- Cato und die Dinge
- die niemand sieht
- Yorick Goldewijk
- Dragonfly
- Kinderbuch
- Zeitreisen
- Erinnerungen
- Melancholie
- Mut
- Familie
- Leben
Cato ist zwölf Jahre alt und lebt bei ihrem Vater, weil ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben ist. Gerne hätte sie sie kennengelernt, glaubt aber nicht, dass das möglich ist. Bis sie auf dem Klavier ihres Vaters eine Visitenkarte entdeckt, die Frau Kanos Kino bewirbt: "Filme, die nirgends laufen, aber die du schon immer sehen wolltest". Voller Neugier besucht sie das alte, verlassene Kino und trifft dort auf die mysteriöse Frau Kano, die Filme der ganz besonderen Art zeigt: Nämlich Zeitreisen zu einem bestimmten Moment, der auf einem Foto festgehalten ist. Cato soll die Zeitreisenden auf ihrem Sprung in die Vergangenheit begleiten – doch bietet sich hier vielleicht endlich die Möglichkeit, ihre Mutter zu treffen?
Dieses Kinderbuch erzählt eine wahrlich wunderschöne Geschichte von verpassten Momenten und zweiten Chancen, die mir sehr nahe gegangen ist. Als Erwachsene ist es relativ einfach, die Twists in der Handlung zu erahnen, aber das ändert nichts an der wundervollen Erzählweise. Es war einfach so schön, zu sehen, wie alles zusammenhängt und am Ende alle Charaktere das finden, was sie längst verloren glaubten.
Besondere Erwähnung verdient Catos Vater und die Nachbarin Cornelia. Andere Romane hätten sicherlich auch Catos Beziehung zu ihrem Vater gekittet, aber wenige hätten sich wohl die Mühe gemacht, die nervige Nachbarin Cornelia zu einer dreidimensionalen Figur mit ihren eigenen Problemen zu machen. Deshalb bin ich sehr froh, dass dieses Buch es tat; es war nicht nur sehr erfrischend, sondern betonte, dass auch Personen, die man (zunächst) nicht mag, eine schwere Geschichte mit sich herumtragen können.
Die Geschichte an sich ist relativ ruhig erzählt, oder man könnte sagen: melancholisch. Mir persönlich hat es gefallen, aber für Action-Fans ist dieses Buch logischerweise nichts. Dafür lässt es sich meiner Meinung nach sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen gut lesen; und für mich waren, sind und bleiben das immer noch die besten Kinderbücher!
Insgesamt ein sehr schönes Leseerlebnis, das einen auch über das eigene Leben reflektieren lässt.
- All die ungesagten
- Dinge
- Tracey Lien
- Piper
- Belletristik
- Mord
- Untersuchung
- Sichtweisen
- Rassismus
- Familie
- Freundschaft
- Geheimnisse
Als Kys Bruder Denny in einem vollbesetzten Restaurant ums Leben kommt, kann sie es gar nicht fassen. Sie selbst war es, die ihre Eltern dazu überredete, ihn dort seinen Schulabschluss feiern zu lassen – und jetzt ist er tot, ohne dass jemand etwas gesehen haben will. Was ist wirklich passiert? Wie ist ihr Bruder ums Leben gekommen? Und warum will niemand über die Ereignisse reden? Entschlossen, Antworten auf diese Fragen zu finden, sucht Ky die Augenzeugen auf, um die Wahrheit herauszufinden …
„All die ungesagten Dinge“ ist ein Roman, der sich mit Rassismus, Traumata, Nicht-hinsehen-wollen und der Suche nach dem „Warum?“ beschäftigt – alles Themen, die Tracey Lien auf emotionale Weise einbaut und diskutiert. Was mir am meisten gefiel, war, dass sie nicht nur Kys Perspektive beschrieb, sondern auch die Sichtweise der Personen, die sie befragt. Wir lernen nicht nur, wie die Augenzeugen den Abend von Dennys Tod erlebten, sondern erfahren auch etwas aus ihren Leben. Das hat es leicht gemacht, die verschiedenen Perspektiven zu verstehen und mit jedem Charakter mitzufühlen; es war das, was den Roman besonders gemacht hat, weil man einerseits will, dass Ky die Wahrheit herausfindet, aber auch versteht, warum keiner sie mit ihr teilen will.
Ein wenig überrascht war ich nur, dass Kys eigenes Verhalten sie selbst nicht stärker beeinflusst hat. Es gibt durchaus Szenen, an denen sie sich selbst die Schuld an Dennys Tod gibt, aber irgendwie dachte ich, sie würden eine größere Rolle spielen. Allerdings ist auch durchaus erfrischend, eine Protagonistin zu sehen, die sich bewusst ist, dass sie nicht die alleinige Schuld an den Ereignissen trägt.
Insgesamt also ein sehr emotionaler Roman, der mich sowohl berührt als auch zum Nachdenken angeregt hat. Eine Empfehlung für alle, die selbst gerne unterschiedliche Sichtweisen betrachten und einen Roman lesen wollen, der diese perfekt aufzeigt!
Das Patriarchat ist selbst dort, wo man – und frau – es nicht erwartet, und in der Regel immer dort, wo es nichts zu suchen hat, nämlich in den Leben von Frauen, nicht-binären Personen und allen anderen, die nicht dem „Standard“ entsprechen, der von weißen cis-Männern festgelegt wurde. Selbst im 21. Jahrhundert ist das Patriarchat so stark, dass es in der Regel akzeptiert wird, ohne es zu hinterfragen. Selbst, wenn frau es hinterfragt, hat sie nicht immer die Möglichkeit, etwas dagegen zu tun, weil alles, was nicht dem Kapitalismus dient, es umso schwerer hat, sich durchzusetzen.
Dabei gibt es so viele Situationen, in denen Frauen und andere Geschlechter benachteiligt werden: In der Sprache (wo sie bei generischem Maskulinum nachweislich nicht mitgedacht werden), im öffentlichen Raum (der z.B. viel mehr Toiletten für cis Männer als für cis Frauen enthält), in der Technik (wo Geräte „für Frauen“ vermarktet und gestaltet werden), auf der Arbeit (wo sämtliche Gegenstände an Männergrößen angelehnt sind), in der Kleidungswahl (dito) und natürlich in der Gesundheit (die kaum Frauen untersucht). Es gibt noch so viel mehr Beispiele, derer wir Leser:innen uns manchmal bewusst sind und manchmal nicht, wobei gerade die Beispiele, der ich mir vor dem Lesen nicht bewusst war, besonders schockierend waren. Es war wirklich traurig, sich bewusst zu werden, WIE viele Benachteiligungen existieren und sogar normalisiert wurden.
Selbst diejenigen, die zu den benachteiligten Gruppen gehören, werden wohl Dinge entdecken, über die sie zuvor nicht nachdachten, während cis Männer wahrscheinlich noch viel, viel mehr lesen werden, das sie überrascht. Leider bin ich mir nicht sicher, inwiefern sie überhaupt zur Leser:innenschaft gehören, doch sie sollten es auf jeden Fall! Aber auch diejenigen, die meinen, bereits zu wissen, auf welche Weisen Frauen es schwerer haben als Männer, werden hier wohl die Augen geöffnet bekommen, weil es einfach so viele kleine, aber wichtige Dinge gibt, die nur auf Männer ausgelegt sind.
Eine gute Empfehlung für alle Leser:innen!