Am Anfang war ich nur fassungslos, dass jemand so ein Buch schreiben kann, weil die Sprache ständig zwischen Übertreibung, akribischer Beschreibung, Unsinn wandelt. Tatsächlich macht es aber sehr viel Spaß zu lesen. „Ein Buch wie eine Fernsehserie, die ins Stottern geraten ist.“ (Robin Detje) trifft es ganz gut.
Der Protagonist ist (wie oft bei Houellebecq) ein alleinstehender Mann um die 50, der mit seinem Leben unzufrieden ist. Er setzt sich mit der Tagespolitik auseinander und lässt sich dann von anderen Leuten, die sich besser auskennen, erklären, was er die letzten dreißig Jahre offenbar nicht mitbekommen hat und warum da jetzt eine muslimische Partei im Parlament ist. Und was ist das überhaupt, der Islam? Und finde ich das nicht eigentlich gut weil ich wieder eine patriarchalische Gesellschaft haben möchte?
Natürlich hinterlässt es ein komisches Gefühl, sich die Storys eines relativ gut bezahlen Reporters durchzulesen, der "mal eben" in Hotels übernachtet, die 400$ pro Nacht kosten und quer durch Asien jettet, dabei soviel Tuchfühlung mit der normalen Bevölkerung aufnimmt wie ich mit fremder Unterwäsche. Doch gerade deswegen: Kudos ob der Ehrlichkeit mit der die Texte verfasst sind. Auch hatte ich mir öfters gewünscht, die Kapitel würden noch weiter gehen, so gut war das.
Tja, irgendwie ist mir erst nach der Hälfte in den Sinn gekommen, dass ich das Buch schon auf Deutsch gelesen habe und ich brauchte das Lesetagebuch, um wirklich sicher zu sein. Hatte insofern aber nur ein seltsames Déja-Vu-Gefühl bei bestimmten Stellen. Generell konnte ich mich an vieles nicht mehr erinnern. Dafür fielen mir beim Lesen einige Unterschiede zwischen Buch und den Filmen auf. Lustigerweise machte der Daniel-Craig-Film weniger dramaturgische Plotänderungen, hat aber genau an diesen Stellen ein kleines Handlungsdefizit gegenüber der schwedischen Verfilmung, die meiner Meinung nach mehr auf den Subtext eingeht.
Leider mehr ein Trilogie-Finale, als die witzig-durchdachten Kurzgeschichten des ersten oder zweiten Teils. War trotzdem ganz cool.
Die Verfilmung ist einer meiner Top 5 Lieblingsfilme und das Buch ist genauso, nur dass es in London statt Chicago spielt.