht nur die Schüler gemeint, die durch Rückblicke viel Tiefe bekommen, sondern auch die Ermittler – speziell die Detektivin Pilar de León, die zusammen mit Detective Cates an der Auflösung des Falls arbeitet. Ich war sehr begeistert darüber, dass diese beiden Ermittler tatsächlich fähig in ihrem Beruf waren und sogar eine gewisse Relevanz für die Handlung hatten. Von den anderen Charakteren möchte ich Ellison gerne hervorheben; wie gesagt fand ich alle Charaktere sehr einnehmend, aber bei Ellison speziell fand ich nicht nur seine Beziehung zu Fergus sehr faszinierend, sondern auch die Tatsache, dass er als Sohn einer Anwältin seine eigenen Rechte sowohl gekannt als auch genutzt hat.

Aufgrund meiner Erfahrungen als Thriller-Leserin gab es tatsächlich eine wichtige Offenbarung, die ich früh geahnt habe, dafür aber auch mindestens zwei Twists, die mich kalt erwischt haben und die ich absolut genial fand. Die Art und Weise, wie der Fall und die verschiedenen Vernehmungen erzählt sind, war so oder so sehr fesselnd; es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mir zu überlegen, wie die verschiedenen Puzzleteile zusammenhängen.

Nur beim Ende hätte ich mir noch etwas mehr erhofft. Das Ende selbst ist wunderbar bittersüß, aber ich hätte mir gerne noch mehr abschließende Szenen zu den übrigen Charakteren gewünscht und was sie jetzt, nachdem der Fall abgeschlossen ist, für ihre Zukunft planen. Ansonsten war ich allerdings rundum zufrieden mit der Lektüre und hoffe, bald noch mehr von den Autorin zu lesen!

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
416 Seiten

Kurz vor der Jahrhundertwende im Jahr 1899 ist der Transsibirieren-Express sowohl ein Wunder als auch eine Gefahr. Obwohl bei der letzten Überfahrt etwas schief gelaufen zu sein scheint, wollen Menschen auch weiterhin diese besondere Fahrt durch das Ödland erleben. Darunter Maria Petrowna, die mit falschem Namen in den Zug steigt und eine Lüge aufzudecken versucht; Zhang Weiwei, die vor sechzehn Jahren im Zug geboren wurde und seine Mysterien ergründen will; und Henry Grey, ein in Ungnade gefallener Naturforscher, der im Ödland seine ganz eigenen Pläne umzusetzen gedenkt. Doch als im Zug und im Ödland immer merkwürdigere Dinge passieren, müssen die drei ihre eigentlichen Pläne beiseite schieben, wenn sie die Fahrt überleben wollen ...

Dieser Roman ist mysteriös, fantasievoll, gruselig und atmosphörisch, überzeugt dafür aber in anderen Kategorien nicht ganz so sehr. Die bildgewaltige Sprache hat ein paar einzigartige Szenen erschaffen, die mir sicher noch lange in Erinnerung bleiben werden, aber die Handlung an sich wurde mir letztendlich nicht ganz klar.

Das heißt nicht, dass die gesamte Handlung verwirrend für mich war, aber ganz folgen konnte ich ihr auch nicht immer. Zudem scheint es durchaus absichtlich zu sein, dass man nicht immer weiß, was gerade vor sich geht, was es noch schwerer macht, die Handlung zu beurteilen. Am Ende musste ich mich fragen, was ich eigentlich gerade gelesen habe - so wundervoll und entsetzlich und unbeschreiblich waren die Ereignisse, die Sarah Brooks schildert.

Insofern würde ich sagen, dass speziell das Worldbuilding fantastisch gelungen ist und für viele unvergessliche Szenen gesorgt hat. Doch jemand, der lieber eine kohärente Handlung und einen Fokus auf Charakterbeziehungen möchte, wird sich schwer tun, sie hier zu finden. Sie existieren zwar durchaus (speziell die Freundschaft zwischen Weiwei und Elena fand ich sehr gut beschrieben), aber letztendlich lebt der Roman eher von seinen ungewöhnlichen Erlebnissen. Leserinnen und Leser, die ein etwas anderes Leseerlebnis haben wollen, können hier also definitiv damit rechnen – doch Fans "klassischer" Handlungsstränge werden wohl eher verwirrt sein.

Empfehlen würde ich den Roman letztendlich trotzdem, aber mit der Einschränkung, dass er sicher nicht für jeden etwas sein wird!

Die verheimlichte Tochter
384 Seiten

Ella ist erfolgreiche Kunsthändlerin, träumt jedoch davon, ihre eigene Kunst zu erschaffen. Die Gelegenheit bekommt sie, als ihr von einer Anwaltskanzlei eine kleine Schachtel überreicht wird, in der sich ein Notenblatt und ein Foto von einer Mutter und Tochter befinden, das auf einer griechischen Insel geschossen wurde. Mithilfe des Pianisten Gabriel, in den sie früher verliebt war – und insgeheim immer noch ist –, untersucht sie ihre Familiengeschichte, die sie nicht nur nach Griechenland, sondern in die Zukunft ihrer Träume führt ...

Zunächst möchte ich einen kleinen Fehler in der Kurzbeschreibung ansprechen, der mich beim Lesen der eigentlichen Geschichte ganz schön verwirrte: Und zwar, dass Gabriel dort irrtümlicherweise "Mathew" genannt wird. Deshalb dachte ich für eine ganze Weile, dass neben Gabriel noch ein anderer Pianist namens Mathew auftauchen würde, doch ist das nie passiert, weil hier schlicht ein falscher Name genannt wurde. Diejenigen, die die "Mathew"-Version haben, sollten vorab über diesen Fehler Bescheid wissen, um Verwirrung zu vermeiden.

Zum Glück ist die eigentliche Geschichte genau wie die vorigen Teile wunderschön zu lesen. Stellenweise war ich sogar zu Tränen gerührt, weil die neuen Twists, die Soraya Lane in ihre Handlung einbaute, mich so bewegten. Das ist übrigens ein großer positiver Punkt: Auch, wenn alle Geschichten ähnlich beginnen, gibt es in jedem Töchter-Roman neue Entwicklungen, die ihn von den anderen Romanen abheben. Besonders hier gefiel mir der Twist sehr gut und hat für ein emotionales, zufriedenstellendes Ende gesorgt.

Zudem ist die Romanze in beiden Zeitlinien sehr süß umgesetzt. Sowohl Ella und Gabriel als auch Alexandra und Bernard geben ein wunderbares Pärchen ab, was besonders bei Alexandra und Bernard beeindruckend ist, weil ihre Screentime im Vergleich zu Ella und Gabriel deutlich kleiner war. Nichtsdestotrotz spürte man ihre Liebe zueinander deutlich und ich war sehr froh, das Ende ihrer Geschichte zu erfahren.

Was mögliche Kritik angeht, habe ich diesmal ein Weilchen gebraucht, um mich in die Handlung einzufinden; Ella kommt erst nach circa einem Drittel der Handlung überhaupt nach Griechenland, während Alexandra es früh verlässt, um erst gezwungenermaßen und dann freiwillig in London zu leben. Deshalb gab es speziell in der ersten Hälfte nicht genug Griechenland für mich, dafür aber zum Glück umso mehr in der zweiten Hälfte.

Eine weitere Beobachtung meinerseits, die ich nicht unbedingt als Kritik, sondern als persönliche Meinung zählen würde: Die gegenwärtige Handlung fand ich um einiges interessanter als die vergangene. Mit Alexandras Handlungsstrang bin ich erst recht spät warm geworden, während ich keine Probleme hatte, mich in Ellas Erkundungen zu verlieren. Anderen Leser:innen mag es jedoch anders gehen, weshalb ich diesen Punkt wie gesagt nicht als Kritik betrachte.

Zum dritten Mal ist es Soraya Lane gelungen, eine entspannte, emotionale Wohlfühlgeschichte zu schreiben, die ich sehr genossen habe!

Die Schattenschwester
608 Seiten

Star hat immer im Schatten ihrer Schwester CeCe gelebt, doch nach dem Tod ihres Vaters ist die Zeit für sie gekommen, sich selbst zu finden. Einem Hinweis ihres Vaters folgend, besucht sie eine Londoner Buchhandlung, wo sie auf den exzentrischen Orlando und seinen distanzierten Bruder Maus trifft. Es ist offensichtlich, dass ihre Familiengeschichten irgendwie zusammenhängen, doch wie genau, ist nicht ganz klar. Bis sie die Tagebücher von Flora MacNichol finden, die während ihres Lebens viele Entscheidungen traf, deren Konsequenzen bis in die Gegenwart reichen …

Der erste Band war gut, der zweite Band noch besser und der dritte mein bisheriges Highlight: „Die Schattenschwester“ hat die besten Aspekte der vorigen Bände in sich vereint und gleichzeitig die wenigen Kritikpunkte, die diese hatten, vermieden. Das fängt mit Star an, mit der ich mich wunderbar identifizieren konnte. Alle Schwestern waren bisher großartig und ich konnte mich leicht in sie hineinversetzen, doch Star war als die Schwester, die sich selbst und ihr Selbstbewusstsein erst finden musste, besonders liebevoll.

Und nicht nur sie war es, die mich begeisterte: Auch die Brüder Orlando und Maus waren absolut großartig und ich habe es sehr genossen, Orlandos exzentrischen Charakter und Maus’ Charakterentwicklung zu verfolgen. (Natürlich war auch Rory, ihr kleiner Neffe, super süß.) Hier mochte ich es auch, dass meine Erwartungen bezüglich der Charaktere positiv untergraben wurden, was zusätzlich zu ihrem realistischen Bild beitrug.

Doch der wohl wichtigste Charakter der Geschichte ist Flora, deren Vergangenheit wir ausführlich kennenlernen. Sie trifft viele wichtige Entscheidungen, die ihr Leben und das anderer formen, statt wie vorige Protagonistinnen eine Geisel der Entscheidungen anderer zu sein. Zwar gibt es natürlich Ereignisse, die sie nicht kontrollieren kann, aber insgesamt lässt Flora Dinge geschehen, anstatt sie nur geschehen zu lassen. Sie hat tatsächlichen Einfluss auf ihr Leben und ihre Entscheidungen treffen auf realistische Konsequenzen und Reaktionen. Ich hoffe, auch in den anderen Bänden so großartige, starke Frauenfiguren zu sehen!

Zum Schluss ist das Mysterium um Stars Vergangenheit sehr gelungen und hatte mehrere Twists, die ich nicht kommen gesehen habe. Sowohl ihre als auch Floras Geschichte hat mich stets angetrieben, sodass ich stets gewillt war, zu erfahren, was als nächstes passiert (bzw. passierte).

Wenn ich eine Kritik nennen müsste, würde ich Floras Entscheidung bezüglich ihrer Schwester und dem Mann, den sie beide lieben, hervorheben; es war für mich von Anfang an klar, dass das zu nichts Gutem führen würde. Die Reaktion darauf ist glücklicherweise realistisch, doch trotzdem hätte das ganze Drama relativ leicht vermieden werden können. Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll, ist das wirklich nur eine kleine Kritik, die mich letztendlich nicht allzu sehr störte, sondern schlicht etwas war, das mir aufgefallen ist.

Insgesamt habe ich diesen Sieben-Schwestern-Band sehr genossen und freue mich, die Reise bald mit dem vierten Band fortzusetzen!

Love Letters to a Serial Killer
352 Seiten

Als Hannah auf eine beginnende Mordserie aufmerksam wird, ist sie sofort fasziniert. In einem Internetforum tauscht sie sich mit anderen Menschen über mögliche Theorien aus. Nach der vierten ermordeten Frau wird der Anwalt William, der mit allen vier Frauen zu tun hatte, festgenommen. Spontan schreibt Hannah ihm, lässt all ihre Gefühle und Gedanken raus, ist jedoch überrascht, als William ihr tatsächlich zurückschreibt. Immer mehr vertieft sich die Beziehung zwischen ihnen – und für Hannah ist der Reiz, in einen mutmaßlichen Serienkiller verliebt zu sein, so groß, dass sie sich immer tiefer in ihrer Obsession verliert ...

Dieser Thriller ist wirklich wahnsinnig spannend geschrieben – es fiel mir sehr leicht, ähnlich wie Hannah immer tiefer in ihm zu versinken, weil er sich so flott las und es sehr faszinierend war, Hannahs obsessives Verhalten zu beobachten. Die Autorin lässt uns ungefiltert an ihren Gedanken teilhaben und beschreibt dabei Hannahs Psychologie so gut, dass ich mich auf eine sehr verquere Weise sogar in sie hineinversetzen konnte.

Durch den locker zu lesenden Schreibstil zieht die Geschichte einen von Anfang bis Ende mit, es gibt keine langsamen Stellen und allgemein ein schnelles Pacing. Darunter leidet zwar durchaus die Romanze, aber weil ich sie kaum als solche betiteln würde, machte mir das nichts aus. Hannahs und Williams Beziehung soll schließlich gar nicht realistisch sein; im Vordergrund steht definitiv Hannahs Obsession und nicht die Romantik.

Eine große Kritik habe ich aber leider: Ich fand das Finale und Ende wirklich SEHR vorhersehbar. Ich weiß nicht mehr genau, wann ich mir eine klare Vorstellung davon machte, war aber am Ende ganz schön enttäuscht, weil es genau die Twists und sonstigen Enthüllungen enthielt, die ich erwartete. Der Thriller hielt für mich keine Überraschungen bereit, sodass ich letztendlich nicht zufrieden mit seinem Ausgang war.

Wer speziell einen Psychothriller lesen will, der sich auf das mentale Leben der Hauptfigur fokussiert, wird hier eine faszinierende Lektüre finden. Doch diejenigen, die unerwartete Twists und zufriedenstellende Enden lieben, wird dieser Thriller eher nicht gefallen.

This Book Kills
443 Seiten

Als Stipendiatin eines Elite-Internats hat Jess es nicht leicht. Ihr Talent ist Kreatives Schreiben und ihre neueste Geschichte handelt von einem Mord, bei dem das Opfer mit einem Pokal im Wald erschlagen wurde und der Mörder mit Zweigen das Wort „Hilfe“ auf den Boden schrieb. Kurz darauf wird Hugh Henry Van Boren, eines der reichsten Kinder der Schule, auf genau diese Art und Weise getötet – und Jess bekommt eine anonyme Nachricht, in der der Mörder ihr für die Inspiration dankt und meint, es ohne ihre Hilfe niemals geschafft zu haben. Entschlossen, herauszufinden, wer dahintersteckt, startet Jess ihre eigenen Ermittlungen – im vollen Bewusstsein, dass sie sich dadurch in Gefahr begibt …

Dieser Jugendthriller schafft es wirklich hervorragend, sein Mysterium aufzubauen. Es gibt so viele offene Fragen, falsche Fährten und mögliche Mörder, dass ich über den ganzen Roman hinweg investiert darin war, die Antworten auf die Fragen zu finden und selbst Vermutungen anzustellen. Hier hilft es auch, dass so ziemlich jede Theorie, die ich während des Lesens hatte, in der Handlung selbst erwähnt wurde, sodass es schwer war, zu entscheiden, welche sich letztendlich als richtig herausstellen würde.

Doch hier muss ich zugegeben, dass ich die Identität des Mörders etwas zu offensichtlich fand – im Sinne von „es ist immer die Person, von der man es am wenigsten erwartet“. Ich selbst hatte zwar bis zur Enthüllung ganz andere Theorien, aber nur, weil mir die Wahrheit viel zu offensichtlich erschien. Das ist für mich also eine Kritik, weil ich mir mehr überraschende Plot-Twists erhoffte.

Das heißt nicht, dass es keine gibt – tatsächlich gibt es dank der falschen Fährten so einige Überraschungen –, aber gerade deshalb war ich ein wenig enttäuscht davon, ausgerechnet bei der Identität des Mörders keine solche Überraschung bekommen zu haben.

Weil sich der Thriller immer noch sehr gut liest und mich hervorragend unterhalten hat, würde ich ihn trotzdem weiterempfehlen, aber mit der Anmerkung, dass fleißige Leser:innen von Thrillern ihn wahrscheinlich leichter durchschauen werden.

Sing, wilder Vogel, sing
368 Seiten

Honora wächst in Doolough auf, einem kleinen Dorf an der irischen Westküste. Als die Hungersnot 1849 das Land überschwemmt, sieht sich Honora zusammen mit ihrem Mann und dem Rest der Dorfbewohner gezwungen, zu fliehen und bei ihrem Grundherrn Hilfe zu suchen. Als dieser sie abweist, müssen sie den Marsch zurück über die Berge antreten, den nur Honora nach großen Verlusten überlebt. Sie nimmt ein Schiff nach Amerika, um dort nach ihrer Freiheit zu suchen – doch erwarten sie noch einige Strapazen, ehe sie sie endlich findet …

Dieser Roman erzählt eine fiktive Geschichte vor dem Rahmen eines wahren Ereignisses, der irischen Hungersnot Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Und meine Güte, was für eine Geschichte das war! Bereits von Anfang an war ich sehr vom bildlichen Schreibstil eingenommen, der es mir leicht gemacht hat, mir die Handlung wie einen Film vorzustellen. Ich war allgemein sehr investiert in die Handlung und die Dinge, die Honora durchmacht. Sie ist einfach eine großartige Protagonistin, mit der man leicht mitfühlen kann. Obwohl sie so viele schwere Zeiten erträgt, bleibt ihr Kampfeswillen ungebrochen, sodass man selbst nie verzweifelt, sondern stets ihre Entschlossenheit mit sich trägt.

Die Geschichte ist grob in drei Teile aufgeteilt: Honoras Zeit in Irland, ihre Zeit auf dem Schiff und ihre Gefangenschaft in Amerika, und die Zeit nach ihrer Flucht. Vor allem die ersten zwei Teile der Geschichte haben mir ausgesprochen gut gefallen, weil sie so dramatisch waren, aber auch der letzte Teil hatte ein paar spannende Szenen, die mir sehr gefielen.

Was die Nebencharaktere angeht, gefiel mir vor allem Mary sehr, die ab dem zweiten Teil der Geschichte zu Honoras bester Freundin wird. Die anderen Charaktere stachen nicht ganz so sehr hervor, erfüllten jedoch ihren Zweck.

Insgesamt also ein gelungener, spannender Roman, der für Fans von Geschichten über starke Frauenfiguren hervorragend geeignet ist!

Ein letztes Geschenk
464 Seiten

Esther Ray ist eine Künstlerin, die auf einer Vernissage ein unschlagbares Angebot von der Multimillionärin Naomi Duncan bekommt: Sie soll zum Anlass des baldigen sechzigsten Geburtstags ihres Ehemanns Scrapbooks über das Familienleben der letzten zwanzig Jahre erstellen. In über zweihundert Kisten schickt Naomi Esther sämtliche Dokumente, die sich seit der Geburt ihrer Tochter angesammelt haben: Fotos, Schulaufgaben, psychologische Beurteilungen, Rechnungen, Bankauszüge – alles, was irgendwie auf Papier gebannt wurde, so irrelevant es auch für die Scrapbooks zu sein scheint. Zudem ist Naomi absolute Geheimhaltung wichtig, was Esther, die True-Crime-Fan ist, bald misstrauisch macht – was genau hat Naomi wirklich mit den Scrapbooks vor? Immer tiefer und tiefer versinkt sie in der Familiengeschichte der Duncans, entschlossen, das Geheimnis hinter ihrer Aufgabe herauszufinden. Und dann kommt Naomi ums Leben, was in Esther umso mehr das Verlangen weckt, Naomis Pläne aufzudecken …

Dieser Roman stellt eine spannende Frage, die er zudem fantastisch beantwortet: Was würde passieren, wenn jemand mit einem lang angelegten Plan stirbt, kurz bevor dieser vollständig umgesetzt werden kann? Und was würde passieren, wenn jemand Anderes auf diesen Plan aufmerksam wird? Dieses faszinierende Gedankenspiel bildet die Basis der gesamten Geschichte und hat es hervorragend geschafft, mich zusammen mit Esther immer tiefer und tiefer in ihre Obsession hineinzuziehen. Es war so fesselnd, wie leicht es Calla Henkel gelungen ist, uns Esthers Gedanken nahezubringen, da wir als Leserinnen und Leser zwar begreifen, dass sie psychologische Probleme hat, es uns aber trotzdem leicht fällt, uns in sie hineinzuversetzen. Ich wollte unbedingt wissen, wohin die Geschichte führt, woraus Naomis Plan bestand und wie weit Esther zu gehen bereit ist, um ihn aufzuklären.

Neben der Haupthandlung, die einen erfolgreich für sich einnimmt, gibt es auch so einige Nebenhandlungen, die mich fesselten, vor allem Esthers Vergangenheit und ihre Freundschaft mit Patrick, ihrem Nachbarn. Aber ich mochte es auch, wie Esther die Podcasts, die sie während der gesamten Handlung anhörte, kurz beschrieb; für die Handlung selbst waren sie nicht relevant, haben aber Esther so gut charakterisiert, dass ich mich zusammen mit ihr in ihnen – und dem Rest der Handlung – verlor.

Das Ziel von Esthers Nachforschungen war unerwartet, hat mich aber zufrieden gestellt. Ich glaube, nur von den Scrapbooks selbst hatte ich mir mehr erhofft; nach einer Weile spielen weder sie noch Naomis Familienmitglieder eine große Rolle, weil der Fokus ab dem letzten Drittel der Handlung eher auf Esthers Untersuchungen außerhalb davon liegt. Spannend fand ich die Handlung hier allemal, hätte mir aber trotzdem gewünscht, dass die Scrapbooks noch eine letzte Rolle gespielt hätten.

Letztendlich hat Calla Henkel hier jedoch einen absolut fesselnden, einnehmenden Spannungsroman geschrieben, der hoffentlich auch andere Leserinnen und Leser begeistern wird!

Girls Night - Nur eine kennt die ganze Wahrheit
416 Seiten

Olivia war achtzehn Jahre alt, als sie zusammen mit ihren drei Freundinnen einen Autounfall hatte, nach dem ihre Freundinnen spurlos verschwunden sind. Auch zwanzig Jahre später verfolgt das Trauma des Unfalls sie immer noch. Die einzige Hoffnung, aufzuklären, was damals passiert ist, ist die Journalistin Jenna, die einen Podcast über die damaligen Ereignisse machen will. Olivia will zunächst nicht mit ihr reden, während Jenna entschlossen ist, aufzuklären, was damals passierte. Doch dann wird die erste mit dem Fall verbundene Person ermordet und Jenna bekommt Drohnachrichten, die sie davor warnen, mit ihrer Recherche weiterzumachen …

Mit „Girls Night“ hat Claire Douglas einen Thriller geschrieben, dessen Mysterien mich unglaublich eingenommen haben. Schon die Ausgangssituation hat mich sehr gefesselt, doch je weiter die Handlung voranschritt und je mehr Puzzleteile enthüllt wurden, desto mehr hat die Geschichte mich weiter gepackt. Ich wollte unbedingt wissen, wie die verschiedenen Teile der Handlung zusammengehören und was wirklich hinter dem Verschwinden der Mädchen steckt. Hier hat Claire Douglas hervorragende Arbeit geleistet, indem sie ein Mysterium erschuf, das einen von Anfang an fesselt und mit jeder Enthüllung noch interessanter wird!

Hier war der Wechsel zwischen Jennas und Olivias Sicht eine effektive Methode, um noch mehr Spannung zu erzeugen, weil man in beide Geschichten leicht hineingezogen wird. Ich mochte es, neben dem eigentlichen Fall auch Persönliches über sie zu erfahren, weil das beide Protagonistinnen menschlicher machte, aber ich mochte es auch, wie ihre individuellen Erlebnisse (und ihr individuelles Wissen) meinen Blick auf den Fall veränderten.

Nur vom Finale hätte ich mir ein wenig mehr erhofft, weil ich die Wahrheiten hinter den Mysterien zwar zufriedenstellend fand, sie aber auf spannendere Weise hätten enthüllt werden können. Trotzdem hat es mir unglaublich viel Spaß gemacht, die Geheimnisse des Falls zu verfolgen und ihn zusammen mit Jenna und Olivia zu lösen!

Das andere Tal
464 Seiten

Odile Ozanne lebt in einem ganz besonderen Tal: Umgeben von Bergen ist das Städtchen, in dem sie lebt, eigentlich ganz normal – doch wandert man nach Westen oder Osten, landet man in demselben Städtchen, nur um zwanzig Jahre in die Vergangenheit bzw. Zukunft versetzt. Anonyme Besuche sind nur bei bestimmten Trauerfällen gestattet, wobei Odile zu den Menschen gehören will, die über sie entscheiden – die sogenannten Conseillers, die ein strenges Auswahlverfahren haben, das Odile unbedingt bestehen will. Kompliziert wird die Situation dadurch, dass Odile zuvor die aus der Zukunft kommenden Eltern ihres besten Freundes Edme erkannte und dadurch weiß, dass er bald sterben wird – während sie sich gleichzeitig in ihn verliebt …

Dieses Gedankenspiel war äußerst interessant zu lesen und hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Allein das Konzept, physisch die Vergangenheit und Zukunft besuchen zu können, ist großartig, wurde aber noch dazu sehr gut umgesetzt. Am liebsten gefiel mir hier die erste Hälfte der Handlung, wo Odile zusammen mit ihren Klassenkameraden bei mehreren Fällen entscheiden musste, ob sie einen Besuch bewilligt hätten oder nicht. Das war so faszinierend, weil ich natürlich selbst überlegte, wie ich in den verschiedenen Fällen entschieden hätte und dadurch realisierte, wie schwierig diese Entscheidung tatsächlich ist.

Die zweite Hälfte war deutlich ruhiger, hatte aber trotzdem ein paar interessante Szenen und Überlegungen in Verbindung mit der Art und Weise, wie die Täler funktionieren. Trotzdem muss ich zugegeben, dass mir die erste Hälfte besser gefiel und ich mir gerne mehr Fälle zum Analysieren gewünscht hätte.

Was die Charaktere angeht, sind nur Odiles Freunde Edme, Jo und Alain hervorgestochen; die anderen Charaktere fand ich nicht allzu besonders und hätte mir gerne noch mehr Szenen zwischen den Freunden gewünscht, weil diese so schön waren.

Apropos schön: Das Ende fand ich sehr gelungen! Es ist die perfekte Mischung zwischen einem zufriedenstellenden und einem offenen Ende, was ich bisher nicht so oft las. Umso froher bin ich, dass diese perfekte Mischung hier existiert!

Weil ich an dich glaube - Great and Precious Things
496 Seiten

Als Camden nach zehn Jahren in seine Heimatstadt Alba zurückkehrt, wird er nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen. Die Bewohner geben ihm die Schuld am Tod seines Bruders Sullivan, während sein anderer Bruder, Xander, als Bürgermeister umso geliebter ist. Doch die Person, die Camden mehr als andere nicht wiedersehen wollte, ist Willow. Die Geliebte seines verstorbenen Bruders, die Frau, in die er sich verliebt hat. Camden möchte sich von ihr fernhalten, doch Willow selbst sehnt sich danach, ihm nahe zu kommen. Und dann ist da noch Camdens Vater, der an Demenz leidet und auf keinen Fall möchte, dass man ihn im Zweifelsfall wiederbelebt. Nur hat Xander die Patientenverfügung und es liegt an Camden und Willow, ihn – und die Stadt – davon zu überzeugen, dass Camden nicht das schwarze Schaf ist, für das ihn alle halten …

Nachdem ich „Fourth Wing“ und „Iron Flame“ gelesen habe und sie mir gut genug gefielen, um weiterlesen zu wollen, wollte ich auch den neuesten Nicht-Fantasy-Titel aus Rebecca Yarros’ Feder ausprobieren … und muss sagen, dass ich hin- und hergerissen bin.

Denn einerseits gefallen mir die beiden Hauptcharaktere und auch ihre Romanze sehr gut. Zwar finde ich, dass Camden zu viel und Willow zu wenig zu tun hat, aber als Charaktere konnten mich beide überzeugen. Noch faszinierender ist Camdens Beziehung zu seinem Vater Arthur, dessen Demenzerkrankung eine wichtige Rolle in der Handlung spielt und die mich sehr in die Geschichte zog. Hier hilft es auch, dass der Anfang und ca. das erste Drittel der Handlung sehr einnehmend sind und mich zum Weiterlesen brachten. Doch danach flaute die Geschichte meiner Meinung nach so stark ab, dass ich nicht einmal sicher bin, ob ich in Zukunft Nicht-Fantasy-Titel der Autorin lesen möchte.

Das liegt vor allem daran, dass für eine sehr lange Zeit kaum etwas passiert. Die Handlung schwappt nach einer Weile so vor sich hin, bis sie schließlich zum Ende kommt, gegenüber dem ich ebenfalls zwiegespalten eingestellt bin (weil es mir zwar gefiel, ich die Twists jedoch vorhersehbar fand). Diese lange Phase, in der nichts bzw. nicht viel passiert, las sich so schleppend, dass ich zögere, die Geschichte vollauf weiterzuempfehlen. Zwar hatte sie so einige positive Aspekte, hätte aber um einiges kürzer sein müssen, um sie vollends zur Geltung zu bringen. Deshalb würde ich es letztendlich nur den Leser:innen empfehlen, denen langsames Pacing nichts ausmacht. Alle anderen werden wie ich vermutlich nur das erste Drittel der Geschichte mögen.

Die Unmöglichkeit des Lebens
416 Seiten

Grace Winters ist zweiundsiebzig Jahre alt, als sie von Christina van der Berg, einer ehemaligen Bekannten, ein Haus in Ibiza vererbt bekommt. Spontan fliegt sie tatsächlich nach Ibiza, um sich selbst und Antworten auf ihre Fragen zu finden. In ihrem Abschiedsbrief schlägt Christina ihr vor, ein paar Orte und Personen zu besuchen und offen für alles zu sein, deutet aber auch an, dass sie ihren Tod vorhergesehen hat, was in Grace noch mehr Fragen aufwirft. Eine der Personen, die sie aufsuchen soll, ist ein gewisser Alberto Ribas, von dem alle Einwohner sie warnen. Auch Grace hält sich zunächst von ihm fern – bis sie auf seiner Website ein Bild sieht, das eine Halskette auf Seegrasgrund zeigt. Ihre eigene Halskette, die sie damals Christina schenkte. Woraufhin sich ein Abenteuer entspannt, das sämtliches Wissen auf den Kopf stellt, an das Grace bisher glaubte …

Diese Geschichte hatte viele kurze Kapitel und einige denkwürdige Szenen, schaffte es aber nicht ganz, mich zu überzeugen. Die paranormale Richtung, die die Geschichte einschlug, setzt nämlich voraus, dass wir als Leser:innen offen gegenüber diesen Themen sind – was bei mir nur halb der Fall ist.

Denn einerseits spricht Matt Haig ein paar wichtige Punkte an: Zum Beispiel die Tatsache, dass die Menschheit sich schon oft genug in ihrem Weltbild irrte, und dass wir immer andere Erklärungen als die Existenz paranormaler Phänomene suchen würden (selbst in einer Welt, in der sie existieren). Das waren meiner Meinung nach tatsächlich valide Standpunkte. Doch andererseits werden bekannte Denkfehler wie der Bestätigungsfehler, der Survivorship Bias und die Frequenzillusion nicht als solche angesprochen, was ich speziell bei Grace, einer Mathematiklehrerin, ungewöhnlich fand. Aus diesem Grund war ich konstant hin- und hergerissen zwischen „das ist alles Unsinn“ und „das ist alles möglich“. Hier hätte ich mir gewünscht, dass neben der Existenz paranormaler Elemente mehr betont worden wäre, dass es immer noch wissenschaftliche Erklärungen für viele Zufälle gibt.

Die Kapitel sind kurz, geben aber trotzdem einen guten Einblick in die Charaktere und schaffen es, ein paar magische Szenen zu erschaffen. Das Pacing dagegen ist sehr langsam, sodass es leider auch Szenen gab, in denen ich mich langweilte. Aus diesem Grund würde ich den Roman nur denjenigen empfehlen, die einerseits ein ruhiges Leseerlebnis haben wollen und andererseits offen für übernatürliche Ereignisse sind.