Die Historikerin Mary Beard beschäftigt sich in Women & Power mit zwei wichtigen feministischen Themen: Dem von der Gesellschaft eingeschränkten Zugang zu Machtpositionen sowie der öffentlichen Nicht-Beachtung von weiblichen Stimmen. Die Abhandlung ist kurz, brachte mir aber einige neue Erkenntnisse - insbesondere was die historische Verankerung angeht - und ist eine gute Ergänzung zu anderen Werken, die sich mit Feminismus beschäftigen.
Panikherz ist mehr als eine Biographie. Ja, im Vordergrund steht Stuckrad-Barres Leben, das im Wesentlichen aus Drogen, Musik und Udo Lindenberg besteht, aber gleichzeitig bietet es einen Einblick in die Welt von Musik und Medien sowie Momentaufnahmen der Biographien seiner Wegbegleiter. Stuckrad-Barre schafft es, immer den richtigen Ton für die jeweilige Situation zu finden, ist sehr reflektiert, manchmal witzig, manchmal schonungslos. Insbesondere die Jahre seiner Essstörung, seiner Drogenexzesse und den damit einhergehenden Klinikaufenthalten legt er ungeschönt dar und es ist bemerkenswert, mit welcher Beobachtungsgabe er trotz allem ausgestattet ist. Das Ende zog sich etwas, aber das ließ sich verschmerzen.
(Außerdem gehört Stuckrad-Barre ab jetzt zu meinen liebsten Hörbuch-Einlesern.)
Ich laß Final Cut, den Auftakt der Reihe rund um Clara Vidalis, bereits vor einigen Jahren einmal und hatte es tatsächlich ganz anders in Erinnerung. Veit Etzold schreibt angenehm, flüssig, die Kapitel sind kurz und auch die ständigen Perspektivwechsel, mit denen er arbeitet, sind interessant, aber die Story konnte mich (dieses Mal) nicht mitreißen. Vielleicht war mir das alles auch einfach zu blutig und gewalttätig und teilweise doch etwas überzogen. Aber der Anstoß, den eigenen Umgang mit sozialen Medien zu hinterfragen, funktioniert immer noch ziemlich gut.
Mit Böser Wolf laß ich tatsächlich meinen ersten Krimi aus der Feder von Nele Neuhaus. Dass es bereits der sechste Band aus der Taunuskrimi-Reihe war, ist hier tatsächlich nebensächlich, denn der Plot, der sich erst im Laufe des Krimis richtig entfaltet und sich einer heiklen Thematik annimmt, funktioniert auch so. Im Gegensatz zu vielen anderen Werken aus diesem Genre bleibt die Darstellung von Gewalt weniger explizit, selbst an Stellen, an denen es etwas mehr ins Detail geht, bleibt der Ton, den Neuhaus anschlägt, immer respektvoll, was leider viel zu selten passiert. Die vielen Charaktere, die leider teils sehr auf Grundlage von Klischees entwickelt worden zu sein scheinen, und Handlungsstränge, die zu Beginn noch keinerlei wirklichen Verbindung erahnen ließen, verflechten sich nach und nach ineinander und zumindest mir war nach gut der Hälfte klar, worauf das Ganze hinauslaufen würde. Der ein oder andere Plottwist konnte dann zwar noch überraschen und die Spannung war auch noch da, aber leider hat sich das Buch mit dem doch überhasteten Ende keinen wirklichen Gefallen getan.
In ihrer autobiografischen Erzählung beschreibt Deborah Feldman ihr Leben in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde. Sie gibt einen informativen und gleichzeitig erschreckenden Einblick in die Strukturen der Religionsgemeinschaft, in der sie aufgewachsen ist. Insbesondere die Unterdrückungsmechanismen, der insbesondere Frauen noch heute ausgesetzt sind, haben mich erschreckt, und umso bemerkenswerter ist es, dass die Autorin den Ausstieg geschafft hat. Feldman besitzt ein Gespür dafür, das alles literarisch auf eine Art und Weise aufzuarbeiten, dass man regelrecht gefesselt ist. Ein wichtiges Werk für jeden, der sich für Kultur und/oder Religion interessiert.
Der Roman ist keine große Geschichte, vielmehr eine Momentaufnahme der direkten Reaktion auf den Tod und den Umgang mit Trauer, die Überforderung und die Hilflosigkeit, in der sich Menschen befinden. Es passiert nicht viel und es ist nicht unbedingt die Rahmenhandlung, wegen der man den Roman in einem Zug durchlesen möchte. Ich persönlich mag Elisabeth Ranks Art, mit Sprache umzugehen, mit Bildern zu spielen, habe aber auch Verständnis für jeden, der das Buch nach wenigen Seiten beiseite legt.
Ich tat mich schwer mit diesem Roman. Es hat wirklich viel Ausdauer gekostet, auch beim zweiten Anlauf mehr als ein Drittel zu lesen, denn der Anfang hat seine Längen und die Beschreibungen, die Blue als Erzählerin von sich gibt, wirken teilweise überambitioniert, man merkt diesen Stellen fast an, dass Marisha Pessl mit ihrem Debüt überzeugen wollte. Ähnlich erging es mir mit dem hier auftretenden Phänomen der Intertextualität: Ja, die Verweise zu anderen real-existierenden literarischen Werken war interessant, manche empfand ich allerdings auch als weniger zielführend und sie wirkten - bei den fiktiven Quellen fast deutlicher - wie bloßes Material, um nur noch mehr Seiten zu füllen. Hat man allerdings irgendwann die Hälfte des Buches hinter sich, wird man für das Durchhaltevermögen belohnt: Die Geschichte nimmt Fahrt auf, es entwickelt sich eine schöne Dynamik, die an Krimis und Thriller erinnert, und Pessl hört auf, sich in ihren Schilderungen in Details zu verlieren. Das letzte Drittel überrascht im positiven Sinne und ich bin tatsächlich begeistert, wie der ein oder andere Handlungsstrang, der ins Leere zu verlaufen schien, am Ende doch noch eine Bedeutung gewonnen hat, wenngleich ich auch noch nicht ganz zufrieden mit der Auflösung bin, weil gerade spannende Punkte offen bleiben.
Ich mochte den Auftakt der Reihe, The Last Templar, vor Jahren ziemlich gerne, und kaufte deshalb irgendwann letztes Jahr The End Game, den mittlerweile fünften Band um den FBI-Agenten Sean Reilly. Es war nicht unbedingt schlecht, ich mochte das schnelle Tempo ziemlich gerne, aber mir was das im Verhältnis zu anderen Büchern aus dem Genre doch etwas überkonstruiert - und es funktionierte meiner Meinung nach nicht als von der Reihe unabhängiges Buch. Und das fand ich doch irgendwo schade.
Wenn John Williams mit Stoner eine Figur schaffen wollte, die die Personifizierung der Teilnahmslosigkeit ist, ist ihm das gelungen. Ich habe selten einen Protagonisten erlebt, der so passiv durch das Leben geht und fast alles - ohne mit der Wimper zu zucken und ohne große Emotionen - passieren lässt. Der Plot war nicht äußerst aufregend, phasenweise sogar ziemlich langweilig, und ich konnte dem ganzen Werk eigentlich nichts abgewinnen.
Mit Magpie Murders kam mir vermutlich mein erster klassischer Whodunit-Krimi auf die Leseliste. Horowitz verknüpft auf interessante Art zwei Kriminalgeschichten, die trotz ihrer Unterschiedlichkeit einige Parallelen aufweisen. Ich persönlich mochte den Teil, der die Handlung des fiktiven Romanes beschreibt, um einiges lieber als die Rahmenhandlung, weil mir die Charaktere einfach besser gefielen, aber unterm Strich war es rund und unterhaltsam. Außerdem kam das Ende sowohl überraschend als auch unerwartet. Genau so wie ein guter Krimi enden sollte!
Ich mochte vieles: Die vielschichtigen Charaktere. Die Sprache, der sich Mariana Leky bedient. Das tröstende Gefühl, das am Ende im Körper zurückblieb. Selbst die Tatsache, dass nicht wirklich viel passiert, störte mich nicht. Woran ich mich allerdings gestoßen habe: Die Wahl einer allwissenden Erzählerin. Funktioniert in den seltensten Fällen, hier ging es für mich auch an einigen Stellen wirklich nicht gut. Ansonsten allerdings ein lesens- bzw. hörenswerter Roman.
Interessanter Einblick in die Gedanken Frida Kahlos. Leider hatte es kein Briefwechsel-Charakter, entsprechend waren manche der Briefe etwas schwer nachvollziehbar, und nicht so ohne weiteres in die Biografie einzuordnen.
Erinnert sehr an "Brave New World", ich fand es aber tatsächlich noch ein stückweit besser, weil es nicht ganz so aussichtlos erscheint wie ich Huxleys Werk, was ich irgendwann in der Oberstufe laß, in Erinnerung habe. Vielleicht hat mich Zamyatin aber auch einfach mit seiner sehr mathematisch-technischen Sprache überzeugt. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung für all jene, die Dystopien mögen.
"All men are created equal, unless we decide you are not a man."
Colson Whitehead widmet mit The Underground Railroad einem der traurigsten Kapitel der amerikanischen Geschichte einen Roman. Wir begleiten Cora, die als Sklavin auf einer Baumwollplantage in Georgia lebt, auf ihrer Flucht durch mehrere Bundesstaaten, die sich in Rechtslage und Mentalität der Bevölkerung unterscheiden, Richtung Norden, auf der sie auf unterschiedliche Charaktere - Weggefährt_innen, Fluchthelfer_innen und Sklavenfänger - trifft.
Die Underground Railroad, die im 19. Jahrhundert als informelles Netzwerk Sklav_innen auf der Flucht aus den Südstaaten in Richtung Norden verhalf, wird im Roman physisch als Eisenbahn dargestellt. Es macht Sinn, eine solche Darstellung zu wählen, die Distanzen, die so erschlossen werden können, sind das, wovon der Roman lebt. Gleichzeitig liegt aber hier auch der Aspekt, den ich persönlich als leicht problematisch empfand: Die Grenze, die zwischen Fiktion und historischen Fakten verläuft, ist fließend und ist für Leser_innen, die über wenig oder kein Hintergrundwissen verfügen, nicht wirklich ersichtlich. Insbesondere, weil die Sprache über große Teile sehr nüchtern und distanziert, damit weniger nach Roman als nach Sachbuch klingt, wirken historische Schilderungen dermaßen authentisch, dass ohne kurze Recherche nicht ersichtlich war, was Fakt und was Fiktion ist. Einige Charaktere, die Cora auf dem Weg begleitet haben, blieben enttäuschenderweise gesichtslos, obwohl Whitehead immer wieder Biografien einstreut, die an einigen Stellen zu knapp, an anderen leider zu ausgedehnt vorkamen.
Alles in allem ist The Underground Railroad ein lesenswerter Roman, der mich phasenweise berührt und mehr als einmal zum Nachdenken angeregt hat. Außerdem hat er bei mir das Interesse geweckt, mich weitergehend mit der Thematik zu beschäftigen.
Die Geschichte, die Der Club erzählt, ist schnell, es geht Schlag auf Schlag. Sowohl szenisch als auch sprachlich: Takis Würger hält nie wirklich inne, arbeitet sprachlich präzise, verliert sich nicht im Detail, hakt Szene für Szene ab, springt stetig von einer zur nächsten Perspektive, um das gesamte Geschehen zu erfassen, und schafft es dabei, eine Spannung zu halten, die mich dazu verleitet hat, kontinuierlich weiterzulesen. Vielleicht verlieren die Charaktere durch diesen speziellen Erzählstil im ersten Moment an Tiefe, aber das, was sich als Gesamtwerk entfaltet, hat mich am Ende vollstens überzeugt.