"Was auch immer es war, Möwen sind noch viel widerlicher. Glaub mir. Sie schmecken ranzig und bitter. So ekelhaft, wie man es sich nur vorstellen kann. Eine Mischung aus Wildvogel und Fisch. Und dann sind sie auch noch schrecklich zäh. Und wenn man seine Zähne hineingräbt, fliesst der Saft heraus. Blut, Salz, Ente, Fischöl. Man bekommt es kaum hinunter. Und ich rede gerade davon, wie es schmeckt, wenn man sie kocht. Aber wir können hier kein Feuer benutzen und müssen sie daher roh essen. Das ist noch viel schlimmer."
Sehr dünne Sprache, die Charakteren blieben mir egal, die Geschichte fand ich flach. Das Buch hat mich gar nicht überzeugt, dabei hätte der Plot durchaus Potenzial.
"Leben heisst bleiben und ertragen, dass alles irgendwann verschwindet. Lass dir das gesagt sein. Du kommst auf die Welt und verlierst von Anfang an: deine Zähne, deinen Speck, dein Herz, deine Haare, deine Zeit, deine Jobs, deine Lieben und irgendwann vielleicht sogar den Verstand. Leben heisst zurückbleiben hinter den Dingen, den Erwartungen, den Menschen. Besser du fängst früh genug damit an, gut darin zu werden. Wenn du gut leben willst, musst du ein verdammt guter Verlierer sein."
Ein wunderbar erzähltes Buch, packend ab der ersten Seite, mit viel Empathie gezeichnete Figuren und eine clever gestaltete Geschichte. Ein Buch zum Wiederlesen.
"Das privatrechtliche Gesetzbuch für den Kanton Zürich, das zu jener Zeit, als Heinrich mehrmals amtliche Post aus der Heimat bekam, in Kraft und massgebend war, nennt neben Ehebruch, unnatürlicher Wollust, Unfähigkeit zum Beischlaf, ausschweifender oder verschwenderischer Lebensart, unheilbarer und ekelhafter Krankheit inkl. Wahnsinn oder Blödsinn im $187 noch einen weiteren zur Scheidungs-Klage berechtigten Grund [...]"
Schöne Sprache (halt Markus Werner), aber auch sehr wirr, ich habe den Faden mehrfach verloren und irgendwann nicht mehr zurückgefunden.
"Den grössten Erholungswert haben Reisen, auf denen nichts passiert. Nicht tolle Ergebnisse, neue Anregungen oder tolle Urlaubsbekanntschaften bewirken die Erholung, sondern die Nicht-Erkrankung, die körperliche Ruhe und keine Gewichtszunahme."
"Es erscheint mir trostlos, wenn sich Mutter jetzt mit Fernsehen aus dem ihr verbleibenden Lebensstunden stiehlt."
Ein hoch emotionales, tieftrauriges und zugleich trostspendendes Buch. Tiefgründig, ungeschönt und ehrlich, mit viel Liebe und Trauer.
"Aber warum singst oder redest du beim Teigkneten nie?" "Weisst du das nicht?", entgegnete sie erstaunt. "Singen oder reden beim Kneten macht das Brot bitter." Wirklich, ist das wahr? Hast du das ausprobiert?" "Nein, ich weiss es von meiner Mutter. Reden kann vieles verderben, was wir erst später merken."
"Zwei Menschen begegnen sich wieder und sind eigentlich zu viert. Jeder trägt ein bestimmtes Bild des anderen in sich. Ein Moment der Enttäuschung, wenn der in unserem Gedächtnis schöner ist als der, den wir wiedertreffen. Ein Moment des Staunens, wenn der, dem wir begegnen, unvergleichlich imponierender ist als der in unserer Erinnerung. Der Bruchteil einer Sekunde, in dem wir, sei es freudig, sei es traurig, Abschied nehmen von der Person, die wir im Kopf hatten."
"Ich habe nie über den Tod nachgedacht. Nicht einmal am offenen Grab vom Vater. Eine Schaufel Erde hinuntergeworfen und - ja, ich war unter Schock. Aber ich dachte nicht über den Tod nach, sondern über mich. Der Tod ist für einen Lebenden immer der Tod von anderen."
"Letztlich ist der Tod auch nur der Beginn von Folgeerscheinungen."
"Wie meinte der beleibte Winston Churchill? Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen."
"Ich promovierte sogar, und mein Mann sagte immer, er sei stolz auf mich. Das ist gar nicht wenig. Liebe kann man auf viele Arten in Worte kleiden, und Stolz auf den anderen auszudrücken ist vielleicht eine von ihnen."
Ein sehr schönes, auch trauriges und bedrückendes Buch, das mit den verschiedenen Perspektivenwechseln zur Hauptprotagonistin richtig an Tiefe gewinnt. Unbedingt empfehlenswert!
"Es war ihr, als denke sie doppelt, als liefe hinter ihren Gedanken ein zweiter Strom von Gedanken ab, von dem nur dann und wann ein Bild hängenblieb und in ihr Bewusstsein drang, ein dunkles, schummriges Bild, auf dem nicht viel zu erkennen war, ein Raum, Menschen, die Dinge taten oder getan hatten, eine Erwartung oder Erinnerung."
Ab der ersten Seite liegt eine Schwere, eine Melancholie auf der Geschichte, die sich nie verzieht und hartnäckig an der Protagonistin kleben bleibt. Stamms Schreibstil liest sich flüssig und geht einem nahe, der melancholische Schleier umgibt einem schnell selbst.