NEMESIS' TÖCHTER
240 Seiten

Ich muss sagen, dass ich bei weitem nicht so begeistert war, wie die Leute, die auf Bookbeat Kommentare hinterlassen haben. Dort wurde das Buch als "extrem wichtig" bezeichnet – ich persönlich fand, vieles von dem, was angesprochen wurde, sehr allgemein und oberflächlich. Aber Tara bezeichnet sich selbst ja auch als "Einstiegsfeministin", vielleicht ist es also in Ordnung? Die geschichtlichen Beispiele fand ich teilweise gelungen (Giulia Tofana zum Beispiel), teils weniger (große Stücke über die Hexenverfolgung). Ich verstehe nicht genau, warum sie so betont, dass "Hexenjagd" heutzutage vollkommen falsch verwendet wird, weil das von den Frauen damals erlebte Leid unmöglich nachzuvollziehen ist, aber dann auch immer wieder betont, Frauen heute sind die Hexen von Algorithmen und Pilates? Allgemein finde ich, dass Tara sich oft selbst widersprochen hat, was in meinen Augen dazu beiträgt, dass sie sich selbst untergräbt. Das Buch befasst sich mit Wut und ihre eigene Lesung bringt diesen wütenden Ton auch rüber, aber deswegen wirkt es ein bisschen wie ein unstrukturierter Rant. Als ich während des Hörens erfuhr, dass sie außerdem Literaturwissenschaft studiert hat, war ich schockiert. Die literaturwissenschaftlichen Abschnitte, die sie Analysen nennt, haben damit kaum was gemeinsam und sind oft von falschen Annahmen geprägt. (Warum ist Athene ein pick me-girl, wenn sie Orest unterstützt, obwohl sie doch nur eine Figur in einem von einem Mann geschriebenen Theaterstück ist, das ja auch Gedankengut reproduziert? Warum ist es schockierend, dass am Ende einer griechischen Tragödie die Götter gewinnen?). Auch bei der 'Analyse' von The Substance ist mir klargeworden: Medien werden mit dem echten Leben gleichgesetzt und The Substance handelt vor allem von Demi Moores eigenem Umgang mit der Preisverleihung hinterher. Oder so.

Am Anfang haben mich sehr viele Dinge sehr aufgeregt, gegen Ende – die letzten 20% vielleicht – weniger, aber das liegt ja hoffentlich nicht daran, dass ich so lange gebraucht habe, mich an Taras Stil zu gewöhnen. Ich weiß nicht. Von einem Buch, das mir eine 3000-jährige Geschichtsreise versprochen hat, habe ich mir eigentlich... mehr Geschichte erwähnt und weniger Auflistungen von sexistischen Mikroaggressionen. Außerdem hätte ich mir eine sehr viel intersektionalere Herangehensweise gewünscht, die kam mir hier vor allem wie ein Afterthought vor. Man kann es wichtig finden, aber ein wirklich geschichtlicher Einblick ist es nicht, und bahnbrechend wohl genauso wenig.

Die Auferstehung
448 Seiten

Es gab einiges, was mir sehr gut gefallen hat – die Charakterisierung der drei fand ich größtenteils treffend; ich mag es sowieso immer, wenn Leute an demselben Fall arbeiten ohne es zu wissen – und einiges, was ich weniger gut fand. Aber alles in allem finde ich den Fall sehr gelungen!