He was filled with despair and a desire to hide away, but at the same time was infused with a yearning to survive, to start life anew and experience again every moment of sadness and joy and absurdity. (S. 94)
In einem Land im Nahen Osten herrscht seit den Disgraceful Events eine menschenunwürdige Diktaktur. Die Bevölkerung braucht für jede Kleinigkeit (sei es ein Arztbesuch oder gar Einkäufe) eine Bewilligung. Die Anträge müssen die Menschen beim Tor stellen, die Schlange davor ist gross und wird von Tag zu Tag grösser. Denn: das Tor öffnet nie, um die Anträge entgegenzunehmen. Es vergehen Monate, die Menschen verzweifeln und der Gesundheitszustand einiger verschlechtert sich dramatisch. Die Hoffnung unter ihnen wird aber nicht aufgegeben, dass das Tor nicht doch einmal aufgehen wird.
Ein dystopischer Roman über ein Militärregime, die Unterdrückung einer gesamten Bevölkerung, über Hoffnung und Widerstand. Mir hat das Buch sehr gefallen, es gab aber einige Punkte darin, die ich unglaubwürdig fand (z.B. ein Mensch mit einer Kugel im Becken, der monatelang blutet und nicht stirbt?). Das Ende war mir zudem ein Rätsel, das kann aber auch daran liegen, dass ich es sprachlich nicht verstand. Ich müsste die letzten Seiten vielleicht nochmals in der deutschen Übersetzung lesen.
Auch der dritte Teil der Känguru-Trilogie fand ich super unterhaltsam. An die ersten beiden Bände kommt er zwar nicht heran.
Besonders als Hörbuch sind alle drei Bände sehr zu empfehlen.
Ein Graphic Novel über das Thema Depression. Malins Schwester Sibyl verwandelt sich in einen Stein und verschwindet. Malin macht sich daraufhin auf die Suche nach ihrer Schwester, um sie zurückzuholen.
In dieser Geschichte liegt der Fokus bei den Angehörigen von psychisch Erkrankten. Eine berührende, ergreifende Geschichte, wunderbar illustriert.
Ja es ist da, nein es hat sich nicht einfach so aufgelöst. Es ist da, aber man selbst kann bestimmen, was man damit macht, vielleicht ist es irgendwann so lange im Schrank, dass man es vergisst, vielleicht muss man immer mal dran denken und vielleicht geht es ja auch irgendwann verloren und man merkt es nicht einmal. (letzte Seite)
Ein wunderbares, tiefergreifendes und mutmachendes Buch über die psychische Gesundheit. Die Autorin thematisiert schreibend bzw. zeichnend ihre Depression und ihren Umgang damit. Sie schafft es, Worte und Bilder zu finden für Dinge/Gefühle, die so oft so schwer in Worte zu fassen sind.
So ist es oft im Leben. Man rechnet mit dem Schlimmsten, und nichts davon geschieht. Es wird einfach gut. (S. 20)
Viele aus meinen ersten Jahren bei Surprise sind nicht mehr da. Pensioniert. Weggezogen. Die Arbeitsstelle gewechselt. Nicht mehr mobil. Bettlägerig. Und nicht Wenige weilen nicht mehr unter uns. Wieviel Abschied erträgt ein Mensch? (S. 28)
Urs Habegger verkauft seit 15 Jahren das CH-Strassenmagazin Surprise in der Bahnhofunterführung Rapperswil. Nach einer missglückten Augenoperation konnte er seinen Beruf als Grafiker nicht mehr ausüben, mit dem Verkauf des Strassenmagazins kann er für seinen Lebensunterhalt selbstständig aufkommen.
Im Magazin erschienen immer wieder kleine Texte von Urs Habegger, nun hat er ein ganzes Buch geschrieben. Er ist ein guter Beobachter und schreibt im Buch von seinen Begegnungen, von lustigen und traurigen und berührenden Anekdoten, von seinen täglichen Beobachtungen, die er tagtäglich in dieser Bahnhofsunterführung macht. Mir hat es sehr gefallen.
Jeanette Kihlberg ist Kommissarin und ermittelt in einer brutalen Mordserie. Mehrere Jungen werden tot gefunden, die alle schwerste Misshandlungen aufweisen. Ein Opfer war bei der Psychotherapeutin Sofia Zetterlund in Behandlung, ein ehemaliger Kindersoldat aus Sierra Leone. Jeanette bittet Sofia zur Hilfe. Derweilen passieren weitere Morde...
Der erste Teil der Victoria Bergmann-Trilogie. Das Buch ist meines Erachtens nur für Hartgesottene geeignet, heftige Dinge geschehen, was der Autor alles im Detail beschreibt. Phuu...
Ich weiss nicht, was ich machen soll. Rausgehen, rennen, schwimmen. Hier drinnen ist es mir zu laut, zu gefährlich, die Gedanken zerschneiden mein Inneres messerscharf zu ungleich grossen Gulaschklumpen. (S. 202)
Nachfolgeroman von "22 Bahnen", diesmal aus dem Leben von Ida, Tildas kleiner Schwester. Wer diesen Roman mochte, wird mit "Windstärke 17" ebenfalls happy.
Nach Mutters Tod möchte Tilda, dass Ida zu ihr nach Hamburg kommt. Ida landet jedoch nicht in Hamburg, sondern reist ohne ein bestimmtes Ziel weiter nach Rügen. Dort lernt sie Marianne und Knut, ein älteres Ehepaar, kennen, die sie bei sich aufnehmen. In Rügen kämpft Ida gegen ihre Schuldgefühle an, die sie seit dem Tod ihrer Mutter quälen. Sie lernt Leif, ein junger DJ und Surfer, kennen und eine Liebesgeschichte bahnt sich an. Als bei Marianne Krebs diagnostiziert wird, droht Idas Leben erneut aus den Fugen zu geraten.
Wie "22 Bahnen" hat mich das Buch tief berührt und ergriffen. Idas Trauer und Wut waren zeitweise kaum auszuhalten, ich habe Seite für Seite mitgelitten. Und immer wieder sehr viel Liebe und Geborgenheit, die Ida durch das ältere Ehepaar, aber auch durch Leif und Tilda, erfährt. Wunderschön!
Nando von Arb schreibt in seinem Graphic Novel über seine Ängste, Panikattacken und Albträume und illustriert sie ausdrucksstark. Mit dem Zeichnen versucht er, seine Ängste einzudämmen. Sehr starker Comic, sehr zu empfehlen!
Es gibt einen alten Witz aus der Zeit des Euromaidan-Aufstands von 2014: "Wenn es aussieht wie ein Pferd, klingt wie ein Pferd und sich verhält wie ein Pferd, ist es sehr wahrscheinlich ein Pferd. Und wenn es sagt, es sei kein Pferd, dann ist es mit Sicherheit ein russisches Pferd." (S. 114)
Nora Krug fragte nach dem 24. Februar 2022 eine in Kiew lebende Journalistin und einen in St.Petersburg lebenden Künstler an, ob sie sie zu ihren Erfahrungen interviewen und ein illustriertes Tagebuch gestalten dürfe. Ein Jahr begleitet Krug die beiden. Pro Woche ist je eine Seite entstanden, die sich einander gegenüberstehen. In den beiden Tagebüchern geht es um die Gedanken und Ängste der beiden, wie sie die Kriegs-Ereignisse erleben und damit umgehen, mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen haben.
Ein sehr schön gestalteter Graphic Novel mit erschütterndem, bedrückendem Inhalt. Das Buch erlaubt einen sehr privaten Einblick dieser beiden Menschen, die Geschichten nimmt einem richtiggehend ein.
"Einer der Polizisten zieht dem Toten das blau-weiss gestreite T-Shirt nach oben. Der massive Bauch ist blutverschmiert und wackelt hin und her. Der Polizist hält die Kamera mit der rechten Hand, die linke Hand vergräbt er in seiner Jackentasche. Er wird die Bilder später auf die Festplatte eines Computers laden und mit Datum und Ort beschriften: Butscha, 10. April 2022. Und wo speichern wir die Bilder in unseren Köpfen? Nach wie vielen Toten stumpfen der Polizist, mein Kameramann oder ich als Journalistin ab?" (S. 168)
"Die Gesichter aller sind müde, die Hände von Russ und Dreck verfärbt. Sergei erzählt: 'Die Russen sind einfach auf Jagd gegangen. Säuberungen haben die gemacht.' Säuberungen von was? Vom Leben? Der Hausmüll der Anwohner türmt sich. Die russischen Soldaten haben nur den Tod, aber keine Müllabfuhr gebracht." (S.169)
"Ein Kollege von der SRF-Bundeshausredaktion begleitet die Parlamentarier auf ihrer Reise in die Ukraine. 'Luzia, wie gehst du mit der Realität in der Ukraine, mit diesen Bildern um?' Ehrliche Antwort: 'Gar nicht. Dafür bleibt keine Zeit.' " (S.178)
Luzia Tschirky war während 5 Jahren Korrespondentin des Schweizer Fernsehens (SRF) für Russland, Belarus und der Ukraine. Am 24. Februar 2022, als Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine startete, war sie in Kiev. Ab da war sie täglich im SRF zu sehen mit ihren Berichterstattungen. Im Buch verarbeitet sie ungeschönt ihr Erlebtes aus der Zeit von März 2019 bis September 2022.
Beim Lesen fiel mir auf, dass ich immer wieder durch die Kapitel "hetze" und etwas unaufmerksam lese. Ich glaube, das liegt daran, dass mich das Thema zu fest bedrückt und ich so versuchte, das Ganze nicht zu nah an mich heranzulassen. Das Buch richtet unter anderem die Aufmerksamkeit auf die ukrainische Bevölkerung, wie es ihr im/mit dem Krieg bisher erging und immer noch ergeht und welche fürchterlichen Dinge sie tagtäglich erlebt.
"In ihrem ableistischen Denken gehen sie davon aus, dass willkürlich festgelegte Normierungen zu Gesundheit, Mobilität und Sprachfähigkeit bestimmen, ob ein Leben lebenswert ist. Wenn ein Kind stirbt, gibt es in der kollektiven Trauer viel Verständnis. Wenn ein behindertes Kind stirbt, ist das nicht so. 'Betrachte es als Befreiung, das war ja kein Leben', sagen sie und meinen eigentlich sich selbst. Dass sie froh sind, dass dieses Leben beendet ist und sie befreit sind davon. Arschlöcher." (S. 80)
" 'Es ist längst zu spät', hat Marta auch gesagt, 'das Gesundheitswesen ist ein hohes Gebäude, das in die Luft gesprengt wurde. Wir sind im dreissigsten Stock, wir haben noch nicht bemerkt, dass wir uns im freien Fall befinden.' " (S.160)
"[...] und ist es nicht interessant, denkt sie, dass die Menschen ein Wort haben für Kuss und eins für Umarmung, mit dem einen meinen sie Liebe, mit dem anderen Freundschaft, wenn es doch oft genug beides gleichzeitig gibt und so viel dazwischen." (S. 243)
Elin, Ruth und Nuri sind die drei Hauptprotagonist:innen des Buches. Sie werden Zeug:innen eines stillen Protest von Frauen, die reglos vor dem Krankenhaus liegen. Dieser Protest ist der Startschuss eines flächendeckenden Streiks, die Frauen legen ihre Arbeit ab und das gesamte System droht auseinanderzufallen. Elin, Ruth und Nuri werden Teil dieses Protests.
Ein sehr spannender Ansatz, den die Autorin mit ihrem Buch aufgreift: Was wäre, wenn die Frauen ihre (Care-) Arbeit niederlegen würden? In provokativen Worten kämpft sie gegen die patriarchalen Strukturen an und zeichnet ein Bild davon, was passieren würde, wenn alle Frauen streiken würden. Während des Lesens, besonders bei den Parts um Ruth, der Krankenpflegerin, legte sich eine grosse Schwere über mich, die mir manchmal sogar das Atmen schwer machte. Sehr bedrückend die Darstellung, wie viel im Gesundheitswesen momentan falsch läuft.
Ihr Schreibstil: unkonventionell, den ich aber mochte. Zwischendurch immer wieder kleine Kapitel aus Sicht einer Gebärmutter, einer Pistole sowie Kapitel mit Berichterstattungen. Ich kann mir vorstellen, dass das Buch sehr polarisiert. Ich mochte es.
Auch der zweite Teil fand ich super unterhaltsam und sehr witzig. Die Känguru-Chroniken haben mir aber ein bisschen besser gefallen.
Ich bin nun gespannt auf den 3.Teil, die Känguru-Offenbarung. :)
Emmie Arbel (*1937) wurde 1941 von den Nazis deportiert und war bis 1945 in mehreren Konzentrationslagern gefangen gehalten. Ihre Eltern und Grosseltern starben, nur sie und ihre beiden älteren Brüder überlebten die Lager. Sie wurde mit ihren Brüdern von einer Pflegefamilie adoptiert, wo sie Opfer sexueller Gewalt wurde. Der Adoptivvater verging sich längere Zeit an ihr. Lange konnte sie über beide Traumata nicht sprechen, bis sie 1977 zusammenbrach und fortan therapeutische Hilfe annahm. Seit ein paar Jahren spricht sie als eine der letzten Zeitzeug:innen vor Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Erschütternd, aufwühlend, schwer zu ertragen. Mit sehr viel Feingefühl hat die Autorin versucht, das, was Emmie nicht in Worte fassen konnte, zu illustrieren. Ein sehr gelungener und ergreifender Graphic Novel.
1953, ein Mordfall im Valsertal, Graubünden. Eine junge Frau wird frühmorgens tot in der Tuchfabrik aufgefunden. Einige Jahre zuvor wurde bereits ihr Vater auf dieselbe Weise umgebracht...
Der Krimigeschichte wegen hätte ich dieses Buch glaub's nicht lesen müssen, auch wenn sie durchaus lesenswert ist. Was mich aber sehr fesselte war, wie der Autor im Buch ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte aufgriff. Und zwar thematisiert er, wie Pro Juventute Anfang des 20. Jahrhundert gegen das jenische Volk vorging und wie sich der damalige Leiter der Pro Juventute gegen zahlreiche Minderjährige vergehen konnte, und dabei ungeschoren davon kam. Unglaublich...
Lara Stoll ist super, ich liebe ihr Schaffen! Texte von ihr zu lesen macht zwar auch Spass, aber noch lieber höre und sehe ich ihr zu, wie sie die Texte selbst performt.