- Ein letztes Geschenk
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- Scrapbooks
- Nachforschungen
- True-Crime-Podcasts
- Falsche Identität
- Rache
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- Gone Girl
Esther Ray ist eine Künstlerin, die auf einer Vernissage ein unschlagbares Angebot von der Multimillionärin Naomi Duncan bekommt: Sie soll zum Anlass des baldigen sechzigsten Geburtstags ihres Ehemanns Scrapbooks über das Familienleben der letzten zwanzig Jahre erstellen. In über zweihundert Kisten schickt Naomi Esther sämtliche Dokumente, die sich seit der Geburt ihrer Tochter angesammelt haben: Fotos, Schulaufgaben, psychologische Beurteilungen, Rechnungen, Bankauszüge – alles, was irgendwie auf Papier gebannt wurde, so irrelevant es auch für die Scrapbooks zu sein scheint. Zudem ist Naomi absolute Geheimhaltung wichtig, was Esther, die True-Crime-Fan ist, bald misstrauisch macht – was genau hat Naomi wirklich mit den Scrapbooks vor? Immer tiefer und tiefer versinkt sie in der Familiengeschichte der Duncans, entschlossen, das Geheimnis hinter ihrer Aufgabe herauszufinden. Und dann kommt Naomi ums Leben, was in Esther umso mehr das Verlangen weckt, Naomis Pläne aufzudecken …
Dieser Roman stellt eine spannende Frage, die er zudem fantastisch beantwortet: Was würde passieren, wenn jemand mit einem lang angelegten Plan stirbt, kurz bevor dieser vollständig umgesetzt werden kann? Und was würde passieren, wenn jemand Anderes auf diesen Plan aufmerksam wird? Dieses faszinierende Gedankenspiel bildet die Basis der gesamten Geschichte und hat es hervorragend geschafft, mich zusammen mit Esther immer tiefer und tiefer in ihre Obsession hineinzuziehen. Es war so fesselnd, wie leicht es Calla Henkel gelungen ist, uns Esthers Gedanken nahezubringen, da wir als Leserinnen und Leser zwar begreifen, dass sie psychologische Probleme hat, es uns aber trotzdem leicht fällt, uns in sie hineinzuversetzen. Ich wollte unbedingt wissen, wohin die Geschichte führt, woraus Naomis Plan bestand und wie weit Esther zu gehen bereit ist, um ihn aufzuklären.
Neben der Haupthandlung, die einen erfolgreich für sich einnimmt, gibt es auch so einige Nebenhandlungen, die mich fesselten, vor allem Esthers Vergangenheit und ihre Freundschaft mit Patrick, ihrem Nachbarn. Aber ich mochte es auch, wie Esther die Podcasts, die sie während der gesamten Handlung anhörte, kurz beschrieb; für die Handlung selbst waren sie nicht relevant, haben aber Esther so gut charakterisiert, dass ich mich zusammen mit ihr in ihnen – und dem Rest der Handlung – verlor.
Das Ziel von Esthers Nachforschungen war unerwartet, hat mich aber zufrieden gestellt. Ich glaube, nur von den Scrapbooks selbst hatte ich mir mehr erhofft; nach einer Weile spielen weder sie noch Naomis Familienmitglieder eine große Rolle, weil der Fokus ab dem letzten Drittel der Handlung eher auf Esthers Untersuchungen außerhalb davon liegt. Spannend fand ich die Handlung hier allemal, hätte mir aber trotzdem gewünscht, dass die Scrapbooks noch eine letzte Rolle gespielt hätten.
Letztendlich hat Calla Henkel hier jedoch einen absolut fesselnden, einnehmenden Spannungsroman geschrieben, der hoffentlich auch andere Leserinnen und Leser begeistern wird!
Sloane Caraway ist eine notorische Lügnerin. Sie kann einfach nicht anders, weil sie es liebt, sich selbst interessanter zu gestalten. Als sie im Park den gut aussehenden Jay mit seiner Tochter Harper sieht, die gerade einen Bienenstich bekommen hat, rutscht es ihr deshalb wie von selbst von den Lippen, dass sie Caitlin heißt und Krankenschwester ist. Beim nächsten Mal ist auch Jays Frau Violet dabei, die sich überschwänglich bei Sloane bedankt und sie zum Dinner einlädt. Eins kommt zum anderen und schon bald wird Sloane das Kindermädchen von Harper. Jay sieht sie leider nicht allzu oft, versteht sich aber umso besser mit Violet. Doch ahnt sie nicht, welche Pläne Violet für sie hat …
Dieser Thriller ist perfekt für Freida-McFadden-Fans geeignet, ist locker und spannend geschrieben und enthält Twists, mit denen ich nicht gerechnet habe (speziell, was das Ende angeht). Dadurch, dass die Thematik Lügen sind, war ich natürlich von Anfang an auf alle Aussagen sensibilisiert, was es umso spannender machte, sich zu überlegen, welche von ihnen stimmen und welche nicht.
Zu meiner Überraschung lag der Fokus nicht auf Sloane und Jay, sondern auf der Freundschaft zwischen Sloane und Violet. Diese fand ich überrascht gut umgesetzt, vor allem wenn man bedenkt, dass sie beide natürlich ihre eigenen Gründe haben, sie am Laufen zu halten. Die Art und Weise, wie die Sichtwechsel ihre Handlungen in einem anderen Licht darstellten, war hervorragend und sorgte für ein Ende, das ich nicht kommen sah.
Am meisten trieb mich die Frage nach Violets Plan an, der erst gegen Ende gelüftet wird. Zugegeben ist er meine einzige Kritik, denn das Konstrukt, auf dem er – und damit die ganze Geschichte – steht, war äußerst wackelig. Ich hatte das Gefühl, dass nur ein einziger Fehler und eine etwas genauere Untersuchung genug gewesen wären, um den Plan komplett in sich zusammenstürzen zu lassen. Als jemand, der gut konstruierte Geschichten mag, bei denen alles an seinen Platz fällt, hatte mir Violets Plan zu viele Löcher und Unsicherheiten. Speziell eine gewisse Lüge, um die Violet Sloane später in der Handlung bittet und die zentral für ihren Plan ist, hätte durch eine einfache Ablehnung von Sloanes Seite aus dafür gesorgt, dass ihr gesamter Plan in sich zusammenfällt.
Meiner Lesefreude hat das zum Glück keinen Abbruch getan, weil es sehr viel Spaß machte, die Gedanken der beiden zu verfolgen. Diejenigen, die „Wenn sie wüsste“ mochten und nach etwas Ähnlichem suchen, werden hier einen packenden Thriller finden – der zwar nicht perfekt konstruiert ist, aber dafür umso spaßiger zu lesen!