Nach dem Tod seiner Frau und dem Verlust seines Jobs reicht es Ove: Er will einfach nur in Ruhe sterben. Doch eine Familie, die neu neben ihm einzieht, macht ihm eine Strich durch die Rechnung. Ove wird in ihre Probleme involviert und verschiebt seine Selbstmordpläne immer weiter und weiter. Langsam, aber stetig wächst ihm die Familie ins Herz.
Ove ist ein äußerst … schwieriger Charakter. Er ist streng, auf Regeln und Ordnung bedacht, sehr von seinem eigenen Standpunkt überzeugt, sehr kritisch gegenüber Personen, die nicht seiner Meinung sind, wird schnell laut, ist uneinsichtig gegenüber seinen Fehlern und hat einige sehr seltsame Vorurteile über seine Mitmenschen (speziell, was die Autos betrifft, die sie fahren). Er ist zwar auch zuverlässig, beschützerisch gegenüber den Menschen, die er mag und durchaus hilfsbereit, wenn es die Situation verlangt, aber um ehrlich zu sein, hat seine fehlende Empathie gegenüber seinen Mitmenschen es mir sehr schwierig gemacht, ihn zu mögen. Ich hatte mehr Mitgefühl mit den Menschen, die von Ove konfrontiert wurden als mit ihm selbst.
Das gesamte Buch hinweg habe ich gehofft, dass Ove ein wenig auftaut, mehr liebenswertere Seiten von sich zeigt und dass seine negativen Seiten öfter kritisiert werden – und teils geschah das auch, vor allem dank Oves Nachbarin Parvaneh. Aber eben nicht genug. So ziemlich alle seine Sichtweisen bleiben gleich und das einzige, was sich ändert, ist, dass er mehr Personen in seinem Leben akzeptiert (die er trotzdem kritisiert, wenn sie etwas tun, was nicht seiner engstirnigen Vorstellung von Richtig und Falsch entspricht).
Wären seine Schwächen stärker als solche hervorgehoben worden, als einfach akzeptiert zu werden, hätte ich über die minimale Charakterentwicklung hinwegsehen können, aber stattdessen bekam ich den Eindruck, dass Ove letztendlich immer richtig liegt und er nicht trotz, sondern wegen seiner mürrischen, kompromisslosen Art gemocht wird. Versteht mich nicht falsch – es ist schön, wenn man seine Liebsten so liebt, wie sie sind, statt sie ändern zu wollen. Aber bei Ove hatte ich teils Schwierigkeiten, zu verstehen, warum er überhaupt gemocht wird, weil er so viele Schwächen hat, über die man im wirklichen Leben nicht so einfach hinwegsehen kann.
Dabei ist Ove durchaus ein guter Charakter. Definitiv keine nette Person, aber er hat Stärken, Schwächen und eine Vergangenheit, die dem Leser erklärt, warum er so ist, wie er ist. Ich habe durchaus eine gewisse Empathie für ihn empfunden und verstanden, warum er so mürrisch geworden ist. Doch das hat mitnichten gereicht, um ihn ins Herz zu schließen; stattdessen habe ich mir gewünscht, dass Ove mehr Verständnis für Menschen zeigen würde, die andere Meinungen haben als er. Leider geschah das nie; mir hätte es hier besser gefallen, wenn Ove sich als Charakter verändert hätte, weil er begreift, wie sein Handeln auf andere wirkt – aber ich wartete vergeblich darauf.
Obwohl die Handlung gut strukturiert war und es schaffte, sowohl Humor als auch Tragödie perfekt einzubauen, gefiel mir das Buch letztendlich nicht besonders, weil ich es einfach nicht schaffte, seinen Hauptcharakter zu mögen, so sehr ich es auch versuchte.
- Von hier
- bis zum Anfang
- Chris Whitaker
- Piper
- Belletristik
- Verbrechen
- Melancholie
- Erwachsenwerden
- Gefühle
- Geheimnisse
Vor dreißig Jahren wurde Vincent King des Mordes an Sissy Radley angeklagt. Nur sein bester Freund und Polizist Walk glaubt fest an seine Unschuld. Doch als nach Vincents Freilassung Sissys Schwester Star Radley ermordet wird, während Vincent sich zusammen mit ihren Kindern Duchess und Robin in ihrem Haus befindet, scheint der Fall festzustehen: Er wird des Mordes angeklagt. Während Walk nach Hinweisen sucht, um die Unschuld seines Freundes zu beweisen, muss Duchess zusammen mit ihrem Bruder Robin bei ihrem Großvater leben. Was keiner von beiden weiß: In der Nacht des Mordes hat Robin gesehen, was wirklich passiert ist …
„Von hier bis zum Anfang“ ist ein sehr emotionaler Roman, der nicht von seiner Action, sondern von seinen Charakteren und deren Problemen lebt. Walk ist krank und möchte auf keinen Fall, dass das jemand herausfindet, während Duchess sich gegen die Menschen, die ihr nahe kommen wollen, wehrt. Vor allem Duchess' Teil der Geschichte hat mir sehr gefallen. Sie bezeichnet sich als „Outlaw“, stößt die Menschen um sich herum durch distanziertes Verhalten und Beleidigungen ab und möchte einfach nur, dass ihr Bruder ein ruhiges Leben führt. Während ich zwar wünschte, sie wäre nicht so oft mit ihrem Verhalten durchgekommen, hat mir der Charakter der Duchess insgesamt sehr gefallen. Auch Walk ist ein hervorragender Charakter, dessen persönliche Probleme mir sehr nahe gegangen sind, aber Duchess war es, die letztendlich mein Herz erobert hat.
Der Schreibstil ist von vielen Dialogen gekennzeichnet, was mich manchmal verwirrte, weil ich ab und an vergessen habe, wer welchen Satz angefangen hat. Hier hätte ich es begrüßt, wäre der sprechende Charakter öfters erwähnt worden. Auch gibt es in der Geschichte viele Momente, in denen nicht viel passiert – was allerdings keine Kritik ist, sondern einfach eine Feststellung. Ich mochte diese leicht melancholische Stimmung, aber für jeden ist sie nicht.
Hervorragend war die Auflösung der Geschichte, die viele Dinge in eine neue Perspektive rückt und imho sehr zufriedenstellend war. Tatsächlich möchte ich die Geschichte im Anbetracht der neuen Informationen am liebsten nochmal lesen!
Insgesamt ein schöner Roman, der gut für Fans von „Der Gesang der Flusskrebse“ geeignet ist!
Es startet mit einer dummen Idee: Einem Banküberfall. Doch als die vom Bankräuber bedrohte Bankangestellte diesen darüber informiert, dass es sich um eine bargeldlose Bank handelt und droht, die Polizei zu rufen, gerät der Bankräuber in Panik. Er flüchtet in das erstbeste Gebäude, wo gerade eine Wohnungsbesichtigung stattfindet. Kurzerhand nimmt er die Kaufinteressenten als Geiseln. Als Stunden später die Polizei eintrifft und die Geiseln freigelassen werden, ist vom Geiselnehmer keine Spur zu finden - und schnell ist klar: Mindestens eine der Geiseln lügt ...
"Eine ganz dumme Idee" ist ein humorvoller, emotionaler und rundherum unterhaltsamer Roman. Nach und nach werden die Umstände der Geiselnahme und die Lebensumstände der Geiseln aufgeklärt. So gibt es nicht nur interessante Twists, indem durch die Auflüftung von Geheimnissen ein neuer Kontext geschaffen wird, sondern auch viele Gefühle, weil wir wirklich jede relevante Person gut kennenlernen und uns in sie hineinversetzen können.
Hier liegt auch mein einziger (zugegeben verzeihlicher) Kritikpunkt des Romans: Ich habe es geliebt, die Charaktere näher kennenzulernen, aber letztendlich hingen ihre Leben nicht so sehr zusammen, wie ich es mir gewünscht hätte. Das wäre zugegeben zu zufällig gewesen, aber dadurch wirkten manche erzählten Lebensumstände schlicht nicht relevant für die Handlung.
Andererseits trugen sie dazu bei, die Charaktere so sympathisch zu machen, weshalb ich Fredrik Backman letztendlich dankbar bin, dass er so in die Tiefe ging. Nur diejenigen, die erwarten, dass jedes Detail letztendlich Relevanz hat, könnten enttäuscht werden - die meisten tragen ausschließlich dazu bei, uns die Charaktere näher zu bringen.
Letztendlich handelt es sich um eine großartige Geschichte, die mich sowohl zum Lachen gebracht als auch zum Nachdenken angeregt hat. Von daher ist es mitnichten eine dumme Idee, dieses Buch zu lesen ;)
Eigentlich wollten Norman und Jax später zusammen als Comedy-Duo arbeiten. Aber dann stirbt Jax und lässt Norman allein zurück. Trotzdem ist Norman fest entschlossen, ihren gemeinsamen Traum zu erfüllen - und dabei seinen Vater zu finden, dessen Identität seine Mutter auf vier Männer einschränken kann. Zusammen mit Leonard, einem hilfsbereiten Rentner, machen sie sich auf einen Roadtrip, um sowohl Normans Humor für einen kommenden Auftritt zu üben als auch seine potentiellen Väter aufzusuchen ...
Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so recht, was ich von dem Buch halten soll. Die Grundidee fand ich gut und auch passabel umgesetzt (nur der "Roadtrip"-Aspekt hätte meiner Meinung nach stärker hervorgehoben werden sollen). Der Schreibstil war ansprechend, die Charaktere sympathisch. Die Handlung war okay, der Humor gut. Und vielleicht liegt genau da das Problem:
Alles befand sich auf einem "gut/okay"-Level. Weder auf positive noch auf negative Weise fand ich etwas, das sich hervorgehoben hätte. Was einerseits durchaus gut ist, weil es nichts gab, was ich schlecht gefunden hätte - aber eben auch nichts, von dem ich sagen würde, dass es absolut spitzenmäßig war.
Insofern fällt es mir schwer, eine vernünftige Bewertung abzugeben, weil ich das Buch auch nicht als mittelmäßig bezeichnen würde. Es ist kein Buch, das man absolut gelesen haben muss, aber ich bereue es auch nicht, es gelesen zu haben. Ich glaube, noch nie fiel mir so schwer, einzuschätzen, was ich von einem Buch halte.
Von daher kann man sich natürlich eine eigene Meinung bilden, indem man es selbst liest ;) Insgesamt war es schlicht und ergreifend in Ordnung - nicht mehr und nicht weniger.
- Die Telefonzelle
- Am Ende der Welt
- Laura Imai Messina
- btb
- Belletristik
- Japan
- Fukushima
- Tod
- Trauer
- Gefühle
- Detailverliebtheit
Nachdem Yui bei der Nuklearkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011 ihre Mutter und ihre Tochter verloren hat, sucht sie nach einem Weg, ihre Trauer zu bewältigen. In der Radiosendung, die sie moderiert, wird sie dabei auf das sogenannte Telefon des Windes aufmerksam: Eine nicht angeschlossene Telefonzelle in einem Garten am Meer, die Menschen benutzen, um mit ihren verstorbenen und verlorenen Angehörigen zu sprechen. Sie macht sich auf den Weg dahin, kann sich jedoch nicht überwinden, die Telefonzelle zu betreten. Dafür begegnet sie Takeshi, der ebenfalls einen schweren Verlust erlitten hat - und bald schon beginnt nicht nur eine Freundschaft, sondern auch eine Liebe.
"Die Telefonzelle am Ende der Welt" ist ein sehr ruhiges Buch, das vor allem durch seine Details brilliert - den kurzen Blick auf Menschen, Gegenstände und Situationen, die sonst niemand bewusst wahrnimmt und die hier hervorgehoben werden. Meistens geschieht das durch ein Zwischenkapitel, in dem ein Detail, das im vorigen Kapitel nur angeschnitten wurde, beschrieben wird: Zum Beispiel die Playlist von Yuis Radiosendung, Dinge, die sie für ihre Tochter gekauft hat und was sie und ihre Mutter am Tag ihres Todes trugen. Diese vielen plastischen Details haben mir sehr gefallen, weil sich die Geschichte dadurch sehr realistisch angefühlt hat.
Auch mitten in der eigentlichen Geschichte werden Einzelschicksale beschrieben, aber natürlich auch auf Yuis und Takeshis eingegangen. Interessanterweise fand ich die Einzelschicksale meist sehr viel interessanter als die Haupthandlung - die, wie ich zugeben muss, mich stellenweise durchaus langweilte, weil einfach nicht viel passiert.
Insofern ist das definitiv keine Geschichte, die durch ihre Handlung lebt, sondern eher durch die Empfindungen der Charaktere. Diesen wird viel Platz eingeräumt und brachte sie mir so nahe, aber letztendlich gab es mir ein bisschen zu viel Gefühle und ein bisschen zu wenig Handlung.
Der Schreibstil war angenehm zu lesen und die Botschaft des Romans schön. Wer also ruhige Lektüre mag, in denen man sich ganz in Details und Gefühlen vertiefen kann, ist hier goldrichtig, während alle anderen lieber zu einem anderen Roman greifen sollten.
Insgesamt bin ich Laura Imai Messina jedoch sehr dankbar, dass sie diese Geschichte geschrieben hat!
Als Fridolin sich in einem Kunst- und Kuriositätenladen, den er mit seiner Mutter besucht, umschaut, stößt er auf einen alten Spiegel und berührt ihn. Unerwartet holt er dadurch einen Goblin aus dem Spiegel, an den er nun gefesselt ist. Gemeinsam müssen sie sich im Kuriositätenladen umschauen, um einen Weg zu finden, die Fessel zu lösen - und das ohne, dass Fridolins Mutter auf sie aufmerksam wird ...
Nach "Das Dämonen-Labyrinth" ist "Die chinesische Spiegelfalle" Corinna Rindlisbachers bereits zweite interaktive Geschichte, die dem Leser die Entscheidung überlässt, wie er vorgehen soll und ihm dabei so einige Rätsel stellt. Mir persönlich hat es sehr viel Spaß gemacht, mich von Entscheidung zu Entscheidung zu hangeln. Insgesamt habe ich das Buch zweimal durchgelesen und erfreut festgestellt, dass beide Male auf unterschiedlichen Wegen zum Ziel führen.
Die Rätsel selbst sind kindgerecht gehalten, aber lustigerweise gab es tatsächlich ein Rätsel im Bezug auf Klopfzeichen, das mir Kopfzerbrechen bereitete und deren richtige Antwort ich sogar zuletzt auswählte, weil ich einfach nicht darauf kam, was die richtige Lösung ist ... bis sie mir offenbart wurde und ich mein viel zu kompliziertes Denken verflucht habe :D
Apropos richtige Antwort: Im Vergleich zum Vorgänger gibt es hier mehrere Kapitel, bei denen die Wahl zwischen einer richtigen und vielen falschen Antworten besteht. Dadurch wird die eigentliche Reise linearer, was ich beim Lesen selbst zwar nicht merkte, aber dafür beim Analysieren des Kapitelaufbaus.
Eine Gemeinsamkeit gibt es jedoch: Man kommt so oder so irgendwann am Ziel an. Zwar gibt es hier zwei Enden, bei denen sich Fridolins Beziehung zu seiner Mutter unterscheidet, aber bei der eigentlichen Hauptaufgabe kann man nicht scheitern. Was für Kinder vielleicht gut ist, mich jedoch hat wünschen lassen, dass es mehrere Enden gäbe.
Insgesamt ein schöner interaktiver Spaß und ich hoffe, dass Corinna Rindlisbacher noch mehr Escape-Abenteuer schreiben wird!
- Ministerium Träume
- Yaghoobifarah
- Blumenbar
- Belletristik
- Moderne Sprache
- Tod
- Beziehungen
- Geheimnisse
- Zwischenmenschliches
Nas' Schwester Nushin kommt bei einem Autounglück ums Leben. Die Polizei vermutet, dass es sich um einen Unfall handelt, weil ihr Auto kurz zuvor stümperhaft repariert wurde, während Nas überzeugt davon ist, dass ihre Schwester Selbstmord begangen hat. In ihrem Testament hinterlässt Nushin ihr das Sorgerecht für Parvin, ihre Tochter in Teenagerjahren. Bald schon beschäftigt Nas nicht nur die Frage, welche Geheimnisse ihre Schwester vor ihr hatte, sondern auch das Problem, mit Parvin auszukommen, die sich vor ihr verschließt ...
Dieses Buch hat einen sehr modernen Schreibstil, im mehreren Sinne. Die Ich-Perspektive Nas' enthält nicht nur regelmäßige Flüche und kreative, bildhafte Metaphern, sondern auch Gender-Doppelpunkte, die sich schön in den Text einfügen und zeigen, dass ihre Schreibweise mitnichten so störend für den Lesefluss ist, wie man vermuten könnte.
Die Geschichte selbst erzählt einerseits von Nas' problematischer Beziehung mit ihrer Nichte Parvin, aber auch die Vergangenheit, die sie mit ihrer Schwester Nushin durchlebte. Sehr gut hat mir gefallen, dass einige Punkte der Vergangenheit in der Gegenwart noch mal aufgegriffen und so offene Fragen geklärt wurden; leider trifft das nicht auf die Gegenwartsfragen zu. An sich finde ich es in Ordnung, gewisse Plotpunkte im Offenen zu lassen, aber in diesem Fall ist auch das Ende überraschend offen und lässt einen mit dem Gefühl zurück, dass etwas fehlt, um der Geschichte einen endgültigen Abschluss zu geben. Zwar werden die Umstände von Nushins Tod glücklicherweise geklärt, aber die Konsequenzen der Wahrheit bleiben leider unerforscht.
Die Charaktere haben sich alle sehr realistisch angefühlt und gerade Nas war eine wunderbare Protagonistin, in die ich mich hervorragend hineinversetzen konnte, weil Hengameh Yaghoobifarah es meisterhaft beherrschte, sie zu einer fehlerbehafteten und sympathischen Figur zu machen.
Die Nebencharaktere bleiben größtenteils blass, allerdings meine ich das im positiven Sinn - sie wirken wie Personen aus dem eigenen Bekanntenkreis, den man nicht allzu gut kennt und der deshalb relativ fremd auf einen wirkt.
Der Titel hat mich etwas verwirrt, weil weder Ministerien noch Träume eine große Rolle in der Handlung spielen, ist aber nur eine Kleinigkeit.
Insgesamt eine schöne Geschichte über menschliche Zwischenbeziehungen, bei der mich nur das Ende nicht zufriedengestellt hat. Die Reise war es imho durchaus wert, aber wer gerne möchte, dass seine Bücher einen guten Schlusspunkt finden, wird ihn hier leider nicht bekommen.
Eine Hochzeit, mehrere Gäste und eine Leiche: Julia, genannt Jules, heiratet den Schauspieler Will und beide laden mehrere Personen zu ihrer Feier ein. So schlüpfen wir in die Köpfe von Jules, der Braut, Aoife, der Hochzeitsplanerin, Hannah, der Begleitung, Johnno, dem Trauzeugen und Olivia, der Brautjungfer. Die unausgesprochenen Geheimnisse jeder einzelnen Figur haben das Lesen besonders spannend gemacht, besonders, als die Geheimnisse nach und nach ans Licht kommen.
Auch schaffte es Lucy Foley, dass ich mit jedem Sichtcharakter mitfühlen konnte, was es noch spannender machte, der eskalierenden Handlung zu folgen. Denn wie in ihrem ersten Thriller "Neuschnee", bei dem sowohl die Identität des Opfers als auch die des Täters bis zum Schluss geheim bleiben, geht es auch in diesem Thriller nicht darum, wer der Mörder ist, sondern, wer es werden wird - und wen er dabei mit in den Abgrund zieht.
Diese ungewöhnliche Herangehensweise begeisterte mich sehr, weil selbst, nachdem klar ist, welcher Charakter am meisten gehasst wird, sich nicht nur die Frage stellt, ob dieser Charakter Mörder oder Opfer sein, sondern auch, wer den gegenteiligen Part einnehmen wird.
Zudem hat Lucy Foley dafür gesorgt, dass man die Twists des Buches, wenn man aufmerksam ist, tatsächlich erraten kann - mit ihrer Geschichte baut sie geschickt ein Puzzle, dessen Teile nahtlos ineinander greifen und dessen Bild für einen scharfsinnigen Leser eventuell schon vorher sichtbar wird. Das Foreshadowing ist einfach meisterhaft und bei den Twists, die ich nicht erriet, habe ich mich im Nachhinein gefragt, wie ich so blind habe sein können. Meiner Meinung nach also die perfekte Art von Twists!
Rundherum ein sehr empfehlenswerter Thriller für alle, die es lieben, wenn jedes Detail am Ende seinen Platz findet!
Ivory hat ein Stipendium für die St. Mitchell, eine renommierte Privatschule in New York, bekommen und in den Sommerferien eine romantische Beziehung mit ihrem Mitschüler Heath geknüpft. Doch als die Schule beginnt, hält er sich plötzlich fern von ihr und Ivory erfährt von einem Spiel, das seit Jahrzehnten in der Schule in den ersten Anfangswochen eines Jahres die Leben aller Schüler beherrscht. Auch Ivory wird darin hineingezogen und ist gezwungen, bestimmte Aufgaben zu erfüllen, wenn sie nicht will, dass ihre Geheimnisse öffentlich gemacht werden ...
Nachdem ich "Pretty Dead" gelesen und gemocht hatte, interessierte mich Stefanie Hasses Vorroman "Secret Game" und ich muss sagen, dass die Autorin sich in mehreren Aspekten sehr verbessert hat. Ob es nun die Charaktere, die Romanze, die Geheimnisse oder der allgemeine Plot sind - im Gegensatz zu "Pretty Dead" befinden sich alle auf einem "okay"-Level. Speziell die Aufgaben des Spiels und die Frage, wann die Charaktere ehrlich und wann vom Spiel geleitet handeln, trieb mich zum Weiterlesen an und sorgte vor allem bei den Charakteren für willkommene Überraschungen, aber insgesamt habe ich nicht so mitgefiebert wie in "Pretty Dead".
Tatsächlich schlussfolgerte ich sehr bald, wer hinter dem Spiel steckt, was in diesem Fall jedoch nicht negativ gemeint ist - ich fand letzten Endes bloß, dass gewissen Aufgaben zu viel Screentime eingeräumt wurde, wodurch die Kernfrage oft im Hintergrund verschwunden ist.
Die Anzahl der Charaktere war imho ein wenig zu hoch, sodass ich eine Weile brauchte, um mir alle Namen zu merken. Dafür bekommt man umso besser mit, wie verschiedene Charaktere zueinander stehen.
Insgesamt also ein ganz passables Buch, bei dem positiv hervorzuheben ist, dass die Autorin an den kritisierten Aspekten offensichtlich gearbeitet hat. Ohne "Secret Game" hätte es das tolle "Pretty Dead" wohl nicht gegeben - und ich bin schon gespannt, wie der neueste Zweiteiler der Autorin, "Matching Night" im Vergleich dazu abschneiden wird!
Mitten auf einer Halloween-Party bricht Sarah Matthews plötzlich in den Armen ihres Freundes Chase zusammen und stirbt. Schnell wird klar: Sie wurde ermordet. Mehrere Jugendliche aus ihren Bekanntenkreis sind verdächtig: Chase, ihr Freund; Brooke, ihre beste Freundin; Devin, ihr Stiefbruder; Piper, ihre Erzfeindin; und Jam, Chases ehemaliger Freund. Sie alle waren circa ein Jahr vor Handlungsbeginn direkt oder indirekt in einen Autounfall verwickelt, der danach geheim gehalten wurde und der jetzt ans Licht zu kommen droht. Zudem finden Chase und Brooke, die heimlich ineinander verliebt sind, rote Kraninche, in denen ihnen gedroht wird, ihre Geheimnisse ans Tageslicht zu bringen ...
Was die Charaktere angeht, hatte ich ein merkwürdiges Leseerlebnis: Einerseits habe ich mich für die Charaktere an sich nicht sonderlich interessiert, andererseits waren es ihre Geheimnisse und ihre teils geheimen Beziehungen zueinander, die mich am meisten zum Weiterlesen antrieben. Gerade die Beziehung zwischen Brooke und Chase ist wundervoll beschrieben, aber auch andere Freund- und Liebschaften kommen nicht zu kurz.
Drei Kernfragen bilden die Basis des Romans: Wer hat Sarah Matthews vergiftet? Wer schickt den beiden Hauptcharakteren Brooke und Chase die roten Kraninche? Und was genau ist damals beim Autounfall passiert? Es hat sehr viel Spaß gemacht, diese Fragen zusammen mit den Charakteren zu lösen, wobei ich eine von ihnen sogar richtig beantwortet habe, während ich bei den anderen beiden total falsch lag XD
Insgesamt ein schöner Jugendthriller mit einer liebevoll beschriebenen Romanze, der imho zwar nicht ganz so tiefgründige Charaktere enthält, dafür seine Handlung mit Fragen und Geheimnissen füllt, die man als Leser unbedingt aufdecken will. Insgesamt empfehlenswert!
Rebecca lebt glücklich mit ihrer Ehefrau Lucy und ihrer fünf Monate alten Tochter Grace an einem kleinen Ferienort an der Ostseeküste. Eines Morgens begegnet Rebecca beim Spazierengehen am Strand einer nackten Frau, die sich Julia nennt und mit der sie sich schließlich anfreundet. Nach einer Woche, in der die beiden viel Zeit miteinander verbringen, verschwindet Julia jedoch spurlos. Beim Versuch, sie zu finden, stellt Rebecca fest, das nichts, was Julia ihr erzählt hat, der Wahrheit entspricht. Sie zu finden, scheint unmöglich - bis Rebecca ein Bild von Julia auf Lucys Laptop entdeckt. Kurz darauf wird Lucy tot aufgefunden und von Rebecca und Grace fehlt jede Spur ...
Die Handlung war um einiges verzwickter, als ich angenommen hatte, was mir sehr gut gefallen hat. Nach dem Lesen der obigen Kurzbeschreibung scheint der Fall klar zu sein, doch ich darf versichern, dass es nicht so einfach ist, wie es zunächst den Anschein hat. Nicht nur spielen andere wichtige Nebencharaktere eine entscheidende Rolle bei der Auflösung, sondern auch der Sichtwechsel auf Edda Timm, der Ermittlerin des Falls, die den Großteil der Geschichte erzählt. Mich überraschte es positiv, alles bisher Gelesene aus einer anderen Perspektive zu betrachten und dabei meine eigenen Schlussfolgerungen mit meinem Vorwissen zu ziehen.
Insgesamt ist dieser Roman mehr Krimi als Thriller, aber das hat meinem Vergnügen keinen Abbruch getan. Nur könnte das bei denjenigen, die gerne Thriller ohne einen Fokus auf Kommissare und Ermittlungen lesen, auf Verwirrung stoßen. Von daher empfehle ich den Roman eher den Krimi- als den Thriller-Fans, aber auch allgemein allen, die einfach mal wieder einen schönen, spannenden Fall lesen wollen :)
Einziger Wermutstropfen: Der "Bury Your Gays"-Tropus. Bei einem Krimi sollte man selbstverständlich mit Toten rechnen, doch fand ich es trotzdem schade, dass dieser Tod ausgerechnet ein lesbisches Ehepaar traf. Ich bitte um mehr Bücher - und auch Krimis -, die die LGBTQ-Community leben lassen!
Francis hat mit seiner kranken Mutter viel zu kämpfen, doch von seinem Vater weiß er nichts. Als er jedoch erfährt, dass sein Vater ein Genie sein soll, ist er fest entschlossen, ihn während eines Roadtrips zu finden - und hoffentlich das Leben zu bekommen, dass er sich so lange gewünscht hat.
Der Einstieg in die Geschichte fiel mir zugegeben schwer. Das lag hauptsächlich an der Darstellung von Anne-May, einer Krankenhaus-Patientin, in die Francis sich schnell verliebt. Sie behauptet ihm gegenüber, sie wäre von ihrem Vater vergewaltigt worden, was speziell die Sexszenen mit Francis in einem schlechten Licht darstellte, weil es so aussah, als wäre Benedict Wells unsensibel mit dem Thema Vergewaltigung umgegangen. Erst, als herauskommt, dass es sich um eine Lüge handelt, konnte ich mich in die Handlung vertiefen, wünschte allerdings trotzdem, ich hätte nicht so viel Zeit damit verbracht, empört von Wells' Darstellung zu sein.
Der Roadtrip selbst ist nämlich wunderbar beschrieben und die einzelnen Stationen hatten alle einen wichtigen Moment, der der Reise etwas Besonderes gab. Speziell der Halt in Las Vegas gefiel mir, weil es Benedict Wells hervorragend gelang, die aufsteigende Spielsucht und Aufregung zu beschreiben, sodass ich mich sehr gut in Francis' Gedankenwelt hineinversetzen konnte. Dasselbe gilt für das Ende, das imho der beste Teil des Buches ist, aus Gründen, die ich hier nicht spoilern will.
Beeindruckt war ich ebenfalls davon, wie akkurat Wells die Depression von Francis' Mutter beschrieben hat. Sie kommt gar nicht mal so oft vor, aber die Szenen mit ihr haben einen starken Eindruck hinterlassen.
Übrigens habe ich es geliebt, wie Wells meine Erwartungen untergraben hat. Direkt nachdem Francis den Brief über seine wahre Herkunft findet, entwickelte ich eine starke Theorie, was seinen Vater betrifft und war positiv überrascht über die Auflösung!
Letztendlich ist Anne-Mays Lüge der einzige Wermutstropfen der Geschichte, weil meine Annahme, sie sage die Wahrheit, mir fast die Geschichte verdorben hat, so entsetzt war ich von ihrer Darstellung als angeblich Vergewaltigte, die ohne Probleme Sex hat. Auch, wenn sich das letztendlich als unwahr erwies, bleibt ein bitterer Nachgemack in meinem Mund zurück - vermutlich, weil Francis selbst ihr Verhalten nie in Frage stellte.
Zusammengefasst: Ein sehr guter Roman mit einer einzigen Schwäche und einem fabelhaften Schluss, der mir sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird!