Ein schönes Ausländerkind
208 Seiten

"Doch obwohl er also weiterhin den Ton angab und ich lediglich als Dolmetscherin fungierte, wurde mir dabei zum ersten Mal bewusst, dass mein Vater nicht nur der Mensch war, der innerhalb unserer sicheren vier Wände existierte. Es gab eine Welt, in der er nicht nur das Vorbild war, das ich von zu Hause kannte, der Mensch, der mir beigebracht hatte, wie man liest, schreibt und sich vor nichts fürchtete. Sobald er die Türschwelle unseres Hauses überschritt und einen Fuss auf die Strasse setzte, liess er diesen Teil von sich zurück." (S.54)

Das Buch erzählt die Geschichte der Autorin, wie sie als kleines Kind mit ihren Eltern vor Kriegsausbruch in Ex-Jugoslawien nach Wien flüchtet und dort ein neues Leben aufbaut. Es erzählt davon, wie sie alles dafür unternimmt, eine perfekte Migrantin zu werden. Es erzählt von der Beziehung zu ihren Eltern bzw. zu ihrem Vater (die ich als sehr herzlich, wenn auch nicht ganz konfliktfrei wahrnahm).

Ein sehr unterhaltsames und ehrliches Buch mit viel Humor und interessantem Einblick in die jugoslawische Welt (besonders auf sprachlicher Ebene).

Fungirl
256 Seiten

Fungirl ist vulgär, laut, unkonventionell, tolpatschig - und das alles macht sie doch sehr liebenswert. Sie trinkt zuviel, eckt an, hat im Berufsleben Mühe, Fuss zu fassen. sie wohnt mit ihrer Exfreundin und deren Freund zusammen. Und gemeinsam erleben sie so einige abgefahrene Geschichten.

Der Comic ist gespickt mit abgedrehtem Humor und makabren Situationen. Er ist erfrischend, wild, überspitzt und doch sehr menschlich. Ich habe mich sehr gut unterhalten. :)

Judenfetisch
272 Seiten

" 'Was mir immer klar, obwohl ich sonst gar keine Verbindung zu irgendetwas Jüdischem habe, ist, dass trotz allem, was meine Familie geleistet hat, trotz allem, was ich selbst geleistet habe, Hitler heute genauso an meine Tür anklopfen würde wie damals... und diese Tatsache, das habe ich schon immer verstanden, ist das, was mich zum Juden macht.' " (S.23)

Deborah Feldman wuchs in einer ultraorthodoxen chassidischen Gemeinde New Yorks auf, bis sie sich davon befreien und nach Deutschland fliehen konnte. Ihre bewegende Geschichte hielt sie im Buch Unorthodox fest, welche auf Netflix auch als Miniserie verfilmt wurde. In diesem Buch schreibt sie über das Jüdischsein in Deutschland, über Identitätsuche, über ihre Reise nach Israel, über das Judentum in der heutigen Zeit.

Ein schweres Buch, nicht leicht zu folgen (so war es mir zumindest ergangen), spannende Ansätze.

Miss Merkel: Mord in der Uckermark
320 Seiten

Angela Merkel ist frisch in Rente und mit ihrem Mann Achim und Mops Putin in die Uckermart gezogen. Bald darauf wird der Freiherr Philipp von Baugenwitz tot aufgefunden. Die Polizei geht von einem Selbstmord aus, Angela Merkel hingegen ist sich sicher, dass es Mord war und macht sich daran, den Fall zu lösen.

Manchmal tatsächlich etwas lustig, meist empfand ich den Humor in diesem Buch aber nur als plumpe/billige Blödelei. Wie die Geschichte endet, wollte ich dann aber trotzdem wissen, auch wenn mich die Art des Schreibens zunehmend nervte und langweilte. Einen weiteren Band werde ich mir aber definitiv ersparen.

When God was a rabbit
341 Seiten

" 'Nothing stays forgotten for long, Elly. Sometimes we simply have to remind the world that we're special and that we're still here.' " (S. 115)

"I looked at my body in the mirror, a body I'd once disowned with the currency of scorn. It had never been good enough - not for me, not for others - but that night, it looked beautiful, it looked strong, and that was enough." (S.214)

Winman erzählt die Geschichte von Elly aus der Ich-Perspektive, vom Zeitpunkt ihrer Geburt bis weit ins Erwachsenenalter. Sie erzählt die Geschichte von der Beziehung zwischen Elly und ihrem Bruder (die mich zutiefst berührte). Sie schreibt über den liebevollen und berührenden Umgang ihrer Familie untereinander, über tiefe Freundschaften und Verluste, über tragische Ereignisse, die ihr oder nahestehenden Personen widerfahren. Vor allem aber geht es um die Liebe verschiedenster Art.

Ein hochberührendes, wunderschön erzähltes, oft sehr trauriges, aber auch hoffnungsvolles Buch, ich durchlebte eine Achterbahnfahrt der Gefühle, lachte und vergoss Tränen. Sehr zu empfehlen!

So Late in the Day
55 Seiten

Ein Sommertag in Dublin. Cathal fährt nach Feierabend nach Hause. Seine Gedanken gleiten immer wieder zu Sabine, seine Ex-Verlobte, was man bald erfährt. Viel wird in diesen wenigen Seiten nicht preisgegeben, genug aber um zu erfahren, wieso es nicht zur Hochzeit gekommen ist.

Claire Keegan schafft es auch in diesem Buch, von Anfang an eine ganz spezielle Grundstimmung zu schaffen, die einem beim Lesen bis zum Schluss in Bann hält. Mit wenigen Worten schafft sie auch unter diesem Titel eine grosse Geschichte. Nichtsdestotrotz hätte sie aber auch ein paar Seiten dicker sein können. Ich hoffe, dass auch dieses Buch von ihr verfilmt wird.

Life Rebel
208 Seiten

"Die Ideologie meiner Eltern beruht auf der Antwort meines Vaters: Zeit ist das höchste Gut. Nichts ist so kostbar, wie Zeit zu haben. Nichts so wertvoll, wie Zeit zu schenken." (S.33)

Yvonne Eisenring lebt ein Leben abseits der gesellschaftlichen Normen. Sie beginnt beispielsweise nicht vor 12 Uhr mit ihrer Arbeit. Sie wählt sich ihre Arbeit bewusst aus und lehnt Aufträge auch mal ab - auch wenn sie finanziell gesehen sehr lukrativ wären. Sie priorisiert ihre Familie und Freund:innen, nimmt sich Zeit für das, was ihr wichtig ist: Ihre Freundschaften, ihre Familie und das Erleben neuer Orte. Sie lebte ein paar Monate in Paris, dann in Berlin, in Mexico City, in Buenos Aires, in New York. Mittlerweile bewegt sie sich alternierend zwischen Zürich, Paris und New York. Sie lebt ein nicht der Norm entsprechendes Lebensmodell. Im Buch schreibt sie über die Hürden und Herausforderungen, aber auch über all ihre Erkenntnisse, die sie in den letzten Jahren gesammelt hat. Sie nimmt die Leser:innen an jeden ihrer besuchten Orte mit, teilt ihre Beweggründe und Erlebnisse.

Ich mochte das Buch, es nahm mich mit auf eine kleine Weltreise und liess mein Fernweh neu erwachen. Ich finde es toll, wie sie ihr Leben lebt, auch wenn - oder gerade weil - es nicht meinem Lebensmodell entspricht.

Kleine Probleme
208 Seiten

"Also fängt man beim Wetter an, auch wenn man ans Wetter im Grunde gar nicht glaubt. Also an Klima natürlich. An die Klimakrise sowieso, wegen der Kinder. An Meteorologie vielleicht auch. Aber nicht ans Wetter. Zumindest nicht an das Wetter in der Erinnerung. Das Wetter in der Erinnerung ist wie die Musik beim Film, wird alles im Schnitt druntergelegt. wenn man glücklich war, dann schien die Sonne, und wenn Herzen brachen, dann peitschte der Regen, dann Blitze und Donnerkrachen, und wenn man, naja, dann nieselte es eben. Was Niesel bedeutet, ist im Grunde auch jedem klar." (S.11)

"Das ist doch kein Leben, wenn man am Ende sterben muss." (S.143)

Lars, Ende vierzig und angehender Schriftsteller, möchte die Tage zwischen den Jahren dafür nutzen, um Liegengebliebenes der letzten Zeit zu erledigen. Er erstellt sich eine To-do-Liste mit den wichtigsten Punkten. Die Beziehung zu seiner Freundin hängt vom Erfolg seiner abgearbeiteten Liste ab. Doch die Tage verstreichen und plötzlich ist der 31. Dezember. Das Chaos ist vorprogrammiert. :)

Prokrastination vom Feinsten! Die Geschichte hat grossen Unterhaltungswert, ich habe das Buch mit andauerndem Grinsen schnell weggelesen. Auch wenn es gegen Ende etwas an Grossartigkeit verliert (seine Gedanken driften irgendwann zu arg ab): Sehr zu empfehlen!

Gesichter
160 Seiten

"Sie schliefen, und ihre Gesichter waren friedlich und fern und würden erst morgen wieder gebraucht. Vielleicht hatten sie ihre Gesichter sogar sorgfältig auf ihrer Kleidung abgelegt, denn Gesichter mussten sich ausruhen und waren beim Schlafen auch nicht dringend notwendig." (S.5)

Lise ist Autorin, Ehefrau und Mutter. Sie kommt in die Klinik, weil sie Stimmen hört und Wahnvorstellungen hat. Und immer diese Gesichter, die sie sieht... Gegen sie scheinen sich alle verschworen zu haben, meint sie. Die Angst, nicht mehr schreiben zu können, ist gross. Auch die Angst, dass ihr Mann sie verlassen wird.

Auch in diesem Buch nutzt Ditlevsen eine starke Bildsprache, wenn mir auch ihre Trilogie "Kindheit-Jugend-Abhängigkeit" besser gefallen hat. Die Frage: "Was ist Realität, was Wahn?" begleitete mich durch die gesamte Geschichte. Ich fragte mich auch oft, wie viel dieser Geschichte sich (wieder) mit ihrer eigenen deckt. Ein bedrückendes Buch.

Verity
368 Seiten

Die Autorin Lowen soll die Psychothriller der erfolgreichen Autorin Verity Crawford weiterschreiben, da diese einen Unfall hatte und seitdem pflegebedürftig ist. Lowen soll ein paar Tage im Haus von Verity verbringen, wo auch deren Mann Jeremy mit seinem Sohn lebt, um die Notizen von Verity durchzuschauen. Sie lässt sich auf dieses gutbezahlte Angebot ein, auch, weil Jeremy es ihr sehr angetan hat. Als sie in den Notizen von Verity ein autobiografisches Manuskript findet, wird es ihr im Haus immer ungeheuerlicher...

Eine voraussehbare Liebesgeschichte, sehr viel Sex, grosse Spannung durch das gesamte Buch hinweg, eine überraschende Wendung am Schluss. Ein für mich neues Genre. Auch wenn es nicht die Art Buch ist, die ich sonst gerne lese, hat es mich sehr gepackt, und zwar schon nach wenigen Seiten.

Wir sehen uns im August
144 Seiten

Die verheiratete Ana Magdalena fährt jeden Sommer im August mit der Fähre auf eine karibische Insel, um das Grab ihrer verstorbenen Mutter zu besuchen. Jedes Jahr übernachtet sie im selben Hotel, isst alleine dasselbe Abendessen und fährt tagsdarauf wieder zurück. Eines Sommers wird sie beim Abendessen von einem Mann zu einem Drink eingeladen. Entgegen ihrer Erziehung und Wertvorstellung verbringt sie die Nacht mit ihm. Ab da lässt sie sich jeden August erneut auf ein potenzielles Kennenlernen mit einem fremden Mann ein.

Ich verstehe den Hype um das Buch, welches 10 Jahre nach dem Tod des Autors veröffentlicht worden ist, leider nicht. Es hat mich sprachlich nicht überzeugt, aber auch die Figuren fand ich zu oberflächlich skizziert, sie haben mich alle kalt gelassen. Ich fand die Geschichte durchaus ok, aber nachhaltig hat es mich nicht berührt.