Für König und Vaterland – Der Wechselbalg
367 Seiten

Der Auftakt zur "Für König und Vaterland"-Reihe von Susanne Gerdom verspricht spannende Urban Fantasy mit einem historischen Setting. "Der Wechselbalg" spielt in London im Jahre 1815 und begleitet den namensgebenden Wechselbalg Idris Hathaway, den Marquess von Auden. Er ist Mitglied des Liederlichen Quartetts, einer Gruppe junger Männer aus der Oberschicht, die Verschwörungen gegen König und Vaterland aufdeckt und vereitelt. Allerdings sind diese vier Männer alles andere als normal: Idris ist der Wechselbalg, der von den Sidhe, den Seelenlosen, anstelle des geraubten Kindes in der Menschenwelt hinterlassen wurde. Dann gibt es noch einen Vampir, der mit seinem Dasein hadert. Einen Werwolf. Und eine Person, auf der ein mysteriöser Fluch lastet.

Ein personaler Erzähler begleitet uns durch das Leben von Idris. Es hat etwas gedauert, bis ich diesen Mann durchschauen konnte, wodurch seine Person immer spannend geblieben ist. Der Marquess von Auden ist gleichzeitig ein nachdenklicher, impulsiver, frecher und gewitzter Mann, der sich auf Abenteuer einlässt und andere Ereignisse nur wohlüberlegt antritt. Ganz ähnlich sind die anderen Mitglieder des Liederlichen Quartetts, das übrigens so heißt, weil die jungen Männer sich nicht gemäß ihres Standes benehmen. Eine Frau von Stand, die sich in Gesellschaft dieser Herren sehen lässt? Sofort in aller Munde und das natürlich nicht im positiven Sinne. Die Atmosphäre in der gehobenen Gesellschaft ist ein Aspekt, der dieser Geschichte eine gewisse Würze gibt. Susanne Gerdom arbeitet diese glaubwürdig und spannend heraus, obwohl man sich daran vielleicht erst im Verlauf des Buches gewöhnen muss. Eine Eigenart dieser Gesellschaft ist es nämlich, ein und dieselbe Person mit den verschiedensten Namen zu versehen, je nach Beziehung zueinander. So ist Idris nicht immer nur Idris, sondern manchmal Auden oder Marquess; genauso bei den anderen Personen. Das kann zunächst zu Verwirrung führen, ich persönlich habe mich recht bald zurechtgefunden. Die Atmosphäre in der Regency-Zeit wird zudem durch kleine Details und „Fremdwörter“ noch mal greifbarer. Für diese Zeit typische Kleidungsstücke werden beispielsweise im Detail benannt. Nicht alle kannte ich, hatte aber auch nicht das Gefühl, dass das nötig wäre. Mein Vorstellungsvermögen wurde ordentlich gefordert und das war gut so.

Die Geschichte an sich ist ähnlich atmosphärisch und vielschichtig. Es geht einerseits um das Liederliche Quartett, aber noch um so viel mehr. Persönliche Beziehungen zwischen den jungen Herren, die auch außerhalb ihrer Arbeit Freunde sind und Konflikte bestreiten müssen. Dazu kommen weitere Nebenfiguren, die andere Konflikte mitbringen: die Mätresse von Idris, die Verlobte seines Bruders oder die junge Witwe Isobel, die noch undurchschaubarer erscheint als Idris selbst. Die "Für König und Vaterland"-Reihe ist auf fünf Bände angelegt, die weiteren vier Bände werden die Sichtweisen und Leben anderer Personen beschreiben. Der Fall um Idris ist mit diesem Band abgeschlossen, allerdings bleiben einige Fragen noch unbeantwortet. Stellenweise habe ich einen umfassenden roten Faden und einen übergeordneten Spannungsbogen vermisst, die die verschiedenen Teile der Geschichte in ein Ganzes ordnen. Insgesamt kann der Roman allerdings mit vielen Überraschungen aufwarten und ist mit dem kreativen und neuen Setting eine besondere Geschichte.

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