Das war mir alles irgendwie zu platt. Der Twist an sich war ein schöner und – wie viele hier schon kommentierten – aktueller Kommentar technischer Entwicklungen, jedoch umrahmt von einem wirklich sehr mittelmäßigen Thriller. Dauernd werden Dinge ganz beiläufig in Gespräche hineingeschrieben, die zeigen sollen, dass recherchiert wurde zum Thema, jedoch so hölzern und meistens irrelevant für die Story, dass man einfach rüber skippen möchte. Das können bei Technologie-Themen nicht nur andere besser (Sibylle Berg), sondern auch Kling selbst (siehe Qualityland). Die Figuren könnten je ein Cliché weniger gebrauchen und das komplette Ende ab dem Twist wirkt so, als wäre die Abgabefrist schneller gekommen als gedacht (oder die Filmrechte zu dem Zeitpunkt schon verkauft worden). Ich hätte dem Buch sogar noch einen Stern mehr gegeben, hätte der letzte Satz mir nicht den Rest gegeben. Schade! Vielleicht braucht es, wie bei Qualityland, aber auch einfach einen zweiten Teil, um richtig ins Genre hineinzukommen.
Bei dem Buch handelt es sich offenbar um eine Abrechnung. Der Ton ist, wie er ist, und wird schließlich auch im letzten Kapitel argumentiert. Was mich jedoch stört, ist, dass es größtenteils eine buchgewordene Glosse ist, die sich hinter immer wieder hinter wissenschaftlichem Stil versteckt.
Er wirft den eigenen Kritikern vor, dass sie nur oberflächliche Argumente bringen; die einzige genannte Studie, die jedoch nicht seine Punkte unterstützt, zieht er ins Lächerliche, ohne sie substanziell zu entkräften.
Generell wirft er lustig Zahlen aus Studien zusammen und vergleicht z.B. den Durchschnitt der einen Seite mit den Extrema der anderen (bei dem Mietenvergleich) und versucht damit den Durchschnitt zu entkräften. Auch scheint er teilweise auf Studien aufzubauen und dann Schlussfolgerungen zu treffen, die auf jeden Fall nicht mehr Teil des zitierten Texts sind und die auch schwer als Kausalität dargestellt werden können (etwa Heiratsunterschied Männer/Frauen und Osten/Westen).
Die Kampfansage gegen die differenzierte Auseinandersetzung ist angekündigt, jedoch fühlt es sich stellenweise trotzdem wie intellektuelle Taschenspielertricks an, die es nicht gebraucht hätte. Denn der Stil und die teils assoziative Argumentation klappen und haben sehr offensichtlich auch ihren gewünschten Effekt gehabt. Auf der anderen Seite hat es dazu geführt, dass ich in zwei Zügen das Buch durchgelesen habe, also vielleicht waren auch das nur Mittel zum Zweck.
PS: Das Kunst-/Kultur-Kapitel fühlte sich an als mussten noch Seiten gefüllt werden.
Ich genieße weiterhin sehr den Schreibstil der Autorin, jedoch fühlte es sich oft an, als würde ich auf offenem Meer der historischen Aufarbeitung des indischen Freiheitskampfes schwimmen. Es waren einfach zu viele Referenzen und Querverweise, die mir alle nichts sagten. Rettungsringe in Form von Agatha Christie und Dr. Who haben da auch nur wenig geholfen, da ich hier ebenso wenig Ahnung habe. So musste ich immer wieder über 50+ Seiten kämpfen, um über Wasser zu bleiben. Anders gesagt:
Pro: Ein Buch voller neuer Aspekte zur indischen Historie. Contra: Ein Buch voller für mich völlig neuer Aspekte zu einer Zeit und Konflikten, zu denen ich keinen einzigen Referenzpunkt hatte.
Für die Weihnachtsfeiertage vielleicht dann einfach etwas zu viel Lernstoff. Ich verstehe aber trotzdem sehr gut, wie andere Personen mit mehr Vorwissen oder Geduld auch mehr Sterne geben.