Ich liebe Murakamis Stil, aber nicht unbedingt den Inhalt. Wie auch schon bei "Die Ermordung des Commendatore" war hier eine sehr komische sexuelle Note dabei, diesmal hauptsächlich auf Erwachsene bezogen, aber es gab auch eine explizite Szene, in der einer der Protagonisten (30) mit einem Teenager verkehrte. Komisch genug, aber Murakami entschied sich, danach oft zu schreiben "Er hatte in sie ejakuliert" oder "Er erinnerte sich, wie ihr junger Körper das Sperma aufnahm". Das sind für mich Momente, die dieses spannende Buch einfach kaputt machen. Denn ansonsten lebt die Geschichte von einer zarten Phantasie und das ist schön. Murakami hat auch ein Talent, kleine und bedeutungsschwere Phrasen zu schreiben; erwähnt soll hier nur "Die Puppe aus Luft" (Puppe im zoologischen Sinne) sein. Teil drei werde ich aber noch lesen.
Dieses Buch hat eine lange Lesegeschichte hinter sich. Einerseits weil ich es auf irgendeine Art genießen wollte, andererseits kam auch einiges dazwischen. So hat es unter anderem ein Chorprobenwochenende und fast alle meine Klinikblöcke mitgemacht. Ein schöner Erinnerungsanker. Die Story an sich hat mir nicht sonderlich zugesagt, es schwingt schon eine Art "Ich bin Prinz Suko aus Avatar... Ehre, Ehre, Ehre" mit. Das Ende war mir etwas zu schnell und ich fand e nicht sonderlich nachvollziehbar, zumindest was den guten Onkel Terukichi angeht. Der ruhige Stil hat das streckenweise wieder ausgeglichen.
Das Gute ist: was dieser Mann sagt, ist nicht wirklich falsch. Das Schlechte: der Stil ist hölzern, die Repetitio ad nauseam und die durchscheinende Arroganz kaum erträglich.
Nichtsdestoweniger sollten deutlich mehr Menschen das lesen
Auf dem Klappentext steht "Wenn Albert Camus heute leben würde, würde er vielleicht Bücher wie Peter Stamm schreiben". Vom Stil her definitiv, ja. Das Ruhige und Klare, welches ich auch vor "Agnes" mochte (die Besprechung und Interpretation in der Oberstufe machte mir jenes Buch aber zuwider), ist auf alle Fälle eine Stärke von Stamm. Vom Inhalt her weicht er auch nicht sonderlich weit von Camus ab; es fehlt aber klar die philosophische Seite und es schwingt mehr surreales mit. Das ist aber kein Abstrich, sondern wirkt harmonisch. Ich schließe mich deshalb Marcel Reich-Ranicki an, der meinte, dass dieses Büchlein eines der Wichtigen und Schönen sei.
Es ist nicht ganz mein Bier gewesen. Vielleicht lag es an den teilweise sehr komischen Vorlesern, die ziemlich oft wechselten. Klar, die Kapitel sind in ihrer Struktur unterscheidlich, aber mich hat das schon gestört.
Ich werde es definitiv auch mal lesen, vielleicht ist das besser.
Houellebecq hat einen ihm eigenen Stil. Es schwingt immer das leicht zynisch-depressive mit, das gefällt mir ganz gut. Die Idee, eine muslimische Partei an die Macht zu bringen und die Identitären zu beleuchten, fand ich schlüssig. Ich war erstaunt, dass man schon damals die IB quasi kannte. Mir sind die erst viel später aufgefallen. Ob Houellebecq besonders feine Fühler hat oder die Bewegung in Frankreich früher tätig war, kann ich nicht beurteilen. Letztlich bleibt zu fragen, ob man wie der Protagonist am Ende den Autoritarismus akzeptiert und sich (glücklich, da es diverse Annehmlichkeiten gibt) fügt oder ob man sich für die "Freiheit" des Laizismus entscheidet. Ich persönlich kann Stand jetzt kein wirkliches Urteil bilden. Dass man eine paneuropäische Lösung, quasi ein neues römisches Reich, hinbekommt, halte ich zwar nur für bedingt möglich; so schnell wie hier aber auf gar keinen Fall. Und antimuslimisch ist das Buch keineswegs, da haben ja diverse laute Stimmen der Medienlandschaft direkt die Rassismuskeule geschwungen.