Sozusagen Paris
224 Seiten

Es ist nicht der Liebesroman, den ich erwartet hatte, sondern vielmehr eine Abhandlung über das, was Liebe ist und was wir von ihr erwarten. Gerade das erste Drittel gefiel mir wegen Kermanis Beobachtungen und Beschreibungen sehr gut, danach verliert sich Kermani für meinen Geschmack etwas zu sehr in der Rezitation von gerade französischen Literaten wie Proust und Stendhal, seine Erzählung büßt etwas an Tempo ein, das Ende kommt abrupt. Ein tiefgründiger, aber dennoch unterhaltsamer Roman über die Liebe.

Schmerzmacher
400 Seiten

Bisher konnte mich keines von Veit Etzolds Büchern so richtig begeistern, dieses hat mich schon regelrecht enttäuscht. Im Vergleich zu den Vorgänger-Bänden der Vidalis-Reihe spart Etzold nicht nur an der expliziten Darstellung von Gewalt, was ich begrüße, sondern auch an Spannung und einem Plot, der den LeserInnen auch nur ein bisschen das Gefühl gibt, die Ermittelnden seien ansatzweise so schlau wie im gesamten Verlauf der Reihe dargestellt. Selbst der Showdown zum Ende hin konnte sich nicht von dem Rest des Buches abgrenzen. Wo keine Spannung ist, findet man meistens auch keinen guten Thriller - das hat sich hier leider bestätigt.

A Tale of Two Cities
514 Seiten

Mein erster Kontakt mit Dickens literarischem Werk und ich bin erstaunt, dass ich es bis zum Ende las. Der historische Kontext, in dem A Tale Of Two Cities angesiedelt ist, ist eigentlich interessant, seine Erzählung allerdings nur bedingt. Zwar schafft Dickens mit seiner Sprache eine unglaubliche Atmosphäre, einige Szenen waren mehr als greifbar, kam aber teilweise einfach nicht auf den Punkt. Das kombiniert mit seiner Sprunghaftigkeit war für mich tatsächlich eher Qual als Vergnügen. Seine Hauptcharaktere, insbesondere Lucie, blieb leider eher profillos. Da konnten manche Nebencharaktere, wenn auch hier nicht alle Entwicklungen wirklich verständlich und nachvollziehbar waren, eher punkten. Gerade das Ende erschien mir unnötig pathetisch. Vermutlich werde ich so schnell nichts mehr von Dickens zur Hand nehmen.

Sweet sixteen
139 Seiten

Birigt Vanderbeke beweist mit Sweet Sixteen, dass sie sich zwar tiefergehend mit Fight Club, nicht aber mit dem Potential, das in dem Ansatz um die verschwundenen Jugendlichen steckt, beschäftigt hat. Statt der gewünschten Erklärungen liefert Vanderbeke einen unausgereiften Plot, in dem sich Charaktere bewegen, die eindimensionaler nicht sein könnten. Gesellschaftskritik hin oder her - für mich war der Roman ein absoluter Reinfall, über Sprache und Stil möchte ich gar nicht erst reden.

A Long Way Home
272 Seiten

Obwohl es sich hier um eine Autobiographie handelt, bleibt der Ton über weite Teile erschreckend unpersönlich. Die persönlichsten und auch stärksten Stellen des Buches sind jene der Selbstreflexion und stehen vielen eher distanzierten Schilderungen entgegen. Egal, wie unglaublich die Geschichte von Saroo Brierley auch ist, so ganz berühren konnte sie mich nicht. Ich denke, ich werde mir tatsächlich die Verfilmung ansehen, denn ich glaube, dass einiges auf der Leinwand besser funktionieren könnte als hier in Buchform.

Tauben im Gras
227 Seiten

Das Werk gleicht einem "kaleidoskopartigen Wechsel des Ortes und der Zeit"(S.28), eine Beobachtung, die Koeppen einem seiner Charakter, dem gescheiterten Schriftsteller Philipp zu Beginn in den Mund legt. Tauben im Gras schildert den Münchner Nachkriegsalltag anhand einer Fülle unterschiedlicher Charaktere, die bei mir allesamt keine großen Sympathien wecken konnten.

Der sprunghafte, manchmal fließende Wechsel der Perspektiven, eben genau der kaleidoskopartige Aufbau, wird dem Werk zum Verhängnis: Es kann seinem eigenen Takt nicht folgen, stolpert vor sich hin und unterbindet einen wirklichen Lesefluss. Koeppen arbeitet durchweg mit Aufzählungen, reiht eine an die andere, und auch seine Sätze wollen oftmals einfach kein Ende finden. Man gewöhnt sich mit der Zeit daran, aber wirklich warm werden konnte ich damit nicht.

Dafür, dass der abgebildete Zeitraum nicht mehr als einen Tag umfassen soll, wirkt es schrecklich überladen. Obgleich der Einblick in dieses Stück Geschichte interessant war, konnten mich die persönlichen Schicksale dahinter leider nicht berühren.

Cat Person: Storys
288 Seiten

Mir war die titelgebende Geschichte Cat Person, die bereits Ende 2017 im New Yorker erschien, ein Begriff und auch Motivation, zu dieser Kurzgeschichtensammlung zu greifen. Vielleicht waren meine Erwartungen entsprechend (zu) hoch, denn das, was Cat Person geschafft hat, nämlich mit mitzureißen, hat – abgesehen von einer Ausnahme, nämlich Ein netter Typ - keine andere der Geschichten aus diesem Sammelband geschafft. Die Geschichten, die Kristen Roupenian erzählt, rücken unterschiedliche zwischenmenschliche Beziehungen in den Fokus. Natürlich mag die Art und Weise ihrer Darstellung ebenjener bizarr, gar grenzüberschreitend sein, vielleicht bricht sie das ein oder andere Tabu, aber am Ende sind einige der Storys eben doch sehr abgehoben und nach immer gleichem Schema konstruiert. Viele mag das nicht stören, mir persönlich wurde das allerdings nach dem dritten Mal zu stumpf. Kristen Roupenians Schreibstil (und die SprecherInnen der deutschen Hörbuchausgabe) sind der Grund, warum ich das Buch tatsächlich beendet und nicht nach der knappen Hälfte abgebrochen habe. Für die Aussage, die hinter all ihren Geschichten steht, hätte das auf jeden Fall genügt.

How Not to Be Wrong
480 Seiten

How Not to Be Wrong gehört zu den wenigen Büchern, bei denen es mir unglaublich schwer fällt, mich kurz zu fassen. Gleichzeitig fühle ich mich aber in dem, was ich dazu zu sagen habe, unglaublich befangen. Vielleicht ist das so bei Themen, die einem irgendwie am Herzen liegen. In diesem konkreten Fall ist das Thema die Mathematik.

Jordan Ellenberg, US-amerikanischer Mathematiker, hat mit How Not to Be Wrong ein populärwissenschaftliches Buch geschrieben, mit dem er versucht, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Mathematik so ziemlich jeden Bereich des täglichen Lebens berührt; selbst jene, bei denen es auf den ersten Blick nicht so scheint.

"The lessons of mathematics are simple ones and there are no numbers in them: that there is structure in the world; that we can hope to understand some of it and not just gape at what our senses present to us; that our intuition is stronger with a formal exoskeleton than without one. And that mathematical certainity is one thing, the softer convictions we find attached to us in everyday life another, and we should keep track of the difference if we can." (p. 437)

Auf humorvolle Weise bahnt sich Ellenberg seinen Weg durch die Themen Linearity, Inference, Expectation, Regression und Existence. Zur Veranschaulichung wählt er dabei bewusst alltägliche(re) Szenarien wie die Lotterie in Massachusetts, politische Wahlen – hier liegt der Fokus auf den USA, wo Ellenberg lebt - oder Michael Drosnins Bestseller The Bible Code. Was auf den ersten Blick weniger mathematisch erscheint, wird schließlich dank der richtigen Fragestellung auf eine mathematische Ebene gehoben, die Ellenberg im Folgenden sehr präzise und verständlich erklärt, analysiert und, um einen differenzierteren Blick zu ermöglichen, teils erweitert oder anpasst. Er verzichtet dabei weitestgehend auf Formeln, veranschaulicht das, was er zu sagen hat, lieber mit Worten oder Illustrationen. Er macht das, was in der Vorstellung vieler abgehoben ist, sicht- und greifbar. Auch, wenn sich der Autor weitestgehend bemüht, Probleme beginnend bei Null aufzuarbeiten, gibt es auch Stellen, wo bestimmtes Vorwissen, wie z.B. das Lösen quadratischer Gleichungen, vorausgesetzt wird oder er in komplexere Gebiete wie mehrdimensionale Geometrien oder relative Unendlichkeiten abdriftet. Wer an diesen Stellen den Faden verliert und ihm nicht mehr folgen kann, sollte das Buch nicht direkt zur Seite legen – denn er kommt immer wieder auf den Boden zurück. Nämlich dorthin, wo Mathematik für so ziemlich alle verständlich ist.

Jordan Ellenbergs Buch ist ein gelungener Versuch, Mathematik und MathematikerInnen von ihrem (manchmal eher schlechten) Ruf zu befreien. „It's not like that, as we've seen. Mathematicians aren't crazy, and we aren't aliens, and we aren't mystics.“ (p. 436) Denn nach der Lektüre sollte klar sein: Wir sind eigentlich auch nur Menschen, die manchmal die richtigen Fragen stellen.

Per Anhalter durch die Galaxis
208 Seiten

Kein Roman, der mich am Ende vollkommen gepackt hat, aber ich mochte ihn. Sowohl Charaktere und Szenario sind so absurd, dass ich am Anfang meine Schwierigkeiten hatte, in die Welt hereinzukommen, einige Stellen sogar mehrfach las, aber dann lief es plötzlich wie von selbst. Auch wenn sich manche Anspielungen aus heutiger Perspektive etwas sonderbar anfühlen, musste ich oft lachen und bin froh, endlich den Hintergrund gewisser Insider zu verstehen. Bemerkenswert fand ich auch, wie viel Gesellschaftskritik sich in Douglas Adams Werk versteckt. Bei Gelegenheit werden auf jeden Fall die anderen Bände rund um die Anhalter folgen.

She Must Be Mad
200 Seiten

Ich habe gemischte Gefühle bezüglich She Must Be Mad. Der Sammelband vereint Prosa und Poesie und dreht sich thematisch rund um das Thema Erwachsen werden. Es gibt diese herausragenden Teile, in denen ich mich wiederfinde, die ich mit einem Kopfnicken lese, aber andere Teile empfand ich als relativ nichtssagend und diese zogen entsprechend an mir vorbei. Insgesamt mochte ich die prosaischen Texte tatsächlich etwas lieber als die Gedichte. Hier kommt einfach besser zur Geltung, dass Charly Cox eine Hand für Wörter hat. Insgesamt ein interessanter Einblick, vielleicht behalte ich Charly Cox im Auge.

Todesmal
592 Seiten

Andreas Gruber liefert auch mit Todesmal wieder einen guten Thriller. Stil, Tempo und Charakterentwicklung sind wie immer gut, der Plot ist spannend, aber war aufgrund von eingearbeiteten Rückblicken eben doch vorhersehbar und der Showdown am Ende kam bei mir nicht so richtig an.

Sieben Nächte
144 Seiten

Ich weiß nicht so genau, was ich von diesem Roman halten soll. In erster Linie fühlt es sich nicht an wie ein Roman, sondern vielmehr wie eine Aneinanderreihung von sieben Episoden, die allein durch die Einleitung und damit die Rahmenhandlung zusammengehalten wird. Der Ansatz, in sieben Nächten den sieben Todsünden zu begegnen und das dann zu Papier zu bringen, ist interessant; Strauß' Umsetzung ist es allerdings nicht. Es verliert sich in Oberflächlichkeit, die Konsequenz, die Tiefe fehlte; was bei dem geringen Umfang leider nicht sonderlich überrascht hat. Ich sehe in diesem Buch nicht den Roman einer Generation, keine Geschichte, die nicht schon einmal erzählt worden wäre. Vielleicht ist mir der Protagonist in all seiner Wut, seiner Weinerlichkeit, dafür einfach viel zu fremd, zu weit von meiner Lebenswelt entfernt. Am Ende ist es eine kurzweilige Geschichte, die genauso schnell wieder in Vergessenheit geraten wird.

& Das Labyrinth des Fauns
320 Seiten

Pan's Labyrinth in Buchform. Cornelia Funke hält sich mit ihrer Romanadaption exakt an Guillermo del Toros Filmvorlage. Genauso brutal und grausam, genauso düster ist die Erzählung, die lediglich um Kurzgeschichten, die in dieser düsteren Welt angesiedelt sind, erweitert wird. Das ist zwar eine nette Ergänzung zur Haupthandlung, bleibt aber trotzdem sehr oberflächlich. Handwerklich gibt es nichts auszusetzen, Cornelia Funke beherrscht das Schreiben, und auch die Hörbuchfassung hat mich positiv überrascht. Aber der Funke, den es braucht, um meine Begeisterung zu entfachen, hat einfach gefehlt. Daher nicht mehr als eine durchschnittliche Lektüre.

Unterleuten
640 Seiten

“Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat.”

Unterleuten, ein kleines Dorf in Brandenburg, eingebettet in unberührte Natur, wegen seltener Vogelarten Anlaufstelle für Ornithologen, vielleicht ein bisschen aus der Zeit gefallen. Das Leben dort könnte harmonisch sein, wären da nicht die Dorfbewohner, eine Mischung aus Alteingesessenen und Zugezogenen, die alle ihren eigenen Kopf haben. Eine Mischung, bei der auf derart engem Raum der große Knall kaum abwendbar ist.

Die Geschichte, die Juli Zeh erzählt, ist nicht die spannendste, aber vielleicht muss sie das auch gar nicht sein. Denn das, wovon der Roman lebt, ist Juli Zehs Hand für schöne Formulierungen, mit denen sie eine nicht ganz so schöne Welt beschreibt, für eine Erzählweise, die Charaktere lebendig und aus dem Leben gegriffen erscheinen lässt. Dass sie dabei noch wichtige Themen der Gegenwart abhandelt, ist ein großes Plus und versöhnt mich auch ein bisschen mit dem ernüchternden Ende. Unterleuten ist ein Zeugnis gescheiterter Kommunikation, von Wut und Hass, von Resignation und dem Gefühl, von der Politik im Stich gelassen worden zu sein. Unterleuten könnte überall sein, in uns allen steckt vielleicht ein Stück von Unterleuten und genau deshalb ist dieser Roman so lesens- und empfehlenswert.

Die Geschichte des Wassers
480 Seiten

Die Geschichte des Wassers, der zweite (in sich abgeschlossene) Teil von Maja Lundes Klima-Quartett widmet sich der Grundlage des Lebens auf der Erde: dem Wasser. Wie auch schon in Die Geschichte der Bienen bedient sich Maja Lunde mehreren Erzählsträngen, die sie im Laufe der Romanhandlung miteinander verknüpft. Tatsächlich empfand ich den Einstieg hier angenehmer als beim Vorgänger, ich wollte das Buch eigentlich gar nicht wirklich zur Seite legen. Umso enttäuschter war ich, als dann das Ende kam. Hier fehlte mir die Konsequenz, alles wirkte etwas übereilt, gar lieblos konstruiert, vielleicht im Kontext der Thematik und unter Berücksichtigung dessen, was Maja Lunde im Vorfeld aufgebaut hatte, schlicht zu einfach. Überhaupt fehlte, gerade im Vergleich zum Bienen-Teil, an einigen Stellen etwas Tiefgang. Am Ende zählt allerdings die Botschaft: Menschliches Handeln hat Konsequenzen – auf uns, die Umwelt und das Klima. Welche das letztlich sein werden, wie genau sie aussehen, liegt zu einem gewissen Maße in unserer Hand. Was Maja Lundes Klima-Quartett angeht, bin ich jetzt erstmal gespannt, was da noch kommen wird.