Die Protagonistin, eine namenlose Frau, kommt nach Den Haag, um zunächst für ein Jahr als Dolmetscherin am Internationalen Gerichtshof (ICC) zu arbeiten. Sie begegnet Adriaan und sieht in ihm einen Grund, zum Bleiben. Als dieser jedoch für die Klärung privater Angelegenheiten das Land verlässt und sie sich beruflich im Prozess gegen einen Kriegsverbrecher findet, gerät ihre Welt ins Wanken.
Es ist kein Roman, der von seiner Handlung lebt, vielmehr sind es die Charaktere und die besondere Ton, den Kitamura anschlägt. Die Protagonistin fungiert als Medium, als Dolmetscherin im Rahmen der Handlung, als Erzählerin für die Leser:innen. Im Inneren bleibt das oftmals sehr distanziert, fast kühl, im Außen mochte ich die detaillierte Beobachtungsgabe, die hier an den Tag gelegt wird, die Fragen, die wieder und wieder aufgeworfen werden.
Katie Kitamura hat es trotz der Distanziertheit geschafft, mich mit ihren Charakteren und der spärlichen Handlung einzunehmen. Wirklich toller Roman, der mich noch eine Weile beschäftigen wird.
Marta und Dani sind ein Paar, beide Anfang 30, mit Jobs, die sie über Wasser halten, und ohne gemeinsame Zukunftsvision. Als Marta schwanger wird, stellt sie Dani vor vollendete Tatsachen: Sie wird dieses Kind nicht bekommen.
Wir begleiten das Paar in den Tagen zwischen der Kenntnis über die Schwangerschaft und dem Termin zum Abbruch. Mit Beginn dieser Phase tritt das Paar Marta und Dani in den Hintergrund. Orriols setzt sich tiefgründig und im Detail mit den Gedanken der Einzelnen auseinander, widmet sich deren persönlichen Päckchen, dem, was das Paar voreinander im Verborgenen lässt. Das ist klug konstruiert, mir gefällt die Psychologie dahinter, auch die Art, wie sie aus den durchaus egoistischen Betrachtungen manchmal philosophisch anmutende Aussagen ableitet, welches Verständnis von persönlicher Freiheit, Paarbeziehung und vor allem Zukunft beide in die Beziehung hereintragen, ohne jemals darüber zu sprechen. Und genau das fehlte mir in dem Roman: Der wirkliche Versuch, in den Dialog miteinander zu treten, den eigenen Horizont zu verlassen, sich vielleicht auch voll und ganz, ohne Rettungsleine, auf jemanden einzulassen.
Vielleicht ist das der Grund, warum dieses Buch an den Problemen einer Generation kratzt. Was der Autorin allerdings wirklich gut gelingt, ist, dass das Buch niemals den Eindruck erweckt, als Sprachrohr fungieren zu wollen. Es ist eine Sanfte Einführung ins Chaos, für eine tiefergehende Auseinandersetzung, fehlte mir dann aber leider zu viel.
Ein wirklich interessantes Fragment, aber keines, was noch lange hängen bleiben wird.
Wirklich interessanter und gut geschriebener Erfahrungsbericht aus einem KZ, der insbesondere auch auf die psychologischen Aspekte von Aufenthalt und darüber hinaus eingeht. Gerade durch die sehr kurz gehaltenen Kapitel eignet sich dieses Buch auch prima zum Lesen in kleinen Häppchen.
Im Verhältnis zur Netflix-Adaption ist das, was man mit dem Auftaktband von Carrs Virgin River-Reihe bekommt, eher die durchschnittliche Romanze: Einfach geschrieben, unglaublich vorhersehbar und stellenweise auch ziemlich platt. Trotzdem mochte ich die Art, wie Carr nicht nur die beiden Hauptcharaktere, sondern auch das gesamte Örtchen Virgin River abseits des Bildschirms zum Leben erweckt, andernfalls hätte ich es wohl kaum an einem Tag gelesen. Ob der Stoff allerdings für diese große Zahl an Bänden, die die Reihe bisher umfasst, genügt, bezweifele ich noch, aber ich kehre gerne für weitere Geschichten nach Virgin River zurück.
Die karikierte Version der Altkanzlerin in einem Krimi ermitteln zu lassen, ist phasenweise leider schon urkomisch, aber ansonsten besticht dieses Werk weder durch handwerkliche Qualität, noch durch eine gute Story. Für einen Krimi ist und bleibt das sehr platt und vorhersehbar.
Dieser Roman ist traurig, berührend, oftmals auch sehr tiefsinnig und toll geschrieben. Vielleicht mochte ich aber die Grundidee des Romans, die Anwendung der Definition von Primzahlzwillingen auf die Beziehung zwischen Alice und Mattia weitaus mehr als die letztliche Umsetzung. Er gibt sich unglaublich viel Mühe, das mathematische Konzept den Leser:innen verständlich zu machen, belässt es aber letztlich dabei und schöpft das Potential der Geschichte nicht aus. Vieles was Mattia und Alice über die Jahre erleben, berührt, aber so ganz durchsichtig war es für mich bis zum Ende leider nicht.
Manchmal muss es eben ein klassischer Whodunnit sein. Tolle Atmosphäre, guter Plot und ein wundervolles Ensemble. Ich hatte zwar nach gut der Hälfte den richtigen Riecher, nichtsdestotrotz hat mich Christie bis zur letzten Seite in ihren Bann gezogen.
Keine Frage, ich habe dieses Buch wirklich gerne gelesen und vieles, was Tove Alsterdal in dem Auftaktband ihrer Sjödin-Trilogie macht, gefiel mir wirklich gut, weil es sich auf eine positive Weise von anderen Schwedenkrimis abgrenzt.
Die größte Stärke dieses Buchs liegt in der atmosphärischen Darstellung und den wirklich starken Beschreibung der schwedischen Landschaft. Wider Erwarten geht es in diesem Buch um mehr als diesen einen Fall: Die Vergangenheit spielt eine tragende Rolle. An sich hat Tove Alsterdal die Fälle gut verknüpft, allerdings war mir die Trennung - gerade im Bezug auf die Ermittlungsarbeit - zu strikt und hat dem Ganzen für meinen Geschmack einen Dämpfer verpasst. Leider verliert sich der Roman an einigen Stellen in Nebensächlichkeiten und hat somit seine Längen. Auch Eira, die sich positiv von der kaputten Klischee-Ermittlerin abgrenzt, war für mich leider nicht greifbar genug.
Insgesamt durchschnittlicher Schwedenkrimi und interessanter Auftakt für eine Reihe.
Ich habe nicht viel mit Fantasy am Hut, aber nachdem ich einige Folgen der Netflix-Adaption gesehen hatte, wollte ich mich auch mal mit Sapkowskis Hexer-Saga in Buchform befassen. Wer die Serie kennt, wird von dieser Kurzgeschichten-Sammlung kaum überrascht sein. Die einzelnen Geschichten bieten einen guten Einstieg in Welt und Charaktere, lesen sich soweit gut - meine deutsche Übersetzung war phasenweise etwas holprig -, manche bleiben aber ob ihrer Länge viel zu sehr an der Oberfläche, für mich persönlich sticht nur Der letzte Wunsch wirklich heraus.
In einem Rutsch durchgelesen und seit langer Zeit mal wieder ein Jugendbuch, das mich überzeugen konnte.
Basierend auf den Fall Mark S. aus Mönchengladbach, erzählt Christian Duda die Geschichte von Marius, 14 Jahre alt, der direkt zu Beginn Zeuge einer Gewalttat wird. Im Folgenden skizziert Duda die bedrückende Chronologie von Marius’ Falls durch das soziale Netz.
Unterstrichen wird das Ganze von dem auffallendem Stil: Duda arbeitet überwiegend mit kurzen, pointierten Sätzen, erst zum Ende hin bricht es auf, wird weiter, den Umständen geschuldet aber auch wirrer - und bildet damit sehr gut ab, was im Verlauf mit Marius passiert.
Auch, wenn Duda es nie explizit benennt, den Fingerzeig auf bestimmte Akteure unterlässt, übt er mit diesem Roman Kritik an der Gesellschaft, die gehört werden sollte. Ein wirklich gutes Buch, das nachhallt.
Mir war das zu einfach: Schnell zu durchschauen, zu gradlinig, es mangelte an Twists und Überraschungsmomenten, die für mich zu einem guten Krimi gehören. Nordseeflair und Ermittler:innen waren zwar sympatisch, aber konnten nicht davon ablenken, dass es im Wesentlichem um die privaten Belange der Ermittler:innen ging. Es ist zwar ein Auftaktband, aber für mich fehlte hier die Balance.
Zugegeben, ich hatte vielleicht etwas anderes erwartet, denn dieser Roman ist irgendwie anders als das, was ich bisher von King las. Trotzdem fühlt es sich - vielleicht wegen der zahlreichen Verweise auf andere Romane? - typisch für ihn an. Normalerweise bin ich kein wirklicher Fan von Zeitreise-Romanen, aber hier war es irgendwie perfekt - und mir fiel es wirklich schwer, das Buch wegzulegen. Das Buch besticht durch Kings Art, Geschichten zu erzählen sowie die Haupt- und Nebencharaktere, die wirklich wunderbar ausgearbeitet sind. Was mich allerdings besonders überzeugt hat, war Kings kluge weltpolitische Analyse und Einordnung und das, was er letztlich daraus gesponnen hat. Ich wäre am Ende gerne noch etwas bei Jake geblieben, aber der Roman war so wie er ist perfekt. Er hatte keine Seite zu viel - und das kann man selten über solch dicke Schinken sagen.