Ich habe es diese Woche bei repetitiven Arbeiten gehört und es war so gut wie beim ersten Mal. Mir fiel auf, dass ich am liebsten Cassirer und Benjamin lesen möchte, bevorzugt Letzteren. Die Symbolphilosophie finde ich im Hinblick auf mein Buchprojekt spannend. Den Tractatus lese ich ja gerade, das hat das Buch beim ersten Mal Hören schon bewirkt!
Ich bin mit niedrigen Erwartungen an diese Essaysammlung herangegangen und diese sind teilweise unterboten worden. Allgemein spricht mich der Schreibstil, bzw die Übersetzung, nicht an, mein ästhetisches Empfinden wird nicht berührt. Die Texte sind nicht wissenschaftlich, weder werden Studien/Umfragen gezeigt, wenn sie etwas zeigen wollen, noch werden Gründe für Begebenheiten angeführt oder wirkliche Lösungen vorgeschlagen. Das ist unironisch schade. An ein paar wenigen Stellen hat man das Gefühl, dass sie keinen Grabenkampf zwischen den 2 klassischen Geschlechtern heraufbeschwören will, was sie mit ihrer Schreibe aber leider tut. Die ganze College-Sache: was ist die Konsequenz aus ihrem Denken? Believe all women, ergo Unschuldsvermutung ade, Beweisführung passé? Allgemein werden bei ihr diverse Dinge derart vermengt und auf eine Stufe gestellt, dass es mir wirklich graust. Intellektuell unredlich. Wenn man aus den Problemen herauszoomt, so sieht man, dass Gewalt an Frauen umgeframed werden kann in Gewalt von Männern, denn auch Männer werden von Männern verprügelt, getötet usw, in weit größerer Zahl als Frauen. Dies mag unter anderem an hirnstrukturellen/psychologischen Gründen liegen; betrachtet man die Big5, so sieht man, dass Männer wesentlich disagreeable u.m. sind. Auch wenn Männer und Frauen im Wesentlichen gleich sind, können sie radikale Unterschiede produzieren. Deswegen liegt die Mehrheit der Gefängnisinsassen bei den Männern (95% vs 5%) und so weiter und so fort. R.S. kritisierte das Vorgehen, dass man Frauen an Collegecampus (Plural mit langem "U", U-Deklination) beibringt, dass man besser Vorsicht walten lässt; ihrer Meinung nach soll man den Männern sagen, dass sie nicht vergewaltigen sollen. Leider ist es diesem Klientel scheißegal und die, die in einem "Prodromalstadium" sind, welches durch Alkohol oder Drogen in ein aktives "Sexuell übergriffig"-Stadium wird; soll man ihnen das Feiern verbieten (dort konsumieren sie und werden gefährlich)? Das wäre doch zu diskutieren, zusätzlich zu Vorsichtsmaßnahmen für Frauen (was auch durch gute Kameras passieren kann, also indirekt). Dass Vorsicht ein Frauenphänomen sein soll, finde ich als schon mehrfach nachts auf dem Nachhauseweg verfolgter Mann by the way ziemlich lächerlich.
Ich bin in der Hirnforschung tätig, im Besonderen im Bereich der Schizophrenie. Eine gängige Theorie ist hierbei, dass Positivsymptome wie Wahnvorstellungen aus einer aberranten Salienz entstehen können (dass also einem random herumliegenden Stift ein höherer Sinn zugeschrieben werden muss zB, in der Art "Dieser Stift ist von Gottes Hand/ von der NWO zum Abhören/ von Ken Jebsen gegen die Coronamaßnahmen hingelegt worden"). Daran musste ich oft denken; dass R.S. Begebenheiten u.Ä. ihres Kontextes beraubt und sie in ihr Gedankenmuster einbettet.
Der einzige Teil, der mir gefiel, war der Essay über Virginia Woolf (abgesehen vom esoterischen Geschwurbel, das auch an manch anderer Stelle aufblitzte), genauer: die Stellen in der sie zitiert wurde. Ich muss endlich etwas von ihr sehen.
Fazit: mir persönlich zu tendenziöses, nicht das Problem lösen wollendes Schriftstück, das rhetorisch geschickt ihrem Zwecke diente, aber nicht der Allgemeinheit. Sie bekämpft sich mit den Waffen, die sie nicht (mehr) in den Händen der Männer sehen will
Der beste Punkt aber zum Schluss (und u.a. das meine ich mit "rhetorisch geschickt"): Diese ganze Kritik kann laut ihr sofort abgeschmettert werden, denn ich bin ein Mann (sie tut das sogar im titelgebenden Essay).
Auf der Fahrt wieder angehört, die Komposition der Verse ist schon ziemlich gut ins Deutsche übersetzt worde. Hut ab!
Bei diesem Wiedererleben des Romans ist mir aufgefallen, dass Meursault eventuell als "Natur" gelten kann, denn sowohl der Leser als auch bspw der Richter fragen sich ständig nach dem Warum und überkommen ihn letztlich, indem sie ihn töten und zur Tagesordnung übergehen (dem Vatermord, der danach verhandelt wird. Eine Anspielung auf Nietzsche? Wahrscheinlich). Der Tod/Das intellektuelle Überkommen des Sinnsuchens im Sinnlosen wird aber nicht sofort, sondern mit Verzögerung vollzogen. Deshalb auch der berühmte letzte Satz, dass viele mit Hass auf ihn warten sollen, wenn er hingerichtet wird, stellt dieses Überwinden doch das Menschliche schlechthin dar, ein Niederbrennen des Vergangenen etc pp. Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt ist demnach ebenfalls auf den Mord am Araber anwendbar, denn die Natur schert es nicht, ob es ein einfacher Tod ist oder ein subjektiv wahrgenommener Overkill. Ich bin gespannt, was mir beim nächsten Mal auffällt.
Einer meiner bisher besten "Kings". Mir gefiel dieses Mal auch tatsächlich der Horroraspekt, die Stimmung war bedrückt, bedrohlich und klaustrophobisch. Richtig toll.
Der Anfang war recht spannend und cool, doch die letzten zwei Drittel zogen sich ziemlich in die Länge. Einzig die Sprache ließ mich nicht abbrechen
Dieses Hörbuch habe ich recht schnell gehört. Die Geschichte fühlte sich deshalb recht kurz, bzw inhaltsschnell an. Und sie war recht traurig, der letzte "Schliff" allgemein fehlt mir aber.
Wie ein Sog. An einem Stück konnte, musste ich es lesen. Ich bin ein Freund von "wortkarger Prosa", wie zB Camus (der auch Erwähnung findet) und Anderen, doch dies war eine ganz andere Erfahrung. Längere Anekdoten wechseln sich mit random und grotesk deplatziert wirkenden "Kurzmeldungen" ab.
Die ganze Zeit bewunderte ich von Schirachs "Nähe" (physisch) zur Hochfinanz, Adel, bedeutenden Leute, die etwas erlebt haben und ob dieser Erfahrungsschwere des Lebens leicht überdrüssig scheinen.
Das grobe Thema, dass sich mir erst nach und nach aufdrängte (und das dann mit Wucht), war die Würde des Menschen. Auch wenn ich seinem Wortgehorsam, dass diese unantastbar sei, nicht ganz zustimme (meiner Meinung nach entsteht dieses abstrakte Konstrukt erst dann wirklich, wenn es tatsächlich angetastet wird und verteidigt werden muss; sie sollte aber nicht angetastet werden), so finde ich diesen "Roman" trotz seiner Sublimität wesentlich schlagkräftiger als Gerald Hüthers Sachbuch.
Eine Sache hatte mich noch gewundert und ich weiß nicht, ob das mit meinem Aufwachsen in einer zeitlichen Ferne zu tun hat (vs von Schirachs nahem Bezug zur NS-Zeit, sein Großvater war in Wien für Deportationen u.Ä. "zuständig"; u.A. seine Aussagen waren für ihn der Grund, Scham und Verachtung zu spüren und zu dem F. von Schirach zu werden, der er schlussendlich wurde), aber seinen Standpunkt zu Gaulands "Vogelschiss"-Debakel fand ich merkwürdig. Alle folgenden Aussagen sind unter Berücksichtigung, dass ich die AfD und vor allem den "Flügel" (wohl eher: Kot-Flügel) nicht ausstehen kann (sie jedoch auch ohne Polemik kritisiert werden darf; meinetwegen an der Schärfe der "Logik" (oder einfachstem common sense) verbluten darf (metaphorisch gesprochen)) zu lesen. Meiner Meinung beging er hier einen affektiven und/ oder intentionalen Fehlschluss ("Das ist kein Versehen, kein Versprecher, kein Tippfehler im Manuskript. Der Politiker wollte sagen, was er sagte: 65 Millionen tote Soldaten und Zivilisten, sechs Millionen ermordete Juden zählen nicht. Er kennt seine johlenden Zuhörer, er weiß, was sie hören wollen und er weiß, worüber die Journalisten berichten werden. Es ist die Sprache, die unser Bewusstsein verändert"). Die Aussage ist tatsächlich auf mehrere Weisen deutbar. Wenn aber ein Gauland im Nachgang sagt, dass er dies eben nicht so meint, wie von Schirach das meint (und in einem irgendwann erschienenen Thilo-Jung-Interview ganz entschieden gegen Hitler und die NSDAP etc ist), dann finde ich es eher schwach. Wobei ich ihm zustimmen muss, dass diese Aussage sehr bewusst platziert wurde. Wie ist also diese Aussage zu beurteilen, da sie sowohl ehr- als auch würdelos und -verletzend sein kann? Ich bin beileibe kein Jurist und würde mir auch kein Urteil anmaßen; kontextfrei würde ich Gauland freisprechen, im Kontext einer rechten bis rechtsextremen Parteikundgebung wäre ich mit dem Freispruch vorsichtiger, da trotz der widerlichen Geschmacklosigkeit Intention vor Außenwirkung geht (auch wenn ich mir der Gefahren, die v.a. in einem Beleidugungskontext entstehen, bewusst bin). Deswegen ist vor allem der letzte Satz recht "perfide", da durch Sprache tatsächlich das Bewusstsein verändert wird, abseits von Framing etc (oder dass ein Buch, das man liest, Spuren im Hirn hinterlässt und das für Jahre, was Denis Scheck immer wieder gerne mit "Stellen Sie sich vor, dass Sebastian Fitzek in ihrem Hirn für unwiderruflichen Schaden anrichtet" (was für ein verschwendetes Kabaretttalent der gute Schwabe doch ist) kommentiert), er durch seine Formulierung aber ebendies macht. Bewusst? Unbewusst?
Ich fühle mich schlecht, dass ich einen Politiker, den ich nicht mag, so verteidigen musste, aber mir persönlich stieß diese Unsauberkeit etwas auf. Man könnte sagen, es sei ein Vogelschiss in einem sonst makellosen hundertseitigem Buch.
Vielleicht habe ich aber irgendwo einen gewaltigen Denkfehler, der mich irgendwann im Schlaf mit der Lösung aufwecken wird. Schließlich bin ich nur 1 dude, der sich die Welt durch Erlesen und nicht durch Erfahren erschließt/erschlossen hat.
Ich würde gerne einmal eine Auseinandersetzung mit dem Autorenbegriff von von Schirach lesen, das wäre interessant. Kann er gute Kritiken schreiben? Würde er es sich nicht anmaßen können
Dieses Buch über Einsam- und Traurigkeit, Erinnerungen, synästhetisches und ästhetisches Fühlen, Scheitern und Erfahren, Denken und Handeln (wie die Nachkriegsfranzosen), Leben und Sterben, gehört zum Besten, was ich je gelesen habe. Ich bewundere den Autor und danke ihm für dieses Buch.
Dieses Buch war noch im Gratisangebot von audible und da dachte ich "Warum eigentlilch nicht?".
Mir wurde ziemlich schnell klar, dass das eher als Fehlentscheidung zu verbuchen war, sodass ich mir vornahm, im Stil von David Foster Wallace oder Wolfgang M. Schmitt einen Punkt zu sehen und zu kritisieren, der eigentlich nicht da ist. Leider muss ich sagen, dass es selbst da nicht viel gäbe. Außer der obligatorischen "Oh ja, Paris war früher sooo viel schöner; aber man kann auch etwas finden, wenn man ganz genau hinschaut und die Augen aufmacht". Das ist anödend, vor allem bei Romanlänge.
Es gibt zwei Frauenschicksale, eines zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs (so ca.) (da war Paris ja so schön intellektuell) und eines in den 2010er Jahren. Und tatsächlich fällt eine Sache auf, denn während die bisher unbekannte Vorfahrin als durch und durch emanzipatorisches Subjekt auftritt, in einer Zeit, in der Brüche mit den Konventionen verpönt waren (außer in der tollen Boheme der Pariser Cafés), ist die Ich-Erzählerin in dieser Hinsicht interessanter. In Zeiten, die einem nichts wirklich abverlangen, da man dem Hyperindividualismus anhängt und seinen Weg geht, der bekanntermaßen das Ziel ist, versucht sie an Altem festzuhalten, die ganze Suche nach ihrer Großtante zeugt davon. Aus heutiger Sicht handelt sie da sehr "Irrational", auch wenn sie in sich spürt, dass sie sich eher zu dem spontan auftretenen Mann aus der Künstlerszene hingezogen fühlt (ähnlich wie ihre Großtante), etc. Durch diese Suche, ohne etwas zu finden, verliert sie etwas (wie es dem Wesen des Suchens entspricht) und das ist ihr Selbst. Jordan B Peterson meinte in einem Podcast, dass sich Bücher und Hörücher verhalten wie ein Gemälde zu einem Foto (hier ging es um den Schaffenden, ein Gemälde hat viele Schichten und dutzende Stunden Arbeit und u.A. dadurch einen ganz anderen, viel tieferen Zugang für den Künstler). Dies ist einerseits amüsant, da ich dieses Buch hörend konsumierte, aber auf der anderen Seite verachtet die Ich-Erzählerin die ganzen die Gemälde Fotografierenden gewissermaßen, obwohl sie das Gemälde, das sie und ihre Großtante zeigt (die sich sehr ähnlich sehen), sich selbst in ebendiese zu sehr hineininterpretiert und somit nur anschaut, aber nicht sieht.
Ein spannender und cooler Abenteuerroman, der zwar eher in der Kindheit gelesen wird (was ich nicht tat), aber mir auch eigene Gedanken gegeben hat (Nemos Nautilus als Metapher und weiterführende Gedanken). Deshalb Prädikat sehr gut
Irgendwie habe ich mir mehr erwartet, sowohl von der "Spannung" her als auch vom Realismus der Darstellung. Zu oft war es ein "und dann habe ich das fünf Jahre gemacht" etc und das fand ich schade. Dennoch ist es ziemlich cool und zu Recht in fast jedem Kanon enthalten.
Auf Apotheken-Umschau angelehnt
Das war doch etwas anders als die Version, die man als Kind mit den Liliputanern vorgesetzt bekommt. Mir gefiel es aber sehr!
Der Mensch in der Unendlichkeit und im Nichts. Die ganze Reihe ist im Prinzip Hochliteratur und ich meine das vollkommen ernst.