Herz
240 Seiten

Und wer nicht in einer Geschichte enden will, soll halt keinen Scheiss anstellen. (S.7)

Wir müssen eine Identität nicht komplett verstehen, um ihre Existenz anzuerkennen. Wir müssen einen Menschen nicht vollkommen verstehen, um ihn zu respektieren. [...] Ich kenne die Zahl Pi nicht auswendig. Ich kenne die Zahlen hinter der Kommastelle nicht alle. Pi überfordert mich. Ich erkenne trotzdem an, dass Pi existiert. (S.51)

Als wäre der Verstand etwas anderes als die Gefühlswelt. Als wäre nicht all unser Wissen von unseren Gefühlen geprägt. Als wäre die Wahrheit irgendwie wahrer, wenn wir nur möglichst wenig fühlen. Sich ein dickes Fell zuzulegen, ist so eine verkorkste Strategie, die Welt auszuhalten. Ich bin doch nicht Feministin geworden, um weniger zu fühlen. Sondern um mehr zu fühlen. (S.174)

Wer zu einer Prüfung geht mit der Angst. keine Bestnote zu erreichen, funktioniert anders als eine, die im Frieden mit der Vorstellung ist, knapp zu bestehen. Erlaube dir selbst Mittelmässigkeit. Die anderen dürfen auch. Wir dürfen das auch. (S.189)

Was Roland eigentlich meint, wenn er sich darüber beschwert, dass er keine "Meinungsfreiheit" mehr habe, ist, dass seine menschenfeindliche Haltungen nicht mehr unwidersprochen bleiben. Was Roland erlebt, ist kein Verlust seiner Freiheit, sondern ein Infragestellen seiner Privilegien. (S.208)

Kann ich den warmen Sommertag geniessen, obwohl mir eigentlich die Klimakatastrophe Angst macht? Wie kann ich tanzen gehen, während auf der Welt Krieg herrscht? [...] Ich kann keine Antwort auf diese Fragen geben. Ich kann nur versprechen, dass wir Schlimmes und Schönes gleichzeitig fühlen dürfen. Ich glaube sogar, wir müssen. Weil das Schöne uns daran erinnert, wofür wir eigentlich kämpfen. Und weil es uns Kraft gibt, die dafür nötig ist. (S.217)

Hoffnung ist nie ein Zustand, sondern immer ein Verb. Sie ist nie nur ein Mensch, sondern immer ein grosses Ganzes. Und sie ist nie zuletzt, denn Hoffnung zieht immer etwas nach sich - ein wütendes Miteinander, ein Sichwehren gegen alles, was unsere Grenzen überschreitet, ein Blick darauf, warum es das alles wert ist. Mit so viel Wut wie nötig und so viel Liebe wie möglich. (S.226)

In ihrem Buch geht es um feministische Strategien und queere Hoffnung. Ich hätte noch zwanzig, dreissig Zitate mehr rausschreiben können, Anna Rosenwasser schreibt so klug und reflektiert, mit so viel Wut wie nötig und so viel Liebe wie möglich, sie schafft Hoffnung und lässt immer wieder wissen, dass wir nicht alleine sind. Nicht zu vergessen, ihren Humor. Eine grosse Herzensempfehlung! <3

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