2.5/5
Der Schreibstil von Sabrina Qunaj hat mir richtig gut gefallen, aber das war es leider auch schon. Diese Geschichte hatte für meinen Geschmack zu viele Klischees und war zu geradlinig. Zudem kam auch nicht viel Spannung auf, da das Geheimnis schon zu Beginn der Geschichte gelöst wurde und die Protagonistin damit die einzige war, die es noch nicht wusste.
Nicole möchte eigentlich nur die Wette, die sie mit ihrem besten Freund Simone abgeschlossen hat, gewinnen und treibt sich deshalb mitten in der Nacht auf dem Friedhof herum. Die Gerüchte über Irrlichter, die dort seit neuestem auftauchen sollen, nimmt sie nicht ernst. Als die Turmuhr zu Mitternacht schlägt, sieht alles normal aus und sie möchte schon gehen, als sie plötzlich doch ein bläuliches Leuchten hinter einem Grabstein entdeckt. Und tatsächlich sitzt dort ein Junge, ziemlich schnippisch und frech, der seine Artgenossen sucht. Wenn sie eh schon mal hier ist, denkt sich Nicole, dann kann sie ihm ja auch gleich helfen.
Diese kurze Geschichte von knapp 200 Seiten war ursprünglich eine noch kürzere Geschichte, deren Potential Pia Hepke hier ausgenutzt hat, um die Charaktere weiter auszubauen und noch einiges mehr miteinander erleben zu lassen. Wie ich es von ihrer Drachensaga auch schon gewohnt war, trifft man hier wieder auf eine sehr bodenständige, nachdenkliche und ruhige Protagonistin. Diese Charaktereigenschaften findet man auch im Schreibstil wieder, der mir sehr gut gefallen hat. Nicole denkt viel nach und beobachtet ihre Umwelt und dies wird vom atmosphärischen Stil super unterstützt.
In Das Medaillon erzählt Gina Mayer die Geschichten von drei jungen Frauen. Rosalie und Dorothea leben im 19. Jahrhundert, sind Freundinnen, aber doch so unterschiedlich. Rosalie ist bei ihrem Vater aufgewachsen und hat schon früh in seiner Arztpraxis ausgeholfen. Sie hat viele Freiheiten, mehr als andere Mädchen ihrer Generation, und führt daher ein ganz anderes Lebens als ihre Altersgenossinnen. Sie interessiert sich für die Wissenschaft und nimmt gern an den Treffen teil, die ihr Vater im heimischen Wohnzimmer veranstaltet, um sich über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse auszutauschen. Als ein Besucher eines Tages ein Skelett mitbringt, ist sie fasziniert von dieser Entdeckung und möchte unbedingt mehr darüber herausfinden. Ihre Freundin Dorothea hingegen ist in der Niederländisch-reformierten Gemeinde aufgewachsen und kennt nur ein streng gläubiges Leben. Ihr Glaube an Gott ist tief, es gibt nur eine einzige Sache, die sie stört: Sie liebt Bücher, aber sie darf sie nicht lesen. Alle Bücher, die nicht die Bibel sind, seien Schund, sagt ihr Vater. Eines Tages bietet ihr jedoch der Inhaber der Leihbibliothek an, für ihn zu arbeiten. Das allein wäre schon eine Sensation, aber Herr Kirschbaum ist zudem ein Jude, was nach Meinung ihres Vaters und der Gemeinde natürlich ein ganz falscher Umgang für eine junge christliche Frau wäre.
Nora, die dritte im Bunde, lebt in der heutigen Zeit, ist verheiratet und hat ihr Archäologiestudium kurz vor dem Abschluss abgebrochen. Ihr Mann Falk jedoch arbeitet nun als Archäologe und daher bekommt sie immer noch so einiges aus dem Fachbereich mit. Als Falk die Erlaubnis bekommt in einer Höhle im Neandertal zu graben, kommt sie prompt mit und entdeckt auch noch wirklich ein Skelett. Dabei liegt ein Medaillon und Nora macht sich nun auf die Suche nach der Lebensgeschichte dieses Skeletts.
Gretchen Morgenthau, 75 Jahre jung, geboren in Wien, aufgewachsen überall, hat ein abwechslungsreiches Leben am Theater verbracht und lebt jetzt in einer bescheidenen 120 Quadratmeter großen Wohnung in ihrer Wahlheimat London. Ihre Tage sind entbehrungsreich und voller schwerer Entscheidungen — heute ein Kleid von Luis Vuitton oder doch lieber Christian Dior? Welches Täschchen passt dazu? Welches Buch mit einem farblich passenden Cover und intellektuell ansprechendem Inhalt könnte man sich dazu unter den Arm klemmen? Ganz aus Versehen wurde sie letztens dabei erwischt, wie sie nach nur sechs bis höchstens acht Gläsern Wein Auto gefahren ist. Eventuell hat sie dabei noch die Polizistin beleidigt und deren Dienstwagen angefahren und ist deshalb ziemlich außer sich, als das Gericht ihr eine Strafe aufbrummt: Aus rein erzieherischen Zwecken muss sie sich ein paar Wochen auf der Insel Gwynfaer bei Island aufhalten und dort im Dorftheater Regie führen.
Gleich nach den ersten Zeilen wird klar, dass es sich bei der Protagonistin Gretchen Morgenthau um ein ganz besonderes Persönchen handelt. Eventuell auf ihre sehr spezielle Art sympathisch, aber im Grunde doch ein ziemliches Miststück und vor allem immer grundehrlich und direkt. Sie nimmt alles wörtlich, schlägt als Giftspritze ihre Gesprächspartner vor den Kopf, über- und untertreibt maßlos und kann sich ohne vor Sarkasmus triefenden Äußerungen gar nicht unterhalten. Obwohl ich mir sicher bin: Die meint das im tiefsten Inneren alles ernst. Fans von schwarzem Humor kommen hier auf jeden Fall nicht zu kurz, aber allzu sensibel sollte der Leser auch nicht sein. Einige Äußerungen könnten schon persönliche Grenzen überschreiten. Für mich hat aber genau dieser Humor den Charme dieser Geschichte ausgemacht. Die Lektüre hat Spaß gemacht, hat mich an einigen Stellen sprachlos zurückgelassen oder vor Lachen gefährlich auf meinem Stuhl schwanken lassen.
Doch es geht in diesem Buch, das zwar nach ihr benannt wurde, nicht ausschließlich um Gretchen. Es geht um Kultur, um Menschen, um Beziehungen. Auf der Vulkaninsel Gwynfaer lernen wir noch so einige weitere Persönlichkeiten kennen, die mit voller Wucht gegen unsere Frau Intendantin prallen, allen voran Kyell, der später von Gretchen zum persönlichen Assistenten auserkoren wird. Zu Beginn des Buches musste er noch den Kater Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili, liebevoll auch Stalin genannt, kastrieren (ja, da gibt’s detailreiche Beschreibungen), weil der Inseltierarzt noch seinen Rausch ausschlief, später muss er Gretchen über die Insel führen, ihr Gepäck tragen und sie wieder gesund pflegen (schwerer Alkoholrausch). Es geht auch noch um Tule, ursprünglich mal Kyells Kumpel, jetzt Gretchens Regieassistent, der nun alle Plattitüden, die im Kulturbetrieb vorkommen könnten, in einem Satz nachplappert und jedes Stereotyp perfekt in sich vereint. Damit treibt er natürlich nicht nur Gretchen in den Wahnsinn, auch ich als Leser musste mich so unglaublich fremdschämen. So interessant die Charaktere hier auch sind, so froh bin ich, dass ich niemanden im echten Leben begegnen müsste. Das wäre garantiert nicht gut für den Blutdruck. Dazu kam leider noch ein kleiner Wermutstropfen: Zwar waren die Charaktere spannend und zugespitzt, aber leider auch ziemlich einseitig. Gretchen konnte zwar immer wieder überraschen, weil sie einfach total verrückt ist, doch ihr Sarkasmus war dann doch immer der Gleiche. Immerhin blieb sie sich bis zum Ende des Romans treu — und damit garantiert ein Charakter, der in Erinnerung bleibt.
Nachdem ihre Eltern sehr früh gestorben sind, lebt Cleo, 17 Jahre alt, bei ihrem viel älteren Bruder Jack und seiner Frau Lucy. Als diese zur Feier ihres Hochzeitstages eine längere Reise unternehmen wollen, muss sie für ein paar Wochen im Internat wohnen. Dort wird sie noch mehr mit der bitteren Wahrheit konfrontiert, dass sie im Gegensatz zu ihren Freundinnen überhaupt noch keine Ahnung hat, was sie nach der Schule machen soll. Doch bald werden diese Überlegungen vollkommen verdrängt, denn die Spanische Grippe, die doch am Vortag noch unendlich weit weg erschien, wütet nun auch in Portland. Alle Massenversammlungen, auch Schulen, werden verboten und Cleo ist nun allein. Entgegen aller Angst beschließt sie, als Freiwillige beim Roten Kreuz zu helfen…
Dieses Buch, wow! Schon die ersten Seiten, in denen die Spanische Grippe noch gar nicht so präsent war, waren so ergreifend und mitreißend, dass ich es gar nicht aus der Hand legen wollte. Als Cleo dann schließlich beim Roten Kreuz war, wurde es nur noch besser und ich war richtig traurig, dass das Buch nur so kleine Seiten hatte und deshalb viel zu schnell vorbei war.
Cleo ist eine sehr angenehme Protagonistin, weil sie bodenständig ist und sowohl logisch als auch impulsiv handeln kann. Als Leser befindet man sich direkt in ihrem Kopf und kann so alles nachfühlen. Besonders präsent sind da natürlich Hilflosigkeit und Verzweiflung, wenn sie sieht, wie durch die Grippe hunderte Menschen pro Tag erkranken und einige sogar von einem Moment auf den anderen krank werden und ein paar Stunden später bereits tot sind. Aber auch ihr unglaublicher Mut, den sie sich selbst nicht ganz erklären kann, diesen Menschen zu helfen, obwohl sie sich damit doch in eine viel größere Gefahr begibt sich ebenfalls anzustecken, wurde auf eindrucksvolle Weise vermittelt. Cleo wird damit ein ganz vielschichtiger Charakter mit Tiefe.
Neben der tollen Ausarbeitung der Protagonistin sind auch die anderen Charaktere und die Beziehungen zwischen ihnen wunderbar dargestellt. Die freiwilligen Helfer beim Roten Kreuz bilden eine Gruppe aus Verschworenen, lauter gute Engel, die aber auch ständig massiv an sich zweifeln; an ihrer Entscheidung ununterbrochen inmitten so vieler kranker Menschen zu sein, an sich selbst, weil sie nicht allen helfen oder jeden retten können. Selbst Nebencharaktere werden damit vielschichtig und glaubwürdig: Einige flüchten sofort wieder, andere bleiben bis zum bitteren Ende, niemand kann ausschließlich ein guter Engel sein.
Besonders gut gefallen hat mir auch noch die Atmosphäre. Die Autorin schafft es, dass aus jeder Zeile die Hilflosigkeit der Menschen, die Verzweiflung und manchmal auch die Hoffnung herauszufühlen sind. Cleo und ihr Mut freiwillig beim Roten Kreuz zu helfen, ist nämlich nur ein sehr seltener Fall in der Bevölkerung. Andere verstecken sich, trauen sich aus Angst sich anzustecken nicht, kranken Nachbarn zu helfen und lassen diese lieber liegen. Es geht teilweise sogar so weit, dass für den eigenen Ehepartner schnell ein Krankenwagen gerufen wird, um dann zu fliehen, noch bevor dieser eingetroffen ist. Auch sonst lief zu dieser Zeit, mitten im Krieg und mitten in dieser grauenhaften Grippewelle alles drunter und drüber: Läden werden geplündert, Telefonisten verbinden nur Notfälle, Totengräber können der vielen Arbeit nicht nachkommen.
Insgesamt malt Makiia Lucier ein unglaublich mitreißendes und glaubwürdiges Porträt dieser Zeit, das trotz der schweren Kost viel Spaß beim Lesen bereitet hat.
“Die letzte Nacht des Matze Blitz” beleuchtet die Jugend des gleichnamigen Protagonisten in den 90er Jahren. Im Kindesalter ist er mit seiner Mutter von Polen nach Schwetzigen gezogen und hatte es von Beginn an nicht leicht in Deutschland. Zwar lernte er die neue Sprache dank diversen Stunden vor dem Fernseher im Nu, aber Freunde lernte er dadurch und durch seine zurückgezogene Art nicht kennen. Erst mit dem Wechsel zur Hauptschule findet er Zugang zu einer Gruppe von Jungen, die selbst Außenseiter sind.
Die Geschichte ist eine Art Coming of Age-Roman und fokussiert sich somit auf das Ende der Hauptschulzeit. Ganz alltägliche Dinge aus Matzes Leben werden hier auf gleichzeitig charmante, humorvolle und freche Weise erzählt: wie sie in der Schule nicht immer ganz respektvoll mit dem doch eigentlich ziemlich guten Klassenlehrer umgehen; wie die so unterschiedliche Gruppe trotz einiger Meinungsunterschiede mal scherzhaft, mal beleidigend miteinander klarkommt; wie sie über die Zukunft nachdenken, während sie gleichzeitig faul auf dem Sofa rumlungern. Dabei gibt es stets eine angenehme Balance von Humor und Ernst, die zusammen mit dem spritzigen und frischen Schreibstil von Aleks Wiercinski nie langweilig wird.
Wie Matze Blitz sein eigenes Erwachsenwerden begreift und erlebt, erfährt der Leser direkt aus erster Hand in Form eines Ich-Erzählers. Dabei blickt man direkt in den Kopf, jeder Gedanke wird einfach in die Welt hinausgeschleudert. Matzes Leben und auch das seiner Freunde wird damit sehr facettenreich dargestellt. Ein weiterer Fokus liegt nebenbei auch noch auf den Gimmicks und der Atmosphäre der 90er. Jemand, der diese Jahre miterlebt hat, egal in welchem Alter, wird garantiert von Nostalgie überfall werden. Hier und da eingestreute, ganz natürlich wirkende Hinweise lassen einen beim Lesen garantiert nie vergessen, in welcher Zeit Matze Blitz aufwächst. Insgesamt machen all diese Aspekte den Roman zu einem absolut lesenswerten und amüsanten Erlebnis, das nicht nur lustig daherkommt, sondern auch zum Nachdenken anregt und die Gedanken garantiert nicht so schnell verlassen wird.
Lord Magnus Seymour, ein ziemlich abgerissener Kerl, der aufgrund der Blaukrankheit auch noch auf die Droge Engelsblau angewiesen ist, kehrt nach längerer Zeit wieder nach Cöln zurück. Dort erwarten ihn scheinbar aber viel mehr Feinde als Freunde; so wird er beispielsweise direkt nach seiner Ankunft mit Tötungsabsicht angegriffen. So richtig freiwillig ist er allerdings nicht in seine alte Heimat Cöln zurückgekehrt, aber um seinen Plan zu verwirklichen, bleibt ihm keine andere Wahl.
Wir befinden uns hier in einem Steampunk-Setting, das viele spannende Elemente bereithält. Cöln und besonders die Stadt unter der Stadt bieten so einige interessante und noch viel mehr gefährliche Abschnitte. Magnus, der aufgrund seiner Krankheit im wahrsten Sinne des Wortes durch die Stadt und in allerlei unglaubliche Situationen stolpert, war für mich ein ganz einzigartiger Protagonist. So abgerissen, krank und schwach, von allen als Drogensüchtiger verurteilt, aber dennoch voller Tatendrang, Ehrgefühl und Witz. Auch die anderen Charaktere, die sich wie zwei Pole um Magnus versammeln - die einen scheinen ihn zu hassen, die anderen zu lieben -, sind sehr liebevoll ausgearbeitet. Jeder, wirklich jeder hat in dieser Welt, in diesem Cöln etwas zu verbergen und seine ganz eigenen Geheimnisse, und es hat mir unglaublich Spaß gemacht darüber zu rätseln. Einige Male habe ich mich ein wenig schwer getan, die vielen Namen und Verbindungen zu sortieren, aber spätestens am Ende fügt sich natürlich alles zusammen. Viele Fragen werden schon in diesem Band beantwortet, für einige andere sollte man unbedingt noch Band 2 lesen.
Insgesamt handelt es sich bei “Der blaue Tod” um eine rasante und spannungsgeladene Geschichte mit vielen Charakteren, die in Erinnerung bleiben werden. Susanne Gerdom hat die Schicksale der Einzelnen geschickt miteinander verwoben und so nach und nach immer interessantere Verbindungen hergestellt. Diese Geschichte endet mit einem Cliffhanger, doch Band 2 “Das chinesische Mysterium” ist glücklicherweise auch schon erhältlich. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie sich die Geschehnisse weiter zuspitzen werden.
Kobrin, eine junge Elfe aus Immerblau, ist eine Außenseiterin. Sie wächst nicht nur weitestgehend ohne Magie bei ihrer Tante auf, da diese Magie in ihrem Haus ablehnt, sondern sie ist auch noch blind. Kobrin kann zwar sehen, aber für eine wichtige Sache sind ihre Augen immer noch blind: Magie. Während all ihre Altersgenossen schon fleißig den Umgang mit Magie üben, wartet sie sehnsüchtig darauf, dass sich ihr drittes Auge öffnet. Dann kann sie nämlich endlich auch zaubern und muss nicht immer die Hänseleien der anderen Jugendlichen ertragen. Eines Tages trifft sie auf dem Weg zum Markt eine alte und offensichtlich verrückte Kräuterhexe, die ihr von einer Prophezeiung erzählt, ihr besondere Gaben zuspricht und auch noch ein kleines Säckchen übergibt, das komischerweise immer wieder bei ihr auftaucht, sosehr sie es auch zu verlieren versucht. Als dann plötzlich auch noch ihr Frosch zu ihr spricht und bald darauf ein Feuer in dem sonst so friedlichen Wald ausbricht, ist ihr ruhiges Leben plötzlich zu Ende, und sie versteht so langsam, dass in dem Säckchen ein ziemlich wichtiger Gegenstand zu sein scheint.
Caroline G. Brinkmann hat mit diesem Auftaktband schon eine sehr interessante und detailreiche Fantasy-Welt geschaffen. In Talan gibt es einerseits viele bekannte Völker und Gebräuche, andererseits kann man hier auch viel neues erleben. Die meiste Zeit verbringt der Leser im Gebiet Argorn, das man sich übrigens in der hinteren Klappe, die eine hübsche Landkarte enthält, im Detail ansehen kann. Dort treffen wir zunächst auf die Elfen. Kobrin ist ein aufgeweckter Teenager, neugierig, aber auch ängstlich und vor allem voller Sorge um ihre fehlenden Fähigkeiten. Warum kann gerade sie die Magie weder nutzen noch sehen, während alle anderen Elfen in ihrem Alter schon seit Jahren üben können? Kobrin lebt bei ihrer Tante Mandalena und ist nicht gerade begeistert, als sich ihre Großmutter mit den zwei jungen Enkeln im Schlepptau ankündigt. Die beiden Zwillinge, Luni und Lani, entpuppen sich allerdings doch als angenehme Gäste, mit denen man unbeschwert Streiche aushecken und Fang das Einhorn spielen kann.
In Halbe Helden erzählt Erin Jade Lange von der Freundschaft zweier ganz unterschiedlicher Jungen. Auf dem Heimweg, als er gerade noch dabei ist, einen Jungen zu vermöbeln, fällt Dane Washington plötzlich der Neue an der Schule auf: Billy D., ein Junge mit Down-Syndrom, beobachtet ihn ganz offen dabei, wie er den anderen Typen gerade scheinbar ohne Grund verhaut. Spontan machen die beiden einen Deal aus: Dane passt darauf auf, dass Billy D. nicht mehr gemobbt wird, und dafür muss er nicht mehr nachsitzen. Das ist die offizielle Version. Billy D. jedoch will noch mehr aus dem Deal herausschlagen, er möchte kämpfen lernen und mit Dane zusammen nach seinem Vater suchen.
Was dann folgt, ist die Entwicklung einer ganz außergewöhnlichen Freundschaft. Auf den ersten Blick passen diese beiden Jungen natürlich überhaupt nicht zusammen, allerdings ist Billy D. jemand, der Dane wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben so richtig Kontra geben kann. Vor allem hat er keine Angst vor Dane, während alle Mitschüler ihm nur noch distanziert begegnen. Das ist natürlich nur logisch, denn Dane ist zwar ein guter Schüler, allerdings auch ein Schlägertyp von der schlimmeren Sorte.
Billy D. redet unglaublich viel, nimmt alles wörtlich und versteht manchmal noch nicht alles, besonders die Sache mit den Mädchen. Insgesamt erscheint er als ein ziemlich unschuldiger Junge, der es allerdings faustdick hinter den Ohren hat. Besonders andere Personen kann er unglaublich gut einschätzen, deshalb versucht er auch gleich herauszufinden, warum Dane eigentlich andere Jungen schlägt. Dane, aus dessen Perspektive wir diese Geschichte erleben, ist von seinem Verhalten natürlich erst mal ziemlich genervt. Aber Deal ist Deal. Das denkt sich auch Billy, denn er verpflichtet Dane gleich noch dazu, mit ihm nach seinem Vater zu suchen. Dieser hat Billy einen Atlas voller Rätsel und Hinweise hinterlassen, die von einer Stadt mit witzigen Namen zur nächsten führen. Dabei wird es nach und nach zur Normalität, dass Dane und Billy nicht nur gemeinsam zur Schule gehen, sondern auch die restliche Freizeit miteinander verbringen, und eine Freundschaft auf Augenhöhe entwickelt sich.
Viele Stellen dieser Geschichte haben mich zum Lachen oder Schmunzeln gebracht, dabei sind die Themen in diesem Jugendroman sehr ernste. Die vielen Schmunzel-Momente liegen natürlich am locker-leichten Schreibstil der Autorin sowie an den vielen komischen Missverständnissen, wenn Dane und Billy sich unterhalten. Doch im Grunde geht es hier natürlich um viel mehr als eine ungewöhnliche Freundschaft. Es geht um Väter, die ihre Kinder aus unbekannten Gründen verlassen haben. Es geht um Mobbing, es geht um Schlägertypen. Gerade bei letzterem hätte ich mir noch viel mehr Entwicklung gewünscht. So nett Dane auch mit Billy umgehen mag, er ist und bleibt jemand, der andere Jungen vermöbelt. Das kann man noch so sehr mit einer schweren Kindheit beschönigen, davon wird es nicht automatisch besser. Meiner Meinung nach wird hier viel zu wenig darüber reflektiert, was Dane mit seinem Verhalten überhaupt anrichtet. Er selbst scheint das alles mit einem Schulterzucken hinzunehmen, obwohl er ständig von Billy und Seely, einem Mädchen, das sie im Laufe der Geschichte kennenlernen, mit der Nase darauf gestoßen wird. Das Thema wurde also zwar schon besprochen, allerdings erschien es mir zu romantisiert.
Halbe Helden erzählt also von einer ungewöhnlichen Freundschaft, die erst erzwungen werden musste, bevor sie zu einer echten werden konnte; von Kuriositäten im Leben einiger Menschen und von spontanen, verrückten Aktionen. Ich kann leider nicht beurteilen, ob Billy D., der Junge mit Down-Syndrom, hier authentisch dargestellt wurde, sympathisch war er aber allemal. Ansonsten drängt sich der Vergleich zu Wunder von Raquel J. Palacio ja geradezu auf. Einige Parallelen kann man sicherlich ziehen: Ein neuer Schüler, der offensichtlich anders ist, gegen alle anderen in der Schule, zusammen mit einem ungewöhnlichen Freund. Dennoch ist hier nur das anfängliche Konzept ähnlich, später rücken ganz andere Dinge, wie die Suche nach dem Vater oder der Kampfunterricht, in den Vordergrund und bilden somit die Grundlage für eine ganz eigene Geschichte.
3,5/5 Sterne
Von Ulrike Schweikert kannte ich bisher nur ihre historischen Romane und mir war gar nicht so richtig bewusst, dass sie auch zeitgenössische Literatur schreibt und dann auch noch mit paranormalen Elementen! Als ich dieses Cover zufällig entdeckt habe, war ich sofort verzaubert, auch vom Klappentext und dachte nur: Das musst du lesen. Dann habe ich den Autorennamen entdeckt. Jetzt erst recht also.
In diesem ersten Band einer Trilogie geht es um Lorena, eine eher durchschnittliche Frau. Die Highschoolzeit, ihr Studium und nun auch ihr anfängliches Berufsleben hat sie in London verbracht, nachdem sie aus ihrer Heimat Deutschland geflohen war. Dort hat sie nämlich ihre Eltern nach mehreren schweren Unfällen verloren und auch ihre Oma ist bei einem Sturz im Rollstuhl gelandet. Insgeheim gibt sie sich an all diesen Unfällen die Schuld, denn in ihr wohnt ein Monster. Sobald die Uhr Mitternacht schlägt, wandelt sie sich zum Nachtmahr, das zwar ein wunderschönes Wesen ist, aber ein ziemlich wildes und grausames Gemüt haben kann. Zusätzlich erinnert sie sich oft nicht daran, was in solchen Nächten passiert, und deshalb hat sie ihre Wohnung so eingerichtet, dass sie nachts eingesperrt ist. Dann trifft sie in London plötzlich ihre Jugendliebe Jason wieder — und diese Liebe erwacht sofort wieder. Wie soll sie nun allerdings mit ihrem Geheimnis umgehen?
Diese Geschichte erleben wir aus Lorenas Perspektive, bei ein paar Kapiteln darf noch ein anderer Nachtmahr namens Raika das Wort ergreifen. Diese ist das genaue Gegenteil von Lorena und freut sich jeden Tag darauf, dass es endlich Nacht wird und sie sich wandeln kann. Nachtmahren sind nicht nur wunderschön und unglaublich sexy, sie haben zusätzlich noch eine magische Ausstrahlung, der alle Männer gleich verfallen. Und das nutzt sie voll aus.
Lorena hingegen hasst ihre Nachtmahr-Seite und würde alles dafür tun, dass sie verschwindet. Diese Seite hat nämlich ihr bisheriges Leben sehr beeinflusst und sogar zerstört. Ihre Erinnerungen an ihre Vergangenheit hat sie so erfolgreich verdrängt, dass ihr zu Anfang dieser Geschichte gar nicht wirklich klar ist, dass ihr was fehlt. Mit Hilfe von Tagebucheinträgen nähert sie sich ihren Erinnerungen wieder an und so macht man sich als Leser zusammen mit Lorena auf die Suche nach ihrer Vergangenheit.
Dieser Auftaktband lässt mich etwas zweigespalten zurück. An sich finde ich das Konzept super interessant, andererseits hätte man bestimmt noch mehr aus der Geschichte herausholen können. Die erste Hälfte verbringt Lorena eher mit Gewissensbissen oder Jammereien, erst dann machen wir uns richtig auf in die Geschichte ihrer Vergangenheit. Schnell wird zwar klar, dass Lorena ein wichtiger Nachtmahr ist, doch das wissen nur die Leser durch die Sichtweise von Raika, nicht Lorena selbst. Das macht die Geschichte — naja, nicht wirklich vorhersehbar, denn es wird ja direkt gesagt, aber der Spannungsbogen hat für mich nicht mehr so gut funktioniert. Ähnlich ist es mit gewissen Eigenschaften von Nachtmahren, die Lorena sich nicht bewusst ist, die man aber beim Lesen über Raika kennenlernt. Auf die Liebesgeschichte mit Jason hatte ich mich sehr gefreut. Wie wird sie das nur schaffen? — dachte ich immer. Doch gerade zum Beginn der Beziehung werden viele Szenen übersprungen oder nur kurz behandelt. Dabei hätten ein paar romantische Szenen der Geschichte ordentlich Würze geben können. Sonst wurde nämlich bei den nächtlichen Aktionen der Nachtmahre auch kein Blatt vor den Mund genommen hust. Stattdessen wird hier auch wieder viel von Lorenas Ängsten erzählt und für einige Seiten hat es sich so angefühlt, als befände ich mich in einer Zeitschleife.
Zum Ende hin erfährt man allerdings noch viele interessante und spannende Sachen, nicht nur über Lorenas Vergangenheit sondern auch über die Nachtmahre. Das macht mir wieder sehr viel Hoffnung, dass Band 2 mit mehr Spannung daherkommen kann. Trotz der Längen war ‘Das Erwachen der Königin’ nämlich ein Buch, das ich sehr gern gelesen habe. Lorena ist eine ungewöhnliche Protagonistin und ich habe immer wieder mit ihr mitgefiebert, wenn der Nachtmahr in ihr, der fast wie eine zweite schizophrene Persönlichkeit wirkt, die Kontrolle übernommen hat.
Der erste Band der Nachtmahr-Reihe ‘Das Erwachen der Königin’ ist zwar ein Buch mit einigen Längen, die dem Spannungsbogen schaden, aber auch eine Geschichte mit einem sehr interessanten Konzept und mit Wesen, die an Succubi erinnern, aber nicht so einfach schwarz-weiß zu charakterisieren sind. Am Ende dieses Buches wird klar, dass noch ein viel größeres Gebilde hinter allem steckt. So war Band 1 eine Einführung in die Wesen der Nachtmahre und in die Geschichte von Lorena, die noch eine tragende Rolle spielen wird.
Ich freue mich immer darüber neue Selfpublisher und neue Fantasywelten zu entdecken. Mit Der Stern von Erui: Heimkehr habe ich einen richtig guten Treffer gehabt. Die Kurzbeschreibung zu diesem Fantasy-Roman verspricht eine Welt, in der Träume wahr werden. Erui spiegelt genau das wider, was sich der Erschaffer dieser Welt erträumt hat und was sich daraufhin die Bewohner weiterhin wünschen. Doch wo viele Geschöpfe hausen, sind natürlich auch böse Wünsche nicht weit, und drohende Schatten wollen die Welt verschlingen und zu ihren Zwecken formen.
Der erste Band dieser Trilogie beginnt allerdings in der uns bekannten Welt. Dort lernen wir Fenia kennen, eine ruhige und eher unscheinbare junge Frau, die gerade erst wieder ins Elternhaus zurückgekehrt ist. Grauenhafte Erlebnisse scheinen hinter ihr zu liegen, davon zeugen zumindest die Male an ihren Handgelenken. Sie sagt zwar, dass sie sich an nichts erinnern könne, aber offenbar wurde sie vor vier Jahren entführt. Eigentlich wurde sie schon längst für tot erklärt, doch eines Tages taucht sie plötzlich an einem abgelegenen Teich wieder auf. Ihre Eltern sind natürlich überglücklich und auch ihre Freunde versuchen die nun noch mehr ins sich zurückgezogene Fenia wieder an das normale Leben zu gewöhnen.
Dieses Buch ist in vier große Abschnitte unterteilt, die sich inhaltlich und auch ein wenig stilistisch unterscheiden. Während man im ersten Abschnitt noch Fenia begleitet, wie sie versucht sich wieder in den Alltag einzugliedern, lernt man im zweiten Abschnitt endlich die Welt von Erui kennen. Die Autorin weicht hier von der Sichtweise Fenias ab und zeigt stattdessen viele Eckchen von Erui, indem sie verschiedene Gruppen durchs Land ziehen und die unterschiedlichsten Völker kennenlernen lässt. Dieser Wechsel in der Perspektive mag beim Lesen vielleicht überraschend kommen, doch gewöhnte ich mich schnell daran. Zudem ist es für die Einführung in die neue Welt ein interessanter und spannender Schachzug, sodass ich dann selbst auch richtig nach Erui reisen konnte.
Der Dalai Lama ist gerade von seiner Amerika-Reise zurückgekehrt, als er auf der Straße eine Gruppe von Jungen sieht, die kleine Himalaya Kätzchen verkaufen. Da diese Rasse sehr hübsch ist und die kleinen Katzen natürlich richtig niedlich aussehen, sind sie alle bis auf eine schnell losgeworden. Die letzte Katze allerdings ist ein ganz kleines und schwaches Exemplar, das sich kaum noch bewegt. Sie wollen es gerade wegwerfen, als ein Assistent des Dalai Lama auf sie zukommt — sie wissen natürlich nicht, wen sie vor sich haben —, und das letzte Kätzchen für sagenhafte 2 Dollar kauft. Im Heim des Dalai Lama kann es sich gut erholen und lebt fortan ganz eng mit Seiner Heiligkeit zusammen. Sie sitzt, liegt oder schläft auf der Fensterbank, stromert durchs Haus und durch die Nachbarschaft. In dieser Geschichte berichtet sie von allem, was sie als Katze des Dalai Lama erlebt.
Dieser Roman ist eine ganz rührende Geschichte. Bücher, die aus der Sicht von Katzen oder anderen Tieren geschrieben sind, lassen sich mittlerweile recht oft in den Bücherregalen finden. Für mich haben diese Blickwinkel immer einen ganz besonderen Charme und auch diese Geschichte konnte mich berühren. Die KSH (Katze Seiner Heiligkeit) erlebt in ihrem Alltag allerhand katzenmäßige Abenteuer und unterhält damit sich selbst und auch alle Menschen um sich herum.
Doch in diesem Buch geht es natürlich nur vordergründig um die KSH. Im Inneren ist es eine kleine und lehrreiche Einführung in den Buddhismus und in die buddhistischen Weisheiten. Je Kapitel wird eine Lehre des Buddhismus ganz nebenbei erläutert, was oft nach dem gleichen Schema abläuft: Die Katze Seiner Heiligkeit macht sich über etwas Gedanken oder erlebt auf ihren Rundgängen etwas, das sie verwirrt oder ärgert. Gleichzeitig bekommt der Dalai Lama oft auch noch Besuch, der — oft ohne es zu wissen — gerade ähnliche Gedanken oder Sorgen wie die KSH hat. Der Dalai Lama oder ihm nahestehende Personen unterhalten sich dann über das Problem, während die Katze in der Nähe ist, zuhört und es dem Leser eben erzählt.
Die Gespräche sind — typisch buddhistisch — nie darauf ausgelegt, den anderen zu belehren, sondern ihn behutsam zu einer Selbsterkenntnis zu verhelfen. So unterhalten sich die Besucher mit dem Dalai Lama oder anderen kundigen Personen über Geduld, Gelassenheit, Wut, Ängst, Fremdwahrnehmung, Völlerei und viele weitere Eigenschaften. Stets schaffen sie es dabei, wenn auch nicht sofort, dann eben mit Geduld, ihren Gesprächspartnern mit ihren Sorgen zu helfen. Und die KSH? Die sitzt daneben, hört zu, wendet die Gespräche und Gedanken auf ihre eigenen Probleme an und versucht selbst eine bessere Katze zu werden.
Wer sich für den Buddhismus interessiert, etwas über buddhistische Weisheiten und die Lehre erfahren und nebenbei noch eine niedliche Geschichte erleben möchte, dem kann ich dieses Buch nur ans Herz legen. Die Lektüre hat mir viel Spaß gemacht, mich unterhalten und so einiges über die buddhistische Lebensweise gelehrt.