»Fake Accounts« von Lauren Oyler. Die Millennial-Erzählerin lebt in Brooklyn, ist extremely online, arbeitet bei »BuzzFeed«, das so nicht heißt, und will sich von ihrem Freund trennen, weil sie sein digitales Doppelleben als schlimmer Verschwörungstheoretiker entdeckt hat. Aber dann stirbt er vorher. Sie reist nach Berlin, wo sie ihn einst kennengelernt hatte, und ist viel auf OkCupid. Ihren Dates erfindet sie immer neue Geschichten. Zum Teil erzählt in Absätzen von der Länge eines Facebook-Postings - aber ironisch, klar. Alles sehr Zeitgeist und postmodern, toll beobachtet und eingefangen. Die Millennial-Vertreterin merkt auch, das ihre distanzierte Haltung mit der neuen Ernsthaftigkeit der Gen Y clasht. Letztlich bleibt die Frage, was überhaupt noch Bedeutung hat, wo alles ausgedacht ist.
»No One Is Talking About This« von Patricia Lockwood. Ähnlich wie »Fake Accounts«, liest sich aber erwachsener, schlauer, umgreifender. Die Erzählerin lebt auf Twitter, das hier »Portal« heißt, ist für ein Mem bekannt – »Can a dog be twins?» – und fragt sich, inwiefern ihre Welt das Ergebnis russischer Cyberoperationen ist. Die erste Hälfte ist wahnsinnig komisch, richtig gut beobachtet – so fühlt es sich an, online zu sein. Die zweite Hälfte handelt von einer familiären Krise und Aufenthalten in der Intensivstation eines Krankenhauses. Wenn schon Kontrast, dann richtig. Weil die Erzählerin aber mit dem Internet groß geworden ist, ihr Denken vom Hivemind geprägt ist, von Mems, von den Gesetzen der Aufmerksamkeit, zerfließt die Trennung: Offline gibt es nicht mehr. Es ist erst Februar, aber dieses Buch zu toppen, scheint kaum möglich.