Bannmeilen
301 Seiten

Unter dem Motto „Bereise nie ein Land ohne seine Bewohner“ durchstreift Anne Weber, beziehungsweise die Protagonistin des Buches, die Banlieues von Paris. Begleitet wird sie dabei von Thierry, dessen Vater Algerier ist und der in den Banlieues aufgewachsen ist. Inwieweit hinter Thierry der Fotograf Bruno Boudjelal steht, dem das Buch gewidmet ist, und inwieweit Anne Weber identisch ist mit der Protagonistin des Buchs, bleibt unklar. Das Buch liest sich jedoch eher wie eine Reiseerzählung und weniger als Roman, als das es offiziell bezeichnet wird.

Zitat: „Gehen, wo niemand geht. Wo niemand geht, weil nur Autos fahren, oder wo niemand geht, weil es nichts zu sehen und zu holen gibt. In verlorenen Ecken, an gehsteiglosen Schnellstrassen: Immer stossen wir auf Menschen, nie sind wir ganz allein. Die abgelegenen, vergessenen Ecken sind nur von uns vergessen, von anderen werden sie bewohnt.“

Thierry und die Ich-Erzählerin durchstreifen gemeinsam die Banlieues, die vordergründig nichts zu bieten haben ausser Schnellstrassen und Autobahnen, riesigen Wohnblocks, Lagerhallen und Supermärkten. Das Buch ist besonders aktuell, da es das Gebiet beschreibt, in dem die Olympischen Spiele stattfinden sollen.

Während Thierry für einen Dokumentarfilm über die Olympischen Spiele nach Drehorten sucht, macht die Ich-Erzählerin in seiner Begleitung Begegnungen, die ihre persönliche Sichtweise verändern. In einem kleinen Café, in dem ganz selbstverständlich (im Gegensatz zu anderen Cafés in dieser Gegend) auch Frauen verkehren, finden die beiden einen Ort der Ruhe und Erkenntnis. Das Café ist eine kleine Welt für sich.

Anne Weber eröffnet durch diese Begegnungen einen weiten Kosmos, in dem grundlegende Themen wie Reichtum, Armut, Krieg, Schuld sowie die Geschichte Frankreichs und insbesondere Frankreichs Beziehung zu Algerien eindrucksvoll geschildert werden. Das Buch ist ein eindrucksvolles Werk für alle, die sich für das andere Paris interessieren oder die gerade die Olympischen Spiele verfolgen.