Bücherregal lädt …
Die verlassene Tochter
359 Seiten

Rose hat kürzlich ihre Mutter verloren und ist noch in der Trauerphase, als sie einen Brief erhält, der sie darüber unterrichtet, dass sie die alleinige Erbin der kürzlich verstorbenen Valentina Santiago ist. Valentina wuchs damals auf der Poloranch ihres Vaters auf, der sie bereits darauf vorbereitete, eines Tages seinen Posten zu übernehmen. Doch eine tragische Liebe und unerwartete Schwierigkeiten erschweren ihr das Leben, das sie sich so lange gewünscht hat – und auch Rose muss herausfinden, welches Leben sie anstreben will …

Vor dem Lesen hatte ich durchaus Bedenken, weil die letzten zwei Bände der Töchter-Reihe dann doch sehr schematisch waren, wenn auch immer noch gut zu lesen. Glücklicherweise probiert dieser Band tatsächlich etwas Neues aus und hat dabei weiterhin einen sehr angenehmen Schreibstil, der für ein schönes Leseerlebnis sorgte!

Gerade in Valentinas Geschichte war ich aus mehreren Gründen sehr investiert. In der Gegenwart erfahren wir, dass sie sehr geliebt worden ist, aber in der Vergangenheit ist es zunächst nur ihr Vater, der sich für sie einsetzt. Sie verliebt sich in den Stallburschen Felipe, doch nach dem Tod ihres Vaters muss sie sich mehreren Schwierigkeiten stellen, weil ihre Mutter eigene Pläne für sie hat. Und dieser Teil der Handlung, den ich überhaupt nicht erwartet hatte und der Valentinas Leben um einiges dramatischer gemacht hat, war so unglaublich einnehmend und gut geschrieben, dass diese Geschichte allein gereicht hätte, um mich zu fesseln.

Denn im Vergleich war Roses Geschichte durchaus schwächer: Ihre Romanze mit Benjamin las sich nicht so natürlich wie Valentinas Romanze mit Felipe, sondern eher wie ein Sommerflirt, der ganz schön schnell ganz schön ernst wurde. Hier habe ich Roses Freundschaft mit Jessica schon realistischer gefunden; diese war wirklich eine großartige Freundin und war in der Gegenwart mein Lieblingscharakter.

Valentinas Romanze mit Felipe hat schlicht den Vorteil, sich über mehrere Jahre und Hindernisse aufzubauen, sodass es leicht für mich war, mit ihnen mitzufiebern. Sie kommt jedoch mit einer Kritik, von der ich sehr überrascht war, dass sie in der Handlung selbst nicht aufgegriffen wurde: An einer wichtigen Stelle macht Felipe Valentina ein zeitlich unbegrenztes Versprechen – nur, um es weniger als ein Jahr danach zu brechen. Das hat mich stark irritiert, weil es so uncharakteristisch war und ich mir wenigstens gewünscht hätte, mehr Zeit wären zwischen dem Versprechen und dem Bruch vergangen. So, wie es geschrieben war, wirkte es wie ein künstlich erschaffenes Problem, auch wenn es zugegeben zu der einnehmenden Vergangenheit beigetragen hat.

Deshalb ist das eine für mich verzeihliche Kritik: Ja, mich hat das schnell gebrochene Versprechen gestört, aber dafür hat es die Handlung bereichert. Dass Valentina viel gewinnt, aber auch so unglaublich viel verliert, hat mich emotional so eingenommen, dass ich an zwei, drei Stellen sogar ein paar Tränen verdrücken musste. Gerade, weil ich nicht mit dem unerwarteten Drama rechnete, hat es mich so gefesselt. Mehr möchte ich hier natürlich nicht verraten, aber gerade im Vergleich zu den vorigen Bänden fand ich diesen hier wegen der emotionalen Aspekte besonders stark.

Ich glaube, meine einzige „richtige“ Kritik ist die Eindimensionalität von Valentinas Mutter. Anscheinend ist es allein das Geld, das sie dazu bringt, Valentina so abscheulich zu behandeln, nicht mehr und nicht weniger. Hier hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht, weil mir ihre Mutter ein wenig ZU eindimensional erschien und die Geschichte meiner Meinung nach davon profitiert hätte, eine komplexere Beziehung zwischen den beiden einzubauen.

Insgesamt jedoch war ich ungewohnt begeistert von diesem Tochter-Band, weil er sich traute, Risiken einzugehen und deshalb sowohl schön als auch emotional zu lesen war!

Das Gemälde
576 Seiten

Als Theo im Sperrmüll seiner Nachbarn das alte Gemälde eines Pferdes entdeckt, ist seine Neugier sofort geweckt, weil er unbedingt wissen will, wer dieses Pferd ist, wer es gemalt hat und was es im Allgemeinen mit dem Bild auf sich hat. Gleichzeitig folgen wir der Geschichte von Jarret, der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts bei der Geburt des zukünftigen Rennpferdes „Darley“ Lexington hilft und sehr bald eine enge Verbindung zu ihm aufbaut. Beide Protagonisten müssen sich zudem mit dem Rassismus auseinandersetzen, der ihnen entgegengebracht wird …

„Das Gemälde“ beruht auf der wahren Geschichte des Rennpferdes Lexington und erzählt in teils fiktiven, teils auf Wirklichkeit basierenden Passagen die Geschichte seines Erfolgs im 19. und seiner Wiederentdeckung im 21. Jahrhundert. Geraldine Brooks hat einige interessante Kapitel geschrieben, die sich vor allem auf die Bindung zwischen Jarret und Lexington konzentrieren und akkurat zeigen, wie damals Pferde in Rennen eingesetzt wurden.

Doch so interessant ich die Geschichte an sich fand, gab es so einige Längen, die es mir schwer gemacht haben, mich völlig in sie fallen zu lassen. Manchmal habe ich richtig mit Jarret und Lexington mitgefiebert, mich an anderen Stellen aber sehr gelangweilt. Es ist insgesamt eine recht ruhige Geschichte, was jetzt nicht zwingend schlecht ist, für mich jedoch nicht das Richtige war.

Zwiegespalten bin ich auch gegenüber dem Ende. Es ist vollkommen verständlich, warum die Autorin sich dafür entschieden hat und es passt (leider) zur Thematik, aber im Endeffekt war es für mich vergleichbar mit einer Geschichte, bei der ein Charakter plötzlich bei einem Autounfall ums Leben kommt, ohne, dass es mit der eigentlichen Geschichte in engem Zusammenhang stünde. Ja, der Zusammenhang bei Geraldine Brooks war durchaus stärker, doch trotzdem passte das Ende nicht so gänzlich zum Rest des Romans. Das liegt wahrscheinlich daran, dass so viel Fokus auf die Geschehnisse im neunzehnten Jahrhundert gelegt wird, dass ein plötzlicher Schicksalsschlag auf der gegenwärtigen Zeitlinie, die deutlich weniger Fokus erhält, sehr deplatziert wirkt. Andererseits basieren die Geschehnisse beider Zeitlinien auf wahren Ereignissen, weshalb ich nicht zwingend die Ereignisse an sich kritisierte, sondern die Art und Weise, wie sie in die Geschichte implementiert wurden.

Letztendlich kann ich sagen, dass Menschen, die ein spezielles Interessante an dem Rennpferd Lexington haben bzw. es entwickeln wollen, bestimmt ein schönes Lesevergnügen haben werden, ich selbst jedoch leider nicht allzu interessiert an den Ereignissen war. Jedoch nicht, weil es sich um ein schlechtes Buch handelt, sondern einfach, weil es nicht meinem Geschmack entspricht. Deshalb hoffe ich, dass andere Leser/innen hier das finden werden, was mir gefehlt hat.