Taylor Jenkins Reid portraitiert in diesem Roman die fiktive Tennislegende Carrie Soto, die in ihrer Karriere einen Rekord nach dem nächsten aufgestellt hat. Weil eine junge Nachwuchsspielerin ihr ihre Rekorde streitig macht, startet Soto mit 37, ganze sechs Jahre nach ihrem Karriereende, ihr Comeback auf dem Centercourt.
Es ist einige Tage her, seit ich dieses Buch beendet habe - und so ganz weiß ich immer noch nicht, wohin ich dieses Buch stecken soll. Reid schreibt mitreißend und dieses Buch war auch für mich ein wahrer Pageturner. Es ist der Ehrgeiz, den Soto in sich hat, der auch die Leser:innen durch den Roman trägt. Auch, wenn Soto keine Romanfigur war, die bei mir große Sympathien wecken konnte, mochte ich ihre Geschichte, mochte ich die Darstellung der Tennis-Matches, der Rivalitäten, aber vor allem die Beziehung zu ihrem Vater. Letztere ist das, was in Soto die Menschlichkeit hervorbringt - ansonsten wirkt sie kühl, distanziert, irgendwie wie die Kampfmaschine, die sie auf dem Court ist.
Und trotz dass es sich gut las, wirkte es - gerade in den Matches - doch unglaublich repetitiv und insgesamt hatte das Buch trotz des Umfangs wirklich nicht viel Plot zu bieten. Es gab einige Stellen, bei denen ich etwas Angst hatte, dass es ins romantisch-kitschige abschweifen könnte, aber TJR hat immer eine gute Balance zwischen Biopic und Liebesgeschichte gefunden.
Die Message, die sie vermittelt, ist in ihrer Essenz einfach, aber dennoch stark. Wirklich guter, aber vor allem authentischer, Roman, der unterhält, aber mir fehlte das gewisse Etwas, das dieses Buch aus der Masse stechen lässt.
Édouard Louis setzt sich in diesem autofiktionalen Roman erneut mit seiner Herkunft auseinander: Bereits im Kindesalter ist der Autor, aufgewachsen in schwierigen, von Armut geprägten Verhältnissen, aufgrund seiner Homosexualität Anfeindungen und Gewalt ausgesetzt. Seine Flucht führt ihn über Amiens nach Paris, seine Transformation hinaus aus dem Arbeitermilieu hinein in das Leben eines Pariser Intellektuellen.
Der Prozess ist kein einfacher. Eindrücklich schildert er, wie schmerzhaft dieser Prozess sein kann: Da ist die Entfremdung von der eigenen Familie; von einer Freundin, die ihm den Weg für so vieles geebnet hat; die Selbstzweifel, mit denen er sich aufgrund des Klassensystems konfrontiert sieht; die Gefühle, die dieses Bewusstsein bei ihm auslöst.
Wieder und wieder drängt sich der Vergleich zu Eribon auf. Und ziemlich schnell wird klar, weshalb: Eribon erweist sich nicht nur als eine Art Mentor, sondern fungiert auch als Vorbild, dem Louis versucht, nachzueifern; vielleicht in gewissen Punkten auch versucht, eine Art Kopie von ihm zu werden.
Wenngleich Louis’ Abhandlungen oftmals sehr abgeklärt erscheinen, zeigt sich immer wieder: Louis ist ein Getriebener; einer, der vielleicht noch nicht am Ziel seiner Selbstfindung, seiner Selbstverwirklichung ist. Diese Rastlosigkeit schlägt sich auch stilistisch nieder: Er arbeitet viel mit langen, verschachtelten Sätzen, teilweise wirken seine Gedanken gehetzt, ganz als würde er noch kein Ergebnis finden können, finden wollen.
An diesem Roman wird deutlich, dass die Geschichte, die Édourd Louis zu erzählen hat, nämlich seine eigene, keinesfalls auserzählt ist.
Dieses Buch lässt mich wirklich unentschlossen zurück.
Den Ansatz der Trilogie, sich der Geschichte der isländischen Ermittlerin Hulda von der Gegenwart hin zur Vergangenheit zu widmen, finde ich interessant und ist für mich auch tatsächlich neu gewesen. Überhaupt besticht Hulda durch ihre doch sehr komplexe Anlage, mit der ich nach dem ersten Drittel des Buches nicht wirklich gerechnet hatte. Genau das macht für mich Lust auf diese Reihe.
Aber: Das Buch will neben der Geschichte dieser Frau eben auch ein Thriller sein - und dieser Aspekt trat für mich zu sehr in den Hintergrund. Für mich hat die Struktur nicht funktioniert: Ob der vielen Unterbrechungen in Form von Rückblenden aus Huldas Vergangenheit oder der bekannten Täter-Perspektive kam bei mir zu keinem Punkt ein wirkliches Gefühl von Spannung auf. Die Twists am Ende waren gut und auch unerwartet, bezogen sich aber eher auf Huldas persönliche Figur als auf ihre Arbeit im Rahmen der Polizei. Aber genau das hätte ich eben gebraucht.
Ich werde die Trilogie wohl weiterverfolgen - nicht wegen des Potentials, was ich im Thriller sehe, sondern tatsächlich wegen meinem Interesse an Hulda. Vielleicht kriegt mich Jónasson dann doch noch.
Teresa Bücker war mir bereits vor diesem Buch ein Begriff. In ihrer journalistischen Arbeit betrachtet sie aus einer feministischen Perspektive gesamtgesellschaftliche Themen. Das geschieht auch in diesem Buch.
Das Kernthema, dem sie sich annimmt, ist Zeit. Beginnend bei unserem in der Kindheit geprägten Verständnis von Zeit führt Bücker uns durch die unterschiedlichen Lebensphasen. Dabei zentral ist der Zustand, zu wenig Zeit zu haben. Es sei kein individuelles, sondern ein gesamtgesellschaftliches (gewolltes) Problem, das sich allerdings in unterschiedlichen Schichten unterschiedlich äußert.
Das Plädoyer, was Bücker für eine gerechte Verteilung von Zeit hält, ist gut strukturiert und klärt sowohl Fragen, die im private(re)n Bereich liegen als auch solche, die unserer Gesellschaft entwachsen. Die Vision, die sie anstrebt, verliert sie dabei zu keiner Zeit außer Augen und kommt immer wieder zu ihrer Kernthese zurück. Auch, wenn es im Kontext des Aufbaus strukturell nachvollziehbar ist, wirkten ihre Ausführungen auf mich so in einigen Punkten redundant. Was mir am Schluss etwas fehlte, war ein konkreteres Bild, wie wir ihre Vision - abseits der einzelnen Aspekte - erreichen können.
Bücker hat mit ihrem Buch ein gut recherchiertes und strukturiertes Plädoyer für eine Neuausrichtung der vorherrschenden Zeitkultur geschrieben, aus dem ich einige wichtige Punkte mitnehmen konnte.