Man solle damit anfangen, wenn man etwas von James Joyce lesen will, damit man ihn besser verstehen kann. Ich wollte zuerst "Ulysses" lesen, bin aber jetzt weniger freudig in Erwartung. Die Kurzgeschichten, wenn man sie so nennen will, wirken recht random; ohne Spannungskurve und wirklichen Sinn. Schlecht waren sie trotzdem nicht und es gibt wesentlich schlechtere Orte als Dublin.
Dieses Buch nehme ich gemischt wahr. Einerseits freut mich das für diesen Menschen sehr, dass er beinahe wie vor seinem Schlaganfall leben kann. Andererseits: was für ein arroganter, selbstverliebter Typ. Wäre ich sein Arzt gewesen, ich wäre in der Zeit, in der er stationär war, nicht sonderlich gerne zur Arbeit gegangen. Er selbst sieht das an manchen Stellen genauso, aber kein Wort der Entschuldigung oder Reue. Mangelnden Charakter kann man wohl mit Auflage wett machen. An manchen Stellen habe ich erkennen können, dass ein gutes und respektvolles Arzt-Patienten-Verhältnis wichtig ist. Das wurde mir besser vermittelt als in manchen Seminaren von Psychosomatik-Fritzen.
Mein Hauptproblem ist aber folgendes: Der Untertitel ist "Und es gibt doch Hoffnung!". Das Buch ist also an Menschen adressiert, die einen Schlaganfall erlitten oder Angehörige eines solchen sind. Dr. Heimann hatte eine Basilaristhrombose, das beschädigte Gebiet betraf also das Kleinhirn und Abschnitte des Stammhirns. Mit einigem Willen (und einer guten körperlichen Verfassung wohlgemerkt) kann man da vieles richten, was er auch zeigen konnte. Die schlimmsten Symptome sind aber die des Sprachverlustes, sowohl im Input als auch im Output. Da ist zwar ein anderes Gefäß betroffen, aber das stellt einen großen Teil dar. Sonderlich viel machen kann man da nicht. Ich fürchte, dass das Buch bei vielen falsche Hoffnungen schüren kann.
Es war ziemlich surreal, da hielt der Einband, was er versprach. Ansonsten war das Buch neben der Liebesgeschichte, die recht archetypisch war (Mann und Frau verlieben sich, heiraten, sie stirbt, er wird traurig), vor allem durch "Jean-Sol Partre" ganz witzig. Denn ich mag Sartre nicht. Vian war in seinen Kreisen zugegen; wie er das bei der subtilen Kritik geschafft hat (hunderttausende Artikel, die Hochstilisierung Sartres als Archetypus des von Groupies angehimmelten Übermenschen, etc.) ist mir ein Rätsel. Wahrscheinlich hat Sartre es nicht gelesen, aber eine Meinung dazu gehabt.
Meinem kauzigen Wesen folgend wollte ich mich über die Eulenvögel näher informieren. Sympathisch wurde von einem Professor der alten Schule durch die Welt dieser Spezialisten geführt. Ich weiß endlich, wie Gewölle entstehen und habe interessante Fakten über die kulturgeschichtliche Bedeutung mitnehmen können.
Auf dem Umschlag von Modianos "Café der verlorenen Jugend" war zu lesen, dass selbiges einen daran erinnere, was Literatur sein könne. Ich denke, dass man das für "Das Feld" umso mehr sagen kann. Ein ruhiger Stil verbindet diverse Schicksale einer Kleinstadt; es kam ein Feeling wie bei "100 Jahre Einsamkeit" auf. Tatsächlich hat es sich so angefühlt, als ginge es um ein modernes Macondo. Es gehört zum Besten, was ich je lesen durfte.
Ich bin gespalten. Einerseits war es interessant, eine soziologische Sicht auf die sog. "Flüchtlingsproblematik" zu hören; das Aufdröseln der Probleme der verpassten Chancen der vorangegangenen Regierung (und auch der aktuellen) war aufschlussreich. Andererseits gab es auch intellektuell nicht ganz verständliche Sprünge, die ob ihrer fehlenden Logik abstrus wirkten (an manchen Stellen wäre Stalin in seinen "besten" Zeiten sicher stolz gewesen).