Oben Erde, unten Himmel
299 Seiten

Natürlich, hier ist eine kürzere Version der Rezension:


<h3>Rezension: "Oben Erde, unten Himmel" – Leben und Tod im Gleichgewicht</h3>

In "Oben Erde, unten Himmel" entführt uns die Autorin Flašar in die Welt der Kodokushi-Reiniger in Japan. Im Mittelpunkt steht Suzu, eine junge Frau, die zuerst von ihrem Freund „geghostet“ wird und dann ihren Arbeitsplatz verliert. Sie können zwar mit einem Putz-Mopp umgehen, habe aber zuwenig Empathie. Schliesslich landet sie in einer Putzkolonne, die sich auf das Reinigen von Wohnungen spezialisiert hat, in denen Menschen einsam gestorben sind. Hier findet sie zurück aus ihrer Einsamkeit und fängt langsam an, wieder Beziehungen aufzubauen. Trotz seines ernsten Themas ist das Buch gespickt mit Momenten feiner Komik und Einsichten, die den Leser gleichzeitig unterhalten und zum Nachdenken anregen. Manchmal balanciert sie am Rande des Kitschs, ohne jedoch hineinzufallen. Dank einer lakonischen und humorvollen Erzählweise bleibt der Roman authentisch und verliert sich nicht in der Sentimentalität. Fazit: "Oben Erde, unten Himmel" ist ein tiefgründiger Roman, der schwierige Themen wie Tod oder Einsamkeit mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit behandelt. Ein lohnendes Leseerlebnis für alle, die sich für die Facetten menschlicher Beziehungen und die Grenzen zwischen Leben und Tod interessieren.

Der graue Peter
160 Seiten

In einzelnen Szenen dieses Buches zeigt Matthias Zschokke, dass er gut schreiben kann. Zum Beispiel, wenn er beschreibt, wie ein Amselmännchen sein zukünftiges Revier erkundet. Das Buch insgesamt lässt mich aber ratlos hinweg. Der Protagonist, genetisch bedingt gefühllos, hineingeworfen in einer absurden Welt, in der er mit zahlreichen Schicksalsschlägen zu kämpfen hat. Als Kind wird er missbraucht, sein Kind wir von einem Lastwagen überrollt und stirbt - was aber alles an ihm abperlt. Eines Tages kommt er in Frankreich in die Situation, dass ihm im Zug von einer fremden Frau ein Junge in Obhut gegeben wird. Er soll den Jungen in Basel seinem Onkel übergeben. Die beiden erleben zahlreiche Abenteuer. So nimmt der Junge in einem Warenhaus ein Nutella-Glas aus einer Gläserpyramide, so dass diese in sich zusammenfällt und ein Glas in Bruch geht. Im Kino macht sich der Junge vor Angst in die Hose, worauf sie die Hose reinigen und neue Unterhosen kaufen müssen und gemeinsam drücken sie der jungen Kinokassierin fachmännisch einen ausgesprochen schönen Pickel aus. Nein, ich verstehe die Geschichte wirklich nicht und freue mich auf Erklärungen.

Mittsommertage
284 Seiten

"Mittsommertage" von Ulrich Woelk hat mir sehr gut gefallen - natürlich auch, weil es ein Buch ist, das meine Generation anspricht. Die Handlung: Ruth Lember, eine erfolgreiche Ethikprofessorin, soll in Deutschen Ethikrat einberufen werden. Ihr Leben scheint in dieser Zeit perfekt zu sein, mit ihrem Mann Ben, der einen Architekturwettbewerb gewinnt, und ihrer Ziehtochter Jenny, die sich in der Klimabewegung engagiert. Ruth wird mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert, als ein frühere Freund auftaucht, und sie mit Dokumenten von einem Anschlag aus aus ihrer Zeit als Umweltaktivistin in den 80er Jahren konfrontiert. Der Anschlag auf einem Strommast ist zwar nicht gravierend, aber Ruths politische Vergangenheit ist ein gut gehütetes Geheimnis, das ihre Karriere gefährden könnte.

Die Handlung des Romans zeigt, dass Biografien nicht immer geradlinig verlaufen und dass die Vergangenheit uns immer begleitet, auch wenn wir sie zu vergessen versuchen. Entsprechend wird das Zitat von William Faulkner zu einem Leitmotiv: "Die Vergangenheit ist niemals tot. Sie ist nicht einmal vergangen". Ob es Ruth schafft, das zu tun, was am Anfang des Buches steht und zu ihrer eigenen Geschichte zu stehen? „Vielleicht wäre es ja gut, wenn jemand mal den Mut aufbrächte zu sagen: So ist das, so laufen manche Biografien.“ Ein lesenswertes Buch!

Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna
368 Seiten

Eugen Ruges historische Politsatire konnte mich nicht begeistern. Die Menschen der Antike agieren nach den gleichen Mechanismen, wie wir heute: Politiker und Parteien verfolgen nur ihre eigenen egoistischen Interessen. So jedenfalls stellt es Ruge dar: die philosophischen Strömungen der Antike funktionieren wie die heutigen Parteien. Wir stehen vor dem Untergang der Welt und verhalten uns ziemlich einfältig und egoistisch. Das verhilft mir weder zu einem besseren Verständnis der Antike noch zur Gegenwart und mag mich auch nicht erheitern, trotz den zum Teil unterhaltenden auf Komik angelegten Szenen im Buch. Ich bin halt grundsätzlich kein guter Leser satirischer Bücher.

Immer zwei und zwei

Ich habe dieses Buch ebenso gerne gelesen, wie Tabea Steiners erstes Buch "Balg". In 'Immer zwei und zwei' schildert Tabea Steiner eindrucksvoll die Auseinandersetzung einer Frau mit den engen Regeln ihrer religiösen Gemeinschaft. Natali, Künstlerin und Mutter, gerät in Konflikt mit der vorgezeichneten Rolle, die sie erfüllen soll. Steiners Darstellung ist einfühlsam und schonungslos zugleich. Sie legt die Strukturen und Gesetzmäßigkeiten der Gemeinschaft offen, ohne deren Mitglieder zu verurteilen. Zugleich zeichnet sie das Bild einer mutigen Frau, die für ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Ein Roman, der zum Nachdenken anregt und seine Leser*innen nicht unberührt lässt.

Die Krume Brot
222 Seiten

Lukas Bärfuss' 'Die Krume Brot' hat mich sehr beeindruckt. "Sprachlich elegant, präzis und ergreifend" (Zitat Felix Münger, SRF) verwebt Bärfuss die persönliche Geschichte von Adelina mit einer Reflexion über Armut, Einwanderung und soziale Verwerfungen. Dabei taucht der Leser tief in das Zürich und Italien der 70er Jahre ein und erlebt ein Stück Schweizer Einwanderungsgeschichte, das bis in die heutige Zeit hineinreicht. Bärfuss schafft es, uns durch den leichten Lesefluss des Romans mitzureißen, ohne dabei den Raum für Reflexion zu verlieren. 'Die Krume Brot' ist eine dramatische und packende Geschichte, die auch zum Nachdenken anregt. Ich freue mich auf die angekündigte Fortsetzung der Geschichte.

In einer dunkelblauen Stunde
256 Seiten

Die Dokumentarfilmerin Andrea soll mit ihrem Partner Tom einen Film über den Schriftststeller Richard Wechsler drehen. Dazu besuchen sie Richard Wechsler in Paris, wo dieser lebt, und drehen einige Szenen. Nun wollen sie im Heimatort von Richard Wechsler weitere Szenen drehen, doch Richard Wechsler erscheint nicht zum Termin und lässt das ganze Projekt scheitern. Damit ist auch Andreas Karriere als Filmemacherin zu Ende wie auch ihre Beziehung zu Tom. Kurze Zeit darauf stirbt Richard Wechsler. An der Beerdigung trifft Andrea die Pfarrerin Judith, die über viele Jahre eine heimlich Liebesbeziehung mit Richard Wechsler pflegte, und freundet sich mit ihr an. Gemeinsam fahren sie nach Paris in die Wohnung von Richard Wechsler. Beim Lesen stellt sich immer wieder die Frage, wer dieser Richard Wechsler ist. Ist es gar Peter Stamm? Die Kritiker sprechen von einem Spiegelkabinett, das Peter Stamm kunstvoll aufbaut und das zusätzlich verstärkt wird, indem auf dem Buchumschlag ein gemaltes Bild von Peter Stamm zu finden ist. Zudem ist tatsächlich ein Dokumentarfilm über Peter Stamm gedreht worden (auf Play SRF zu finden), der eine zusätzliche Dimension dieses Vexierbildes eröffnet. Ich empfehle unbedingt, diesen Film zum Buch zu schauen. Übrigens: Natürlich ist Richard Wechsler nicht Peter Stamm. Peter Stamm erschafft zusammen mit dem Dokumentarfilm von Arne Kohlmeyer ein Kunstwerk, über das sich trefflich rätseln und das sich leicht und flüssig lesen lässt. Das ist alles sehr schön, für mich persönlich stellte sich aber beim Lesen bald die Frage, ob mich das Thema des Buches interessiert, was nur beschränkt der Fall ist. Zudem finde ich, das Buch ist manchmal gar locker geschrieben ist, was sicher daran geschuldet ist, dass es aus der Perspektive von Andrea geschrieben ist. Und so kam es, dass ich mich an kleinen Dingen störte. Ich finde es befremdlich, dass sich die Filmemacherin nach Recherchen über den Autor an der Beerdigung fragt, ob Richard Wechsler wohl Geschwister habe. Muss wirklich eine sehr schlechte Filmemacherin sein, die zudem auch nicht weiss, dass der Schauspieler „mit Knollennase“, der im Heidi-Film den Grossvater spielt, Heinrich Gretler heisst. Fazit: Wer sich auf das Wechselspiel einlässt wird sicher viel Freude haben, denn wie sagt Richard Wechsler: „Das ist Ihre Geschichte, nicht meine.“

Unsre verschwundenen Herzen
400 Seiten

Ein dystopischer Roman, der in naher Zukunft in den USA spielt. China wird als Staatsfeind bekämpft und damit auch alle asiatisch aussehenden Menschen, deren Kinder weggenommen werden. Um ihren Sohn zu schützen, geht Birds Mutter (ihre Eltern sind aus China eingewandert) deshalb in den Untergrund. Sie hofft, dass Bird auf diese Weise bei seinem Vater bleiben kann. Bird macht sich aber auf die Suche nach seiner Mutter. Auch wenn es mich natürlich sehr freut, dass es Bibliotheken im Verbund mit der Poesie sind, die den Hort des Widerstands gegen die Diktatur bilden, konnte das Buch meine Erwartungen nicht ganz erfüllen. Insgesamt ist mir die Geschichte zu stereotyp und schablonenhaft.