Hinter diesen Türen
368 Seiten

Es ist zu schön, um wahr zu sein: Rowan Caine stolpert über die Stellenausschreibung einer Familie mit vier Töchtern, die dringend ein Kindermädchen brauchen und dafür eine stattliche Summe plus einige Extras anbieten. Sofort bewirbt sie sich und bekommt die Stelle auch - nur, um bald darauf festzustellen, dass sie womöglich einen Fehler gemacht hat.

Das ganze Haus ist zu einem Smart Home umfunktioniert worden, in dem alles durch eine App und Sprache gesteuert wird. Es dauert nicht lange, ehe sich seltsame Vorkommnisse ereignen: Rowan hört Schritte auf dem Dach, fühlt sich allgemein beobachtet und muss sich zusätzlich mit den Kindern herumschlagen, die ihr gegenüber feindselig eingestellt sind. Als eines der Kinder zu Tode kommt und sie unter Mordverdacht gerät, schreibt sie einen Brief an einen Anwalt, um ihre Situation zu schildern - und diesen Brief, indem sie alles von Anfang bis Ende erzählt, lesen wir.

Ich muss zugeben, dass meine willentliche Aufhebung des Unglaubens wegen dem Format der Geschichte arg überstrapaziert wurde - obwohl es durchaus Menschen gibt, die 350-Seiten-Briefe schreiben, kam es mir äußerst unrealistisch vor, so einen Brief einem Anwalt zuzumuten, den all die Millionen Details, die für uns äußerst interessant sind, nicht kümmern werden. Deshalb empfehle ich, das Buch als Roman und nicht als Brief zu behandeln; als Brief verliert die Geschichte schnell an Glaubwürdigkeit, aber als Roman ist sie hervorragend.

Hier muss ich auch ein großes Lob an den letzten Brief aussprechen, dem es gelungen ist, innerhalb von zwei Seiten alle Fragen zu lüften, die bis dahin unbeantwortet blieben. Bis dahin habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, wer denn nun hinter allem steckt - ich hatte einen starken Verdacht, aber immer noch viele Fragen - und war positiv überrascht, als der letzte Brief alles erklärte.

Insgesamt handelt es sich um einen weiteren spannenden Thriller von Ruth Ware, dessen einzige Schwäche in seinem Format besteht, das ich unrealistisch fand. Davon abgesehen kommt man in den Genuss einer tollen Geschichte mit tollen Twists und einer absolut atemberaubenden Auflösung!

Roboter träumen nicht
336 Seiten

Vor dreißig Jahren haben die Roboter die Herrschaft übernommen und die Menschen ausgelöscht. Bis XR_935, ein Roboter der neunten Generation, unerwartet auf ein Menschenmädchen trifft. Emma is zwölf Jahre alt und auf der Reise zu einem sicheren Ort, den ihre Eltern ihr auf einer Karte markiert haben. Alleine schafft sie diese Reise allerdings nicht, weshalb sie XR und seine Kollegen SkD und Ceeron um Hilfe bittet.

Was darauf folgt, sind mehrere Hindernisse, die die Gruppe überwinden muss. Die kurzen Kapitel und Sätze machten es leicht, von einem Ereignis zum nächsten zu springen, viel Zeit für Ruhepausen gab es nicht. Allerdings muss ich zugeben, dass mir die Aneinanderreihung an Problemen irgendwann doch zu viel wurde - die Charaktere geraten so oft in Gefahr, dass ich mich bald nach einer Atempause gesehnt habe, die ich erst nach dem Showdown bekam.

Erwähnter Showdown ist allerdings sehr gut gemacht und war ein großartiges Finale des Buches. Nur seine Folgen waren für ein Kinderbuch im Rahmen, für mich aber ein wenig ZU gut.

Am besten gefiel es mir, wie realistisch XR_935 geschrieben wurde. Er ist der Erzähler der Geschichte und lässt als solcher regelmäßig roboterhafte Formulierungen fallen. So sind die Kapitel nach dem Binärsystem nummeriert, Aufzählungen und mit "und" verknüpfte Wörter werden durch einen Schrägstrich direkt miteinander verbunden und auch sonst kommen Formulierungen vor, die an XRs Roboterstatus erinnern. Bei vielen Geschichten über Roboter vergesse ich bisweilen, dass die Roboter welche sind, weil sie so sehr vermenschlicht werden, dass es im Grunde keinen Unterschied macht. Lee Bacon hingegen gelingt es, XR_935 als eine künstliche Intelligenz mit glaubwürdigen menschlichen Zügen zu schreiben, ohne je seinen Roboterstatus zu vergessen. Das hat mir sehr gut gefallen.

Insgesamt ein schöner, spannender Roman für Kinder ab 10!