Alania – Das Lied der Geister
376 Seiten

Mit “Alania — Das Lied der Geister” entführt uns Caroline G. Brinkmann wieder in die Welt von Argorn, in diesem zweiten Band allerdings nicht zu Kobrin, sondern zu anderen Charakteren, die man im ersten Band schon kennengelernt hat: zu Alania, der kleinen Cousine von Kobrin; zu Fergulas, der sich im ersten Band nicht gerade durch seine Freundlichkeit ausgezeichnet hat; und zu Milas, einem Tiranen im Dienste der Nox. Durch diesen Aufbau erfahren wir in diesem Buch nicht etwa, wie es nach Kobrins Abenteuer weitergeht, sondern was bei den anderen passiert ist, während Kobrin und Daidalor unterwegs waren.

Zugegeben: Zu Beginn von “Alania” war ich etwas enttäuscht, dass man hier nicht zu Kobrin zurückkehrt, einfach weil ich sie im ersten Band so gern hatte und natürlich auch wissen wollte, wie es nun bei ihr weitergeht. Doch relativ schnell habe ich mich an die neuen Umstände in dieser Geschichte gewöhnt, denn auch die ehemaligen Nebencharaktere bergen viele interessante Charakterzüge und Geheimnisse.


Alania, kurz Lani, hat den Angriff überraschenderweise überlebt, kann sich allerdings kaum noch daran erinnern, was passiert ist. Von den anderen überlebenden Elfen wird sie schließlich gefunden und mit in das neue Versteck genommen. Dort wird sie befragt, unter anderem zum Verbleib ihres Bruders. Doch warum überhaupt, wenn sie sich nicht erinnern kann, je einen Bruder gehabt zu haben? Als Leser hingegen können wir uns noch gut an ihren Zwillingsbruder Luni erinnern, wie kann es also sein, dass Alania nicht nur Erinnerungslücken hat, sondern auch ganze Personen vergisst? In dem Versteck der Elfen begegnen wir zudem Fergulas und auch einige Kapitel sind aus seiner Sichtweise geschrieben, sodass man nun mehr und mehr lernt, warum er in Band 1 so ein Rüpel war und Kobrin gemobbt hat.

Mit Daidalor durften wir schon im ersten Band einen Blick ins Lager der Feinde werfen. Milas ist in diesem Band der Tirane, dem wir über die Schulter schauen dürfen, und dabei erfahren wir viele interessante Dinge: Warum entscheiden sich Menschen überhaupt dazu Tiranen zu werden? Wie sieht der Alltag in einem Lager der Nox aus und sind überhaupt alle Tiranen so böse, wie sie erscheinen? Die Antwort auf letztere Frage ist: Natürlich nicht. Die meisten Tiranen sind weitaus vielschichtigere Charaktere als der stereotype erste Blick zeigen könnte.

Was “Alania” für mich so interessant gemacht hat, war gerade dieses Setting, in dem wir nicht nur mehr Hintergründe erfahren, sondern auch etwas über den Verbleib vieler Nebencharaktere. Caroline G. Brinkmann spielt hier nicht nur mit der Spannung, dass wir nicht direkt erfahren, wie es mit Kobrin weitergeht, sondern auch mit weiteren Fragen: Wenn wir nun Alania und Fergulas begegnen, erfahren wir dabei vielleicht, ob X, Y oder Z auch überlebt haben? Zudem werden hier weitere interessante magische Wesen gezeigt sowie Eckchen dieser zauberhaften Welt, die man in Band 1 noch nicht gesehen hat. Besonders gefallen haben mir die vielen Begegnungen mit den wahrscheinlich skurrilsten Figuren dieser Welt, die eine Portion Humor in die Geschichte bringen. Die Handlung wird im Wechsel von verschiedenen Charakteren im Mittelpunkt geschildert, sodass man vom Versteck der Elfen hin zum Lager der Nox und wieder zurück springt. Dadurch wird zusätzlich Spannung aufgebaut, die für mich persönlich nötig war, da mir die Handlung der einzelnen Personen manchmal zu langsam voranging.

Alania ist ein interessant aufbereiteter mittlerer Band, der den Nebencharaktere mehr Tiefe verleiht und Lust auf das Ende der Geschichte und somit auf den dritten Band macht, in dem sich hoffentlich alle Handlungsstränge verbinden werden.