Untenrum frei
256 Seiten

Meine "Beziehung" zu Margarete Stokowski war die Folgende: Wann immer ich im Pathologiekurs mit den Schnitten fertig war, las ich ZEIT-Artikel und ihre "Spiegel Online"-Kolumnen. Da musste ich manchmal schmunzeln, oft regte ich mich auf (#spargel).

Da viele dieses Buch gut fanden, wollte ich dem Konzept Margarete Stokowski eine Chance geben.

Auch hier: ich musste an manchen Stellen lachen, höchstwahrscheinlich nicht wie von der Autorin intendiert. Es ist amüsant zu sehen, wie eine offensichtlich sehr intelligente Frau, die mit ca. 12 Jahren Bücher über Quantenphysik las und die Logikvorlesungen besonders liebte, durchaus denkfaul sein kann und sich in Relativitätsargumente flüchtet, confirmation bias' unterliegt und knapp 230 Seiten mit erschreckend wenig Inhalt füllt. Warum sie von Feminismus spricht und nicht von Equalismus (oder Humaninsmus, wie sie es in ihrer Argumentation anbrachte), erschließt sich mir ganz und gar nicht. Zwar erwähnt sie auf den allerletzten Seiten, dass es auch Männern oft kacke geht und man da etwas ändern sollte, da es etwas wie eine Männerbewegung gar nicht gibt, aber es wirkt nicht so, als ob es ihr wichtig wäre. Und wenn sie auf das Argument "Gendergerechte Sprache, da Frauen nicht mitgehört werden" beharrt, dann frage ich: wo sind die Männer im Wort Feminismus?

Ich frage mich, ob Margarete Stokowski nicht ein wenig zu alt ist. Sie ist 30, ich bin 21 und die Dinge, die sie anbringt, habe ich zT gar nicht erlebt, mein Umfeld, das durch mein Studium größtenteils weiblich geprägt ist, auch nicht (ich fragte extra wegen dieses Buches nach).

Ich muss dem Buch dennoch danken, denn ich erkannte, dass es mir ganz gut geht und ich progressiver als Stokowski bin. Ohne Rollenklischees und -denkmuster zu leben ist einfach herrlich entspannend, sie befreit auch von klassizistischem Verhalten.

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Margerete Stokowski ist ungefähr so alt wie ich, und dementsprechend sind die Geschichten ihres Aufwachsens ziemlich synchron zu meinen Kindheitserinnerungen passiert. Geteiltes Kinderzimmer, im Hochbett oben schlafen, frühes Internet, das man nicht benutzen konnte ohne die Eltern zu nerven. Lauter kleine Details machen, dass ich mich an vielen Stellen wieder finden kann. Naja, also bis auf die Sache, dass ich in meinem männlichen Aufwachsen das alles anders erlebt habe und andere (weniger) Erwartungen zu erfüllen hatte. Insgesamt schreibt sie über viel, dass ich “wusste”, aber nun mit einem anderen emotionalen Zugang verbinde. Ein paar Dingen konnte ich nicht ganz folgen, vor allem der Argumentation "Feminimus weitergedacht = Anarchismus", die plötzlich im letzten Kapitel auftauchte. Insgesamt fand ich das Buch sehr gut.

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Hm. Inhaltlich bot das Buch nur eine Sache, die ich nicht nachvollziehen konnte. Irgendwas mit der direkten Verknüpfung von Feminismus zu Anarchismus und inwiefern das eine quasi auf das andere folgt und erstrebenswert ist? Kann gut meine eigene Ignoranz sein, aber vielleicht ist es dem Cause nicht helfend, wenn man ihn in Zusammenhang mit literal Anarchie bringt. Ansonsten... ja, habe nicht wirklich etwas neues gelernt und alles andere im Buch angesprochene entspricht meinem bestehenden Weltbild. Gut, also, I guess.

Den Schreibstil, als hätte man eine Reihe von edgy-umgangssprachlichen Blogpost aneinandergeknüpft, gefiel mir allerdings so GAR nicht. Vielleicht aber genau richtig, wenn man in erster Linie Teenager erreichen möchte, die das erste Mal von Feminismus hören? Ist das die gewünschte Zielgruppe? 🤷‍♂️ Hm!

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Das ist ein Buch, das man sich kaufen sollte, und das man anderen kaufen sollte, und wenn man es selbst gelesen hat kann man es anderen Leuten ausleihen, und insgesamt sollten es so viele Leute lesen wie möglich.

Ich wäre froh, wenn ich so gut schreiben könnte wie Margarete Stokowski, aber so kann ich wenigstens froh sein, es zu lesen. Wenn ihr noch ein paar verständliche Argumente für den nächsten Streit auf einer Familienfeier braucht, dann schaut doch mal rein und streicht euch was an!

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Dieses Buch hat das Ziel, einen zum kritischen Denken anzuregen und das macht es hervorragend.

Es ist sehr humorvoll und gut zu lesen, dabei möchte ich aber genauso wenig wie man einen Menschen (oftmals Frauen), auf ihre Schönheit reduziert, damit den Inhalt übergehen: Das Buch hat viele gute Denkanstöße und kluge Gedanken, die mich noch eine Weile beschäftigen werden. Ich bin gleichzeitig dankbar, dass die Autorin so unterhaltsam schreiben kann, weil ich hoffe, dass sich so mehr Menschen trauen sich mit dem Thema Feminismus auseinander zu setzen - ich habe zuvor auch gefremdelt, mich damit intensiver zu befassen obgleich ich geübt bin, genau deswegen wütend zu sein.

Ich bin sehr froh das Buch gelesen zu haben und werde es sicherlich wieder in die Hand nehmen und einige Passagen lesen. Dabei wünsche ich mir, dass noch viele weitere Menschen dieses Buch lesen, sich inspirieren lassen und nicht davor zurückschrecken, sich als Feminist*in zu bezeichnen.