ich kann entweder fühlen, dass sie meine liebende Mutter ist. Oder daran denken, dass sie die russischen Mörder unterstützt. Beides gleichzeitig fühlen und denken kann ich nicht. (S.33)
Kapitelman (in Kiew geboren, mit 8 Jahren nach Leipzig gekommen) beschreibt in seinem Roman, was der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mit ihm macht. Vor allem aber beschreibt er, wie sich der Krieg auf die Beziehung zu seiner Mutter auswirkt. Sie steht nämlich auf Putins Seite. Plötzlich ist die russische Sprache noch das scheinbar einzig Verbindende zwischen ihr und ihm. Kapitelman schafft es gut, diese Ambivalenz von der Liebe zu seiner Mutter und seiner Verzweiflung bzw. Unverständlichkeit, dass sie Putins Propaganda verfällt, darzustellen.
Trotz der Schwere des Themas ist das Buch sehr humorvoll geschrieben, was der Geschichte etwas Leichtigkeit verschafft und die Brutalität des Krieges erträglicher macht, ohne sie in Abrede zu stellen. Das Buch schafft einen persönlichen Einblick in den Alltag Einheimischer in einem Kriegsgebiet. Ich hätte mir von Seiten des Autors aber mehr Konfrontation/Auseinandersetzung gewünscht, mehr Gespräche mit seiner Mutter.
Thor Obioye Osayoghoghowemwen fällt in die Kategorie "reife Kaffeekirsche, gepflückt in einem von lauwarmem Nieselregen geküssten Feld in Brasilien". Verantwortlich für die Einteilung von Schweizer Bürgern mit Hautfarben ausserhalb des eidgenössischen Hautfarbenspektrums ist das Bundesamt für die Rationalisierung Andersfarbiger anhand von Cappuccino beziehungsweise Kaffee, kurz BARACK - eines von acht Schweizer Verwaltungsdepartements. Sollte in der Schweiz a) jemand geboren werden oder b) jemand Asyl beantragen oder c) jemand mit Visum einreisen der nicht in das Spektrum zwischen "Leiche" und "Südländer" fällt, zückt ein BARACK-Beamter seinen Caran d'Ache und notiert die Auffälligkeiten der fraglichen Person. [...]. Erst dann werden die Erkenntnisse - gesammelt als Akte - in das Schweizerische Hautfarbenregister eingetragen, eine Datenbank, die sowohl analog als auch digital einsehbar ist. (S.10-11)
Während sich Herrn Banals Haaransatz immer mehr zurückzieht, wölbt sich sein Blähbauch immer weiter hervor, fast so, als würde ihn jemand aufblasen wie einen Luftballon. Doch für Ballone gibt es meistens einen fröhlichen Anlass, wovon in Herrn Banals Situation nicht die Rede sein kann. (S.128-129)
Eine Satire um zwei Schweizer Familien, aufgebaut wie eine Seifenoper. Es geht um Liebe, Sex, Affären - und Rassismus. Dazu Verschwörungstheorien, medizinische Sonderfälle und Mord.
Eine (Schweizer) Gesellschaftskritik, ganz schön provokativ und mit viel Humor. Eine erfrischende Lektüre, die ein ernstes Thema - den Rassismus - aufgreift. Die vielen Fussnoten sind einfach grandios!
Polina schaute hinter jede Tür, steckte ihren Kopf in die Tümpel im Moor, um zu prüfen, was darin war, fasste jeden Käfer an und nahm die meisten davon in den Mund. Hätte sie Ungeheuer gefunden, hätte Polina mit ihnen getanzt. (S.34)
Er wollte, dass sie ihn hörte. Nicht aus Selbstlosigkeit, aber wann war Liebe je selbstlos gewesen? (S.218)
Hannes' und Polinas Mütter lernen sich bei ihrer Geburt im Spital kennen, es entsteht eine Freundschaft, die beiden Kinder wachsen gemeinsam auf. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein, Polina sehr wild und abenteuerlich, Hannes hingegen träge und langsam. Seine Faszination gilt der klassischen Musik und dem Klavierspielen. Mit 14 verliebt sich Hannes in Polina. Er komponiert ihr eine eigene Melodie. Doch die Liebe scheint nicht auf Gegenseitigkeit zu beruhen, als junge Erwachsene trennen sich ihre Wege. Er hört mit dem Klavierspielen auf, wird trotz seiner schmächtigen Figur Klavierschlepper, seine Gedanken bleiben aber bei Polina. Bis er sich nach Jahren eingesteht, dass er Polina wiederfinden muss. Und zwar mithilfe ihrer Melodie...
Ab der ersten Seite hat das Buch einen einnehmenden Rhythmus. Es liest sich wie eine wunderschöne Melodie. Manche mögen die Geschichte schnulzig und/oder kitschig finden, ich sehe es aber anders. Würger schaffte es, mich mit seiner Sprache leichtfüssig durch die Geschichte zu tragen, die Musik immer im Ohr. Über einen allfälligen Kitsch konnte ich gut hinwegsehen. Ein Herzerwärmendes Buch.
Sie wirft einen Blick auf den Bildschirm und dann wieder auf dich und fährt fort: Was ich hier sehe, ist ein konsequentes Fehlen von Schmerzmanagement und Unterstützung. Das hier - sie zeigt auf den Bildschirm - nennt mir alle Fakten über ihre Endometriose, aber ich musste von ihnen selbst erfahren, wie Sie sich dabei gefühlt haben und wie es Ihr Leben beeinflusst hat. Du holst tief Luft und antwortest mit wackliger Stimme: Manchmal kommt es mir vor, als würde mein ganzes Leben daraus bestehen. (S.189)
Genau so fühlte ich mich mit dieser Krankheit auch. Und gleichzeitig fühlte ich mich damit so alleine, weil es Jahrzehnte dauerte, bis endlich eine Diagnose im Raum stand, ich bis dahin dachte, dass nur mein Körper kaputt ist und darüber reden nie eine Option war. Endlich ein Buch, in dem Endometriose und Menstruieren im Allgemeinen thematisiert werden. Ein Buch, mit dem ich mich so oft identifizieren konnte und ich genau wusste, wie gross der Leidensdruck der Hauptfigur ist. Es geht aber noch um viel mehr, um eine tiefe Freundschaft, die langsam zu bröckeln beginnt, über Beziehungen, eine unerwiderte Liebe, das Hadern mit der Erwachsenenwelt, Alkoholmissbrauch. Mir hat sehr gut gefallen, wie schonungslos die Autorin über all das berichtet, in einer ansprechenden Sprache.
Wie bei jedem seiner Besuche seit dem vergangenen Frühjahr - seitdem sie durchs Watt spaziert waren, seitdem sie einander alles erzählt hatten, worüber sie sonst zu keinem sprachen - sagte Johann im Dunkeln, wie um ihr Zusammensein zu beschwören: "Jetzt noch acht Tage und später für immer." (S.25)
Johann Meinert, Soldat bei der Luftwaffe, desertiert Anfang 1945 und versteckt sich bei seiner Tante und seinem Onkel in einem Heuschuppen und wartet und hofft auf das Ende des Krieges. In Gedanken ist er stets bei seiner Frau Emmy, die mittlerweile ihr gemeinsames Kind auf die Welt gebracht haben sollte. Plötzlich steht Frieda, ein 17jähriges Mädchen aus der Nachbarschaft, im Heuschuppen. Wenn sie ihn verrät, ist es mit ihm vorbei.
Eine fast wahre Geschichte über den Grossvaters des Autors. Ein berührender Roman. Und doch hat er mich nicht genug eingenommen.
Selbst nach langem Betrachten war es unmöglich, von den Hüllen der Platten auf die darin enthaltenen Töne zu schliessen. Wir glaubten ohnehin nicht, dass es möglich war, sich ein Bild von Tönen zu machen. Das, was wir sahen, wenn wir die Töne hörten, war ganz gewiss und doch unbeschreiblich. (S.9)
Unter Liedermachern kursiert das schöne Gerücht, dass sich in jedem neuen Stück eine wahrsagerische Spur befindet. Wir können an dem, was wir schreiben, entziffern, was als Nächstes in unserem Leben passiert. Die Heuchelei beginnt da, wo wir genau das schreiben, von dem wir wollen, dass es geschieht. Strategischer Missbrauch bringt den prophetischen Brand zum Ersticken. (S. 75)
Ein Mädchen und ihr bester Freund "Niemand" wachsen als Kinder von Diplomateneltern auf. Ihre Kindheit ist geprägt von regelmässigen Umzügen in andere Städte und Länder. Musik spielt bei beiden eine sehr grosse Rolle. Im Älterwerden verändert sich ihre Freundschaft.
Jedem Kapitel folgt ein Einschub über das Bergvolk der Walserinnen, von dem auch Sophie Hunger und die Mädchenfigur im Roman abstammt. Meistens ist auch noch eine Illustration einer Frauenfigur abgebildet (ich nehme an, von Sophie Hunger gezeichnet), bevor das neue Kapitel beginnt.
Ein sprachlich anspruchsvoller, sehr poetischer Roman, melodiös, voller Musik. Oft verwirrend. Ist Niemand eine wirkliche Person oder ein fiktiver Freund? Diese Frage stellte ich mir immer wieder. Die Exkurse über das Volk der Walserinnen waren zwar spannend, mich störten sie aber sehr, sie hemmten den Erzählfluss des Romans, warfen mich jedes Mal aufs Neue aus der Geschichte.
Die Fortsetzung von "Frau Yeoms kleiner Laden der grossen Hoffnungen".
Die Supermarktleiterin des 24-Stundenladen "Always" sucht eine Person für die Nachtschicht. Guen-bae wirkt zwar sehr komisch, doch sie kann nicht wählerisch sein und stellt ihn ein. Er eckt bei allen Menschen an, aber auf Dauer entdecken diese sein Feingefühl und seine Gabe, anderen zu helfen.
In jedem Kapitel spielt eine andere Rolle die Hauptrolle. Die Personen aus dem 1. Band tauchen auch auf, wenn auch nur noch nebenher. Der 1. Band hatte für mich noch so seinen Reiz, dieser Band konnte mich leider gar nicht überzeugen. Zu viele Figuren, zu denen ich keine Beziehung aufbauen konnte. Und oft langweilte mich die Geschichte. Die Figuren handelten mir teilweise auch sehr unglaubwürdig. Schade.
Sie schlenderte um die hufeisenförmige Sitzordnung herum, und als sie an Klapper vorbeikam, warf sie ihm einen prüfenden Blick zu, bevor sie die Atlanten anhob und mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden abstellte, ihren Eastpak auf den Tisch legte und sich neben ihn setzte. Ein leises Raunen ging durch die Reihen. Klapper erstarrte. Das war alles viel zu sozial. (S.29)
Trauerkarten hatte er noch nie geschrieben. Das ist eine Verantwortung, die man in seinem Alter eigentlich nicht haben sollte. Sterben, das war eigentlich was für Erwachsene. (S.224)
Klapper ist 16. Er hat keine Freunde und verbrachte die gesamten Sommerferien alleine vor seinem PC. Am ersten Schultag nach den Ferien bekommt die Klasse Zuwachs von Bär, einem Mädchen, das gross und stark und selbstbewusst ist - und so das pure Gegenteil von Klapper darstellt. Sie behandelt ihn nicht als Aussenseiter, sondern setzt sich gleich neben ihn - da wissen beide noch nicht, dass sie beide eine Gemeinsamkeit haben: die Leidenschaft des Zockens. Ab da beginnt langsam eine Freundschaft zwischen ihnen.
Ein berührendes, lustiges wie auch trauriges Buch. Der Autor fängt die Zeit der Jugendlichen, der Suche nach sich selbst, der Überforderung des Erwachsenwerdens, die Probleme, mit denen sie konfrontiert werden, sehr schön auf, wie ich finde. Prödel gibt der Freundschaft zwischen Klapper und Bär die Zeit, die sie braucht, prescht nicht vor.
Monika gibt alles auf, als sie zu ihrem neuen, reichen Freund zieht: Erst ihre Wohnung, ihre Freundinnen, danach (auf sein Drängen) auch noch ihren Job. Bald darauf geht's zusammen in den Urlaub in seine Finca in Mallorca. Diese gefällt ihr so gut, dass er ihr vorschlägt, sie könne doch dort bleiben und er besuche sie jeweils an den Wochenenden. Klingt super! Bis er sie aus heiterem Himmel verlässt und sie die Finca auf Monatsende räumen muss. Das lässt sie nicht auf sich sitzen. Mithilfe ihrer neuen Freundinnen plant sie einen Rachezug gegen ihn...
Kurzweiliger Roman, sehr humorvoll (nur ist es nicht wirklich meiner...). Sehr klischierte Figuren und Begebenheiten. Leichte Kost, eignet sich sicher gut als Ferienlektüre.
Franz Escher wartet auf den Elektriker. In seiner Küche hat eine Steckdose einen Wackelkontakt. Auf den Elektriker wartet, liest er ein Buch über den Mafia-Kronzeugen Elio Russio. Dieser sitzt im Gefängnis und wartet auf seine Entlassung. Er kann nicht schlafen und liest in einem Buch. Es handelt von Franz Escher, der auf den Elektriker wartet...
Zwei eigenständige Geschichten, die sich, wie's zu Beginn scheint, einfach nur so nebeneinander herlaufen, sich aber bald ineinander verknoten. Wann immer die Figuren zu ihrem Buch greifen, wechselt die Erzählung zur anderen Geschichte. Und plötzlich ist sie zu einer zusammengeschmolzen. Dass die eine Figur, der Puzzle-Liebhaber, gleich heisst wie der Vexierbildkünstler M.C. Escher, ist sicher kein Zufall.
Die Geschichte ist klug aufgebaut, die Spannung bleibt bis zum Schluss und es macht einfach Spass beim Lesen. :)
Updatefreundschaften sind Freundschaften, das muss ich noch schnell sagen, bei denen man sich alle drei Monate auf einen Espresso trifft oder auf ein Bier, erzählt, was in den letzten drei Monaten passiert ist, eigentlich will man sich öfter sehen, aber das Leben, aber die Zeit, aber die Uni, aber die Krisen. (S.24)
Masha und Iggy. Zwei junge Erwachsene, die sich ineinander verlieben, aber nicht über Ihre Liebe sprechen können. Eine Liebesgeschichte, in der über alles geredet wird – ausser über den Beziehungsstatus, wie das SRF treffend beobachtete. In gewisser Weise ein Schelm:innen-Roman mit zwei Figuren, deren Unsicherheiten viel Raum einnehmen. Gerade dies macht sie sehr nahbar.
Die Geschichte folgt einem rasanten Tempo, ist originell, frisch, aber auch etwas zu bemüht, möglichst originell zu sein. So empfand ich es auf jeden Fall. Ich verlor schnell das Interesse an den beiden Figuren.
Zwei befreundete, wohlhabende Familien fahren in die Sommerferien in die Toskana. Die 14jährige Tochter Sophie-Luise der einen Familie (deren Mutter, Elisa Strobl-Marinek, als linke Politikerin bekannt ist), darf Aayana, eine Schulfreundin von ihr, mitnehmen. Aayana hat mit ihrem Bruder und ihren Eltern nach ihrer Flucht aus Somalia vor 2 Jahren in Wien den Asylstatus erhalten. Schon am ersten Tag in der Toskana kommt es zu einer Tragödie. Aayana ertrinkt im Pool, alle Hilfe kommt zu spät. Als wäre dies für alle Betroffenen nicht schlimm genug, gelangt der Unfall in die Öffentlichkeit und wird in den Berichterstattungen und sozialen Medien ausgeschlachtet. Elisa Strobl-Marinek gerät unter Druck, ihr Amt in der Politik ist gefährdet.
Ein gesellschaftskritischer Roman, bei dem vor allem folgende Frage aufgeworfen wird: Was ist ein Menschenleben wert? Und gibt es Menschenleben, die weniger wert sind? Er zeigt die verschiedenen Welten von hochgradig privilegierten sowie geflüchteten Menschen auf - und wie letztere kaum eine Stimme erhalten. Die Geschichte wird immer wieder mit Berichterstattungen über diesen Fall unterbrochen. Mit dabei jeweils Auszüge von Kommentaren, die gespickt sind von Alltagsrassismus, Ignoranz und Empathielosigkeit.
Es ist ein gewollt unangenehmes Buch, es hinterlässt ein beklemmendes Gefühl. Mir hat es sehr gut gefallen und mich zum Nachdenken angeregt. Die Geschichte mit der Tochter Sophie-Luise und Pierre empfand ich jedoch als bisschen zu konstruiert.
[Vater:]"Mädchen sind dann gut, wenn man sie nicht hört und auch nicht sieht. Im Haushalt sollen sie wirken." (S.23)
"Wenn ein Mädchen einen Jungen zu nahe an sich herankommen lässt, ist es immer selber schuld", hatte Vater entschieden. (S.39)
[Sie] hat den dritten Abschnitt - von den ausserehelichen, insbesondere den unehelichen Kindern - nachgelesen, hat gelesen, dass eine Weibsperson, welche ausserehelich geschwängert wurde, berechtigt sei, ihren Schwängerer wegen Vaterschaft zu belangen, dass sie dies aber nur während der Schwangerschaft machen kann und zwar in der Regel beim Pfarramte [...] "Ein unter Sechzehnjähriger kann nicht belangt werden, und ein verheirateter Mann kann nicht belangt werden." (S.222)
"[Ich] nehme Ihnen heute Ihren Namen, Frieda Keller, ab. Ihr seid von nun an Nummer einhundertzweiundneunzig. Für den Rest Eures jammervollen Lebens und bis zum Jüngsten Tag." (S.299)
"Du nennst sie immer noch bei ihrem Namen", gibt Albin zu bedenken. "Nach all den Jahren." Bertram Toggenburger sagt lakonisch: "Nach all den Jahren ist sie immer noch ein Mensch." (S.320)
Frieda Keller aus St.Gallen wird 1904 zu Tode verurteilt. Jahre zuvor wurde sie von ihrem damaligen Arbeitgeber vergewaltigt. Als geächtete Frau mit unehelichem Kind, ohne Geld und Unterstützung, erdrosselte sie aus Verzweiflung und Hilflosigkeit ihren mittlerweile 5-jährigen Sohn. Ihr Todesurteil wurde nach Gnadengesuch in eine lebenslängliche Zuchthausstrafe umgewandelt. Nach 15 Jahren in Einzelhaft durft sie das Gefängnis verlassen. Die Zeit im Gefängnis hinterliess bei ihr physische und psychische Spuren, sie hatte Mühe, sich in Freiheit wieder zurechtzufinden. Nach mehreren Hirnschlägen wurde sie in eine Pflegeanstalt und zuletzt in die Psychiatrie Münsterlingen überwiesen, wo Frieda Keller mit 62 Jahren starb.
Eine erschütternde, hochtragische Geschichte, die nachhallt. Sie macht traurig und wütend zugleich. Die Geschichte wurde sorgfältig recherchiert, das Buch mit originalen Auszügen von Gerichtsakten, Zeitungsartikeln und Briefen ergänzt. Die Sprache ist der Zeit um 1900 angepasst, teilweise lesen sich die Sätze wie ein Gedicht. Das war für mich etwas gewöhnungsbedürftig. Die Geschichte hat mich sehr gepackt, Friedas Schicksal ist mir sehr nahe gegangen, es gab aber einige Stellen, die meiner Meinung nach hätten gekürzt werden können. So empfand ich das Buch teilweise doch als sehr langatmig.
Im Klassenzimmer im Altgriechisch-Kurs begegnen sie. Eine junge Frau, die ihre Stimme verloren hat. Und der Griechischlehrer, der von Tag zu Tag immer mehr erblindet. Beide kämpfen mit ihrem Verlust, beide tragen ihr Rucksäckli - und grade das verbindet die zwei.
Es geht im Buch viel um Sprache und um die Kraft dieser.
Ein sehr sanftes Buch. Als Hörbuch fand ich es jetzt nicht so geeignet, ich liess mich zu schnell von anderem ablenken. Aber das ist meine Baustelle. :)
Die Geschichte beginnt mit einem dramatischen Unfall. Naomi hat einen Arbeiter bei sich in der Whg. In einem unbeaufsichtigten Moment spielt Naomis Kind mit seinem Hammer und lässt ihn vom Balkon fallen. Ein Teenager verunglückt dabei tödlich. Der Arbeiter wird beschuldigt und Naomi, obwohl sie von seiner Unschuld weiss, schweigt. Die Schuldgefühle lässt sie nicht los, auch ein temporärer Umzug nach Nigeria hilft nicht.
Es geht um Schuld, Verantwortung, Moral, hartnäckige Vorurteile und Rassismus. Ein spannungsreicher, vielschichtiger Roman, der mir eigentlich sehr gefiel. Ich ertappte mich aber immer dabei, wie ich das Buch mit Gundar-Goshens Roman "Die Lügnerin" verglich, was diesem Buch nicht gut tat. Auch fand ich gewisse Sequenzen im Buch ein bisschen zu weit hergeholt bzw. gewisse Handlungen etwas unnatürlich. Ich befürchte, "Ungebetene Gäste" wird (bei mir) immer im Schatten von "Die Lügnerin" stehen und keine nachhaltigen Spuren hinterlassen. Ich hatte wohl leider einfach auch zu viele Erwartungen an Gundar-Goshens neuen Roman.