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Einträge mit dem Tag schweiz.

"Die Ideologie meiner Eltern beruht auf der Antwort meines Vaters: Zeit ist das höchste Gut. Nichts ist so kostbar, wie Zeit zu haben. Nichts so wertvoll, wie Zeit zu schenken." (S.33)

Yvonne Eisenring lebt ein Leben abseits der gesellschaftlichen Normen. Sie beginnt beispielsweise nicht vor 12 Uhr mit ihrer Arbeit. Sie wählt sich ihre Arbeit bewusst aus und lehnt Aufträge auch mal ab - auch wenn sie finanziell gesehen sehr lukrativ wären. Sie priorisiert ihre Familie und Freund:innen, nimmt sich Zeit für das, was ihr wichtig ist: Ihre Freundschaften, ihre Familie und das Erleben neuer Orte. Sie lebte ein paar Monate in Paris, dann in Berlin, in Mexico City, in Buenos Aires, in New York. Mittlerweile bewegt sie sich alternierend zwischen Zürich, Paris und New York. Sie lebt ein nicht der Norm entsprechendes Lebensmodell. Im Buch schreibt sie über die Hürden und Herausforderungen, aber auch über all ihre Erkenntnisse, die sie in den letzten Jahren gesammelt hat. Sie nimmt die Leser:innen an jeden ihrer besuchten Orte mit, teilt ihre Beweggründe und Erlebnisse.

Ich mochte das Buch, es nahm mich mit auf eine kleine Weltreise und liess mein Fernweh neu erwachen. Ich finde es toll, wie sie ihr Leben lebt, auch wenn - oder gerade weil - es nicht meinem Lebensmodell entspricht.

Eine unkonventionelle Weihnachtsgeschichte von einem Verbrecher, der als Barkeeper im Restaurant Militärkantine (eines meiner Lieblingsrestaurants in St.Gallen :) ) arbeitet. Am Weihnachtsabend überfällt er mit seiner hochschwangeren Freundin den Mc Donalds am Marktplatz. Die Flucht verläuft nicht wie geplant, mit Schnee haben sie nicht gerechnet...

Ich fand diese kurze Graphic Novel besonders wegen ihres Lokalkolorits spannend.

Dr. Stotz, ein einflussreicher Politiker und Geschäftsmann, ist schwer krank. Für die Ordnung seines Nachlasses stellt er einen Jus-Studenten, Tom, ein. Tom erfährt von Melody, Dr.Stotzs grosse Liebe und Verlobte, die kurz vor der Hochzeit für immer verschwand. Über 40 Jahre ist das her. Dr. Stotz scheint bis heute nicht darüber hinweg gekommen zu sein. Doch je länger Tom bei Dr. Stotz wohnt und seinen Erzählungen lauscht, desto fraglicher wird, wie viel Wahrheit und Fiktion wirklich hinter dieser Geschichte steckt.

Ein solider Martin-Suter-Roman. Nicht mehr, nicht weniger.

"Waffen sind ein Teufelszeug. Erleichtern aber die Umsetzung des im Menschen verankerten Bedürfnisses, andere Menschen zu entfernen." (S.49)

"Das Erwachsensein. Das sich in der Vorstellung besser angefühlt hat. Sie sind davon ausgegangen, dass sie alle auf einmal wüssten, was zu tun wäre. Was absurd ist, denn auch Erwachsene sind meist nur gewachsene Kinder, die meinen, wenn sie sich unbeholfen in beige Kleidung hüllen und mit Kristallgläsern zuprosten und Wein im Mund rollen, komme so ein Erwachsenenwissen über sie." (S.255)

"Den Armen steht die Freiheit theoretisch zu, sie haben einfach nur zu wenig Geld, um sie auszuleben, die Freiheit. " (S.415)

Eine dystopische Welt mit Totalüberwachung, einer weiter zugespitzten Klimakrise, gefährlicher Armut. Vier Jugendliche, die sich zusammentun, in London versuchen, ausserhalb des Systems zu überleben und ihre Revolution starten, gegen alle, die ihnen jemals Leid angetan haben.

Brutal, hart, düster, sarkastisch. Ein starkes Buch, aber auch lang (zeitweise gar langatmig) und anstrengend in seiner Sprache.

Einerseits eine sehr berührende Geschichte, andererseits ist sie auch sehr anstrengend mit all seinen Ausschweifungen zu Darwin, zu diversen Bibelzitaten, zur Herkunft von Sprache (das fand ich aber interessant), zu Erbrecht, Krieg etcetera.

(Mein erstes Hörbuch - diese Format überzeugt mich noch nicht, mir fällt das Lesen leichter)

↑ 2024
2023 ↓

"In diesem Gefühl lebt ein zweites Gefühl. Leicht ist es, traurig und schön. Wie die Bilder im Fernseher bei den Nachbarn. Da und doch nicht da. Das Kind kann das Gefühl nicht festhalten, es weht hinter einem Atemzug her aus der Brust heraus. Durch den Schnorchel entweicht es und findet nicht zurück." (S.17)

Ein fünfjähriges Mädchen darf bei seinem Nachbarn fernsehen, weil sie zuhause keinen Fernseher haben, und verbringt viel Zeit bei ihm. Nach und nach, das Mädchen wird langsam eine junge Frau, erfährt man zwischen den Zeilen, welches dunkle Geheimnis diese Familie begleitet. Eine Geschichte, die in Bildern erzählt wird, so scheint es.

Ich erkenne die grossartige Sprache der Autorin, ich fand es aber sehr schwierig zum Lesen, mich in der Geschichte zurechtzufinden, anzukommen. Ich fand es sehr anstrengend, wirr. Vielleicht war es nicht der richtige Zeitpunkt für mich, vielleicht hat das Buch von mir eine zweite Chance verdient.

"Das ungezeugte Kind lag zwischen ihnen, wenn sie schliefen, es brüllte in der Nacht und riss ihn aus seinen Träumen. Es verhedderte sich in seinen Gedankenfäden und verdorrte ihm die Zunge." (S.25)

Wir befinden uns in der Zukunft, der Klimawandel schon weit fortgeschritten, ein Paar auf einem Luxus-Kreuzfahrtschiff in der Arktis auf dem Weg nach Tokyo. Erst ein Streit des Paares, dann das Verschwinden der Frau und damit beginnt die Welt des Protagonisten auch immer mehr zu bröckeln. Wie in einem Computerspiel, welches er immer wieder spielt, scheinen auch in seinem Leben Glitches aufzutauchen. Er verwahrlost immer mehr auf diesem Schiff, seine Spuren scheinen langsam zu verwischen, er scheint zu entgleiten, die Crew behandelt ihn wie einen Hochstapler, einen blinden Passagier. Nebenher plötzlich das Auftauchen einer sektiererischen Gruppe.

Hat das Buch für mich sehr spannend und vielversprechend begonnen, verlor ich spätestens ab der ersten Erwähnung dieser Sektengruppe zunehmend das Interesse. Zu vollgepackt, zu wirr. Nebenher störten mich auch die vielen Fehler, das mangelhafte Lektorat.

Für mich, die in St.Gallen wohnt, war es sehr unterhaltsam, den mir bekannten Schauplätzen des Krimis zu folgen. Für mich, die beruflich mit der Textilbranche der Ostschweiz verknüpft ist, war es zudem sehr interessant zu lesen, wie sich die Geschichte um eine fiktionale St.Galler Textilfirma dreht.

Ansonsten hat mich der Krimi nicht überzeugt. Aber ich bin auch keine enthusiastische Krimileserin.

"Erst als ich nach dem Abitur das Dorf verlassen hatte und in die Stadt gezogen war, hatte ich gelernt, wie weit die Welt war und wie unsicher. Vielleicht hatte ich deshalb zu schreiben begonnen, um die Landschaft, die Sicherheit meiner Kindheit wiederzugewinnen, aus der ich mich selbst vertrieben hatte." (S.19)

"Ich habe keine Angst vor Ihnen, sagte sie. Erst will ich das Ende der Geschichte hören. Das Ende der Geschichte kann ich Ihnen nicht erzählen, sagte ich, ein Ende haben Geschichten nur in Büchern. Aber ich kann Ihnen erzählen, was weiter geschah." (S.38)

"Aber trotz der Fotos und der Plüschtiere wirkten die Räume unbelebt, als seien sie seit Monaten von keinem Menschen betreten worden. Vielleicht fühlte ich mich gerade deshalb wohl darin, auch mein Leben war ein leerer Raum, in dem nur die Schatten an den Wänden verrieten, dass er einmal bewohnt gewesen war." (S. 106)

Christoph begegnet der jungen Lena und erzählt ihr die Geschichte von seiner Liebe zu einer Magdalena, die 16 Jahre her ist. Er erzählt von Magdalena, die Lena sehr gleicht, Lena ist. Er erzählt von Lenas Leben. Wirklichkeit und Fantasie scheinen sich zu vermischen. Kann das Schicksal manipuliert werden?

Ich mag Stamms ruhige, feine Schreibweise. Über alle Seiten hinweg schwebt eine sanfte Melancholie.

"Alles Leben wird enden. Es wird immer heisser werden. Die Hitze wird unerträglich sein für alles Lebende. Es wird immer heisser werden, und schnell wird alles sterben. Und trotzdem, noch sieht man nichts. Noch hört man nichts: Sogar die Botschaft selber ist verstummt. Was zu sagen war, ist gesagt; Stille." (S. 6)

Das Buch, geschrieben 1922, stützt sich auf den Hitzesommer von 1921, als die Temperaturen in Genf auf 38.3 Grad stiegen. Anders als in unserer heutigen Situation, ist die Ausgangslage der steigenden Hitze aber eine andere: Aufgrund eines Gravitationsfehlers stürzt die Erde der Sonne entgegen. Anders als heute trägt die Menschheit keine Schuld. Im Buch geht es darum, wie die verschiedenen Personen mit dieser Situation umgehen und wie sich der Blick auf die Welt, auf das Leben ändert.

Eine spannende Geschichte, herausfordernd zu lesen. Die einzelnen Kapitel stehen für sich, sind eigene Geschichten, die Sprache war für mich teilweise sehr anspruchsvoll, der Wechsel von einem zum anderen Kapitel zu sprunghaft. Ich konnte nicht immer folgen (war aber ehrlicherweise auch nicht immer bei der Sache...).

"Die Decke dämpft Körperschichten,

Da liegen Baumwolle

über Daunenfedern

über Baumwolle

über nackter Haut.

Darunter die Seele im Schlummer." (S.180)

Eine Familiengeschichte über drei Generationen. Die Geschichte erzählt, wie die Frauen dieser Familie die Herausforderungen der dystopischen Verhältnisse ihres Alltags (Bürgerkrieg, Unruhen) angehen bzw. überstehen.

Das Buch zeigt ein sehr ungewöhnliches "Schriftbild" für einen Roman, die Sprache ist äusserst poetisch. Ich fand sie zu Beginn gewöhnungsbedürftig, fand mich dann aber doch relativ schnell zurecht in diesen speziellen Rhythmus. Auf die Länge überzeugte mich ihr Stil aber trotzdem nicht, er lenkte mich zu fest von der Geschichte ab.

"Er wirkt, als habe er sich seine Coolness vor Jahren mal angezogen und nie gemerkt, dass sie ihm längst zu klein geworden ist." (S. 74)

Ein, wie ich finde, gelungener Debütroman mit einer interessanten Erzählperspektive. Unterhaltend, modern, frisch.

"Was ist Glück? Ein Zustand? Eine Masseinheit? Ein Begriff, den jeder für sich selber definieren muss? Kann man Glück anstreben und erreichen, oder geschieht Glück nach dem Zufallsprinzip? Wenn sich Glück häuft, wird daraus Zufriedenheit?" (S.65)

"Angenommen, wir könnten jetzt zusammen an einem Tisch beim Mittagessen sitzen und reden: Was würdest du mich fragen?" (S.125)

Yvonne Eisenring war 14 Jahre alt, als ihr Vater plötzlich starb. Sie hatte viele Fragen, die sie nicht beantworten konnte und die niemand beantworten wollte. Ein Jahr später begann sie, diese Fragen in einem Notizheft zu sammeln. Es sind Fragen über das Leben, über den Tod. Es sind Fragen, die auch die Leser:innen zum Nachdenken anregen. Ein sehr persönliches, intimes Buch über den Verlust eines geliebten Menschen.

Das Buch ist mit Illustrationen von Nicole Kim ergänzt.

"Marine hat nie hinter diesen verschlossenen Türen gelebt, sie durchschaut die Anzeichen nicht. Ich kenne die Tricks, mit denen man die Worte und Gesten vorsichtig verpacken muss. Es ist wie bei einem brodelnden Vulkan, Lava wird austreten, man weiss nicht genau wann, aber früher oder später wird das Magma überquellen, die Gedanken, jede Rationalität mit sich fortreissen, bis nur noch blanke Angst zurückbleibt." (S. 114)

Jeanne wächst mit ihrer Schwester und Eltern in einem Walliser Bergdorf auf. Der Vater gewalttätig gegen Frau und Kinder, die Mutter und Kinder verängstigt, eingeschüchtert. Das Dorf weiss, was in dieser Familie passiert, doch alle schauen weg. Ihre traumatischen Erlebnisse nimmt sie ins Erwachsenenalter mit, ihr Trauma bestimmt ihr Leben, sie kämpft dagegen an, versucht, sich von ihren schmerzvollen Erinnerungen zu lösen, sich von ihrem Vater zu distanzieren.

Das Buch ist zornig, roh, ungeschönt und heftig. Es erschütterte mich, ging mir nahe, machte mich wütend und betroffen.

"Und wenn Ihre Beziehung Ihnen Kummer bereitet, so ist das kein unabänderliches Detail, mit dem Sie sich eben zu arrangieren haben, und schon gar keine spirituelle Duldsamkeitsübung, die Sie irgendwann ins Paradies emporheben wird, sondern ein ernsthaftes Problem. Denn für jeden Tag, an dem Sie es aufgrund diffuser Pflichtgefühle zulassen, nicht glücklich zu sein, geben Sie ein Stück Ihrer Würde und Selbstachtung her. Und dieser Preis ist zu hoch; was auch immer Sie dafür erhalten oder zu erhalten glauben." (S.30)

"Wenn die Lehre, die wir aus einer leidvollen Erfahrung ziehen, einzig besagt, dass weitere solche Erfahrungen erforderlich seien, um endlich Glück zu erlangen, unterliegen wir einem grundlegenden Missverständnis. Leid ist nicht der Preis für Glück und verwandelt sich auch nicht plötzlich in dieses. Wieso sollte es auch? Leid ist lediglich die Summe wiederholter schlechter Entscheidungen; und mit jemandem zusammenzubleiben, der Ihnen nicht guttut, weil er nicht zu Ihnen passt, ist genau dies: ein täglich repetierter Fehler." (S.46)

"Einen guten Moment für die Trennung gibt es nicht. Aber vielleicht die richtigen Worte: 'Unsere Beziehung tut mir nicht gut, darum beende ich sie.' Mehr gibt es nicht zu sagen, denn um etwas anderes geht es nicht." (S.87)

Es gibt unzählige Ratgeber, die einem Tipps geben zur Erhaltung einer schwierigen Beziehung. Meyer sieht das anders. Zu viele Paare seien unglücklich und sollten sich besser trennen. Das Leben sei zu kurz fürs Unglücklichsein. Manchmal sind seine Ansichten meines Erachtens ein bisschen zu einfach gestrickt, oft sind seine Worte sehr provokativ gewählt. In vielem teile ich aber seine Meinung.

"Mein Leben war bereits vor seiner Tat kein einfaches. Wegen all der Dinge, die mir früher schon angetan wurden. Arvins Anwältin hat vor Gericht übrigens fein säuberlich ausgebreitet, dass ich schon als Kind missbraucht wurde, und fragte sich, ob ich vielleicht deshalb sensibler als andere auf solche Übergriffe reagieren würde und sie nicht richtig einordnen könnte. Das muss man sich einmal vorstellen." (S. 36)

"Ich begriff aber auch: 'Nein heisst Nein' hilft dir wenig, wenn du in dem Moment, in dem der Übergriff passiert, kein Wort herausbringst." (S.93)

"Hochgerechnet haben in der Schweiz bereits 430'000 Frauen mindestens einmal in ihrem Leben sexualisierte Gewalt erfahren. Nur rund acht Prozent der Fälle werden angezeigt, die Verurteilungen der Täterschaft liegt im einstelligen Prozentbereich. Nichtsdestotrotz bedeutet dies, dass hinter diesen 430'000 Übergriffen auch Täter stehen. Wenn jede und jeder von uns ein Vergewaltigungsopfer kennt, wie viele Täter kennen wir?" (S.140)

"Das Gesetz muss anerkennen, dass wir das Recht auf unseren Körper nicht vor Übergriffen verteidigen müssen. Sondern dass uns das Recht auf unseren Körper zusteht - einfach so." (S.143)

"Unser Körper ist kein Selbstbedienungsladen, in dem man sich bedienen kann, bis wir uns wehren oder Nein sagen." (S.144)

Die Journalistinnen Miriam Suter und Natalia Widla behandeln das Sexualstrafgesetz in der Schweiz und schauen sich die Praxis unserer Polizei, die Beratungsstellen und das Recht an. Drei Frauen teilen des Weiteren im Buch ihre Erlebnisse von sexualisierter Gewalt und zeigen auf, welchen Hürden Betroffene ausgesetzt sind. Die Autorinnen führten zudem Interviews mit Politikerinnen, Opferberatungsexpertinnen, Polizist:innen, Polizeischuldirektoren.

Das Buch zeigt auf, welche Veränderungen es in der Schweiz braucht, im Strafrecht, aber auch institutionell.

Das Buch macht wütend, es schockiert, es macht betroffen und traurig. Aber es macht auch Hoffnung, denn, wie es scheint, kommt, was das Sexualstrafrecht anbelangt, endlich etwas in Gang.

Ein Einblick in die blühenden Jahre der Schweizer Textilindustrie und das dunkle Kapitel der Kinderarbeit in den Spinnereien.

Die Recherchen der Autorin werden begleitet von Textausschnitten des Buches «Anneli kämpft um Sonne und Freiheit» von Olga Meyer aus dem Jahr 1927 sowie Schabzeichnungen von Rahel Henn.

Ein kurzes, leicht und schnell zu lesendes Buch, welches sehr anschaulich aufzeigt, wie Kinder im 19. Jahrhundert um ihre Kindheit (und Gesundheit) betrogen wurden, indem sie sich durch 15-stündige Arbeitstage kämpfen mussten. Leider stammen viele Quellennachweise aus Wikipedia, was die Qualität des Buches mindert.