Ein österreichisches Grenzdorf mit ungarischer Vergangenheit. Die Geschichte spielt 1989, lebt aber vor allem von Rückblenden, die meist mit dem 2.Weltkrieg in Verbindung stehen. Das Dorf blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück und jeder einzelne Bewohner, tot, lebendig oder im Ausland lebend, bewahrt seine ganz eigenen Geheimnisse. Der Mikrokosmos des Dorfes Dunkelblum wird zum Muster, wie das Grauen des Krieges vergessen werden will und wie die Wahrheit halt trotzdem irgendwann ans Licht kommen will.
So schön in Klang und Rhythmus schreibt in der Schweiz nur Kureyshi. Die Autorin benutzt die Ich-Erzählerin als eine Art Kamera, die sie ausrichten, scharfstellen und auch abwenden kann. Daraus entstehen Beobachtungen von Beziehungsdreiecken mit oder in der Nähe der Hauptfigur. Eine junge Frau, die ihr Leben bestreitet, aber nie ganz für sich, sondern scheinbar immer für andere. Gelingt es ihr ihren eigenen Weg zu finden? Nur schon für Kureyshis Sprachbilder lohnt sich die Lektüre.
Harvey nimmt uns mit sechs Astronauten/Kosmonauten mit auf die ISS und beschreibt den Alltag der Crew während des mehrmonatigen Aufenthalts im All. Das ist jedoch nur der eine Teil, der Vordergründige der Geschichte. Viel mehr dreht sich die Erzählung um die Bewegung der Raumstation, die in sich ständig verschiebenden Umlaufbahnen von 90 Minuten die Erde in einer Höhe von 400km umrundet. 45 Minuten Tag, dann ebenso kurz die Nacht und wieder von vorne, 16mal täglich. Was für ein Perspektivenwechsel das darstellt, die Erde von oben, es sind keine Grenzen sichtbar und bei Tageslicht scheint der blaue Planet unbewohnt. Welche Gedanken beschäftigen die Crew und wie weit weg und klein die Sorgen und Probleme auf der Erde scheinen. Ein Blick auf unsere Welt und unsere Leben, der sich den gängigen irdischen Denkmustern entzieht.
Drei Teile mit je vier Kapiteln in den Jahren 1935, 1940 und 1945. Die Erzählung ist in einer fiktiven kleinen deutschen Gemeinde lokalisiert und ihr Hauptdarsteller sind die Bewohnerinnen und Bewohner. Ein grossartig geschriebenes Buch über die Wahrnehmung, die Auswirkung und die Meinungen zum Krieg.
Im Zentrum der Erzählung steht eine slovakische Haushälterin und deren Arbeitgeber, eine österreichische Familie, bei der auch die betagte Grossmutter wohnt. Eine stets zwiegespaltene Erzählung zu Phänomenen unserer Zeit, in der Gegensätze zwischen beruflichem Erfolg und privater Verwirklichung, zwischen persönlichen und professionellen Beziehungen sowie zwischen der Sehnsucht nach dem Leben und dem Tod aufeinanderprallen. In wenigen Strichen schafft die Autorin eine feine Charakterisierung der Figuren und setzt diese fortlaufend ganz natürlichen und menschlichen Konflikten aber auch Glücksmomenten aus.
Ein wunderbar poetisches Buch, in dem die Geschichten von drei Hauptfiguren von verschiedenen Orten und aus unterschiedlichen Zeiten über ihre Verbindung zum Thema Wasser zusammenfliessen. Eine Spur Abenteuer in der Erzählung über den britischen Archäologen, eine Perspektive auf die Gegenwart unserer transkulturellen westlichen Gesellschaft und ein Blick in den Abgrund brutaler Konflikte, von Vertreibung, Vernichtung und Menschenhandel. Gleichzeitig lehrt einem das Buch sehr viel über die Geschichte Mesopotamiens, die Volksgruppe der Eziden und ihre Kultur sowie über das Wasser, von dem und mit dem wir jederzeit leben.
Eine Erzählung zwischen der Schweiz und dem Irak. Der Autor transportiert wie üblich den arabischen Erzählklang ins Deutsche. Die fliessende Sprache und die immer wieder aufflackernde Herzlichkeit und Hoffnung der Figuren helfen ein wenig über die Schwere dieser Migrationsgeschichte hinweg.
Circa ein Dutzend kurze Texte, die das Leben der russischen Autorin, die seit 2022 in Berlin im Exil lebt, umkreisen und umreissen. Sehr kluge Gedanken, viel weise Aussagen, ein reflektierter Blick zurück und ein skeptischer in die Zukunft. Zum Nachdenken und trotzdem aufschlussreich. Ulitzkaja denkt und schreibt über Freundschaft, Liebe, Glauben, Krieg, Gesellschaft und vieles mehr. Zahlreiche Texte verdienten eine zwei- oder mehrfache Lektüre.
Die Hauptfigur der Erzählung ist eine Beraterin aus Berlin, die in eine kleine Stadt kommt, direkt an der Grenze, sehr ländlich, in Sachsen. Der Aufhänger ist ein Wahlkampf ums Oberbürgermeisteramt zwischen AfD (die Blauen), der CDU (die Schwarzen) und den Grünen. Bei letzteren ist unsere Hauptfigur als Unterstützerin der Kandidatin engagiert. Viel mehr als den eigentlichen Erzählungsstrang, bedient die Geschichte Themen wie die Vereinbarkeit von Werten, Toleranz, zwischenmenschliche Perspektiven und Schicksale etc. Koester gibt uns durch die Wahrnehmung der Hauptfigur Einblick in das kleinstädtische Leben. Die Autorin zeigt die verbreitete Orientierungslosigkeit in einer sich immer schneller wandelnden Zeit und macht klar, wie schwer die individuelle sowie kollektive Vergangenheit zu entschlüsseln ist, um dadurch die gegenwärtige Situation zu verstehen oder zu akzeptieren.
Eine Frau in Buenos Aires, die eine Beziehung zu einem einzigartigem und eigenartigem Mann aufbaut und diesen beim Erschaffen seiner Livekunst begleitet. Leider habe ich weder das Buch verstanden noch hat mir die Erzählung zugesagt.
Aufhänger der Geschichte ist das das Verschwinden/die Entführung von zwei respektive zeitversetzt von drei Mädchen. Zwischen dem ersten und letzten Kapitel führt uns die Autorin durch die Geografie und Gesellschaft von Kamtschaka, dieser östlichsten Halbinsel Russlands. Julia Phillips erzählt von verschiedenen Menschen, Idigenen und Russen, ganz jungen und alten sowie unterschiedlichen Lebensituationen und Familienmodellen, die alle an kleinen Punkten an die vorhergehende Situation anknüpfen, bis sich gegen Schluss der Kreis zu schliessen beginnt.
Ein geheimnisvoller Mann ist dieser Conway, einer mit Brüchen und fehlenden Jahren im Lebenslauf. Der Ich-Erzähler, ein Autor und Journalist, begleitet Conway auf seinem Schiff, das aufs Meer rausgeschickt wird, um Tiefseekabel wieder in Stand zu stellen. Vieles in der Geschichte dreht sich um Datenübertragung und darum, was geschieht, wenn diese Kommunikationskanäle in den Weltmeeren reissen und repariert werden müssen. Ebenso werden aber auch die Kommunikation der Protagonisten, deren Probleme und Reparaturversuche ihrer Beziehungen zum Thema. Eine Erzählung, die bis zum Schluss durch die undurchschaubaren Absichten sowie Taten des Journalisten und des Kabelspezialisten vorangetrieben wird.