Bücherregal lädt …
Die Unmöglichkeit des Lebens
416 Seiten

Grace Winters ist zweiundsiebzig Jahre alt, als sie von Christina van der Berg, einer ehemaligen Bekannten, ein Haus in Ibiza vererbt bekommt. Spontan fliegt sie tatsächlich nach Ibiza, um sich selbst und Antworten auf ihre Fragen zu finden. In ihrem Abschiedsbrief schlägt Christina ihr vor, ein paar Orte und Personen zu besuchen und offen für alles zu sein, deutet aber auch an, dass sie ihren Tod vorhergesehen hat, was in Grace noch mehr Fragen aufwirft. Eine der Personen, die sie aufsuchen soll, ist ein gewisser Alberto Ribas, von dem alle Einwohner sie warnen. Auch Grace hält sich zunächst von ihm fern – bis sie auf seiner Website ein Bild sieht, das eine Halskette auf Seegrasgrund zeigt. Ihre eigene Halskette, die sie damals Christina schenkte. Woraufhin sich ein Abenteuer entspannt, das sämtliches Wissen auf den Kopf stellt, an das Grace bisher glaubte …

Diese Geschichte hatte viele kurze Kapitel und einige denkwürdige Szenen, schaffte es aber nicht ganz, mich zu überzeugen. Die paranormale Richtung, die die Geschichte einschlug, setzt nämlich voraus, dass wir als Leser:innen offen gegenüber diesen Themen sind – was bei mir nur halb der Fall ist.

Denn einerseits spricht Matt Haig ein paar wichtige Punkte an: Zum Beispiel die Tatsache, dass die Menschheit sich schon oft genug in ihrem Weltbild irrte, und dass wir immer andere Erklärungen als die Existenz paranormaler Phänomene suchen würden (selbst in einer Welt, in der sie existieren). Das waren meiner Meinung nach tatsächlich valide Standpunkte. Doch andererseits werden bekannte Denkfehler wie der Bestätigungsfehler, der Survivorship Bias und die Frequenzillusion nicht als solche angesprochen, was ich speziell bei Grace, einer Mathematiklehrerin, ungewöhnlich fand. Aus diesem Grund war ich konstant hin- und hergerissen zwischen „das ist alles Unsinn“ und „das ist alles möglich“. Hier hätte ich mir gewünscht, dass neben der Existenz paranormaler Elemente mehr betont worden wäre, dass es immer noch wissenschaftliche Erklärungen für viele Zufälle gibt.

Die Kapitel sind kurz, geben aber trotzdem einen guten Einblick in die Charaktere und schaffen es, ein paar magische Szenen zu erschaffen. Das Pacing dagegen ist sehr langsam, sodass es leider auch Szenen gab, in denen ich mich langweilte. Aus diesem Grund würde ich den Roman nur denjenigen empfehlen, die einerseits ein ruhiges Leseerlebnis haben wollen und andererseits offen für übernatürliche Ereignisse sind.

Amelia. Alle Seiten des Lebens
359 Seiten

Amelia und Jenna sind beste Freunde und große Fans der Chroniken von Orman, die von dem noch jungen Nolan Endsley geschrieben wurden. Doch nach einem gescheiterten Treffen mit dem Autor wird Amelias Leben auf den Kopf gestellt, als Jenna bei einem Autounfall stirbt und es ihr unmöglich macht, je wieder eine Geschichte zu genießen. Doch als Amelia eine besondere Ausgabe der Chroniken von Orman bekommt, hofft sie auf eine Nachricht von Jenna und beschließt, herauszufinden, wer ihr das Buch geschickt hat. Stattdessen trifft sie auf Nolan Endsley höchstpersönlich und bald schon müssen beide sich mit den Verlusten in ihrem Leben auseinandersetzen …

Diese Geschichte ist insgesamt relativ ruhig und sehr emotional erzählt; an sich bietet sie nicht viel Neues, aber dennoch hat es mir sehr viel Spaß gemacht, sie zu lesen. Das liegt zum Einen am angenehmen Schreibstil, zum Anderen daran, dass die Geschichte so viele schöne Details enthält, dass es eine wahre Freude war, sie zu entdecken. Da wäre zum Beispiel natürlich die Geschichte der Chroniken von Orman, die wir überraschend gut kennenlernen – sogar so gut, dass ich am liebsten wünschte, dass sie real wären, weil ich sie sehr gerne gelesen hätte. Was mir ebenfalls sehr gut gefiel, war, wie die Charaktere sich gegenseitig durch Fotografien beruhigen, indem sie die Geschichte hinter ihnen erzählen. Das hat den Figuren nicht nur viel Tiefe verliehen, sondern war auch eine hervorragende Methode, um zu zeigen, wie wichtig Geschichten für sie sind.

Auch unabhängig von Fotografien bekommen wir die Vergangenheit der Charaktere mit, die, um ehrlich zu sein, recht vorhersehbar war; da hat es mir schon besser gefallen, Amelia und Nolan dabei zu beobachten, wie sie sie gemeinsam überwinden. Obwohl sie im Buch nur wenige Tage miteinander verbringen, spürt man ihre Verbindung deutlich, was ich sehr beeindruckend fand – ich las zwar durchaus schon andere Geschichten, in denen die Chemie zwischen den Charakteren so gut stimmte, dass es glaubwürdig war, wenn sie innerhalb kurzer Zeit zueinander gefunden haben, aber bei Amelia und Nolan gibt es einen zusätzlichen Pluspunkt, weil ihnen selbst bewusst ist, wie unwahrscheinlich es ist, dass sie nach wenigen Tagen damit rechnen können, ein ganzes Leben miteinander zu verbringen, die Geschichte mich aber davon überzeugt hat, dass sie es schaffen werden.

Der Schreibstil war so gut, dass ich die Handlung stets vor meinem inneren Auge sah, als würde sie sich wie in einem Film abspielen, was mir nicht oft passiert. Von daher kann ich die Geschichte trotz der Tatsache, dass sie nichts weltbewegend Neues enthält, sehr empfehlen, weil sie es trotz gewohnter Schemata schafft, etwas Besonderes zu sein!