Blutige Steine
368 Seiten

Tatsächlich ist mein größtes Problem mit diesem Band und damit auch der Reihe, dass sich das Buch zu sehr in (Familien-)Essen und einem Streifzug durch die Stadt verliert. Dabei tritt leider der Fall zunehmend zurück. Und der sollte für mein Empfinden bei einem Kriminalroman schon im Vordergrund stehen. Hier kommt hinzu, dass mir gerade die Darstellung des Opfers und dessem Umfeld oft zu plakativ war. So sehr ich die TV-Serie auch mag, in Buchform werden Commisario Brunetti und ich keine Freunde mehr.

Moabit
84 Seiten

Man taucht ein in das Berlin der 1920er Jahre und lernt mit Charlotte Ritter auch einen der wesentlichen Charaktere der weiteren Reihe kennen. Tatsächlich erinnerte das alles mehr an die Stimmung der Serienadaption Babylon Berlin als an die von Kutschers Romanen. Die strikte Trennung der Perspektiven war anfangs etwas irritierend, aber im Gesamtpaket halte ich das für gelungen. Als Einstieg in Kutschers Gereon Rath-Reihe ist diese Kurzgeschichte nett, aber nicht zwingend erforderlich.

Das Café am Rande der Welt
144 Seiten

Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Buch bei Leuten, die sich gerade in einem Prozess der Selbstfindung befinden, sehr gut ankommt. Die Fragen, die aufgeworfen werden, der philosophische Ansatz, der hinter dem Buch steckt, ist nicht verkehrt und an der ein oder anderen Stelle habe auch ich inne gehalten, um das für mich persönlich zu reflektieren. Was mich stört ist allerdings diese sehr gestellte und daher doch auch unglaubhafte Geschichte, in die diese Fragen eingebettet werden. Obwohl dieses Buch schon recht kurz ist, gab es Stellen, die wirklich keinerlei Mehrwert hatten, was es insgesamt unglaublich flach erscheinen lässt. Als gekürztest Essay hätte es mir vermutlich besser gefallen.

Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen
208 Seiten

Viele kennen Alice Hasters vielleicht aus ihrem Podcast Feuer & Brot, den sie gemeinsam mit Maximiliane Häcke macht. Mit Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen erschien im vergangenen Jahr ein Buch, dass ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus und Sexismus thematisiert. Das Buch ist mehr als ein reiner Erfahrungsbericht, denn die Autorin gibt sich viel Mühe, ihre eigenen Erfahrungen in historischen Kontext zu setzen, zu analysieren und so für ihre Leser*innen einzuordnen. Das ist auf der einen Seite unglaublich interessant und lehrreich, auf der anderen Seite aber auch (auf gute Weise) unbequem. Alice Hasters belehrt nicht, sondern regt dazu an, sondern ruft zur selbstkritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten auf. Und das ist unglaublich wichtig. Absolute Empfehlung von meiner Seite.

Muttertag
480 Seiten

Muttertag ist ein solider und gut geschriebener Neuhaus-Taunuskrimi. Wieder einmal widmet sich die Autorin einer brisanten Thematik, allerdings stellt sie die nicht zu effekthascherisch dar, sondern reduziert diese auf das Wesentliche. Der Beginn war stark, tatsächlich hatte ich die Hoffnung, dass es sich nicht wie der Vorgänger Im Wald in einen zu persönlichen Fall verliert, aber leider wurde ich dann ab der zweiten Hälfte enttäuscht. Ich glaube, dem Krimi hätte es nicht weh getan, auf diese persönliche Beziehung zu verzichten. Wie gewohnt haben wir eine Vielzahl an Charakteren, dieses Mal empfand ich es aber als sehr überschaubar, der Plot hatte trotz kleiner Fehler ein paar gute Twists und auch, wenn das Finale etwas viel von einem Actionfilm hatte, gefiel mir die Auflösung am Ende doch ganz gut.

Das Leben ist eins der Härtesten
224 Seiten

Trotz der Tragik, die in den Schicksalen ihrer Charaktere steckt, erzählt die Autorin eine nette und humorvolle Geschichte, die über weite Teile wirklich amüsant zu lesen ist. Was mir persönlich nicht gefiel, waren die Stellen, an denen sich das Ganze in stereotypischen und sehr überdrehten Darstellungen verliert. Das erinnerte etwas zu sehr an ein Scripted Reality-Format und war für mich tatsächlich die größte Schwäche des Buches. (Vielleicht war es aber auch einfach nicht mein Humor.) Eine leichte und unterhaltsame Lektüre und ein durchaus gelungenes Debüt.

1984
328 Seiten

George Orwell hat mit 1984 ohne Frage eine beklemmende und vor allem zeitlose Dystopie geschrieben, aber der Funke der Begeisterung konnte nicht überspringen. Die Zukunftsvision, die Orwell hier beschreibt, hat mittlerweile derart in der Popkultur Einzug genommen, dass mich der Roman nicht wirklich erschreckt hat. Es las sich zwar flüssig, aber gerade der Mittelteil mit Liebesbeziehung und seitenweisen trockenen Abhandlungen über den Aufbau des Systems hatte seine Längen, das Ende war für mich persönlich zu pessimistisch und daher unbefriedigend. Woran der Roman mich aber erinnert hat, ist wie wichtig Erinnern und Reflektion, gerade auch in der gegenwärtigen Situation, sind. Und im Gegensatz zu Orwell habe ich noch Hoffnung.

Dann schlaf auch du
224 Seiten

Mit Dann schlaf auch du erzählt Leïla Slimani die Geschichte eines jungen, erfolgreichen Paares, das ihre beiden kleinen Kinder in die Obhut einer nach außen hin idealen Nanny gibt. Direkt im ersten Satz konfrontiert Leïla Slimani die LeserInnen mit dem Tod des Babys. Das, was eigentlich am Ende stehen sollte, wird distanziert und kühl geschildert. Umso überraschender ist das, was danach kommt: Es ist kein Buch, das sich mit dem Verlust aus Perspektive der Eltern auseinander setzt, keines das eindeutige Antworten auf das, was geschehen ist, liefert, sondern eines, was diese Beziehung näher beleuchtet. Trotz der nüchternen und eher distanzierten Betrachtung, schafft Slimani einen dichten, atmosphärischen Roman, der beklemmt und sich dabei kritisch mit der Gesellschaft auseinandersetzt. Je tiefer man in das Leben der Charaktere eintaucht, desto eher bekommt man eine Ahnung für das, was sich hinter dem Ende verbergen könnte. Ein düsterer Roman, der mir noch einige Zeit im Gedächtnis bleiben wird. Klare Empfehlung und ich bin gespannt auf die weiteren Romane der Autorin.

Power
250 Seiten

Mal wieder ein zufälliger Hörbuch-Griff. Im Ansatz fand ich die Geschichte interessant, aber ich stoße mich sehr an der Umsetzung. Die Grundhandlung ist schnell erzählt: Kerze, ein elfjähriges Mädchen, macht sich auf die Suche nach Power, dem verschwundenen Hund der Nachbarin. Die ersten Kapitel sind noch harmlos, fast langweilig, dann driftet es aber in Sphären ab, die ich teilweise als verstörend empfand. Bei der Wahl ihrer Charaktere setzt Verena Güntner auf Kinder; aber genau diese Kindlichkeit nehme ich den Figuren einfach nicht ab. Die Erwachsenen sind da etwas besser getroffen, vielleicht sogar interessanter, aber nehmen im Verlauf des Romans zu wenig Raum ein. Sprachlich war es nicht meins. Es lag zum einen an der Lesung der Autorin, zum anderen aber auch schlichtweg am Stil. Verena Güntner bedient sich kurzen Sätzen, vieles klingt gleich und irgendwie gelingt es der Autorin nicht, eine zum Plot passende Atmosphäre zu erzeugen. Auch, wenn der Roman in sich geschlossen war, blieben unglaublich viele Fragen offen. Mich konnte Power leider nicht in seinen Bann ziehen.

Conversations with Friends
272 Seiten

Das Buch hatte mich von Anfang an und irgendwie flog regelrecht durch diesen Roman. Auch wenn Sally Rooneys Stil auf den ersten Blick nicht ganz so zugänglich sein mag, mochte ich die Art wie sie die Welt und vor allem die Beziehungsgeflechte, in der sich ihre Hauptfiguren, allen voran Frances, bewegen, beschreibt. Irgendwie hat mich dieses Buch mehr berührt als viele vor ihm. Ob sie wirklich die Stimme meiner Generation ist, kann ich nach einem ihrer Bücher nicht beurteilen; aber ich glaube, es stellt die Lebensrealität in der wir uns befinden, ziemlich gut dar.

Der Trümmermörder
336 Seiten

Das größte Problem, das ich mit Cay Rademachers Der Trümmermörder habe, ist seine Vermarktung als Kriminalroman. Dafür wirkte die Kriminalgeschichte für mein Empfinden viel zu sehr wie ein Nebenstrang und war, bis auf eine kurze Passage in der zweiten Hälfte, langatmig und weniger packend. Was mich dagegen fasziniert hat, ist die Darstellung des Lebens im Hamburg der Nachkriegszeit. Rademacher vermittelt ein authentisches Bild vom Leben und Überleben in einer komplett zerbombten Stadt und bildet dieses gut in seinen Charakteren ab. Dafür allein bräuchte es aber nicht dieses Buch. Insgesamt eher ein ernüchterndes Leseerlebnis.

Gone Girl: Das perfekte Opfer
576 Seiten

Die Ausgangssituation ist einfach: Amy Dunne, eine junge Frau, verschwindet an ihrem fünften Hochzeitstag scheinbar spurlos. Der Verdacht fällt ziemlich schnell auf ihren Ehemann Nick, der die Vorwürfe von sich weist. Aus der Suche nach der Wahrheit hat Gillian Flynn einen der spannendsten und vielschichtigsten Thriller geschrieben, die ich in den vergangenen Jahren gelesen habe. Es ist schwer, viel über die genaue Ausführung zu sagen, ohne dabei zu spoilern. Deshalb nur so viel: Die Art, in der Flynn mit ihren LeserInnen spielt, ist große Klasse. Im Gegensatz zu anderen Thrillern kommt Flynns Erzählung ohne übermäßiges Blutvergießen oder gehetzte Szenenfolgen aus, sondern lebt vielmehr von den sehr gut ausgearbeiteten Figuren und der Verknüpfung von sowohl Nicks als auch Amys Perspektive. Die Umsetzung ist so gut gelungen, dass man als LeserIn ziemlich schnell an den Punkt kommt, an dem man nicht mehr so genau weiß, was oder wem man noch Glauben schenken kann. Das Ganze zieht sich über den gesamten Verlauf des Romans und bleibt bis zur letzten Seite spannend.

Effi Briest
212 Seiten

Trotz der wirklich interessanter Herangehensweise und den detailierten Beschreibungen, die an Kamerafahrten im Film erinnern, waren mir die Lücken in seiner Erzählung an einigen Stellen doch zu groß. Gerade die Schlüsselszenen, die für den Fortlauf des Romans tragend sind, werden zu weiten Teilen lediglich nebensächlich abgearbeitet. Fontane hält über die Länge des Romans Distanz zu seinen Figuren. Emotionen sind hier rar gesät, es wirkt vielmehr als wolle Fontane mit seinem Roman der Gesellschaft einen kritischen Spiegel vorhalten, was ihm mit diesem Roman durchaus gelungen ist. Für mich persönlich war die Lektüre auf jeden Fall ein guter Einstieg in Theodor Fontanes Schaffen.

Madame Moneypenny: Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können
240 Seiten

Ich bin tatsächlich etwas hin- und hergerissen, was dieses Buch betrifft. Zunächst: Das Thema, was Natascha Wegelin hier angeht, nämlich finanzielle Unabhängigkeit von Frauen, halte ich für unglaublich wichtig.

Womit ich aber meine Probleme habe, ist ihre Umsetzung. Die Einbettung in den Grillabend war mir zu gestellt, gekünstelt und so voller Dialoge, die keinerlei Mehrwert für das Buch hatten. Die Figuren, mit denen Natascha Wegelin an diesem Abend agiert, um ihr Wissen zu vermitteln, sind unglaublich platt gezeichnet, kommen phasenweise tatsächlich daher, als seien sie mehr oder weniger nicht in der Lage, Informationen länger als den Bruchteil einer Sekunde bei sich zu behalten; entsprechend fühlte ich mich auch als Leserin etwas auf den Arm genommen. Der Ton, den die Autorin hier mitunter anschlägt, geht an den entsprechenden Stellen dann doch etwas über das belehrende hinaus. An solchen Stellen wäre sie vielleicht mit reiner Wissensvermittlung und ohne den fiktiven Grillabend etwas besser weggekommen. Das, was sie auf inhaltlicher Ebene als Werkzeuge für die Analyse und Verbesserung der finanziellen Situation bereitstellt, ist nicht wirklich innovativ. Tatsächlich hatte ich den Eindruck, dass die ersten Kapitel Sammlung dessen sind, was nach kurzer Auseinandersetzung mit der Thematik offensichtlich ist. Für mich hat dieses Buch - abgesehen von einem kleinen Punkt im Bezug auf die Funktionsweise der Börse - keinen Erkenntnisgewinn bringen können. Vielleicht gehöre ich aber auch schlichtweg nicht zu der Zielgruppe, die Natascha Wegelin mit ihrem Buch oder allgemein ihrer Arbeit erreichen möchte.

Faust: Der Tragödie erster Teil
204 Seiten

Goethes Faust I gehört tatsächlich zu meinen liebsten Schullektüren. Zum letzten Mal las ich es in der Abiturvorbereitung vor fast neun Jahren. Es ist tatsächlich interessant, es heute nochmal zu lesen. Der Hauptplot war mir noch in Erinnerung, aber ich hatte tatsächlich vergessen - oder damals nicht bemerkt? - was für ein unsympathischer Charakter Faust eigentlich ist. Die Szenen, die neben dem Hauptstrang angesiedelt sind, kamen mir jetzt wirklich unglaublich wirr und aus dem Kontext gerissen vor. Nichtsdestotrotz ein faszinierendes Drama. Und am Ende war es auch mal ganz schön, dieses Buch ohne Interpretationszwang lesen zu können.