Eine faszinierende Welt mit neuen und vielleicht sogar magischen Elementen, spannende Charaktere und politische Intrigen. So etwas in der Art erwarte ich von phantastischen Geschichten und Tom und Stephan Orgel haben mit dem ersten Band der Blausteinkriege-Trilogie "Das Erbe von Berun" genau das geliefert. Diese Geschichte begleitet mehrere Charaktere quer durchs Kaiserreich Berun, ins Protektorat Macouban oder in sonstige abgelegene Eckchen. Das Konzept dieses Reiches klingt erst mal denkbar einfach: Ein Kaiser hat sein Gebiet ausgeweitet und dabei andere Reiche unterworfen, die nun unter seiner Schirmherrschaft und seinem Schutz stehen. Als Gegenleistung muss das beschützte Reich nur seine eigene Kultur ablegen und nach den Regeln Beruns leben. Und die schreiben ganz klar vor, dass Blaustein verboten ist und auch die Götter nicht mehr angebetet werden dürfen, denn es gibt sie ja gar nicht. Das haben die "Reisenden" zur Genüge bewiesen. Eine ganze Zeit lang ging das gut, zumindest haben alle scheinbar gekuscht. Mit dem Einstieg in die Geschichte wird allerdings schnell klar, dass das nun vorbei ist.
"Das Erbe von Berun" zeichnet sich durch durch eine bildhafte und detaillierte Atmosphäre aus. Die beiden Autoren beschreiben die Welt, sei es nun eine Landschaft oder eine Taverne, mit scheinbar nebensächlichen Details, die aber dazu führen, dass die Umgebung von Seite zu Seite eindringlicher wird und fast aus dem Buch springt. Insgesamt herrscht eine düstere Stimmung, gruselige Kreaturen laufen und krabbeln dort herum, vielen Charakteren möchte man nicht mal auf einer lichtdurchfluteten Hauptstraße begegnen. Anderen wiederum würde man sogar in dunkle Hinterhöfe folgen wollen, weil sie Heiterkeit in die Geschehnisse bringen.
Tom und Stephan Orgel erzählen diese Geschichten aus mehreren Perspektiven, die sich kapitelweise abwechseln. Weite Teile drehen sich um die Hauptcharaktere Sara und Marten, aber auch andere Personen kommen zu Wort. Allgemein finde ich das Konzept von abwechselnden Perspektiven gut, allerdings hat es mich hier einige Mal aus der Geschichte gerissen, sodass ich mich bei jedem Wechsel erst mal wieder orientieren musste, wo, wann und bei wem ich gerade bin.
Sara und Marten könnten gar nicht unterschiedlicher sein und ihre Geschichten scheinen sich zunächst auch unabhängig voneinander zu entwickeln, ihre Abenteuer beginnen allerdings beide in Berun. Sara ist ein Straßenmädchen, das ständig darum kämpfen muss genügend Nahrungsmittel zu finden. Sie steht unter dem „Schutz“ von Feyst Dreiauge, dem König der Beruner Unterwelt, was im Klartext natürlich bedeutet, dass sie für ihn Aufträge erledigen muss, um dann vielleicht etwas zu essen zu bekommen. Feyst ist besonders an diesem Mädchen interessiert, weil sie eine magische Gabe hat. Diese Gaben spielen im ersten Band zwar eine Rolle, jedoch leider noch keine sehr große. Verschiedene Arten von Gaben werden angesprochen und auch einige Male benutzt, doch für meinen Geschmack hätte die Auseinandersetzung mit den magischen Elementen viel tiefer gehen können.
Der zweite Hauptcharakter, Marten, wird direkt zu Beginn als ziemlicher Draufgänger und Tunichtgut vorgestellt. Große Klappe, nichts dahinter? Nun, so viel darf ich schon mal verraten, mit „nichts dahinter“ wird er in dieser Welt nicht weit kommen und das fände ich immens schade. Marten ist vielleicht kein Sympathieträger, weil er ziemlich raubeinig und aufbrausend ist, und vom Nachdenken hält er auch nicht viel; die Eskapaden, die dadurch entstehen, haben mich allerdings sehr amüsieren können.
Auf die weiteren (Neben-)Charaktere möchte ich an dieser Stelle nicht detaillierter eingehen, weil ich der Meinung bin, dass man diese beim Lesen selbst erleben sollte. Einige davon sind ein Fest: Witzig, düster, unglaublich gruselig und dabei unendlich faszinierend. Vier Eigenschaften, die auch auf den Roman selbst zutreffen. Dann noch politische Intrigen, Verwirrspielchen und Kämpfe dazumischen und man hat viele Elemente des Buches zusammen. Für weitere Details empfehle ich eine eigene Lektüre.
Zeichenstil wie immer wunderschön und unverkennbar Arina, die Geschichte selbst war zwar niedlich, aber leider ziemlich oberflächlich.
Nach dem tollen ersten Band "Heimkehr" habe ich mich sehr auf die Fortsetzung "Schattenkriege", die uns wieder in die Welt Erui entführt, gefreut. Der Titel selbst verrät schon, dass es im zweiten Band um einiges düsterer werden wird und das kann ich nach dem Lesen auch bestätigen. Nachdem die Charaktere im ersten Band ihre neu entdeckten Fähigkeiten vertieft und einiges über ihre wahre Herkunft erfahren haben, müssen sie hier schwierige Prüfungen bestehen. Währenddessen lernt man sie besser kennen und versteht einige Zusammenhänge, die im ersten Band bereits behandelt, aber noch nicht vollständig entschlüsselt wurden, besser. "Heimkehr" war eine Einführung in die Welt von Erui, in "Schattenkriege" geht es so richtig los. Weiterlesen lohnt sich.
Sylvia Rieß spielt auch in "Schattenkriege" wieder mit verschiedenen Zeitebenen, die die Handlung sehr spannend gestalten. Mir ist es dadurch zwar zunächst recht schwer gefallen mich wieder in der Geschichte zurechtzufinden, doch als es mir dann gelungen ist, haben mich die Handlungsstränge nur noch mehr fasziniert. Wie auch der erste Band ist dieses Buch wieder in vier größere Abschnitte aufgeteilt, die jeweils mit ihren eigenen Schockmomenten enden. Dieses Buch beleuchtet Fenia selbst und ihre Erlebnisse in Erui näher, sodass man als Leser einen tieferen Einblick in ihren Charakter bekommt. Damit werden auch gleichzeitig Eigenschaften und Entscheidungen der zukünftigen Fenia, die man wegen der verschiedenen Zeitebenen schon kennenlernen konnte, erklärt und sie hat dadurch tatsächlich ein Mehr an Charaktertiefe, das ich mir nach der Lektüre des ersten Bandes gewünscht hatte, bekommen.
Die Schattenkriege selbst werden auf eine interessante Weise erzählt. Aus verschiedenen Perspektiven werden einzelne Kampfszenen gezeigt, die aber aus mehr als den immer gleichen Duellen bestehen. Es wird geplant, verschiedene Taktiken werden ausgetüftelt und ausprobiert, manchmal funktioniert’s, andere Male geht es schrecklich nach hinten los. Dadurch wird der Krieg abwechslungsreich, ohne dass er in die Länge gezogen wird. Insgesamt herrscht in diesen Episoden eine ernste Sprache vor, die sich nicht in blutigen Beschreibungen verliert. Der Konflikt zwischen den beiden Seiten, die hier kämpfen, wird nach der in Band 1 noch relativ mysteriösen Gefahr konkretisiert und bietet überraschende Wendungen, die für ganz Erui von Bedeutung sind.
Im Fokus steht allerdings nicht nur der Krieg, sondern auch die persönlichen Entwicklungen der Charaktere. Nicht nur Fenia, sondern auch einige weitere Personen werden hier näher beleuchtet. Ich habe mich gefreut, dass mir so ein paar Charaktere ans Herz wachsen konnten. Noch mehr fürs Herz gab es durch kleinere Liebesgeschichten übrigens auch.
"Der Stern von Erui" ist eine Reihe, die neben komplexen Zeitebenen eine ebenso komplexe Welt mit ihren Konflikten und Charakteren bereithält. Diese selbstverlegten Bücher müssen sich keinesfalls hinter großen High Fantasy-Büchern verstecken.
Einige Fortsetzungen haben es einfach in sich. Da liest man die ersten Sätze und es fühlt sich an wie nach Hause kommen. Die "Feuerjäger"-Reihe hatte natürlich auch die besten Voraussetzungen: Nicht nur hat mir der erste Band "Die Rückkehr der Kriegerin" wegen der ungewöhnlich langen Kapitel ein interessantes Leseerlebnis geboten, sondern die Geschichte selbst war zudem mitreißend und beherbergte einige wunderbar ausgearbeitete Charaktere. Genau diese tollen Personen haben mir in "Herz aus Stein" unglaublich tolle Lesestunden bereitet, weil sie mir noch mehr ans Herz gewachsen sind. Der zweite Band hat mir dadurch fast noch besser als der erste gefallen. Im Folgenden möchte ich näher auf den zweiten Band eingehen und verspreche einen spoilerfreien Text, den man auch lesen kann, wenn man Band 1 noch nicht kennt.
"Herz aus Stein" zeichnet sich genauso wie der erste Band durch seine ungewöhnlich langen Kapitel aus. Da ich das nun natürlich schon kannte und mich schon daran gewöhnen konnte, war das gar kein Problem. Wie ich bereits zum ersten Band geschrieben hatte, empfand ich auch hier diese langen Kapitel als eine Bereicherung, schon allein durch die neue Erfahrung. Allein das erste Kapitel hat 121 Seiten und erzählt von einer einzigen Schifffahrt. Susanne Pavlovic schafft es allerdings, dass keine einzige Seite dieser Reise langweilig wird; im Gegenteil, denn durch die eigensinnigen Charaktere und die chaotische Truppe ist dort ganz schön was los. Die Kapitel sind auch hier wieder episodenartig aufgebaut, sodass diese jeweils ihre eigenen Anfänge, Höhepunkte und Enden haben, aber durch die Rahmengeschichte und die Quest, die sich zu Beginn des ersten Bandes aufgetan hat, verbunden sind.
Zu Beginn dieses Buches ist die bunte und chaotische Truppe, die sich während des ersten Bandes zusammengerauft hat, komplett zusammen unterwegs. Das Geschehen bekommen wir gewürzt mit Krona Karagins sarkastischen Anmerkungen präsentiert. Krona ist eine ruppige Ex-Soldatin, die kein Blatt vor den Mund nimmt, schnell aufbrausend wird und sich ständig vor ihren schlimmen Erinnerungen versteckt. Die anderen Personen der Truppe machen die Mischung nur noch bunter: Da haben wir einige Zwerge, einen Eigenbrötler, eine Nomadin, die sich manchmal als als Prinzesschen aufspielt, und zwei Magier, die die Magie nicht unterschiedlicher nutzen könnten. Mir sind die Charaktere offensichtlich bereits schon im ersten Band ans Herz gewachsen, denn genau ihretwegen hat es sich hier wie nach Hause kommen angefühlt. Auf jeder Seite konnte ich mit ihren Schicksalen mitfühlen, wollte sie anschubsen, warnen, schütteln, anfeuern. Dadurch, dass sie viele Seiten dieses Buches auf einem Haufen waren, habe ich manchmal allerdings ein bisschen quality time mit einzelnen Charakteren allein vermisst. Im ersten Band noch konnte man die Charaktere so gut kennenlernen und mit ihnen allein oder höchstens zu zweit herumziehen. So konnte natürlich ein viel tieferer Einblick in das Geschehen und die Gedanken des Einzelnen geboten werden. Bei so einer großen Truppe muss natürlich ein Fokus gelegt werden, sodass andere Details auf der Strecke bleiben. (Oder das Buch hätte noch ein paar Hundert Seiten mehr, wäre bestimmt auch nicht schlecht gewesen!)
Bei meiner Bewertung des ersten Bandes hatte ich noch behauptet, dass ich die Fantasy-Welt als spannend aber unauffällig beschreiben würde. Das „unauffällig“ muss ich bei "Herz aus Stein" komplett und vehement abstreiten, denn durch das Herumreisen der Truppe entdecken sie alles andere als unauffällige Gebiete. In ihren Episoden stolpern sie von einem skurrilen Völkchen ins nächste, entdecken die unterschiedlichsten Lebensformen, Kulturen und Gebräuche. Gut gefallen hat es mir hier zusätzlich, dass hier nie das Ziel aus den Augen verloren ging. Was das Böse, das hier gejagt wird, währenddessen macht, wusste man zwar nicht ständig — ansonsten wäre das ja auch langweilig —, dennoch war das Ziel des scheinbar waghalsigen und verrückten Abenteuers immer sichtbar.
Die Quest an sich ist mit "Herz aus Stein" abgeschlossen. Wem der erste Band bereits gefallen hat, dem empfehle ich natürlich unbedingt weiter zu lesen. Es lohnt sich wegen der Charaktere und der tollen Gegenden, die man im zweiten Band noch erleben kann, sehr. Überhaupt kann ich die ganze "Feuerjäger"-Reihe jedem High Fantasy-Fan nur ans Herz legen. Auf der Facebook-Seite der Reihe habe ich letztens sogar entdeckt, dass es einen dritten Band geben soll, darüber freue ich mich natürlich sehr. Wie gesagt ist die Geschichte selbst mit dem zweiten Band abgeschlossen, aber die Welt und die Charaktere geben noch so viel Stoff für weitere Abenteuer her.
"Die Zeitmaschine des Arabers" ist der zweite Teil der "Clockwork Cologne: Boris und Olga"-Reihe von Selma J. Spieweg und hat mir noch besser gefallen als der erste Band. "Clockwork Cologne" ist eine Steampunk-Reihe von Simone Keil, Susanne Gerdom und Selma J. Spieweg. Die drei Autorinnen schreiben jeweils eigene Reihen mit ihren eigenen Figuren, die unabhängig voneinander gelesen werden können. Doch ich werde nie müde zu betonen: Alle "Clockwork Cologne"-Bücher haben eine einmalige, aber doch auch zusammengehörige Atmosphäre, die man sich nicht entgehen lassen sollte, wenn man Steampunk mag.
Der zweite Band von Boris und Olga startet wieder wie gewohnt im eiskalten Russland, in dem die beiden auf der Suche nach ihrem Häuschen in Sibirien sind. Doch natürlich ist ihnen nicht lange Ruhe gegönnt und sie laufen alten Bekannten über den Weg, die mal wieder alles durcheinander und ganz viel Hektik bringen. Bald verschlägt es die beiden nach Cöln, wo auch der größte Teil der Handlung spielen wird. Es war gleichzeitig schön und verwirrend, die altbekannte Stadt mal aus völlig neuen und unschuldigen Augen zu sehen, Boris und Olga sind schließlich zum ersten Mal dort. Schön war es, weil man unglaublich viel aus den anderen Romanen wieder erkennt und weil Selma J. Spieweg versteckte Verweise auf die anderen beiden Reihen einwebt. Diese zu entdecken macht unglaublich viel Spaß, und falls man die anderen Bücher noch nicht kennt, macht das bestimmt auch Lust mehr von dieser Stadt zu erfahren. Der Handlung kann man übrigens ohne Verluste folgen, auch wenn man die Verweise noch nicht verstehen kann. Diese sind quasi ein extra Sahnebonbon.
In "Die Zeitmaschine des Arabers" gab es wieder einige Aspekte, die diesen Steampunk-Roman zu etwas ganz Besonderem gemacht haben: Wie im ersten Teil waren das wieder Boris, Olga und die spezielle Beziehung der beiden, dazu kam — wie der Titel schon erahnen lässt — ganz viel Chaos, das die besagte Zeitmaschine verursacht hat. Wer hat denn nun auf welcher Zeitebene mit wem — und warum? Und wer wusste zu dieser Zeit was und was nicht? Einige Zeit war ich — und waren wir in der Leserunde — unglaublich verwirrt. Die Spekulationen und möglichen Theorien haben allerdings unglaublich viel Spaß gemacht. Noch mehr, als das Puzzle sich langsam aber sicher zusammengesetzt hat und man die Spiele mit der Zeit verstanden hat.
Boris und Olga sind Figuren, die ich noch lange im Herzen tragen werde. Die Kommunikation ist oft noch ziemlich holprig und ihre Beziehung ist manchmal von niedlichen Missverständnissen geprägt (deutlich gemacht durch die beiden Sichtweisen, in denen der Roman geschrieben ist), dennoch sind die beiden ein absolut herzliches Vater-Tochter-Pärchen, das sich aufeinander verlässt und voneinander lernt und das dieser Reihe ihren Mehrwert gibt.
"Die Zeitmaschine des Arabers" ist eine rundherum gelungene Fortsetzung von "Tod dem Zaren", die uns nach Cöln führt und in der die Zeit ganz schön viel Chaos anrichtet. Nach dem ersten Band sollte man also unbedingt weiter lesen — oder natürlich überhaupt erst mal anfangen. Und sowieso, Clockwork Cologne: toll!
Maggie Stiefvater kenne ich bereits durch ihre Reihe um die "Wölfe von Mercy Falls". Viele Leser fanden diese Reihe zu fade oder zu langweilig, mir hingegen haben die Bücher gut gefallen. Nichts überragendes, aber doch schön. Besonders aufgefallen ist mir damals der wunderschöne Schreibstil, der auch mit der Übersetzung gut übertragen schien. Mit "The Raven Boys" habe ich ein Buch der Autorin nun endlich mal im Original gelesen und kann guten Gewissens behaupten: Ja, Maggie Stiefvaters Schreibstil ist wirklich unglaublich schön — und auch die deutschsprachigen Ausgaben zu dieser Reihe wurden wie bei den Wölfen von Sandra Knuffinke und Jessika Komina übersetzt, sodass ich davon ausgehen darf, dass der Schreibstil auch auf Deutsch wieder schön zu lesen ist.
In diesem Reihenauftakt geht es um die namensgebenden "Raven Boys", Absolventen einer Eliteschule in Henrietta, Virginia, deren Uniformen mit einem Raben verziert sind, und um Blue, die in einer Familie von Hellsehern aufwächst, selbst aber keine nennenswerten Kräfte hat. Ihre Anwesenheit scheint übernatürliche Phänomene allerdings sichtbarer und lauter zu machen, sodass sie oft bei Wahrsagungen dabei ist. Ihr ganzes Leben lang wurde ihr von ihrer Mutter zudem immer wieder eingebläut, dass sie niemals jemanden küssen dürfe, weil sie vorhersehen kann, dass Blue einmal mit einem Kuss ihre wahre Liebe töten wird. Die Raven Boys sind auch ein ganz besonderes Trüppchen. Bis auf Adam sind die anderen Jungs reich und verwöhnt und ihr Lebensweg war schon von Beginn an klar: Sie werden genauso erfolgreich werden wie der Rest ihrer Familien. Für die Aglionby Academy müssen sie zwar ordentlich pauken, aber ansonsten haben sie viel Freizeit, die sie mit einem ungewöhnlichen Hobby füllen: Sie suchen "ley lines". Diese heiligen Linien durchziehen die ganze Erde, sind angeblich voller Magie und seltsame Dinge geschehen auf ihnen.
Dieses Konzept klang für mich von Beginn an unglaublich interessant, weil mir so etwas bisher in keinem anderen Buch begegnet ist. In den ersten Kapiteln jedoch erschienen diese übernatürlichen Aspekte, ley lines und Blues Wahrsager-Familie, leider eher wie Spielereien, die ich nicht ganz ernst nehmen konnte. Es wurde alles fast schon zu selbstverständlich oder ohne Erklärungen eingeführt, sodass ich mich kaum in die Atmosphäre einfühlen konnte. Einige Szenen waren durchaus sehr mystisch und auch gruselig, doch das ist bei mir einfach noch nicht angekommen. Mit der Zeit, für meinen Geschmack zu spät, hat sich dieses Gefühl dadurch gelegt, dass die Autorin mehr Hintergründe geliefert hat.
Bei den Charakteren erging es mir ganz ähnlich. Zunächst einmal wurden in kürzester Zeit unglaublich viele Charaktere eingeführt. Bei Blue leben so einige Personen, die alle Wahrsager oder zumindest Personen mit übernatürlichen Kräften sind, aber natürlich jeweils noch mal eigene Besonderheiten aufweisen. Die Raven Boys bestehen sowieso schon aus vier Jungs, die aber auch wieder mit ihren persönlichen Päckchen kommen. Bis ich irgendwann mal richtig zuordnen konnte, welcher der Jungs nun welche Probleme aus welcher Familie mitgebracht hat, ist einige Zeit vergangen. So wirkten die meisten Charaktere zunächst einmal ziemlich blass auf mich. Als es dann allerdings endlich klick gemacht hat und ich alle auseinander halten konnte, ist das passiert, was einem in vielen Rezensionen versprochen wird: Besonders die Raven Boys schleichen sich langsam aber sicher mitten ins Herz. Und das wird anscheinend in den weiteren Bänden noch viel heftiger, da freue ich mich jetzt schon sehr drauf. Gleichzeitig ist nämlich auch die Geschichte selbst immer spannender und vielschichtiger geworden und die Handlungsstränge von Blue und den Raven Boys haben sich immer mehr vermischt, sodass mich besonders das Ende dann richtig von sich überzeugen konnte.
"The Raven Boys" ist also ein Buch mit einem eher langatmigen Einstieg, der mich ein wenig an das Tempo der "Wölfe von Mercy Falls"-Reihe erinnert hat — dort hat es mich allerdings weniger gestört. Wenn es dann jedoch richtig losgeht und die Charaktere endlich eigenständige Personen sind, die man auseinander halten kann, wird die Geschichte richtig mitreißend. Wenn sich dieses Level in den weiteren Bänden genau so halten kann, verstehe ich jetzt schon die Begeisterung der meisten Leser.
Mit “Alania — Das Lied der Geister” entführt uns Caroline G. Brinkmann wieder in die Welt von Argorn, in diesem zweiten Band allerdings nicht zu Kobrin, sondern zu anderen Charakteren, die man im ersten Band schon kennengelernt hat: zu Alania, der kleinen Cousine von Kobrin; zu Fergulas, der sich im ersten Band nicht gerade durch seine Freundlichkeit ausgezeichnet hat; und zu Milas, einem Tiranen im Dienste der Nox. Durch diesen Aufbau erfahren wir in diesem Buch nicht etwa, wie es nach Kobrins Abenteuer weitergeht, sondern was bei den anderen passiert ist, während Kobrin und Daidalor unterwegs waren.
Zugegeben: Zu Beginn von “Alania” war ich etwas enttäuscht, dass man hier nicht zu Kobrin zurückkehrt, einfach weil ich sie im ersten Band so gern hatte und natürlich auch wissen wollte, wie es nun bei ihr weitergeht. Doch relativ schnell habe ich mich an die neuen Umstände in dieser Geschichte gewöhnt, denn auch die ehemaligen Nebencharaktere bergen viele interessante Charakterzüge und Geheimnisse.
Alania, kurz Lani, hat den Angriff überraschenderweise überlebt, kann sich allerdings kaum noch daran erinnern, was passiert ist. Von den anderen überlebenden Elfen wird sie schließlich gefunden und mit in das neue Versteck genommen. Dort wird sie befragt, unter anderem zum Verbleib ihres Bruders. Doch warum überhaupt, wenn sie sich nicht erinnern kann, je einen Bruder gehabt zu haben? Als Leser hingegen können wir uns noch gut an ihren Zwillingsbruder Luni erinnern, wie kann es also sein, dass Alania nicht nur Erinnerungslücken hat, sondern auch ganze Personen vergisst? In dem Versteck der Elfen begegnen wir zudem Fergulas und auch einige Kapitel sind aus seiner Sichtweise geschrieben, sodass man nun mehr und mehr lernt, warum er in Band 1 so ein Rüpel war und Kobrin gemobbt hat.
Mit Daidalor durften wir schon im ersten Band einen Blick ins Lager der Feinde werfen. Milas ist in diesem Band der Tirane, dem wir über die Schulter schauen dürfen, und dabei erfahren wir viele interessante Dinge: Warum entscheiden sich Menschen überhaupt dazu Tiranen zu werden? Wie sieht der Alltag in einem Lager der Nox aus und sind überhaupt alle Tiranen so böse, wie sie erscheinen? Die Antwort auf letztere Frage ist: Natürlich nicht. Die meisten Tiranen sind weitaus vielschichtigere Charaktere als der stereotype erste Blick zeigen könnte.
Was “Alania” für mich so interessant gemacht hat, war gerade dieses Setting, in dem wir nicht nur mehr Hintergründe erfahren, sondern auch etwas über den Verbleib vieler Nebencharaktere. Caroline G. Brinkmann spielt hier nicht nur mit der Spannung, dass wir nicht direkt erfahren, wie es mit Kobrin weitergeht, sondern auch mit weiteren Fragen: Wenn wir nun Alania und Fergulas begegnen, erfahren wir dabei vielleicht, ob X, Y oder Z auch überlebt haben? Zudem werden hier weitere interessante magische Wesen gezeigt sowie Eckchen dieser zauberhaften Welt, die man in Band 1 noch nicht gesehen hat. Besonders gefallen haben mir die vielen Begegnungen mit den wahrscheinlich skurrilsten Figuren dieser Welt, die eine Portion Humor in die Geschichte bringen. Die Handlung wird im Wechsel von verschiedenen Charakteren im Mittelpunkt geschildert, sodass man vom Versteck der Elfen hin zum Lager der Nox und wieder zurück springt. Dadurch wird zusätzlich Spannung aufgebaut, die für mich persönlich nötig war, da mir die Handlung der einzelnen Personen manchmal zu langsam voranging.
Alania ist ein interessant aufbereiteter mittlerer Band, der den Nebencharaktere mehr Tiefe verleiht und Lust auf das Ende der Geschichte und somit auf den dritten Band macht, in dem sich hoffentlich alle Handlungsstränge verbinden werden.
Dieser Roman trägt den Untertitel Das Tagebuch der Amy Stanleys I. Dieser zeigt schon viele Eigenschaften dieses Buches. Erstens: Es wird weitere Tagebücher geben (und nach der Lektüre kann ich sagen: gut so!). Zweitens: Es geht um Amy Stanleys, wer auch immer das sein mag, wir werden es gleich erfahren. Drittens: Es ist ein Tagebuch. Und genau diese letzte Facette ist es, die Zeitsteinwirrwarr von Isabella Riffel so auszeichnet. In einem umgangssprachlichen, flapsigen und humorvollen Ton schreibt Amy hier von ihren Erlebnissen an der Dumont School of Colours (SoC). Sie lebt in einer Welt voller Magie, in der die magischen Berufe in Farben eingeteilt sind, deshalb die Bezeichnung. Sie selbst ist zu Beginn des Tagebuchs Bibliothekarin und absolut unzufrieden mit der Wahl ihrer Ausbildung. Viel lieber würde sie lernen, wie man Monster bekämpft, und eines Tages steht prompt eine ganze Armee vor der Schule und erwartet, dass sie, Amy, sich opfert. Dann trifft sie ausgerechnet auch noch die Amy aus der Zukunft, die mit einem Zeitstein angereist ist, um ihr zu helfen, und schon ist das Wirrwarr eröffnet.
Dieses Tagebuch schreibt Amy nicht live während ihrer Zeit an der Schule, sondern im Rückblick, sodass sie schon wesentlich älter und abgeklärter wirkt als das 13-jährige Mädchen, das hier die Hauptrolle spielt. Zusätzlich werden immer wieder vorausschauende Hinweise zu Ereignissen eingearbeitet, die die schreibende Amy natürlich bereits erlebt hat. Ganz im Sinne von „Aber das ist eine Geschichte für später“ kann man sich als Leser schon mal darauf einstellen, ohne dass die Geschichte an Spannung verliert. Mitreißend ist sie nämlich, auch wenn das für meinen Geschmack nicht der wichtigste Aspekt des Tagebuches war. Für mich waren es die Momentaufnahmen, das Beisammensein der Freunde, mal witzig, mal emotional, mal nachdenklich. Zusätzlich bedient sich die Autorin auch an einer Einbeziehung der Leser, indem sie diese direkt anspricht. Ich denke, dieser Aspekt ist Geschmacksache, es kam bei mir aber gut und erfrischend an.
Weiter lesen? https://piranhapudel.de/2015/07/zeitsteinwirrwarr-von-isabella-riffel/
Der Auftakt zur "Für König und Vaterland"-Reihe von Susanne Gerdom verspricht spannende Urban Fantasy mit einem historischen Setting. "Der Wechselbalg" spielt in London im Jahre 1815 und begleitet den namensgebenden Wechselbalg Idris Hathaway, den Marquess von Auden. Er ist Mitglied des Liederlichen Quartetts, einer Gruppe junger Männer aus der Oberschicht, die Verschwörungen gegen König und Vaterland aufdeckt und vereitelt. Allerdings sind diese vier Männer alles andere als normal: Idris ist der Wechselbalg, der von den Sidhe, den Seelenlosen, anstelle des geraubten Kindes in der Menschenwelt hinterlassen wurde. Dann gibt es noch einen Vampir, der mit seinem Dasein hadert. Einen Werwolf. Und eine Person, auf der ein mysteriöser Fluch lastet.
Ein personaler Erzähler begleitet uns durch das Leben von Idris. Es hat etwas gedauert, bis ich diesen Mann durchschauen konnte, wodurch seine Person immer spannend geblieben ist. Der Marquess von Auden ist gleichzeitig ein nachdenklicher, impulsiver, frecher und gewitzter Mann, der sich auf Abenteuer einlässt und andere Ereignisse nur wohlüberlegt antritt. Ganz ähnlich sind die anderen Mitglieder des Liederlichen Quartetts, das übrigens so heißt, weil die jungen Männer sich nicht gemäß ihres Standes benehmen. Eine Frau von Stand, die sich in Gesellschaft dieser Herren sehen lässt? Sofort in aller Munde und das natürlich nicht im positiven Sinne. Die Atmosphäre in der gehobenen Gesellschaft ist ein Aspekt, der dieser Geschichte eine gewisse Würze gibt. Susanne Gerdom arbeitet diese glaubwürdig und spannend heraus, obwohl man sich daran vielleicht erst im Verlauf des Buches gewöhnen muss. Eine Eigenart dieser Gesellschaft ist es nämlich, ein und dieselbe Person mit den verschiedensten Namen zu versehen, je nach Beziehung zueinander. So ist Idris nicht immer nur Idris, sondern manchmal Auden oder Marquess; genauso bei den anderen Personen. Das kann zunächst zu Verwirrung führen, ich persönlich habe mich recht bald zurechtgefunden. Die Atmosphäre in der Regency-Zeit wird zudem durch kleine Details und „Fremdwörter“ noch mal greifbarer. Für diese Zeit typische Kleidungsstücke werden beispielsweise im Detail benannt. Nicht alle kannte ich, hatte aber auch nicht das Gefühl, dass das nötig wäre. Mein Vorstellungsvermögen wurde ordentlich gefordert und das war gut so.
Die Geschichte an sich ist ähnlich atmosphärisch und vielschichtig. Es geht einerseits um das Liederliche Quartett, aber noch um so viel mehr. Persönliche Beziehungen zwischen den jungen Herren, die auch außerhalb ihrer Arbeit Freunde sind und Konflikte bestreiten müssen. Dazu kommen weitere Nebenfiguren, die andere Konflikte mitbringen: die Mätresse von Idris, die Verlobte seines Bruders oder die junge Witwe Isobel, die noch undurchschaubarer erscheint als Idris selbst. Die "Für König und Vaterland"-Reihe ist auf fünf Bände angelegt, die weiteren vier Bände werden die Sichtweisen und Leben anderer Personen beschreiben. Der Fall um Idris ist mit diesem Band abgeschlossen, allerdings bleiben einige Fragen noch unbeantwortet. Stellenweise habe ich einen umfassenden roten Faden und einen übergeordneten Spannungsbogen vermisst, die die verschiedenen Teile der Geschichte in ein Ganzes ordnen. Insgesamt kann der Roman allerdings mit vielen Überraschungen aufwarten und ist mit dem kreativen und neuen Setting eine besondere Geschichte.