Nick & Charlie
176 Seiten

Nick und Charlie sind jetzt seit zwei Jahren glücklich zusammen, doch Charlie macht sich Sorgen, dass ihre Beziehung auseinander brechen wird, sobald Nick auf die Uni geht. Schließlich halten die wenigsten Fernbeziehungen für lange Zeit und erst recht nicht in jungen Jahren. Allerdings hat Charlie Angst, seine Sorgen Nick anzuvertrauen, weil dieser sich so sehr auf die Uni freut ...

In diesem kurzen Roman zeigt Alice Oseman, dass man eine gute Geschichte auch in weniger als zweihundert Seiten erzählen kann. Es hat mich positiv überrascht, wie gut es ihr auch in diesem Buch gelingt, mit wenigen Worten viel zu sagen. Die Ereignisse des Romans, Nicks und Charlies Gedankengänge sowie Streit und Wiederversöhnung haben genauso viel Raum eingenommen, wie sie gebraucht haben, ohne dass die Szenen zu kurz oder zu lang angemutet hätten. Ein wirklich großes Lob an ihren präzisen Schreibstil!

Das einzige, was mich erstaunt hat, war, dass der Roman bereits jetzt übersetzt wurde, obwohl er nach "Heartstopper 4", "This Winter" und "Heartstopper 5" spielt, die noch nicht erschienen sind. Dadurch werden deutsche Leser unabsichtlich gespoilert, weshalb ich denjenigen, die Nicks und Charlies Geschichte gerne chronologisch verfolgen möchten, empfehlen würde, mit dem Lesen noch zu warten.

Nichtsdestotrotz war das eine süße, kleine Liebesgeschichte, die mir sehr viel Freude bereitet hat!

Prison Healer (Band 2) - Die Schattenrebellin
528 Seiten

Kiva wohnt inzwischen in Vallenia, zusammen mit Jaren, dem Kronprinzen, Naari, seiner Leibwächterin, und Tipp, der für sie einem kleinen Bruder nachkommt. Fest entschlossen, ihren Geschwistern Torell und Zuleeka dabei zu helfen, den Thron einzunehmen und Jarens Familie zu stürzen, nimmt sie ihre Arbeit als Spionin ein, um die Geheimnisse der Vallentis zu ergründen. Allerdings lernt sie die Familie dabei immer besser kennen, was es ihr mehr und mehr erschwert, ihren eigentlichen Plan zu verfolgen. Schon bald ist sie nicht nur hin und her gerissen zwischen ihrer und Jarens Familie, sondern muss auch beiden Seiten glaubhaft versichern, dass sie ihnen treu ist – wohl wissend, dass sie früher oder später eine Entscheidung treffen muss …

Der zweite Teil der „Prison Healer“-Trilogie konnte mich glücklicherweise ebenso begeistern wie der erste Teil, was hauptsächlich an Jarens und Kivas Beziehung, Kivas Freundschaft mit den anderen Familienmitgliedern (vor allem Caldon, der zu meinem Lieblingscharakter geworden ist) und ihren wachsenden Zweifeln liegt, die das Leseerlebnis sehr packend gestaltet haben. Ich war oft hin und her gerissen zwischen meinem Verlangen, weiterzulesen und meiner Angst, das Ende zu erreichen, so sehr habe ich mit den Charakteren mitgefiebert!

Der Schreibstil war sehr angenehm zu lesen und machte es leicht, die Handlung zu visualisieren. Der Fokus auf Charakterbeziehungen unterschiedlicher Art war ebenfalls sehr willkommen; schon im ersten Teil mochte ich es, dass Kivas Beziehung zu anderen Charakteren nicht durch ihre Beziehung zu Jaren gemindert wurde, auch wenn letztere natürlich immer noch die wichtigste Rolle einnimmt.

In diesem Zusammenhang möchte ich unbedingt erwähnen, wie cool ich es fand, dass Lynette Noni es schaffte, mit Kiva und Jaren auch zwei Tropen einzubringen, die ich normalerweise nicht mag, die hier aber fantastisch umgesetzt wurden. Bei Kiva war es „das schwache Mädchen“, bei Jaren der „Charakter ohne Schwächen“. Kiva hat in diesem Band nicht nur eine wichtige Charakterentwicklung durchgemacht, sondern gezeigt, dass man als Protagonistin nicht physisch stark sein muss, um etwas bewirken zu können; und Jaren mag wohl für die einen oder anderen Leser*innen zu perfekt anmuten, war aber so liebe- und rücksichtsvoll, dass ich ihm seine fehlenden Schwächen einfach nicht übel nehmen konnte. In dem Genre (sei es Romanze oder Romantasy) gibt es einfach nicht genug männliche Protagonisten, die so freundlich und liebenswert sind wie er. Wie gesagt, normalerweise stört es mich, wenn ein Hauptcharakter nicht viel bzw. zu viel ausrichten kann, aber Kiva und Jaren haben es trotzdem geschafft, zu zwei meiner absolut liebsten Protagonisten zu werden, weil sie beide auf ihre Weise wundervoll waren.

Auch zu den Nebencharakteren möchte ich gerne eine kleine Anmerkung machen, nämlich, wie toll ich sowohl die „guten“ als auch die „bösen“ Charaktere fand. (Anführungszeichen, weil die Grenze nicht ganz so leicht zu ziehen ist, was ich ebenfalls als Pluspunkt werte.) Vor allem Kivas Geschwister haben es mir hier angetan; ich war positiv überrascht davon, wie gut ich ihre Beweggründe nachvollziehen konnte, selbst bei Taten, von denen ich definitiv nicht begeistert war.

Insgesamt also eine würdige Fortsetzung des ersten Teils der Trilogie, die mich schon sehr gespannt auf das Finale macht!

Birthday - Eine Liebesgeschichte
320 Seiten

Morgan weiß, dass sie in Wirklichkeit ein Mädchen ist, doch im Körper eines Jungen geboren zu sein, macht ihre Teenagerzeit nicht gerade einfach. Über sechs Geburtstage hinweg erleben wir die Beziehung zwischen ihr und Eric, ihrem bestem Freund und Schwarm, aber auch die individuellen Probleme der beiden und die Schwierigkeit, sich und anderen einzugestehen, wer man wirklich ist.

Diese Geschichte ist sehr emotional und hat mich an mehr als einer Stelle zu Tränen gerührt. Morgan und Eric sind dabei definitiv das Zentrum; die Nostalgie der Kindheit und die Schwierigkeit des Erwachsenwerdens hat Meredith Russo dabei wunderbar eingefangen. Zwar spielen natürlich auch andere Charaktere eine mehr oder wenige große Rolle, aber letztendlich sind es diese beiden, die die Geschichte zu etwas Besonderem machen.

Ich glaube, das einzige, was ich vermisst habe, war eine Triggerwarnung, weil eines der Kapitel deutlich düsterer und depressiver als der Rest ist, speziell eine bestimmte Szene, die letztendlich einen (positiven) Wendepunkt einleitet, aber schwer zu verdauen ist.

Diese Geschichte eignet sich nicht nur für diejenigen, die mehr über transgender Personen lernen möchten, sondern auch für diejenigen, die emotionale Geschichten lieben und dabei gerne mit den Charakteren mitfühlen - etwas, das Meredith Russo meisterhaft beherrscht!

Nothing Left for Us
448 Seiten

Frances ist Schülersprecherin und fest entschlossen, nach Cambridge zu kommen, weshalb sie fast ihre gesamte Zeit mit Lernen verbringt. In ihrer Freizeit hört sie gerne ihren Lieblingspodcast "Universe City", zu dem sie sogar Fan-Art zeichnet. Unerwartet findet sie heraus, dass der Creator hinter dem Podcast der schüchterne Aled ist, mit dem sie sich bald anfreundet. Nachdem die beiden allerdings eine gemeinsame Folge drehen, geht Aleds Podcast viral und die Freundschaft zwischen ihnen droht, zu zerbrechen ...

Alice Oseman schafft es, Geschichten zu schreiben, die so noch nie geschrieben wurden. Allein die Tatsache, dass Frances und Aled platonische Freunde sind, ist für mich ein Grund zum Feiern gewesen, doch bietet ihre Geschichte noch um einiges mehr, das sich frisch und unverbraucht anfühlt, selbst bei Tropen, die man durchaus schon kennt.

Am besten war wohl, dass das Buch unnötige Missverständnisse vermeidet. Am Anfang zögert Frances zum Beispiel, Aled anzuvertrauen, dass sie zu seinem Podcast Fan-Art zeichnet, weshalb ich automatisch davon ausging, dass sich dieser Konflikt durch das ganze Buch ziehen würde. Doch stattdessen wird er (und viele andere!) durch simple Kommunikation aufgelöst, was so erfrischend und ungewöhnlich war, dass ich nur voller Bewunderung für "Nothing Left for Us" den Kopf über all die Bücher schütteln konnte, die unnötige Missverständnisse als Kernpunkt in ihre Geschichte einbauen.

Ironischerweise fand ich übrigens Aleds Podcast, von dem wir ein paar Einblicke bekommen, nicht einmal so interessant - ich konnte einfach nicht verstehen, wie sich im Buch eine so große Fangemeinde darum aufbauen konnte. Das ist hier allerdings keine Kritik, sondern ehe die schlichte Feststellung, dass ich einen anderen Geschmack habe.

Etwas zu kritisieren gibt es allerdings durchaus: Aleds Mutter Carol. Sicher gibt es Menschen wie sie auch in der Wirklichkeit, aber trotzdem kam sie mir fast schon karikaturisch böse vor. Sie war auf jeden Fall der perfekte Charakter zum Hassen - was ich in diesem Fall nicht gut fand, weil jeder andere Charakter so wunderbar dreidimensional war und Carol deshalb auf mehrere Weisen negativ hervorstach.

Aber natürlich ist die Geschichte selbst immer noch absolut fantastisch - vor allem, weil hier so viele Dinge thematisiert werden, die man in Jugendbüchern so gut wie nie liest. Wer eine frische Perspektive haben will, wird sie hier finden!

Loveless
477 Seiten

Georgia liebt es, romantische Fanfics zu lesen und kitschige Komödien anzuschauen, doch sie selbst war noch nie verliebt, nicht einmal ein bisschen. Nachdem sie zusammen mit ihren besten Freunden Pip und Jason auf die Universität kommt, nimmt sie sich jedoch vor, endlich die romantische Liebe zu finden, von der sie schon so oft gehört hat. Doch was, wenn es diese für sie nicht gibt?

Werke über Aromantik und Asexualität sind rar gesät, weshalb ich sehr froh war, mit dieser Geschichte auf ein Werk zu stoßen, dass diese Themen nicht nur sehr verständlich beschrieben und verschiedene Missverständnisse aus dem Weg geräumt hat, sondern im Allgemeinen sehr schön zu lesen war. Dabei sind das Highlight definitiv die sympathischen Charaktere – Georgia, die Schwierigkeiten damit hat, sich so zu akzeptieren, wie sie ist; ihre beste Freunde Pip und Jason, die sie vollauf unterstützen und die trotz schwieriger Phasen beweisen, wie wertvoll ihre Freundschaft ist; und auch ihre neuen Freunde Rooney und Sunil, die zu meinen persönlichen Lieblingscharakteren geworden sind. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, diese fünf Charaktere dabei zu beobachten, wie sie die Schwierigkeiten ihres Lebens und ihrer eigenen Sexualität überwinden und dabei eine Freundschaft schließen, von der man problemlos glaubt, dass sie ein ganzes Leben halten wird.

Die einzige mögliche Kritik sehe ich darin, dass Georgia eventuell etwas ZU lang braucht, um ihre Sexualität herauszufinden. Zwar habe ich mich von der Handlung nie gelangweilt gefühlt, weil sie sich auch locker lesen ließ, aber ein bisschen gewundert habe ich mich doch, dass sie bzw. ihre Freunde nicht sehr viel früher darauf gekommen sind.

Insgesamt kann ich den Roman allen empfehlen, die nicht nur mehr Diversität lesen wollen, sondern auch eine Geschichte, die nicht von einer Romanze, sondern von den Charakteren und ihrer jeweiligen Freundschaft lebt. Zwar gibt es innerhalb von Georgias Freundeskreis auch ein Liebespaar, das schließlich zusammenfindet, aber der Fokus allgemein besteht definitiv auf der Freundschaft – deren Wert mehr Romane betonen sollten!

One Way Or Another – Zwei Wege zu dir
400 Seiten

(Achtung! Dieses Review enthält Spoiler!)

Paige hasst es, Entscheidungen zu treffen. Bei dem Gedanken, was alles schief gehen könnte, bekommt sie Angstzustände, die nur ihr bester Freund und heimlicher Schwarm Fitz mildern kann. Als sie entscheiden muss, wo sie die Winterferien verbringen soll - entweder bei Fitz in einer Berghütte oder bei ihrer Mutter in ihrer Traumstadt New York -, werden abwechselnd schlicht beide Pfade erzählt, die, wie der Titel schon verrät, sie letztendlich zu Fitz bringen werden.

Ich würde es anderen Lesern persönlich raten, nur die Fitz-Storyline zu lesen, weil die andere, in der Paige sich in ihren Tourguide Harrison verliebt, mir die Fitz-Storyline ganz schön ruiniert hat. Einerseits, weil absolut klar ist, dass es sich bei Harrison nur um eine kurze Romanze handelt, ihre Chemie mir aber durchaus gefallen hat und ich deshalb enttäuscht war, dass es nicht einen Fitz- und einen Harrison-Handlungsstrang gab.

Andererseits, weil Paige sich fast buchstäblich in den ersten Jungen ihres Alters verliebt, sobald sie ein paar Tage von Fitz getrennt ist, was es schwer machte, daran zu glauben, dass ihre Beziehung mit Fitz tatsächlich halten wird. Wie soll ich glauben, dass Fitz und Paige für immer glücklich zusammenleben werden, wenn er selbst bereits zahllose Liebschaften hatte und sie sich so leicht und schnell in jemand Anderen verlieben kann? Die Stärke ihrer Freundschaft spürt man durchaus, aber ich habe am Ende einfach nicht geglaubt, dass ihre Beziehung mehr als ein Jahr halten wird. Hier waren andere Jugendbuchautor*innen erfolgreicher, mir die ewige Liebe ihrer Hauptcharaktere glaubhaft zu machen.

Was ich ebenfalls merkwürdig fand, war, wie positiv es letztendlich dargestellt wird, dass Paiges beste Freundin Clover beschließt, mit ihren siebzehn Jahren ihren festen Freund Jay zu heiraten. Ihre Gründe dafür waren paraphrasiert: "Wir lieben uns und glauben fest daran, den/die Eine/n gefunden zu haben" und "Es könnte zwar schief laufen, aber es könnte auch die beste Entscheidung meines Lebens sein". Da wir selbst Clovers und Jays Romanze nicht miterleben, musste ich stattdessen an die Statistiken zu junger Heirat und Scheidung denken, die für die beiden keine rosige Zukunft voraussagen. Klar, es könnte klappen. Ich habe durchaus schon fiktive Paare angefeuert, bei denen eine minderjährige Hochzeit und eine glückliche Ehe absolut glaubhaft erschienen. Aber da wir Clover und Jay nicht länger kennenlernen, hätte ich es hier bevorzugt, wenn sie zu warten beschlossen hätten, um zu schauen, ob ihre Liebe beständig bleibt.

Positiv zu erwähnen ist der Umgang mit Paiges Angststörung und der Art und Weise, wie sie mit ihr umzugehen lernt. Das war sehr realistisch beschrieben und man hat gemerkt, dass die Autorin sich stark damit auseinandergesetzt hat. Auch mochte ich durchaus das Konzept der geteilten Story, vor allem, wie die Geschehnisse der einen mit der anderen kontrastiert wurden. Aber dadurch, dass mich die Hauptromanze nicht packen konnte und ich nicht jede Botschaft gut für Teenager finde, habe ich das Buch letztendlich leider nicht so sehr genossen, wie ich es gehofft hatte.

Prison Healer – Die Schattenheilerin
528 Seiten

Kiva lebt als Gefängnisheilerin in Zalindov, dem berüchtigsten Gefängnis in Wenderall, wo sie sich nach Kräften bemüht, den Insassen zu helfen, ohne selbst in Gefahr zu geraten. Ab und an bekommt sie Nachrichten von ihrer Familie, die verspricht, sie zu befreien. Doch eines Tages wird die Rebellenkönigin Tilda eingeliefert, die unter einer unbekannten Krankheit leidet und trotz dessen verurteilt wird, die Elementarprüfung abzulegen, um ihre Unschuld zu beweisen. Als ihre Familie Kiva schreibt, dass sie Tilda auf keinen Fall sterben lassen soll, bietet sie sich gezwungenermaßen als Ersatz an und muss mithilfe des Gefangenen Jaren, der Wärterin Naari und dem Gehilfen Tipp eine Möglichkeit finden, alle vier Prüfungen zu überleben ...

Vor dem Lesen stand das Buch unter keinem guten Stern, weil es mit Büchern verglichen wurde, die mir persönlich nicht gefielen. Jetzt, nach dem Lesen, bin ich unglaublich froh, dass ich dem Buch trotzdem eine Chance gegeben habe, weil es mich sehr begeistert hat!

Das fängt schon mit den unglaublich sympathischen Charakteren an. Kiva ist eine wundervolle Protagonistin, die alles daran setzt, anderen zu helfen und trotz der schlechten Bedingungen ihr Bestes zu tun. Jaren ist einer der verständnisvollsten und fürsorglichsten Love Interests, die mir bisher begegnet sind und seine wachsende Beziehung zu Kiva hat sich sehr natürlich entwickelt. Naari ist eine Wärterin, mit der sich Kiva anfreundet und die sich dafür einsetzt, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Und Tipp ist trotz seines jungen Alters entschlossen, Kiva zu helfen und zusammen mit ihr herauszufinden, was es mit einer mysteriösen Krankheit auf sich hat, die sich plötzlich im Gefängnis ausbreitet.

Aufgrund des kleinen Casts an (wichtigen) Charakteren gibt uns Lynette Noni Gelegenheit, alle vier und ihre Beziehungen zueinander ausführlich kennenzulernen, was eindeutig das Highlight des Romans war. Neben Kivas Romanze mit Jaren gefiel mir ihre Freundschaft mit Naari sehr gut, aber auch allgemein die Beziehungen untereinander. Jeder, der charakterbasierte Fantasy liest, wird hier mit Freuden feststellen, dass sie hier wunderbar umgesetzt wurde.

Auch die Handlung war lobenswert, vor allem, als am Ende ein paar wichtige Geheimnisse ans Tageslicht kommen und sie in ein neues Licht rücken. Gerade die Erklärung, wie Kiva die Elementarprüfungen besteht, war hervorragend gelöst, weil es leicht gewesen wäre, sie einfach mit magischen Kräften auszustatten, der eigentliche Grund aber sehr viel besser (und herzerwärmender) ist. Manche Twists lassen sich durchaus vorausahnen, aber da sie letztendlich alle Sinn ergeben, hat mich das nicht gestört, zumal weil es auch den einen oder anderen unvorgesehenen Twist gab.

Damit haben wir ein wunderbares Fantasybuch, das vor allem durch seine Charaktere glänzt und für jeden empfehlenswert ist, der mal wieder eine richtig gute Jugendfantasy lesen möchte!

Shelter
432 Seiten

Auf einer Party kommt Benny und seinen Freunden Darya, Liv, Nando und Till eine gewagte Idee: Um zu zeigen, wie leichtgläubig ein paar ihrer Kommilitonen sind (und um Liv bei ihrer Bachelorarbeit zu helfen), denken sie sich eine abstruse Verschwörungstheorie aus, in der sie behaupten, Aliens hätten sich auf der Erde niedergelassen und gewisse Menschen als „Shelter“ benutzt. Fleißig bringen sie überall in der Stadt Graffiti an, einen Doppelmond, der schnell als „OC“ im Internet kursiert. Überrascht stellen sie fest, dass es Menschen gibt, die ihnen glauben. Doch als ein User namens Octavio ihre Verschwörungstheorie kapert und auf eigene Weise weiterspinnt, geraten Benny und seine Freunde bald selbst in Gefahr …

Zugegeben: Die Grundlage dieses Romans ist tatsächlich ein bisschen unglaubwürdig. Zwar recherchieren Benny und co., was eine gute Verschwörungstheorie ausmacht, aber allein, dass sie nachts in der Stadt unterwegs sind, um ihr Symbol an öffentlichen Plätzen anzubringen, kam mir unglaubwürdig vor, weil es sehr viel Aufwand für etwas ist, das sie selbst als Spaß ansehen. Sieht man über diesen anfänglichen Stolperstein allerdings hinweg, finden wir einen weiteren tollen Poznanski-Thriller, der es hervorragend schafft, einem selbst Verfolgungswahn zu bescheren.

Ich war positiv überrascht darüber, wie Ursula Poznanski die Verschwörungstheorie gehandhabt hat. Zwar gibt es so einige leichtgläubige Leute, die auf Benny und co. hereinfallen, doch ernten sie auch gehörige Kritik und Ungläubigkeit, was ich nur angemessen fand. Selbst, als die Theorie immer verbreiteter wird, merkt man, dass es letztendlich eine Minderzahl ist, die ihr Glauben schenkt. Gleichzeitig werden die potentiellen Gefahren und Konsequenzen einer solchen Theorie sehr gut beleuchtet, sodass man einen guten Eindruck davon bekommt, wie sehr alles aus dem Ruder laufen kann, wenn genug Leute hinter einer gewagten Theorie stehen.

Wie erwähnt kommt der Verfolgungswahn der Charaktere sehr gut heraus, sodass ich zusammen mit den Charakteren oft Panik (sowohl nötige als auch unnötige) geschoben habe, weil ich niemandem mehr trauen wollte. Nur andere Spannungsaspekte haben mir ein wenig gefehlt; zwar muss Benny neben seinem wachsenden Verfolgungswahn auch mit seinen verschwindenden Freunden fertig werden, doch hätte seine Angst um sie deutlicher hervorgehoben werden können.

Dafür ist Benny an sich ein wunderbarer Protagonist, den ich schnell lieb gewonnen und mit dem ich gerne mitgefiebert habe. Wie viele Protagonisten hat auch er ein Trauma hinter sich, das nach und nach aufgedeckt wird, doch wird er nicht durch sein Trauma definiert, sondern hat davon abgesehen eine sympathische Persönlichkeit. Hervorheben möchte ich seinen Job und sein Studium: Als Schauspielstudent übt Benny während des Romans mehrmals verschiedene Monologe, hat aber auch einen Job als Barista, wo es seine Spezialität ist, aus Kaffeeschaum coole Formen zu machen. Speziell, wie Bennys Schauspielerei letztendlich in die Haupthandlung eingewoben wurde, war einfach großartig, aber davon abgesehen war es so erfrischend, einen Hauptcharakter zu sehen, der neben der eigentlichen Handlung ein Leben hat. Viel zu oft stolperte ich über Protagonisten, deren Hobbys entweder nicht existent, nicht relevant oder ein bisschen zu passend für die Handlung waren (im Sinne von „Protagonist*in hat Hobby nicht, weil er oder sie es mag, sondern, weil es später nützlich wird“). Ursula Poznanski jedoch hat die perfekte Mischung gefunden und mich damit sehr begeistert!

Die Nebencharaktere treten dafür leider in den Hintergrund; sowohl Darya als auch Till verschwinden im Verlauf der Handlung für längere Zeit, während Liv und Nando zwar mehr Screentime bekommen, jedoch mitnichten so viel Charaktertiefe wie Benny haben. Tatsächlich gibt es neben Benny nur einen Charakter, der Tiefe und Dreidimensionalität zeigt: Octavio, sein Widersacher. Ich war während des Lesens fest davon überzeugt, dass es sich bei ihm um einen Charakter aus Bennys Vergangenheit handeln würde, aber die Lösung, die Ursula Poznanski letztendlich fand, war zum Glück kreativer und passte viel besser zum Thema des Romans. Auch dafür Hut ab!

Insgesamt hat mir dieser Thriller sehr gut gefallen, seine einzige Schwachstelle sehe ich im Spannungsaufbau, der mehr Aspekte stärker hätte hervorheben sollen. Davon abgesehen hat Ursula Poznanski es wieder geschafft, einen wunderbaren Jugendroman zu schreiben!

Ashes and Souls (Band 2) - Flügel aus Feuer und Finsternis
384 Seiten

Mila und Reia wurden von Rólan gefangen genommen und Asher und Ceto sehen sich gezwungen, einen Handel mit ihrem dritten Bruder, Elarian, einzugehen, der jedoch auf keinen Fall erfahren darf, wer Mila wirklich ist. Währenddessen kommen Tariel langsam Zweifel an seiner Aufgabe, Mila auszulöschen ...

Den zweiten Band der Duologie fand ich insgesamt besser als den ersten (der imho nur durchschnittlich war), weil er um einiges spannender war, auch wenn die Charaktere sich stellenweise immer noch sehr fragwürdig verhalten. Tatsächlich habe ich keinen einzigen Charakter gefunden, den ich vorbehaltlos ins Herz geschlossen hätte, weil sie alle kritische Momente hatten, die von keinem infrage gestellt wurden. (In der Regel verhalten sich die Charaktere zu extrem und impulsiv.)

Das Ende hat mir persönlich leider auch nicht gefallen - die Entscheidung, die Mila am Ende trifft, passt meiner Meinung nach nicht zu ihr. Dazu kommt, dass sie durch diese Entscheidung noch spezieller wird, als sie ohnehin schon war - tatsächlich gab es in der Handlung nur eine einzige Person, die ihre Fähigkeiten besaß: Jesus. Ja, der Jesus. Ihre Mary-Sue-Tendenzen waren spätestens ab dieser Offenbarung sehr offensichtlich.

Aus diesem Grund kann ich dem Buch - und der Duologie als solches - leider keine Empfehlung aussprechen, auch wenn die Handlung selbst gut war.

Ashes and Souls (Band 1) - Schwingen aus Rauch und Gold
384 Seiten

Mila besitzt die Fähigkeit, zu sehen, welche Menschen bald sterben werden. Für sie erscheinen solche Menschen grau, als wären sie einem Schwarzweißfilm entstiegen. Verzweifelt darum bemüht, diesen Fluch loszuwerden, kehrt sie in die Stadt ihrer Kindheit, Prag, zurück - und trifft bald auf Tariel und Asher, zwei verfeindeten Ewigen, die beide so ihre eigenen Gründe haben, in Milas Nähe zu bleiben ...

Der erste Band der Duologie war, um ehrlich zu sein, recht durchschnittlich. Weder Tariel noch Asher vermochten es, mein Herz zu gewinnen, weil ihr Verhalten, wie es für Love Interests im Young-Adult-Genre leider üblich ist, äußerst fragwürdig war. Sowohl Mila als auch die Nebencharaktere (speziell Micael und Reia) waren mir da sympathischer, vor allem Mila, die sich insgesamt gut durchzusetzen weiß. Dafür erregte die Feindschaft zwischen Tariel und Asher durchaus mein Interesse - sehr schade, dass sie zumindest hier im ersten Band nicht allzu vertieft wurde.

Äußerst unglaubwürdig fand ich das Verhalten der Ewigen, zu denen auch Tariel und Asher gehören. Hätte Ava Reed nicht direkt gesagt, dass es sich um unsterbliche Wesenheiten handelt, die seit Urbeginn der Zeit existieren, wäre ich niemals von alleine darauf bekommen, weil sich ausnahmslos alle Ewigen wie Teenager/junge Erwachsene verhalten - sie sind impulsiv, benutzen moderne Ausdrücke und rein gar nichts in ihrem Verhalten weist darauf hin, dass sie älter sind, als sie aussehen. Hier hätte es mir besser gefallen, hätte es den ganzen Ewigen-Aspekt gar nicht erst gegeben, denn er hat der inneren Logik der Geschichte sehr geschadet und mich ob des unreifen Verhaltens der Unsterblichen nur ungläubig den Kopf schütteln lassen.

Die Handlung ist dafür gut aufgebaut und Ava Reed schreckt nicht davor zurück, Konsequenzen für Fehler zu ziehen, was mir ausgesprochen gut gefallen hat. So sehr es schmerzte, zu realisieren, dass ein nicht wiedergutzumachender Fehler begangen worden ist, so sehr bewunderte ich Ava Reed dafür, dass sie ihn durchzog.

Der erste Band der Duologie ist damit kein schlechter, aber aufgrund der Schwachpunkte auch kein hervorragender Einstieg - dennoch bin ich speziell wegen des Schlusses gespannt, wie es weitergeht und wie viele Fehler die Charaktere wohl noch begehen werden, ehe sie das Ende ihrer Geschichte erreichen.

Hush – Verbotene Worte
416 Seiten

Nachdem ihre Mutter umgebracht wird, gibt es für Shae nur ein Ziel: Sie will herausfinden, wer der Mörder ist und warum er es getan hat. Zu diesem Zweck reist sie zum Hohen Haus, wo die Barden das schriftliche Wort bewachen. Einer von ihnen ist der Mörder. Nebenbei stellt sich heraus, dass Shae selbst eine Bardin ist ...

Das Buch hat einen sehr angenehmen, flüssigen Schreibstil und setzt die eben erwähnte Haupthandlung gut um, aber leider zieht die unnötige "Romanze" zum unnahbaren Ravod das Buch ganz schön runter. Am Anfang streiten sie sich nur, Ravod blockt Shae stets ab und wettet sogar, dass sie höchstens eine Woche in ihrer Barden-Ausbildung durchhalten wird - aber natürlich fühlt sich Shae trotzdem zu ihm hingezogen, weil er so gut aussieht. Erst ab dem Punkt, als Ravod ihr Ausbilder und etwas sanfter wird, werden ihre Gefühle einigermaßen glaubhaft.

Shaes Beziehung zu ihrem Kindheitsfreund Mads, die am Anfang behandelt wird, gefiel mir dabei um einiges mehr; er ist für Shae da, als es kein anderer ist und riskiert sogar, dass seine Familie ihren Status verliert, als er Shae einen Antrag macht. Die beiden hatten trotz der Tatsache, dass Shae ihn nicht liebt, meiner Meinung nach mehr Chemie als Shae und Ravod.

Bei Shaes Ausbildung fand ich es im Übrigen ein wenig merkwürdig, dass ihre Gabe, gestickte Dinge in der Wirklichkeit erscheinen zu lassen, nie Anwendung fand. Stattdessen beschwört sie mit Worten und das Sticken nimmt eher eine Nebenrolle ein. Das ist hierbei jedoch kein Kritikpunkt, sondern nur etwas, das mir seltsam vorkam.

Zuletzt ist mir die Darstellung von Illusionen positiv ins Auge gefallen - mehrmals zweifelt Shae, ob sie gerade wahnsinnig wird und diese Momente waren außerordentlich gut beschrieben.

Insgesamt handelt es sich um einen recht gewöhnlichen Romantasy-Roman; wer so etwas gerne liest, ist hier also bestens bedient, alle anderen sollten lieber mit etwas anderem Vorlieb nehmen.

Roboter träumen nicht
336 Seiten

Vor dreißig Jahren haben die Roboter die Herrschaft übernommen und die Menschen ausgelöscht. Bis XR_935, ein Roboter der neunten Generation, unerwartet auf ein Menschenmädchen trifft. Emma is zwölf Jahre alt und auf der Reise zu einem sicheren Ort, den ihre Eltern ihr auf einer Karte markiert haben. Alleine schafft sie diese Reise allerdings nicht, weshalb sie XR und seine Kollegen SkD und Ceeron um Hilfe bittet.

Was darauf folgt, sind mehrere Hindernisse, die die Gruppe überwinden muss. Die kurzen Kapitel und Sätze machten es leicht, von einem Ereignis zum nächsten zu springen, viel Zeit für Ruhepausen gab es nicht. Allerdings muss ich zugeben, dass mir die Aneinanderreihung an Problemen irgendwann doch zu viel wurde - die Charaktere geraten so oft in Gefahr, dass ich mich bald nach einer Atempause gesehnt habe, die ich erst nach dem Showdown bekam.

Erwähnter Showdown ist allerdings sehr gut gemacht und war ein großartiges Finale des Buches. Nur seine Folgen waren für ein Kinderbuch im Rahmen, für mich aber ein wenig ZU gut.

Am besten gefiel es mir, wie realistisch XR_935 geschrieben wurde. Er ist der Erzähler der Geschichte und lässt als solcher regelmäßig roboterhafte Formulierungen fallen. So sind die Kapitel nach dem Binärsystem nummeriert, Aufzählungen und mit "und" verknüpfte Wörter werden durch einen Schrägstrich direkt miteinander verbunden und auch sonst kommen Formulierungen vor, die an XRs Roboterstatus erinnern. Bei vielen Geschichten über Roboter vergesse ich bisweilen, dass die Roboter welche sind, weil sie so sehr vermenschlicht werden, dass es im Grunde keinen Unterschied macht. Lee Bacon hingegen gelingt es, XR_935 als eine künstliche Intelligenz mit glaubwürdigen menschlichen Zügen zu schreiben, ohne je seinen Roboterstatus zu vergessen. Das hat mir sehr gut gefallen.

Insgesamt ein schöner, spannender Roman für Kinder ab 10!

Thalamus
448 Seiten

Das eigentliche Thema dieses Romans ist ein Spoiler, weshalb ich stattdessen die Grundlagen schildern will: Nach einem schweren Unfall und einem Schädelhirntrauma wird Timo in eine spezielle Klinik eingewiesen, in der er lernen soll, wieder mit seinem Körper umzugehen. Besonders beschädigt ist bei ihm das Sprachzentrum. Das wird bald zum Problem, als seltsame Dinge passieren: Timos Zimmerkollege Magnus, der tagsüber kaum mehr tun kann als abwesend auf seinem Bett zu sitzen, wandert nachts durch die Gänge der Klinik und bedroht Timo. Und Timo selbst beginnt bald, Fähigkeiten zu entwickeln, die er nicht haben sollte - und er hat keine Möglichkeit, sich jemandem verständlich zu machen.

Auf eindringliche Weise schildert Ursula Poznanski das Leben vor allem körperlich Eingeschränkter: ihre Frustration, ihre Hoffnung, ihre Verzweiflung und ihre Fortschritte. Gleichzeitig verwebt sie eine fortlaufende Spannung in ihrem Roman, die durch die seltsamen Geschehnisse stets präsent bleibt. Es war leicht, sich in die Handlung fallen zu lassen und mit den Charakteren mitzufühlen; mir sind Timo, Carl, Mona und die anderen Patienten schnell ans Herz gewachsen und ich habe angespannt verfolgt, ob es ihnen gelingt, die Rätsel der Klinik zu lösen.

Ein paar kleine Längen hat der Roman durchaus und das Ende war imho nicht ganz realistisch, aber das hat meiner Lesefreude keinen Abbruch getan. Zusammen mit "Aquila", das ich bereits vor längerer Zeit las, gehört "Thalamus" nun zu meinen liebsten Romanen aus Ursula Poznanskis Feder. Meiner Meinung nach sehr empfehlenswert!

Elanus
416 Seiten

Eigentlich wollte Jona, neuer Genie-Student an der Victor-Franz-Hess-Privatuniversität, nur einen kleinen Streich spielen. Nachdem er durch seine Drohne "Elanus" eine Studentin, die ihn abgewiesen hat, beobachtet, steckt er ihr spaßeshalber einen Zettel zu, in dem er behauptet, er würde ihr Geheimnis kennen. Einen Tag später wird einer seiner Professoren tot aufgefunden - und Jona hat das dumpfe Gefühl, sein Zettel könne etwas damit zu tun haben. Daraufhin stellt er Untersuchungen an und stellt bald fest, dass die ganze Angelegenheit um einiges verstrickter ist, als er annahm ...

Ein wenig streckt sich der Roman, das muss ich zugeben. Regelmäßig werden wir mit neuen Informationen gefüttert, um den Fall eigenhändig zu lösen (was mir überraschenderweise teils gelang - den Twist habe ich bald erahnt), aber zumindest ich habe mich jetzt nicht voller Spannung gefragt, wie es weitergeht, sondern schlicht die Puzzleteile gesammelt und darauf gewartet, bis es genug werden, um ein Bild zu formen.

Dafür entwickelt der Roman Jonas Charakter und seine Freundschaft zu Marlene, einer Mitstudentin, auf positive Weise weiter. Ich habe ihre Szenen gerne gelesen und war vor allem von Marlene sehr begeistert, sie ist ein toller Charakter.

Das Thema Drohnen kommt mir dafür zu kurz. Regelmäßig setzt Jona seine Drohne ein, aber bis auf ein paar verstreute Anmerkungen wird die moralische Zweifelhaftigkeit eines solchen Gerätes nie diskutiert. Das habe ich persönlich sehr vermisst; die Frage, ob und inwiefern Drohnen eingesetzt werden sollten, existiert im Grunde nicht, hätte meiner Meinung nach aber definitiv thematisiert werden sollen. Nun ja. Spaß gemacht hat das Lesen insgesamt trotzdem :)

Layers
448 Seiten

(Dieses Review enthält leichte Spoiler.)

"Layers" ist ein spannender Roman, der die Informationen, die dem Hauptcharakter Dorian (und dem Leser) zugespielt werden, hervorragend dafür benutzt, ihn (und uns) in die Irre zu führen. Wie es die Tagline des Romans ankündigt, ist die Wahrheit vielschichtig und nicht alles so, wie es scheint.

Nachdem Dorian neben einem toten Obdachlosen aufgewacht ist, bietet ihm ein Fremder Hilfe an und bringt ihn in eine Villa, in der Dorian zunächst Werbezettel verteilen und dann Werbegeschenke übergeben muss. Durch eine Verkettung von Ereignissen behält er eines der Pakete und damit dessen Inhalt: Eine Brille, die ihm erlaubt, die sogenannten "Layers" der Stadt mit informativen, bedrohlichen und irreführenden Informationen zu sehen. Unter diesen Informationen befindet sich auch ein Countdown, der Dorian deutlich macht, dass sich eine große Gefahr anbahnt - eine Gefahr, die sich nur bannen lässt, wenn er die Layers richtig interpretiert und sich nicht von ihnen täuschen lässt.

Dorians Verhalten selbst war leider die große Schwäche des Romans. Es war ein endloser Teufelskreis: Er macht einen Fehler, indem er ein unnötiges Risiko eingeht, in eine Falle läuft und/oder kurz nicht aufpasst. Knapp schafft er es danach, den negativen Konsequenzen bzw. seinen Verfolgern zu entkommen. Er schwört sich, in Zukunft vorsichtiger zu sein. Und was passiert? Der Zirkel geht wieder von vorne los. Obwohl das, was er durch die Gläser der Datenbrille sieht, von seinen Verfolgern beeinflusst werden kann, fährt er damit fort, sie zu tragen, was ich persönlich äußerst naiv fand. Meiner Meinung nach hatte er wahnsinniges Glück, den Roman überhaupt zu überleben.

Nichtsdestotrotz habe ich das Rätsel der Layers gerne verfolgt und fand die Auflösung hervorragend. Zudem gefiel mir das moralische Dilemma, das dieser Roman aufwirft: Darf man wenigen (unschuldigen) Personen schaden, um mehrere zu retten? Keine leichte Frage, weshalb mir gefiel, dass die Antwort relativ offen gelassen wurde und der Charakter, der diese Frage am besten repräsentierte, moralisch grau war. Wie weit sollte man für das Wohl der Allgemeinheit gehen? Am Ende muss jeder seine eigene Antwort darauf finden.