Mit diesem Fantasy-Roman, in dessen Zentrum eine in Ausbildung befindliche junge Drachenreiterin steht, habe ich mal was ganz anderes gelesen als üblich. Ja, die Geschichte ist spannend und man kann abtauchen in eine fremde Welt. Trotzdem wird es wohl wieder ein paar Jahre dauern, bis ich den nächsten Fantasy-Roman lesen werde.
Eine 14-Jährige verliert ihre Mutter und begibt sich auf die Suche nach ihrem Vater, von dem sie fast nichts weiss. Eine unterhaltsame und rasant erzählte Coming-of-Age-Geschichte, die auch ihre traurigen und komischen Momente hat. Nicht unbedingt mein Genre, aber definitiv ein gefühlvolles und lesenswertes Buch. Für den deutschen Buchpreis nominiert.
Das Buch erzählt die Geschichte von Seka, der Tochter bosnischer Eltern, die vor dem Krieg in ihrer Heimat in die Schweiz geflohen sind. Die Familie ist traumatisiert und der Vater gewalttätig. Seka versucht, die Geschichte ihrer Familie zu verstehen und sie aufzuschreiben. Als Ausgangspunkt ihrer Nachforschungen dienen ihr Familienfotos. Schnell erkennt sie, dass ihre persönliche Geschichte eng mit der allgemeinen Geschichte verwoben ist. Über Raum und Zeit hinweg sind alle Ereignisse miteinander verknüpft. Seka beginnt, in ihrer Geschichte und in den Archiven zu graben.
- Sie erzählt von dem Bergwerk in Omarska, das im Bosnienkrieg als Gefangenenlager genutzt wurde und von zarten, verzweifelten Liebesbriefen aus dem Lager.
- Sie beleuchtet die Geschichte anderer Bergwerke, wie z.B. Cerro Rico, in dem die Spanier Silber förderten – ein Symbol für die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und die Zerstörung der Natur. Der Bergbau steht in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung von Wissenschaft, Handel und Kriegen.
- Sie thematisiert, wie die Schweiz mit MigrantInnen umgeht, und wie diese versuchen, sich zu integrieren – oder eben oft nicht. Viele wenden sich der Religion zu, insbesondere einem fundamentalistischen Islam. Das Buch übt damit auch Kritik an der bosnischen Community.
- Sie berichtet von einem gewalttätigen Vater, vor dem sich die Familie versteckt.
- Aber vor allem erzählt sie von Seka, einer jungen Seconda in der Schweiz. Zwischen popkulturellen Referenzen und einem Studium in Leipzig sucht Seka, im fleissig und angepasst, Antworten in den Werken von Novalis, W.G. Sebald, Joseph Conrad und der ganzen Garde der Frauenliteratur, die sie alle auch zitiert
Es handelt sich um ein komplexes Thema, das in Montagetechnik dargestellt wird. Dennoch schafft es Mina Hava, authentisch zu bleiben und die Handlungsstränge gekonnt zu verweben. Dies erzeugt einen Sog beim Lesen. Es ist ein tief literarisches Werk, das den Lesern, die sich darauf einlassen, einen frischen Blick auf die Welt ermöglicht und in einer präzisen sowie wunderschönen Sprache verfasst ist. Das Buch hat mich zutiefst beeindruckt und fasziniert zurückgelassen. Ein absolutes Lieblingsbuch!
Natürlich, hier ist eine kürzere Version der Rezension:
<h3>Rezension: "Oben Erde, unten Himmel" – Leben und Tod im Gleichgewicht</h3>
In "Oben Erde, unten Himmel" entführt uns die Autorin Flašar in die Welt der Kodokushi-Reiniger in Japan. Im Mittelpunkt steht Suzu, eine junge Frau, die zuerst von ihrem Freund „geghostet“ wird und dann ihren Arbeitsplatz verliert. Sie können zwar mit einem Putz-Mopp umgehen, habe aber zuwenig Empathie. Schliesslich landet sie in einer Putzkolonne, die sich auf das Reinigen von Wohnungen spezialisiert hat, in denen Menschen einsam gestorben sind. Hier findet sie zurück aus ihrer Einsamkeit und fängt langsam an, wieder Beziehungen aufzubauen. Trotz seines ernsten Themas ist das Buch gespickt mit Momenten feiner Komik und Einsichten, die den Leser gleichzeitig unterhalten und zum Nachdenken anregen. Manchmal balanciert sie am Rande des Kitschs, ohne jedoch hineinzufallen. Dank einer lakonischen und humorvollen Erzählweise bleibt der Roman authentisch und verliert sich nicht in der Sentimentalität. Fazit: "Oben Erde, unten Himmel" ist ein tiefgründiger Roman, der schwierige Themen wie Tod oder Einsamkeit mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit behandelt. Ein lohnendes Leseerlebnis für alle, die sich für die Facetten menschlicher Beziehungen und die Grenzen zwischen Leben und Tod interessieren.
In einzelnen Szenen dieses Buches zeigt Matthias Zschokke, dass er gut schreiben kann. Zum Beispiel, wenn er beschreibt, wie ein Amselmännchen sein zukünftiges Revier erkundet. Das Buch insgesamt lässt mich aber ratlos hinweg. Der Protagonist, genetisch bedingt gefühllos, hineingeworfen in einer absurden Welt, in der er mit zahlreichen Schicksalsschlägen zu kämpfen hat. Als Kind wird er missbraucht, sein Kind wir von einem Lastwagen überrollt und stirbt - was aber alles an ihm abperlt. Eines Tages kommt er in Frankreich in die Situation, dass ihm im Zug von einer fremden Frau ein Junge in Obhut gegeben wird. Er soll den Jungen in Basel seinem Onkel übergeben. Die beiden erleben zahlreiche Abenteuer. So nimmt der Junge in einem Warenhaus ein Nutella-Glas aus einer Gläserpyramide, so dass diese in sich zusammenfällt und ein Glas in Bruch geht. Im Kino macht sich der Junge vor Angst in die Hose, worauf sie die Hose reinigen und neue Unterhosen kaufen müssen und gemeinsam drücken sie der jungen Kinokassierin fachmännisch einen ausgesprochen schönen Pickel aus. Nein, ich verstehe die Geschichte wirklich nicht und freue mich auf Erklärungen.
"Mittsommertage" von Ulrich Woelk hat mir sehr gut gefallen - natürlich auch, weil es ein Buch ist, das meine Generation anspricht. Die Handlung: Ruth Lember, eine erfolgreiche Ethikprofessorin, soll in Deutschen Ethikrat einberufen werden. Ihr Leben scheint in dieser Zeit perfekt zu sein, mit ihrem Mann Ben, der einen Architekturwettbewerb gewinnt, und ihrer Ziehtochter Jenny, die sich in der Klimabewegung engagiert. Ruth wird mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert, als ein frühere Freund auftaucht, und sie mit Dokumenten von einem Anschlag aus aus ihrer Zeit als Umweltaktivistin in den 80er Jahren konfrontiert. Der Anschlag auf einem Strommast ist zwar nicht gravierend, aber Ruths politische Vergangenheit ist ein gut gehütetes Geheimnis, das ihre Karriere gefährden könnte.
Die Handlung des Romans zeigt, dass Biografien nicht immer geradlinig verlaufen und dass die Vergangenheit uns immer begleitet, auch wenn wir sie zu vergessen versuchen. Entsprechend wird das Zitat von William Faulkner zu einem Leitmotiv: "Die Vergangenheit ist niemals tot. Sie ist nicht einmal vergangen". Ob es Ruth schafft, das zu tun, was am Anfang des Buches steht und zu ihrer eigenen Geschichte zu stehen? „Vielleicht wäre es ja gut, wenn jemand mal den Mut aufbrächte zu sagen: So ist das, so laufen manche Biografien.“ Ein lesenswertes Buch!
Eugen Ruges historische Politsatire konnte mich nicht begeistern. Die Menschen der Antike agieren nach den gleichen Mechanismen, wie wir heute: Politiker und Parteien verfolgen nur ihre eigenen egoistischen Interessen. So jedenfalls stellt es Ruge dar: die philosophischen Strömungen der Antike funktionieren wie die heutigen Parteien. Wir stehen vor dem Untergang der Welt und verhalten uns ziemlich einfältig und egoistisch. Das verhilft mir weder zu einem besseren Verständnis der Antike noch zur Gegenwart und mag mich auch nicht erheitern, trotz den zum Teil unterhaltenden auf Komik angelegten Szenen im Buch. Ich bin halt grundsätzlich kein guter Leser satirischer Bücher.
Eine Kindheit in den 70er Jahren. Liebevoll und poetisch erzählt mit vielen lustigen, aber auch tiefsinnigen Passagen.
Ich habe dieses Buch ebenso gerne gelesen, wie Tabea Steiners erstes Buch "Balg". In 'Immer zwei und zwei' schildert Tabea Steiner eindrucksvoll die Auseinandersetzung einer Frau mit den engen Regeln ihrer religiösen Gemeinschaft. Natali, Künstlerin und Mutter, gerät in Konflikt mit der vorgezeichneten Rolle, die sie erfüllen soll. Steiners Darstellung ist einfühlsam und schonungslos zugleich. Sie legt die Strukturen und Gesetzmäßigkeiten der Gemeinschaft offen, ohne deren Mitglieder zu verurteilen. Zugleich zeichnet sie das Bild einer mutigen Frau, die für ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Ein Roman, der zum Nachdenken anregt und seine Leser*innen nicht unberührt lässt.
Mit “Februar 33” schreibt Uwe Wittstock eine Chronik der Ereignisse um Hitlers Machtergreifung aus Sicht von Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Hautnah schildert Wittstock aus der Perspektive von Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Else Lasker-Schüler, Alfred Döblin und vielen mehr, wie das kulturelle Leben der Weimarer Republik innerhalb weniger Wochen einem repressiven, brutalen Regime weicht. Um dem Tod zu ergehen bleibt nur noch die Flucht ins Ausland.