Hagard
174 Seiten

"Doch nur die Toten gehen verloren, solange man lebt, bleibt man nicht unbemerkt."

Ein Mann begegnet einer Frau und beginnt, ihr zu folgen. Er sieht sie nur immer von hinten, der Grund der Verfolgung ist nicht bekannt. Aus einer Laune heraus wird es ihm total ernst, seine geschäftlichen Verpflichtungen hängt er an den Nagel. In nicht mal 48h wird aus ihm ein verwahrloser Getriebener.

Bärfuss lässt die Lesenden hautnah an der Verfolgung teilhaben. Der Zerfall des Mannes wird beeindruckend bildhaft dargestellt. Mich hat das Buch sofort gepackt und nicht mehr losgelassen, die Spannung verflog nie. Viele Fragen blieben offen, das Buch verstanden habe ich nicht. Ein Grund, es irgendwann wieder zu lesen.

Die Geschichte der Bienen
512 Seiten

"Es war nicht still darunter [Gehörschutz], es war nie still, wenn man alles andere aussperrte."

Drei Geschichten über Bienen erzählen von Verlust und Hoffnung und lassen einen über unsere Zukunft nachdenken. Was haben wir alles angerichtet, welche Konsequenzen tragen wir davon? Die Geschichten stehen in Verbindung zueiander, das Buch ist schlau konstruiert und auch packend geschrieben. Die Sprache war mir zu holprig, oft zu "ungelenk" und ich störte mich an komischen, realitätsfremden Dialogen.

Ungefähre Landschaft
186 Seiten

"Es war ihr, als denke sie doppelt, als liefe hinter ihren Gedanken ein zweiter Strom von Gedanken ab, von dem nur dann und wann ein Bild hängenblieb und in ihr Bewusstsein drang, ein dunkles, schummriges Bild, auf dem nicht viel zu erkennen war, ein Raum, Menschen, die Dinge taten oder getan hatten, eine Erwartung oder Erinnerung."

Ab der ersten Seite liegt eine Schwere, eine Melancholie auf der Geschichte, die sich nie verzieht und hartnäckig an der Protagonistin kleben bleibt. Stamms Schreibstil liest sich flüssig und geht einem nahe, der melancholische Schleier umgibt einem schnell selbst.

Die Mauer
320 Seiten

"Was auch immer es war, Möwen sind noch viel widerlicher. Glaub mir. Sie schmecken ranzig und bitter. So ekelhaft, wie man es sich nur vorstellen kann. Eine Mischung aus Wildvogel und Fisch. Und dann sind sie auch noch schrecklich zäh. Und wenn man seine Zähne hineingräbt, fliesst der Saft heraus. Blut, Salz, Ente, Fischöl. Man bekommt es kaum hinunter. Und ich rede gerade davon, wie es schmeckt, wenn man sie kocht. Aber wir können hier kein Feuer benutzen und müssen sie daher roh essen. Das ist noch viel schlimmer."

Sehr dünne Sprache, die Charakteren blieben mir egal, die Geschichte fand ich flach. Das Buch hat mich gar nicht überzeugt, dabei hätte der Plot durchaus Potenzial.

Der Sprung
336 Seiten

"Leben heisst bleiben und ertragen, dass alles irgendwann verschwindet. Lass dir das gesagt sein. Du kommst auf die Welt und verlierst von Anfang an: deine Zähne, deinen Speck, dein Herz, deine Haare, deine Zeit, deine Jobs, deine Lieben und irgendwann vielleicht sogar den Verstand. Leben heisst zurückbleiben hinter den Dingen, den Erwartungen, den Menschen. Besser du fängst früh genug damit an, gut darin zu werden. Wenn du gut leben willst, musst du ein verdammt guter Verlierer sein."

Ein wunderbar erzähltes Buch, packend ab der ersten Seite, mit viel Empathie gezeichnete Figuren und eine clever gestaltete Geschichte. Ein Buch zum Wiederlesen.

Der ägyptische Heinrich
224 Seiten

"Das privatrechtliche Gesetzbuch für den Kanton Zürich, das zu jener Zeit, als Heinrich mehrmals amtliche Post aus der Heimat bekam, in Kraft und massgebend war, nennt neben Ehebruch, unnatürlicher Wollust, Unfähigkeit zum Beischlaf, ausschweifender oder verschwenderischer Lebensart, unheilbarer und ekelhafter Krankheit inkl. Wahnsinn oder Blödsinn im $187 noch einen weiteren zur Scheidungs-Klage berechtigten Grund [...]"

Schöne Sprache (halt Markus Werner), aber auch sehr wirr, ich habe den Faden mehrfach verloren und irgendwann nicht mehr zurückgefunden.

Löwen wecken
432 Seiten

"Zwei Menschen begegnen sich wieder und sind eigentlich zu viert. Jeder trägt ein bestimmtes Bild des anderen in sich. Ein Moment der Enttäuschung, wenn der in unserem Gedächtnis schöner ist als der, den wir wiedertreffen. Ein Moment des Staunens, wenn der, dem wir begegnen, unvergleichlich imponierender ist als der in unserer Erinnerung. Der Bruchteil einer Sekunde, in dem wir, sei es freudig, sei es traurig, Abschied nehmen von der Person, die wir im Kopf hatten."