Bücherregal lädt …
Erzähl's nicht deinem Bruder
301 Seiten

Meir Shalevs letzter Roman - genauso schön wie alle seine Geschichten. Boas und Itamar, zwei Brüder, treffen sich jährlich in Israel und erzählen sich in der Brüdernacht bei Feigenschnaps Geschichten. Dieses Mal erzählt der mit Schönheit gesegnete aber extrem kurzsichtige Itamar von einem One Night Stand mit einer Frau, die ihm seine Brille wegnimmt. Die Brüder erinnern sich an Mutter, an Vater, ans Älterwerden der Eltern, an Ehefrauen und Liebeskummer, an Hilflosigkeit und Zusammenhalt. Die Geschichte ist so schön, sie legt sich wie Balsam auf die Haut und bleibt dort.

Walzer in Zeiten der Cholera – Eine Seuche verändert die Welt
352 Seiten

Zu recht auf der Shortlist zum Wissenschaftsbuch des Jahres 2022 und passend zu einer Pandemie. Die Cholera steppt durch Europa, die Wiener trinken Donauwasser und dann kommen ein Schmetterlingsforscher und ein Geologe und wollen eine Hochwasserleitung aus den Alpen bauen. Was wie Wahnsinn klingt ist der Beginn eines Großprojekts mit all seinen Problemen und Hatern und eine Geschichte der modernen Großstadt. Sehr lesenswert und unterhaltsam. Ich trinke Leitungswasser mit neuer Demut und mit großer Freude, auch wenn es ein bisschen verkalkt ist.

Natürlich waschen!
256 Seiten

DAs Buch liest sich, als würdest du mit deinem Arzt-Kumpel bei Starbucks hocken und er verkündet: "Ich dusche nicht mehr!" und dann erzählt er, warum das gut so ist. Der Titel ist ein bisschen lahm, aber man steppt mit dem Autor durch die Geschichte der Seife und Medizin, trifft auf Hipster mit natürlichen Deos und überhaupt ist das Ganze irgendwie wild. Hinterher ist man zwar immer noch unsicher, was und welche Kosmetik und Hautpflegemittel man benutzen soll, aber wie überall hilft ein "Weniger ist mehr" und die Seifengeschichte war einfach top. Nice and easy Sachbuch-Read mit einem Stern abzug, weil es schon sehr amerikanisch alles ist. Aber dafür entschädigt der medizinische Epilog, wo eine Ärztin sämtliche INCI und Zulassungsverfahren in Deutschland und Europa erklärt.

Ferdinand Sauerbruch und die Charité
256 Seiten

Habe neulich die Serie "Charité" geguckt und bin durch die zweite Staffel auf Ferdinand Sauerbruch aufmerksam geworden, daher wollte ich mehr über diese Persönlichkeit erfahren. Hardinghaus versucht in dieser Biografie die Person Sauerbruch ins richtige Licht zu rücken und ihn ein für alle mal von den Vorwürfen, er sei ein Nazisympathisant, reinzuwaschen. Das gelingt ihm, weil er als einer der ersten Einblick in Adolphe Jungs Tagebuch Einblick nehmen konnte. Hardinghaus zeichnet ein mit Anekdoten von Sauerbruchs Kollegen und Verwandten gespicktes und zeithistorisch eingeordnetes Bild von Ferdinand Sauerbruch, das wieder richtig Lust auf Geschichte macht. Die Biografie ist auch noch leicht zu lesen und war genau das, was meine Neugier gestillt hat.

Wolkenkuckucksland
532 Seiten

Anthony Doerr hat mich bisher noch nie enttäuscht. Auch mit Wolkenkuckucksland hat er mir wunderbare Lesestunden beschert. Allerdings ist es eine Geschichte, die man am Besten stundenlang auf dem Sofa lesen muss, damit man gut reinkommt. Anfangs hatte ich es schwer reinzukommen, weil ich mich nie länger darauf einlassen konnte. Ich mochte diese Geschichte und werde sie nie vergessen.

Schwitters
480 Seiten

"Schwitters" von Ulrike Draesner ist eine fiktionale Biografie um den DADA Künstler Kurt Schwitters, mit Fokus auf sein Leben als geflüchteter Deutscher im norwegischen und dann im englischen Exil. Sprachlich manchmal eigenwillig, sprachlich aber meistens sehr schön, kann man richtig gut im Roman schwelgen. Wer nichts mit der (Kunst-)Figur Schwitters und DADA anfangen kann, wird das Buch vermutlich nicht mögen. Ich fand es toll, wie die Person Schwitters dargestellt wurde, auch durch die Beschreibung der Landschaften, seiner Kunst und durch die anderen Figuren. Lesenswert!