Zwei befreundete, wohlhabende Familien fahren in die Sommerferien in die Toskana. Die 14jährige Tochter Sophie-Luise der einen Familie (deren Mutter, Elisa Strobl-Marinek, als linke Politikerin bekannt ist), darf Aayana, eine Schulfreundin von ihr, mitnehmen. Aayana hat mit ihrem Bruder und ihren Eltern nach ihrer Flucht aus Somalia vor 2 Jahren in Wien den Asylstatus erhalten. Schon am ersten Tag in der Toskana kommt es zu einer Tragödie. Aayana ertrinkt im Pool, alle Hilfe kommt zu spät. Als wäre dies für alle Betroffenen nicht schlimm genug, gelangt der Unfall in die Öffentlichkeit und wird in den Berichterstattungen und sozialen Medien ausgeschlachtet. Elisa Strobl-Marinek gerät unter Druck, ihr Amt in der Politik ist gefährdet.
Ein gesellschaftskritischer Roman, bei dem vor allem folgende Frage aufgeworfen wird: Was ist ein Menschenleben wert? Und gibt es Menschenleben, die weniger wert sind? Er zeigt die verschiedenen Welten von hochgradig privilegierten sowie geflüchteten Menschen auf - und wie letztere kaum eine Stimme erhalten. Die Geschichte wird immer wieder mit Berichterstattungen über diesen Fall unterbrochen. Mit dabei jeweils Auszüge von Kommentaren, die gespickt sind von Alltagsrassismus, Ignoranz und Empathielosigkeit.
Es ist ein gewollt unangenehmes Buch, es hinterlässt ein beklemmendes Gefühl. Mir hat es sehr gut gefallen und mich zum Nachdenken angeregt. Die Geschichte mit der Tochter Sophie-Luise und Pierre empfand ich jedoch als bisschen zu konstruiert.
[Vater:]"Mädchen sind dann gut, wenn man sie nicht hört und auch nicht sieht. Im Haushalt sollen sie wirken." (S.23)
"Wenn ein Mädchen einen Jungen zu nahe an sich herankommen lässt, ist es immer selber schuld", hatte Vater entschieden. (S.39)
[Sie] hat den dritten Abschnitt - von den ausserehelichen, insbesondere den unehelichen Kindern - nachgelesen, hat gelesen, dass eine Weibsperson, welche ausserehelich geschwängert wurde, berechtigt sei, ihren Schwängerer wegen Vaterschaft zu belangen, dass sie dies aber nur während der Schwangerschaft machen kann und zwar in der Regel beim Pfarramte [...] "Ein unter Sechzehnjähriger kann nicht belangt werden, und ein verheirateter Mann kann nicht belangt werden." (S.222)
"[Ich] nehme Ihnen heute Ihren Namen, Frieda Keller, ab. Ihr seid von nun an Nummer einhundertzweiundneunzig. Für den Rest Eures jammervollen Lebens und bis zum Jüngsten Tag." (S.299)
"Du nennst sie immer noch bei ihrem Namen", gibt Albin zu bedenken. "Nach all den Jahren." Bertram Toggenburger sagt lakonisch: "Nach all den Jahren ist sie immer noch ein Mensch." (S.320)
Frieda Keller aus St.Gallen wird 1904 zu Tode verurteilt. Jahre zuvor wurde sie von ihrem damaligen Arbeitgeber vergewaltigt. Als geächtete Frau mit unehelichem Kind, ohne Geld und Unterstützung, erdrosselte sie aus Verzweiflung und Hilflosigkeit ihren mittlerweile 5-jährigen Sohn. Ihr Todesurteil wurde nach Gnadengesuch in eine lebenslängliche Zuchthausstrafe umgewandelt. Nach 15 Jahren in Einzelhaft durft sie das Gefängnis verlassen. Die Zeit im Gefängnis hinterliess bei ihr physische und psychische Spuren, sie hatte Mühe, sich in Freiheit wieder zurechtzufinden. Nach mehreren Hirnschlägen wurde sie in eine Pflegeanstalt und zuletzt in die Psychiatrie Münsterlingen überwiesen, wo Frieda Keller mit 62 Jahren starb.
Eine erschütternde, hochtragische Geschichte, die nachhallt. Sie macht traurig und wütend zugleich. Die Geschichte wurde sorgfältig recherchiert, das Buch mit originalen Auszügen von Gerichtsakten, Zeitungsartikeln und Briefen ergänzt. Die Sprache ist der Zeit um 1900 angepasst, teilweise lesen sich die Sätze wie ein Gedicht. Das war für mich etwas gewöhnungsbedürftig. Die Geschichte hat mich sehr gepackt, Friedas Schicksal ist mir sehr nahe gegangen, es gab aber einige Stellen, die meiner Meinung nach hätten gekürzt werden können. So empfand ich das Buch teilweise doch als sehr langatmig.
Im Klassenzimmer im Altgriechisch-Kurs begegnen sie. Eine junge Frau, die ihre Stimme verloren hat. Und der Griechischlehrer, der von Tag zu Tag immer mehr erblindet. Beide kämpfen mit ihrem Verlust, beide tragen ihr Rucksäckli - und grade das verbindet die zwei.
Es geht im Buch viel um Sprache und um die Kraft dieser.
Ein sehr sanftes Buch. Als Hörbuch fand ich es jetzt nicht so geeignet, ich liess mich zu schnell von anderem ablenken. Aber das ist meine Baustelle. :)
"Between life and death there is a library", she said. "And within that library, the shelves go on for ever. Every book provides a chance to try another life you could have lived. To see how things would be if you had made other choices... Would you have done anything different, if you had the chance to undo your regrets?" (S.29)
"Librarians have knowledge. They guide you to the right books. The right worlds. They find the best places. Like soul-enhanced search engines." (S.84)
She didn't want to be confronted with that long interminable list of mistakes and wrong turns again. She was depressed enough. And besides, she knew her regrets. Regrets don't leave. They weren't mosquito bites. They itch for ever. (S.85)
[Live] isn't simply made of the things we do, but the things we don't do too. (S.111)
Nora Seed, findet sich nach einem Suizidversuch in einer magischen Bibliothek wieder. In der Mitternachtsbibliothek steht jedes Buch für eine andere Versions ihres Lebens, basierend auf verschiedene Entscheidungen, die sie hätte treffen können. So versucht sie diverse ihrer Parallelleben aus, bleibt mal kürzer mal länger in diesen, auf der Suche nach dem für sie passenden Leben, nach ihrem Glück und ihrem Sinn des Lebens.
Ein sehr schönes, sanftes und warmes Buch. In der Geschichte liegt sehr viel Verzweiflung, aber auch Hoffnung. Vorallem hat mir gefallen, dass sie selbst dazu anregt, über das eigene Leben und die möglichen Abzweigungen nachzudenken. Wie wäre mein Leben verlaufen, hätte ich damals xy anstelle von yz gemacht? So spannend, diese Überlegungen! Das Ende fand ich persönlich ein wenig zu cheesy.
Rika und Michael. Sie wuchsen miteinander auf, sie verehrte ihn seit Kindheit, er sie genauso, ignorierte sie aber konsequent. Dann kommt die Devil's Night, die für Michaels Freunde verheerende Konsequenzen hat. Und Rika soll schuld daran sein. Michael und seine Freunde möchten sie dafür bezahlen lassen und er beginnt ein böses Spiel mit ihr. Und sie kontert. Und eigentlich geht es in diesem Buch nur darum, irgendwelche Spielchen zu spielen und die eigenen sexuellen Verlangen zu unterdrücken und manchmal dann doch ausleben zu können. Böse, gefährlich und leidenschaftlich.
"Ich schnappte nach Luft..." / ..."mit zusammengekniffenen Augen..." / "Verdammt!" / "Ich biss mir auf die Unterlippe..." / "Mir wurde es ganz schwindlig..."
...Ich habe nicht gezählt, wie oft diese und noch viele andere Ausdrücke im Buch vorkamen, aber es war soooo oft, dass ich sie nicht mehr hören kann. Sprachlich sehr schwach. Und grundsätzlich nicht mein Genre. Ich verstehe den Hype darum nicht. Aber muss ich auch nicht. :)
Wir unterhalten uns ein paar Minuten. Dann kommt der Augenblick, auf den ich gewartet habe. Er erkundigt sich nach meinem Mann. Ich antworte ihm, meinem Mann gehe es gut. Dieser Ausdruck hat immer noch die gleiche Wirkung auf mich, selbst nach 13 Jahren Ehe. [... ] Mein Mann hat keinen Vornamen. Er ist mein Mann. Er gehört mir. (ab 04:03)
Der Roman erzählt in der Ich-Person von einer verheirateten Frau, die ein scheinbar perfektes Leben führt mit einem scheinbar perfekten Mann. Nach 15 Jahren Beziehung liebt sie ihn immer noch so fest wie am ersten Tag. Das Buch umfasst eine Woche (Montag-Sonntag) und es zeigt jeden Tag mehr, wie regelrecht besessen sie von ihrem Mann ist. Und mit jedem Tag wird sie unsicherer, ob ihr Mann sie denn auch immer noch so liebt wie zu Beginn ihrer Beziehung. Sie bestraft ihn für jede seiner Gesten, Taten und Worte, die ihr an ihm missfallen. Und sie treibt es immer weiter.
Ein sehr packendes Buch, mit einem überraschendem Ende. Teilweise hielt ich ihre Spielchen kaum aus. Ich empfand ihr gegenüber abwechselnd Mitleid und Unverständnis (wie kann sie ihr eigenes Leben so radikal für einen Mann aufgeben?), Wut (was fällt ihr eigentlich ein?!) und Angst (kann jemensch wirklich so denken und handeln?). Sehr gut gemacht! Auch die Sprecherin hat überzeugt.
Er muss sich in Geduld üben. [...] Geduld, Aljoscha, Geduld! Der junge Mann tritt an die Scheibe, sein Blick reicht über sein Spiegelbild hinaus: da draussen ist, kompakt und schattig, ozeanisch, der sibirische Wald, und in ihn vorzudringen wäre, wie mit Steinen in den Taschen ins schwarze Wasser einzutauchen, aber Aljoscha will leben. (S.27-28)
Hélène sucht ihre Sachen zusammen, Aljoscha trödelt, sie vermeiden, sich anzusehen, verlassen das Abteil, ohne einen Blick zurückzuwerfen, steigen aus der Transsibirischen aus, die Luft ist feucht, es ist mild, sie sind überrascht, stehen schwankend voreinander, wissen nicht mehr, was sie tun, was sie sich sagen oder geben sollen - als würde allein die Fortbewegung ihre Sprache aktivieren, als gäbe es ausserhalb des Zugs, ausserhalb der Flucht keine Geste, kein Lied mehr und alles müsste aufhören. (S.90)
Zwei Menschen begegnen sich in der Transsibirischen Eisenbahn. Da ist Aljoscha aus Moskau, der zwangsrekrutiert wurde und am Ende des Zuges in der dritten Klassen mit anderen Rekruten auf dem Weg nach Sibirien ist. Er möchte desertieren und bei jeder Haltestelle stellt er sich die Frage, ob und wie er flüchten kann. Und da ist Hélène, eine Französin, die mit ihrem Partner in Krasnojarsk war. Auch sie ist gewissermassen auf der Flucht. Während ihr Freund arbeitet, buchte sie kurzentschlossen ein Ticket nach Wladiwostok, hinterliess ihm keine Nachricht. Sie steigt in denselben Zug, wie Aljoscha schon Tage drin sitzt, doch in die erste Klasse am anderen Ende des Zuges. Und doch begegnen sie sich bald. Sie sprechen keine gemeinsame Sprache und doch versteht sie schnell seine eindringliche Bitte, ihm zu helfen. Sie nimmt ihn mit in ihr Abteil, versteckt ihn dort und wird zu seiner Komplizin.
Sehr poetisch, berührend und doch nicht kitschig, schreibt die Autorin über eine besondere Begegnung zweier verschiedenen Menschen, die beide vor etwas flüchten. Ich fühlte mich den Protagonist:innen von Anfang an sehr nahe. Selbst vor Jahren ein paar Mal mit der Transsibirischen Eisenbahn unterwegs, wurde ich zurück katapultiert in meine eigenen Reiseerlebnisse. Die Autorin liess alle meine Erinnerungen wieder aufleben. Ich bangte ab der ersten Seite mit Aljoscha um seine Flucht. Ein tolles Buch, welches im Original übrigens bereits im 2012 erschienen ist.
Jura (16) und Wolodja (18) lernen sich 1986 in einem Sommer-Pionierlager in Charkiv, im ehemaligen Sowjetunion, kennen. Schnell freunden sie sich an und bald merken sie auch, dass sie mehr füreinander empfinden als nur Freundschaft. Im Geheimen nähern sie sich an, wohlwissend, dass ihre Liebe in der sowjetischen Gesellschaft nicht akzeptiert ist und es ihr Geheimnis bleiben muss. Nach diesem Sommer versprechen sie sich, den Kontakt zueinander nicht zu verlieren. Ein paar Jahre schreiben sie sich fleissig Briefe, doch dann verlieren sie sich dennoch aus den Augen. 20 Jahre nach ihrem gemeinsamen Sommer beschliesst Jura endlich, Wolodja wiederzufinden...
Mich hat die Geschichte sehr berührt. Da ich vor 25 Jahren selbst längere Zeit in Russland verbrachte, fand ich es sehr spannend, der Geschichte im geschichtlichen Kontext zu folgen, welche in der Sowjetunion begann, die Perestrojka und den Zerfall der Sowjetunion durchlebte. Besonders Wolodjas Hadern mit seiner Homosexualität, die vor allem der homofeindlichen Gesellschaft geschuldet war, hat mich sehr ergriffen. Ich bangte all die Seiten um die Liebe der beiden Männer und wünschte mir nichts mehr, als dass sie endlich wieder zueinanderfinden und ihre Liebe ausleben können. Dass dieses Buch in Russland verboten ist, überrascht mich zwar nicht, macht mich aber dennoch sehr traurig und wütend.
Gewisse Teile der Geschichte fand ich sehr langatmig, und zwar all die Theaterproben im Sommerlager, insbesondere die finale Theateraufführung. Da hätten ruhig ein paar Seiten zusammengekürzt werden können. Ich bin schon sehr gespannt auf den 2. Teil.
The thoughts you have in orbit are so grandious and old. Think a new one, a completely fresh unthought one. But there are no new thoughts. They‘re just old thoughts born into new moments - and in these moments is the thought: without that earth we are all finished. We couldn’t survive a second without its grace, we are sailors on a ship on a deep, dark unswimmable sea. (S. 8-9)
Up here, "nice" feels such an alien word. It's brutal, inhuman, overwhelming, lonely, extraordinary and magnificent. There isn't one single thing that is nice. (S.17)
Our lives here are inexpressibly trivial and momentous at once [...]. Both repetitice and unprecedented. We matter greatly and not at all. To reach some pinnacle of human achievement only to discover that your achievements are next to nothing and that to understand this is the greatest achievement of any life, which itself is nothing, and also much more than everything. Some metal separates us from the void; death is so close. Life is everywhere, everywhere. (S.121)
Zwei Austronautinnen und vier Astronauten schweben in einer Raumstation durchs All und umkreisen in 24 Stunden die Erde sechzehnmal, alle 90 Minuten. Das Buch dauert genau 16 Umlaufbahnen, 24 Stunden. Die Autorin lässt die Lesenden in diesen 24 Stunden teilhaben am Alltag dieser Astronaut:innen. Wie sie auf engstem Raum schlafen, essen, arbeiten - und immer wieder die Erde von oben beobachten. Im Laufe der Geschichte wird auch immer wieder ein bisschen aus dem "erdischen" Leben von den Astronaut:innen erwähnt. Doch meist bleibt die Autorin in der Raumstation, bei den sechs Astronaut:innen, die sich für uns in einem absolut unvorstellbaren Alltag bewegen, fernab ihrem Zuhause und fernab jeglichem Zeitgefühl - und sich kleinen und grossen Fragen stellen, mit einer ganz speziellen Sichtweise auf unseren Planeten.
Wie unglaublich poetisch dieser Roman ist! Ich war ganz fasziniert davon, wie Samantha Harvey es schafft, mich als Leserin ins All mitzunehmen, mich ganz nah bei ihren Protagonist:innen zu lassen. Und wie sie ihre philosophischen Gedanken in wunderschöne Sätze bettet. Wie faszinierend der Blick von oben auf unseren Planeten ist - und das nur anhand ihren Beschreibungen. Der Roman lässt einem wieder ganz bewusst werden, wie wir unserem Planeten unbedingt Sorge tragen müssen. Das Buch hat mich ganz verzaubert, und das, obwohl mich die Raumfahrt bislang nicht begeistern konnte.
Franz ist im perfekten Alter. Wäre er ein Brot, müsste man ihn jetzt aus dem Ofen nehmen. (S.21)
Auch kleine Probleme schreibt man mit grossem P. (S.74)
Von der Badewanne aus kann niemand die Welt retten. (S.143)
Sebastian Saum ist ein erfolgreicher Opernsänger, er lebt mit seinem besten Freund Franz in seinem Elternhaus. Am Tag nach seines 40. Geburtstages nimmt er ein Vollbad und beschliesst, in der Wanne zu bleiben. Er trocknet sie aus und belegt sie mit Decken und Kissen. Während mehr als zwei Wochen bleibt er im Badezimmer, in der Wanne. Franz versorgt ihn derweilen mit Essen und Gesellschaft. Je mehr Tage vergehen, desto mehr distanziert er sich von seinem Leben, seinen Aufgaben und Rollen. Auch Franz distanziert sich nach einigen Tagen von ihm, sein Verständnis lässt nach, er macht sich Sorgen um die mentale Gesundheit seines Freundes.
Mich hat der Plot sehr neugierig gemacht. Er klang sehr originell und komisch. Die Geschichte hat mich aber leider dann doch nicht überzeugt. Sebastians Gedanken driften teilweise so arg ab, was ich nur anstrengend und wenig interessant fand. Die Autorin verfügt über einen grossen Wortwitz, was ich mochte.
I felt silent that day, as I frequently do, and unnecessary conversation seems then like an exertion that, while possible, will leave me compromised afterwards. Like running an unnecessary mile when you are terribly unfit but technically able. (S.144)
"Congratulations", that word that covers so man situations and that I cannot use in conversation, because it requires both substantial consideration and in-depth prior knowledge. People seem thrilled to hear it in the proper context, but this term demands an understanding of their very private desires. How can you always know that they even want the outcome for which you are congratulating them? What if they are embarrassed by the specific change and you draw uncomfortable attention to them by celebrating it? It is impossible to know another person's unspoken wants, and, conversely, to guess at their secret horrors, too. (S.252)
If loud noise and artificial light do not pain you, you cannot know the sublime relief of silence, of dullness. I intimately know both states; I have learned to live through the chaos and wait for the reward of stillness, knowing it will eventually come for me. (S.281)
Sunday lebt mit ihrer 16-jähriger Tochter Dolly in ihrem Elternhaus. Sunday ist autistisch, sie fühlt sich oft verloren in sozialen Situationen. Ein Ratgeber aus den 50er Jahren gibt ihr Halt, er zeigt ihr, wie man sich in den verschiedensten Situationen "richtig" verhält. Ihr Leben verändert sich, als Vita und ihr Mann nebenan einziehen. Sie freunden sich schnell an und Sunday fühlt sich geliebt wie selten zuvor. Auch Dolly freundet sich mit Vita an. Als Leser:in ist schnell spürbar, dass sich mit dieser Freundschaft etwas Unheilvolles anbahnt.
Mich hat die Geschichte sehr berührt. Die Geschichte gibt einen intimen Einblick in ein Leben einer autistischen Person (die Autorin ist selbst Autistin). Die Ausführungen über diese Mutter-Tochter-Beziehung, die durch Dollys Freundschaft mit Vita zunehmend ins Wanken gerät, nahmen mich sehr mit. Auch wenn sich das Ende schon bald abzeichnete, überraschte mich dann doch sehr, wie genau sich das Ende abspielte.
Die junge Takako steckt in einer Lebenskrise. Ihr Freund, der am selben Ort arbeitet, verkündete ihr nämlich, dass er eine andere heiraten wird (sie war für ihn offensichtlich nur eine Affäre). Sie trennt sich von ihm und auch vom Job muss sie weg. Ihr Onkel bekommt das mit und schlägt ihr vor, bei ihm unterzukommen. Er bräuchte Hilfe in seinem Antiquariat. Sie willigt ein, auch wenn sie (die gar nicht liest) eigentlich nicht begeistert von dieser Idee ist. Im Antiquariat kommt sie langsam wieder zu Kräften und entdeckt auch die Liebe zu Büchern.
Ein Wohlfühlroman für's Gmüet, eine Geschichte, in der eigentlich gar nicht so viel passiert, die einem aber konstant sanft umarmt. Ich fand's wirklich nett, aber auch nicht mehr.
Als ich sie kennenlernte - Ich habe sie nie kennengelernt. Was ich für Kenntnis hielt, war Oberfläche. Sie hatte sich einen Charakter hingemalt, wie sie sich ein Gesicht malt, bevor sie am Abend aus dem Haus geht. (S.17)
Ein Werbetexter für Frühstücksmüsli verliert seinen Job, seine Freundin und mit ihr auch viel Geld. Trost findet er in der künstlichen Intelligenz, er beginnt mit ihr zu spielen. Und daraus entsteht plötzlich ein Roman, der hochgelobt wird. Mit dem Erfolg des Buches, welches schnell ein Bestseller wird, kommt er aber auch zunehmend in Gefahr...
Lewinsky schreibt nicht nur über die künstliche Intelligenz und geht der Frage nach, welche Bedeutung sie in Zukunft haben könnte bezüglich dem klassischen oder eben auch literarischen Schreiben, er nutzte die künstliche Intelligenz auch effektiv, um dieses Buch zu schreiben. Alle Passagen, die im Roman von der künstlichen Intelligenz geschrieben worden sind, stammen auch in Wirklichkeit von ChatGPT (in kursiver Schrift gedruckt). Das macht den Roman sehr lebendig. Mich hat die Geschichte von Anfang an gepackt! Sehr unterhaltsam, mit viel Humor und Spannung. Gelesen war es super zügig. Eine grossartige Idee (sage ich als KI-Skeptikerin...)! :) Wehrmutstropfen: Manchmal sind die KI-Passagen etwas zu langatmig, die eine oder andere Stelle hätte Lewinsky durchaus kürzen können, finde ich.
Im Grunde ist es ganz einfach. Ich verlasse dich. Drei Wörter, die jeder Mensch begreift. Es genügen drei Wörter und alles ist getan. Man muss sie bloss aussprechen. Ich bin erstaunt, dass es so einfach ist. Und noch etwas erstaunt mich. Der Satz ist genauso kurz wie der, den ich am Anfang unserer Geschichte gesagt habe. Am Anfang habe ich zu dir gesagt: Ich liebe dich. Drei Wörter am Anfang, drei Wörter am Ende. Wie es aussieht, lässt sich das Wichtigste im Leben mit sehr wenigen Wörtern sagen. (ab 00:00:29)
Ich dachte an meinen Vater. In meiner Kindheit hatte er mir erklärt, Hausarbeit sei die unproduktivste aller Arbeiten. Anstatt etwas zu erschaffen, stelle sie nur immer wieder den Ausgangszustand her. (ab 02:19:46)
Eine Frau möchte ihren Mann verlassen und sie blickt auf ihre gemeinsamen Jahre zurück, beginnend mit dem Moment, wie sie sich zum ersten Mal treffen, noch zu DDR-Zeiten. Zu Beginn ist das Feuer der Liebe in jedem Satz zu spüren, mit den Jahren nimmt die Leidenschaft allmählich ab und die Alltagsroutine holt die beiden ein. Nach den aufregenden Studienjahren und Auslandjahre kommt der Berufsalltag, kommen die Kinder. Die Entfremdung des Paares passiert schleichend, noch lang schreibt sie von ihrer Besessenheit zu ihrem Mann.
Die Autorin lässt die Protagonistin in der Ich-Person erzählen, es wirkt dabei, als würde eine Freundin vor einem sitzen und ihre Geschichte anvertrauen. Es sind Alltäglichkeiten, die passieren. Aber genau darum fühlte ich mich der Protagonistin auch nah. Ich mochte das Buch.
Masha und Iggy. Zwei junge Erwachsene, die sich ineinander verlieben, aber nicht über Ihre Liebe sprechen können. Eine Liebesgeschichte, in der über alles geredet wird – ausser über den Beziehungsstatus, wie das SRF treffend beobachtete. In gewisser Weise ein Schelm:innen-Roman mit zwei Figuren, deren Unsicherheiten viel Raum einnehmen. Gerade dies macht sie sehr nahbar.
Die Geschichte folgt einem rasanten Tempo, ist originell, frisch, aber auch etwas zu bemüht, möglichst originell zu sein. So empfand ich es auf jeden Fall. Ich verlor schnell das Interesse an den beiden Figuren.