Ich lese viele Bücher und trage kein einziges hier ein (weil es doch immer wieder Rivers of London ist, immer wieder von vorne, und jeden Sommer Foxglove Summer). Aber da ich Whispers Underground bei meinen Eltern liegen ließ, und dieses Buch auf dem Küchentisch liegen sah, fing ich es gestern an und hatte es heute durch. Es ist kurzatmig, konstruiert. Aber gleichzeitig weiß ich, dass es so sein kann. Weil es mich an etwas erinnert.

... weil sie weiß, dass man sich den anderen nur bedingt so zumuten kann, wie man ist, ein Bündel von Launen, ein Container von Selbstzweifel, eine Komposition der Unstimmigkeiten.

Wir können das nicht leben, was wir schreiben.

↑ 2017
2016 ↓

Ich weiß momentan noch nicht, was ich dazu sagen soll. Ich glaube, ich ziehe mich in eine einsame Höhle zurück, lese das Buch dort noch tausendmal, schreibe Abhandlungen darüber, stelle Tortendiagramme auf, male grün-blau-violette Bilder dazu, schnitze die Figuren aus Holz, baue die Landschaft aus Lego nach, segne jede Seite mit Weihwasser aus dem Teich neben der Höhle, komponiere die Musik für jedes einzelne Lied im Buch auf der Ukulele, tätowiere mir meine Lieblingszitate auf die Arme, backe nur noch Fladenbrot mit Koriander, und dann höre ich damit auf und fange etwas anderes an, weil das noch nicht alles ist.

↑ 2016
2015 ↓

Richtig gut, verständlich und lustig geschrieben. Lustig, wie es eben geht, wenn gerade von auf die Erde stürzenden Asteroiden, Epidemien und Seuchen, Supervulkanen und bärengroßen, aggressiven Waschbären die Rede ist. Ich hab das Gefühl, jetzt sehr viel über fast alles zu wissen, aber irgendwie auch alles nur so fast. Wenn die kurze Geschichte nicht so lang wäre, würde ich sie sicher noch öfter lesen.

Was das Buch besonders ausmacht, sind sehr anschauliche Vergleiche.

Vor allem aber sind Atome klein - sehr klein. Eine halbe Million von ihnen, nebeneinander aufgereiht, könnten sich hinter einem menschlichen Haar verstecken.

Schönste Stelle:

Fast zur gleichen Zeit stellte der deutsche Physiker Werner Heisenberg eine Konkurrenztheorie vor, die er Matrizenmechanik nannte. Sie war mathematisch so kompliziert, dass kaum jemand sie wirklich verstand, auch Heisenberg selbst nicht (»Ich weiß nicht einmal, was eine Matrix ist«, sagte der Physiker einmal verzweifelt zu einem Freund), ...

Wow, eines der wenigen Bücher zum Zuende- und Immerwiederlesen. Manchmal liege ich im Bett, oder sitze in der Straßenbahn, oder stehe irgendwo blöd rum, und dann hänge ich in Tagträumen diesem Buch hinterher und schreibe lange, ausschweifende Rezensionen im Kopf, die wohl niemals ihren Weg hier hin finden werden. Eigentlich geht es nur um Wilbur, aber ausgehend von ihm noch um viel mehr. Am tollsten ist eigentlich, dass der Autor Seiten mit Gedanken von Wilbur füllt, die durch seine Fantasie angestachelt immer voller werden. Ein „wenn das so wäre, würde ich das tun“ führt zum nächsten, und endet damit, dass das eigentlich alles ziemlich unlogisch ist. Obwohl diese zwei Seiten absolut nichts zur Handlung beitragen, machen diese Stellen Wilbur aber sehr menschlich und unglaublich sympathisch.

„Mit dem Geld könnte ich einiges anstellen. Ich könnte mir ein Auto kaufen, ein gebrauchtes. Ich könnte mich in ein Flugzeug setzen und irgendwohin fliegen. Oder einen Laden mieten. Ich wollte schon immer Dinge an Leute verkaufen. Schrauben, zum Beispiel. Ich könnte einen Laden eröffnen, wo man jede Schraube kaufen kann, die es gibt. Ich hätte Schubladen an den Wänden, jede Schublade wäre beschriftet, durchnummeriert. Alles wäre geordnet und hätte seinen Platz. Ich würde Arbeitskleidung tragen, einen blauen Kittel, graue Hosen. [...] Ich werde doch keinen Laden eröffnen. [...] Am liebsten wäre mir, wenn ich in meinem Laden sitzen und die kleinen Schubladen auf- und zumachen könnte, um die Schrauben darin zu betrachten, ohne von irgendjemandem gestört zu werden. Ein Laden ohne Kunden in einer Straße ohne Menschen, das wäre ideal. [...] Natürlich würde der Laden nach kurzer Zeit Pleite machen, und ich würde vor dem Nichts stehen.“

„Ich würde gerne Aimees Kleinkram sehen, gerne wissen, was sie im Laufe der Jahre gesammelt hat. Ob sie Steine vom Strand mitgenommen, Figuren aus Cornflakes-Packungen behalten hat, ob sie in einer verbeulten Keksdose Spielsachen aufbewahrt und Fotos und Briefe und ob sie genauso an den Dingen hängt wie ich. Stattdessen frage ich: „Hattest du eine Diebstahlversicherung?“ Das letzte Wort klingt so banal und obszön, dass ich schreien möchte, um seinen Nachhall zu übertönen. [...] Ich würde gerne hinter sie treten und die Arme um sie legen und sie auf den Hals küssen, aber das geht nicht, nicht nach einem Satz, der mit dem Wort Diebstahlversicherung endete. Ich frage mich, ob sie mich jetzt für einen totalen Vollidiot hält.“

„Dabei schloss ich die Augen und dachte, dass so das Leben zu sein hatte. Genau so. Dass, wann immer man nass war und fror, es jemanden geben sollte, der einen wärmte.“

„Glück ist dein Lieblingssong aus dem Radio eines Autos, das an dir vorbeirast und in einen Abgrund stürzt.“

„Die Männer hatten ein eigenes, bescheuertes Spiel erfunden, bei dem leere Pappbecher, eine Untertasse und gestapelte Kekse wichtige Funktionen hatten.“

„ ... dann stand er wieder auf der Straße und wusste nicht, wohin mit seiner Sehnsucht nach etwas, das ihn am Leben hielt.“

„Nach einer Weile sieht sie mich an, in ihren Augen liegen Bestürzung und Freude, ihre Hände halten meinen Kopf und streichen durch meine Haare, die viel zu lang geworden sind. Gleich weint sie, aber dann steht plötzlich Batman neben uns und hält eine Apfelsine in der ausgestreckten Hand.“

Die Erzählung plätschert zunächst ein wenig dahin, so wie der kleine Fluss, der am Haus von Hans vorbei fließt, und der im Laufe des Buches immer wieder Erwähnung findet: seicht und blau im Frühjahr und Sommer, dunkel und grün im Herbst und zugefroren im Winter. Man wird in das Leben von Hans geworfen, der versucht einen Platz darin zu finden, und begleitet ihn für etwa ein Jahr. In diesem Jahr verändert sich sehr viel, und zum Ende des Buches verdichtet sich die erzählte Zeit sehr und die Geschichte wird von vielen Rückblenden und Erinnerungen durchbrochen. Es wird immer deutlicher, wie sehr die Vergangenheit und die Gegenwart von Hans auseinander driften, und wie ihm langsam die Kontrolle über sein Leben verloren geht. Er ist voll von Sorgen, Ängsten und Unsicherheiten, baut eine sehr tiefe Freundschaft auf, verliert sehr viel und schließlich auch sich selbst.

Hans wußte nicht, warum er gerade heute an jenen Abend denken mußte, nicht, warum diese Erinnerung so schön und mächtig war, noch warum sie ihn so elend und traurig machte. Er wußte nicht, daß im Kleide dieser Erinnerung seine Kindheit und sein Knabentum noch einmal fröhlich und lachend vor ihm aufstand, um Abschied zu nehmen und den Stachel eines gewesenen und nie wiederkehrenden großen Glückes zurückzulassen.

Hans war ruhelos vor sich selber auf der Flucht.

Früher verbrachte ich gezwungenermaßen mehrere Stunden damit, Bibi und Tina oder ähnliches auf Kassette hören zu müssen, obwohl ich einfach nur in Ruhe spielen wollte, weil andere Kinder es anscheinend toll fanden, gleichzeitig zu spielen und einer Geschichte zu folgen. Daher hab ich bisher auch noch kein einziges Hörbuch gehört, und da ich außerdem dachte, die Känguru-Chroniken gäbe es nur als Hörbuch, hatte ich mich damit abgefunden, einfach niemals zu erfahren, warum diese Geschichten eigentlich so beliebt sind. Dann entdeckte ich das Hörbuch als richtiges Buch in der Bücherbutze (der einzig wahre Buchladen), aber leider nur den zweiten und dritten Teil. Also bestellte ich den ersten, wartete gar nicht mal so lange darauf, und las ihn dann auch relativ schnell durch. Die einzelnen Kapitel sind so kurze Häppchen, dass man sich noch nicht mal groß über mehrere Seiten lang konzentrieren muss. Praktisch, wenn man krank ist und eh alle 5 Minuten einschläft. Das Buch ist trotzdem toll. Es ist lustig, schwarzhumorig, einfallsreich. Nur, dass die Hauptperson nun ein Känguru sein muss, ist irgendwie übertrieben. Ich würde das Buch fast noch besser finden, wenn da einfach zwei ganz normale Kerle zusammen wohnen würden. Der Charakter des Kängurus ist an sich schon genug, da wäre ein Mensch als Hülle ausreichend gewesen. Aber vielleicht habe ich nach dem ersten Teil auch den tieferen Sinn hinter der Känguru-Sache noch nicht ganz verstanden.

↑ 2015
2014 ↓

Durch dieses Buch musste ich mich richtig durchbeißen. Ich fühlte mich die meiste Zeit wie der Protagonist - ziellos umher irrend, ohne eine Ahnung, wo es lang geht oder warum überhaupt. Der Autor hat eine wunderbare Idee und breitet eine unbekannte Welt vor einem aus, um diese dann kommentarlos an einem vorbeiziehen zu lassen. Und wenn er dann schließlich verrät, worum es überhaupt geht, ist alles auch schon wieder vorbei. Wenn wichtige Charaktere sterben, werden sie irgendwann, wenig überraschend, wieder lebendig. Und wenn nicht in diesem Buch, dann im nächsten, wenn es eines gibt. Die Idee von einer Welt unterhalb der größten Städte der Welt ist toll und einige Ansätze gefallen mir sehr gut, nur leider erfährt man viel zu wenig über einfach alles. Hinzu kommt, dass der Protagonist einfach wie ein ziemlicher Vollidiot dargestellt wird, der blöde Fragen stellt, oder, wenn er das gerade nicht tut, auf dämliche Weise Lachanfälle bekommt. Zum Ende des Buches wird das zwar ein wenig erträglicher, da er durch eine "Prüfung" (aus der auch wieder viel zu wenig rausgeholt wurde), irgendwie gefestigter wirkt, aber ich konnte mich nicht wirklich mit ihm anfreunden. Dem Buch fehlen so einige hundert Seiten. Und jetzt hab ich noch nicht mal ein Zitat, welches mich besonders beeindruckt hätte.

Ich lese eigentlich keine Romane oder Krimis, in denen Mordfälle aufgeklärt werden. Aber dieses Buch ist anders, da der Mord und die Suche nach dem Mörder mehr eine Nebenhandlung sind, anhand derer die Geschichten eines Schriftstellers und seines Schülers, aber auch vieler anderer Menschen aus einer Kleinstadt in den USA erzählt werden. Außerdem ist es ein Buch über Bücher, über das Schreiben und das Leben als Autor, und das Leben an sich. Und natürlich ist es auch ein Buch über die Liebe, weil sie am Ende doch das Wichtigste ist, auch, wenn sie nicht mehr da ist.

»Marcus, wissen Sie, was die einzige Möglichkeit ist, um herauszufinden, wie sehr Sie jemanden lieben?« »Nein.« »Ihn zu verlieren.«

In dem Moment ist mir [...] klar geworden, dass ich die Liebe wahrscheinlich nie kennengelernt habe, ja dass viele Menschen die Liebe wohl nie kennenlernen. Im Grunde geben sie sich mit angenehmen Gefühlen zufrieden, richten sich in der Bequemlichkeit ihres erbärmlichen Daseins ein und verpassen die wirklich großen Gefühle, die das Leben ausmachen sollten.

Obwohl John Dies at the End ein kleines bisschen besser war, ist dieses Buch immer noch hundertmal unterhaltsamer und spannender und lustiger und schrecklicher als vieles, was ich bisher las. Amy hat eine wichtigere Rolle eingenommen somit hat man nun ein völlig anderes Bild von ihr als im ersten Teil, was ich sehr gut finde. Obwohl Molly natürlich immer noch die Tollste ist.

Falling in love with a house or a car or a pair of shoes, it was a dead end. You save your love for the things that can love you back.

An diesem Buch habe ich ewig gelesen und ich hatte das Gefühl, dass zwei neue Seiten auftauchen, wenn ich eine gelesen hatte. Aber das war ziemlich super, weil das Buch einfach völlig abgedreht, krank, wahnsinnig, witzig, eklig, widerlich, sonderbar, schön und fesselnd ist.

I saw John sitting on a tree stump and pull out his cigarette-rolling kit, watched him carefully role one before patting around his pockets for a lighter and realizing he had left it in another universe.

Der Autor hat eine unglaublich lustige Art zu schreiben, sehr bildhaft und eigentlich auch total bescheuert. Genau richtig also. Das Buch besteht aus vielen Kurzgeschichten über Alltägliches, und trotzdem war jede der Situationen es wert, aufgeschrieben zu werden.