Thalamus
448 Seiten

Das eigentliche Thema dieses Romans ist ein Spoiler, weshalb ich stattdessen die Grundlagen schildern will: Nach einem schweren Unfall und einem Schädelhirntrauma wird Timo in eine spezielle Klinik eingewiesen, in der er lernen soll, wieder mit seinem Körper umzugehen. Besonders beschädigt ist bei ihm das Sprachzentrum. Das wird bald zum Problem, als seltsame Dinge passieren: Timos Zimmerkollege Magnus, der tagsüber kaum mehr tun kann als abwesend auf seinem Bett zu sitzen, wandert nachts durch die Gänge der Klinik und bedroht Timo. Und Timo selbst beginnt bald, Fähigkeiten zu entwickeln, die er nicht haben sollte - und er hat keine Möglichkeit, sich jemandem verständlich zu machen.

Auf eindringliche Weise schildert Ursula Poznanski das Leben vor allem körperlich Eingeschränkter: ihre Frustration, ihre Hoffnung, ihre Verzweiflung und ihre Fortschritte. Gleichzeitig verwebt sie eine fortlaufende Spannung in ihrem Roman, die durch die seltsamen Geschehnisse stets präsent bleibt. Es war leicht, sich in die Handlung fallen zu lassen und mit den Charakteren mitzufühlen; mir sind Timo, Carl, Mona und die anderen Patienten schnell ans Herz gewachsen und ich habe angespannt verfolgt, ob es ihnen gelingt, die Rätsel der Klinik zu lösen.

Ein paar kleine Längen hat der Roman durchaus und das Ende war imho nicht ganz realistisch, aber das hat meiner Lesefreude keinen Abbruch getan. Zusammen mit "Aquila", das ich bereits vor längerer Zeit las, gehört "Thalamus" nun zu meinen liebsten Romanen aus Ursula Poznanskis Feder. Meiner Meinung nach sehr empfehlenswert!

Elanus
416 Seiten

Eigentlich wollte Jona, neuer Genie-Student an der Victor-Franz-Hess-Privatuniversität, nur einen kleinen Streich spielen. Nachdem er durch seine Drohne "Elanus" eine Studentin, die ihn abgewiesen hat, beobachtet, steckt er ihr spaßeshalber einen Zettel zu, in dem er behauptet, er würde ihr Geheimnis kennen. Einen Tag später wird einer seiner Professoren tot aufgefunden - und Jona hat das dumpfe Gefühl, sein Zettel könne etwas damit zu tun haben. Daraufhin stellt er Untersuchungen an und stellt bald fest, dass die ganze Angelegenheit um einiges verstrickter ist, als er annahm ...

Ein wenig streckt sich der Roman, das muss ich zugeben. Regelmäßig werden wir mit neuen Informationen gefüttert, um den Fall eigenhändig zu lösen (was mir überraschenderweise teils gelang - den Twist habe ich bald erahnt), aber zumindest ich habe mich jetzt nicht voller Spannung gefragt, wie es weitergeht, sondern schlicht die Puzzleteile gesammelt und darauf gewartet, bis es genug werden, um ein Bild zu formen.

Dafür entwickelt der Roman Jonas Charakter und seine Freundschaft zu Marlene, einer Mitstudentin, auf positive Weise weiter. Ich habe ihre Szenen gerne gelesen und war vor allem von Marlene sehr begeistert, sie ist ein toller Charakter.

Das Thema Drohnen kommt mir dafür zu kurz. Regelmäßig setzt Jona seine Drohne ein, aber bis auf ein paar verstreute Anmerkungen wird die moralische Zweifelhaftigkeit eines solchen Gerätes nie diskutiert. Das habe ich persönlich sehr vermisst; die Frage, ob und inwiefern Drohnen eingesetzt werden sollten, existiert im Grunde nicht, hätte meiner Meinung nach aber definitiv thematisiert werden sollen. Nun ja. Spaß gemacht hat das Lesen insgesamt trotzdem :)

Layers
448 Seiten

(Dieses Review enthält leichte Spoiler.)

"Layers" ist ein spannender Roman, der die Informationen, die dem Hauptcharakter Dorian (und dem Leser) zugespielt werden, hervorragend dafür benutzt, ihn (und uns) in die Irre zu führen. Wie es die Tagline des Romans ankündigt, ist die Wahrheit vielschichtig und nicht alles so, wie es scheint.

Nachdem Dorian neben einem toten Obdachlosen aufgewacht ist, bietet ihm ein Fremder Hilfe an und bringt ihn in eine Villa, in der Dorian zunächst Werbezettel verteilen und dann Werbegeschenke übergeben muss. Durch eine Verkettung von Ereignissen behält er eines der Pakete und damit dessen Inhalt: Eine Brille, die ihm erlaubt, die sogenannten "Layers" der Stadt mit informativen, bedrohlichen und irreführenden Informationen zu sehen. Unter diesen Informationen befindet sich auch ein Countdown, der Dorian deutlich macht, dass sich eine große Gefahr anbahnt - eine Gefahr, die sich nur bannen lässt, wenn er die Layers richtig interpretiert und sich nicht von ihnen täuschen lässt.

Dorians Verhalten selbst war leider die große Schwäche des Romans. Es war ein endloser Teufelskreis: Er macht einen Fehler, indem er ein unnötiges Risiko eingeht, in eine Falle läuft und/oder kurz nicht aufpasst. Knapp schafft er es danach, den negativen Konsequenzen bzw. seinen Verfolgern zu entkommen. Er schwört sich, in Zukunft vorsichtiger zu sein. Und was passiert? Der Zirkel geht wieder von vorne los. Obwohl das, was er durch die Gläser der Datenbrille sieht, von seinen Verfolgern beeinflusst werden kann, fährt er damit fort, sie zu tragen, was ich persönlich äußerst naiv fand. Meiner Meinung nach hatte er wahnsinniges Glück, den Roman überhaupt zu überleben.

Nichtsdestotrotz habe ich das Rätsel der Layers gerne verfolgt und fand die Auflösung hervorragend. Zudem gefiel mir das moralische Dilemma, das dieser Roman aufwirft: Darf man wenigen (unschuldigen) Personen schaden, um mehrere zu retten? Keine leichte Frage, weshalb mir gefiel, dass die Antwort relativ offen gelassen wurde und der Charakter, der diese Frage am besten repräsentierte, moralisch grau war. Wie weit sollte man für das Wohl der Allgemeinheit gehen? Am Ende muss jeder seine eigene Antwort darauf finden.

Saeculum
492 Seiten

An sich ist diese Geschichte ganz gut, leidet aber arg an langatmigen Passagen.

Bastian, Medizinstudent, geht zusammen mit mehreren anderen Leuten in seinem Alter auf eine private Convention im Nirgendwo, wo die Dinge bald außer Kontrolle geraten, weil Mitglieder der Gruppe verschwinden und sich ein vor langer Zeit ausgesprochener Fluch zu erfüllen scheint. Zusammen mit den anderen muss Bastian einen Weg finden, von diesem Ort zu entkommen und herausfinden, was es mit dem Fluch auf sich hat.

Allein das Verschwinden der einzelnen Leute zieht sich über die erste Hälfte des Romans, während die Gruppe in der zweiten Hälfte an einem Ort gefangen ist, verzweifelt nach einem Weg suchend, von dort zu entkommen. Durch die Anzahl der Leute war mir nicht immer ganz klar, wer wer ist, was es schwer machte, sich ihnen nahe zu fühlen - zusätzlich erschwert durch die Tatsache, dass der Großteil entweder unsympathisch oder nutzlos war.

Die beiden Hauptcharaktere Bastian und Iris haben das teils wieder wettgemacht, aber dennoch hätte ich mir eine überschaubare Anzahl an sympathischen Charakteren in einer dichten Handlung gewüscht, statt so viel Zeit mit dem Setup und dem Erinnern der Namen zu verbringen. Dafür gefiel mir der Twist im Buch sehr gut, weil er die Ereignisse im Roman auf logische Weise erklärt hat.

The Age of Darkness - Feuer über Nasira
576 Seiten

Die Grundlage dieses Romans ist etwas, das ich eigentlich nicht leiden kann: Prophezeiungen. Meiner Meinung nach sollten Autoren endlich aufhören, sich ihrer zu bedienen, weil sie eine Geschichte fast schon automatisch schlechter machen. Trotzdem beschloss ich, dem Buch eine Chance zu geben, weil ich las, dass es an Leigh Bardugos Krähen-Duologie erinnern soll. Was soll ich sagen? Ich bin absolut begeistert!

Obwohl mir der Prophezeiungs-Aspekt trotz guter Umsetzung nicht zusagen will, bietet dieser Roman so viel mehr an, was einen begeistert: Die Charaktere, die Story, die Twists. Unsere fünf Sichtcharaktere sind der Prinz Hassan, die Mörderin Ephyra, der Paladin Jude, der Spieler Anton und die Todgeweihte Beru. Und Katy Rose Pool gelingt es hervorragend, uns alle sympathisch zu machen und ihre guten und schlechten Seiten zu zeigen. Ich habe mit jedem Charakter mitgefiebert, mitgefühlt und mitgehofft. Gehofft, dass jeder sein Ziel erreicht, was gerade bei gegensätzlichen Zielen sehr spannend war. Vor allem, weil die Charaktere mindestens genauso oft scheitern, wie sie gewinnen - in diesem Roman kann man sich nie sicher sein, dass alles gut werden wird, weil die Charaktere hier tatsächlich versagen können und den Preis für falsche Entscheidungen zahlen müssen.

Zusätzlich fanden sich die Figuren in einem erstaunlich dichten Plot wieder - von Anfang bis Ende hing ich an den Buchseiten und habe mich nie gelangweilt, was bei ca. 570 Seiten eine Meisterleistung ist. Die Twists haben mir hierbei wohl am besten gefallen, weil sie überraschend waren, im Rückblick aber allesamt Sinn ergaben. Also genauso, wie Twists meiner Meinung nach sein sollten.

Dementsprechend freue ich mich sehr auf den zweiten und dritten Band, die im Verlauf des nächsten Jahres erscheinen werden. Katy Rose Pool ist hier ein wahrhaft fantastisches Debüt gelungen!

& Disney - Twisted Tales: Dunkle Schatten
432 Seiten

Die Geschichte beginnt damit, dass der Hieb, den Shan-Yu Mulan im Film zufügt, stattdessen ihren Hauptmann Li Shang trifft, der sie beschützen will. Dabei wird er so schwer verletzt, dass Mulan zusammen mit dem Beschützer der Familie Li, einem Löwen namens ShiShi, in die Unterwelt reisen muss, um Shang zu retten. Sie geht mit dem Herrscher der Unterwelt eine Wette ein: Schafft sie es, Shang zu finden und vor Sonnenaufgang aus der Unterwelt zu entkommen, darf er leben - doch schafft sie es nicht, muss sie für immer als Dämon in der Unterwelt bleiben.

Die Hindernisse, die Mulan auf ihrer Reise überwinden muss - Shang finden, ihre Identität verbergen, von der Herrscherin des Vergessens fliehen, Dämonen bekämpfen, einen Berg voller Messer erklettern, den Dämon des Feuers besiegen und sich ihren eigenen Zweifeln und Ängsten stellen - sind dabei sehr gut, wenn man sie individuell betrachtet, aber etwas zu viel, wenn man die Gesamtheit der Hindernisse zusammenzählt. Immer, wenn sie kurz vorm Ziel zu sein scheint, kommt wieder etwas dazwischen, das das Ende hinauszögert. Nach einigen Hindernissen wurde mir das persönlich zu viel, so gut mir die Hindernisse selbst auch gefielen. Bestimmt hätte man zumindest auf eigene der Hindernisse verzichten können, ohne die Geschichte selbst zu schmälern.

Besonders gut gefiel mir die Beziehung zwischen Mulan und Shang, die aufgrund der Tatsache, dass Mulan ihre Identität selbst vor ihren eigenen Vorfahren verbergen muss, zusätzliche Spannung gewann. Auch die Art und Weise, wie Mulan mit ihrer aus dem Film bekannten Gewieftheit die Hindernisse löst, begeisterte mich. Mein einziger Kritikpunkt liegt letztendlich nur in der Anzahl der Hindernisse, die hätte vermindert werden können. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine schöne "What If?"-Geschichte, in der Mulan ihre Stärken gut auf die Probe stellen kann.

& Disney - Twisted Tales: Spieglein, Spieglein
368 Seiten

Eine sehr schöne Adaption von Disneys "Schneewittchen und die sieben Zwerge".

Schneewittchen bekommt die Gelegenheit, ihre eigene Stärke zu zeigen, ihre Liebesbeziehung zum Prinzen Henri wird ausgebaut und die Vergangenheit der Bösen Königin Ingrid kommt ebenfalls nicht zu kurz. Von den sieben Zwergen hätte ich mir allerdings mehr gewünscht - ihre Rolle war so klein, dass man auch auf sie hätte verzichten können.

Zudem nahm ich dank der Prämisse des Buches - "Was wäre, wenn die böse Stiefmutter den Prinzen vergiftet hätte?" - an, dass diese Frage der Hauptkonflikt der Geschichte sein würde, aber letztlich spielte sie nur am Anfang und am Ende eine Rolle. Der Rest beleuchtete die angepassten Ereignisse des Films sowie eigene Szenen. Die waren zwar sehr gut umgesetzt, doch ein Teil von mir wünschte sich, stattdessen Schneewittchens Suche nach einem Heilmittel zu lesen, oder allgemein einem Weg, ihren Prinzen zu retten.

Der Schreibstil der Autorin Jen Calonita war sehr angenehm. Ich mochte auch die Veränderungen, die sie in die Geschichte einbaute. Neben den bereits erwähnten machte sie Schneewittchens Mutter und die Böse Königin zu Schwestern, veränderte das Schicksal von Schneewittchens Vater und gab den Äpfeln eine zusätzliche Bedeutung. All diese Dinge haben die Geschichte bereichert und ich finde, genau das sollten Adaptionen tun, wenn sie Veränderungen einbauen :)